Diese von Dir zitierte Theorie hat was für sich.
Zwei Fragen bleiben trotzdem offen:
a) was war mit der Vegetation an Orten, wo es keinen Sumpf gab, also keinen Sauerstoffmangel in der toten organischen Substanz
(Die Quelle schreibt selbst: "Abgestorbene Bäume wurden im morastigen, sauerstoffarmen Untergrund nicht abgebaut" - das würde auch heute noch so funktionieren, etwa in den Hochmooren).
Was für die Hypothese spricht (also dass es keine reinen Sumpfwälder waren): Nur ganz wenige Gehölzspezialisten, etwa Sumpfzypressen und Erlen, können heute an Standorten mit Sauerstoffmangel im Oberboden überhaupt leben, und die bauen dort keine grossen organischen Schichten auf. Warum sollen das also frühere Baumarten gekonnt haben. Dann würde aber für die Kohlebildung ein dauernd nasses Klima ausgereicht haben, das die Entstehung von Feuer nie zuliess, denn das Lignin war ja nicht abbaubar.
Was für eine rasche anaerobe Abtötung spricht: Es gibt fossile Steinkohlewälder, wo man noch Stubben findet, die offenbar im Schlamm erstickt sind. Das muss also rasch gegangen sein. (z.B.
hier (das Bild)
b) Die zweite Frage hat damit zu tun, dass Gensequenzierung als Methode nur mit noch lebenden Arten arbeiten kann. Wenn es stimmt, dass alle heute vorkommenden ligninabbauenden Pilze einen gemeinsamen Vorfahren gehabt haben, der zuletzt zu Ende des Karbons auftrat, könnte es trotzdem so gewesen sein, dass es vorher andere Ligninabbauer gab, die aber heute ausgestorben sind, und heute die Weissfäulepilze die einzigen sind, die das noch können. Das ist ganz ähnlich wie die Tatsache, dass die Baumarten der Steinkohlenwälder selbst auch ausgestorben sind, und durch die heutigen Baumarten ersetzt wurden.
Einen ähnlichen Denkfehler würde begehen, wer behauptete, vor den ältesten Fledermäusen und Vögeln habe es keine anderen flugfähigen Wirbeltiere gegeben. Die gab es zweifellos - sie sind aber heute ausgestorben. Die Flugfähigkeit der Wirbeltiere ist damit viel älter, als diese Fähigkeit bei Vorfahren der heute noch lebenden Vertreter erworben wurde, und sie kann nicht durch vergleichende Erbgutanalyse der heutigen flugfähigen Wirbeltiere datiert werden.
Der biochemische Weg des Ligninabbaus muss deshalb nicht einmal anders gewesen sein als bei den heutigen Weissfäulepilzen.
Was ausser der Logik selbst für diese Hypothese spricht (Ligninabbau älter als die heutigen Weissfäulepilze): Auch andere Schlüsselprozesse der grünen Pflanzen, etwa die Photosynthese, funktioniert bei allen grünen Pflanzen von der einzelligen Grünalge bis zur Eiche oder Maispflanze genau gleich und ist nur einmal erfunden worden, obwohl zahlreiche Pflanzengruppen ausgestorben und durch andere ersetzt worden sind. Unterschiedlich ist nur das drumrum, etwa die zeitlich getrennte CO2-Speicherung in CAM-Pflanzen oder andere Enzyme zur CO2-Fixierung bei C4-Pflanzen. Ein weiteres Beispiel, das sogar Pflanzen und Tiere betrifft, wäre die Zellatmung im Krebszyklus, oder auch der gemeinsame genetische Code der DNA aller Lebewesen.
Wenn die Fähigkeit des Ligninabbau diesen Weg gegangen wäre, kann er mit Gensequenzierung nur bis zum Zeitraum zurückdatiert werden, wo die heute noch lebenden zum Ligninabbau fähigen Pilzarten den jüngsten gemeinsamen Vorfahren hatten. Die Eigenschaft selber kann aber viel älter sein.
Was ebenfalls eher gegen die Hypothese spricht, dass der Ligninabbau erst viel später als das Lignin selbst erfunden wurde: Diese Pilze müssten dann eigentlich auch die ligninproduzierenden Pflanzen selbst angegriffen haben. Wieso sollten die Bäume die neu auftretenden Pilze ohne lange Koevolution kontrollieren können, was eine wesentliche Bedingung zum Überleben als Gehölz ist?
Es kann natürlich auch sein, dass genau deshalb die Steinkohlewaldbildner zeitgleich mit der Steinkohlebildung selbst verschwunden sind, weil die sich nicht gegen Ligninabbauer wehren konnten.
Das Lignin hat ja eine doppelte Funktion: Schutz des Holzes gegen holzzerstörende Pilze und Verbesserung der Statik. Ohne Lignin sind Bäume rein statisch nicht existenzfähig. Fäunlisresistente Holzarten sind dies aufgrund der Einlagerung spezieller Inhaltsstoffe. Lignin allein reicht dazu nicht aus.
Wozu ich gerade nichts gefunden habe: was passiert mit dem Lignin des Holzes, das von Termiten bzw. deren Endosymbionten abgebaut wird? Falls das Lignin ebenfalls abgebaut wird, muss es ja auch Mikroben geben, die Lignin zersetzen können.
Alles sehr spannend ...
Das Thema hier ist eigentlich aber Methan und Kühe, da sind noch Fragen offen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.