wer noch nie lauthals geflucht hat beim Spinnen von glitschiger Seide auf einer Spindel, wird meine Freude nicht nachvollziehen können
Bei ist gestern abend sozusagen "ein Knoten geplatzt", und jetzt kann ich nähgarndünne Seidenfäden.
Des Rätsels Lösung: bislang hab ich immer die falschen Spindeln dafür genommen, weil allgemein die Meinung gilt, für Seide müssen es ganz leichte sein.
Stimmt aber nicht, z.B. holländische Seidenspindeln wie die hier http://www.thebellwether.biz/index.php? ... cts_id=177 wiegen etwa 45g, drehen ziemlich schnell, aber eben wegen der zentrumsnahen Masse nicht sehr lange (um ehrlich zu sein, nur 5-7 sec).
Und genau DAS war die Lösung, meine allererste Selbstbau-Holzkugel-mit-Rundstab-durch-und-Häkchen-dran-Spindel macht den Job ganz wunderbar!
Seidenkammzug besteht aus relativ langen Fasern, die aber eine Menge Twist brauchen, um überhaupt zusammenzuhalten.
Und der Twist muß schnell genug in die Fasern laufen, bevor sie sich separieren/aneinander vorbeiglitschen, und man den nächsten Fluch losläßt....
Genau das bietet dieses Spindel-Improvisorium - viel Twist und schnell.
Bei meiner guckt oben aus der Kugel noch etwa 3cm Schaft raus, in dem der Haken eingeschraubt ist, und das ist gleichzeitig die beste Stelle zum Andrehen.
5-8cm schon dünn ausgezogene Faser verdrillen sich blitzschnell mit dem Leader, dann sollte man den Schaft zwischen die Knie klemmen und erst mal etwas weiter ausziehen. Dann wieder andrehen und weiter ausziehen, bis die Spindel wieder langsam wird.
Wer etwas Übung hat, kann mit abgekniffenem Twist auch einfach neu andrehen und dann weiter ausziehen, das ist die produktivste Methode.
Der Unterschied zu Schafswolle besteht darin, daß man bei dicken Stellen nicht einfach in Gegenrichtung des Twist drehen kann, um weiter auszuziehen, weil oft nur eine halbe Umdrehung schon reicht, die Fasern zu fixieren (also auch in Gegenrichtung!).
Ich kann nur sagen, daß es jetzt richtig Spaß macht und tatsächlich auch Meter zusamenkommen, statt wie früher immer nur Stückchen.
Wenn man jetzt auch noch selbst färbt, und schon weiß, wie toll die Farben auf Seide rauskommen (dieser Glanz ist wirklich einmalig!), dann tut sich grad ein riesiges neues Betätigungsfeld auf....
(der Haken an Seide ist rauhe Haut an den Händen - diese extrem dünnen Fasern hängen sich an jeder Rauhheit auf - Handpeeling und nicht-fettende Creme sind meine beste Empfehlung).
Die nächste Herausforderung sind die kurzen Fasern wie Yak, Kamelunterwolle, Angora, und Llama - wenigstens weiß ich schon, daß ein Wassersprüher das Umherfliegen der Fasern drastisch mindert, aber nen richtig dünnen Solo-Faden krieg ich auch nach einem Jahr noch nicht wirklich hin...
