Geniessen erlaubt

hobbygaertnerin
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Re: Geniessen erlaubt

#21

Beitrag von hobbygaertnerin » Fr 27. Sep 2013, 08:06

Mein Gedanke zum Geniessen war folgender,
mir ist beim hin- und wieder anschauen von Kochsendungen aufgefallen, dass das Ganze sehr gut organisiert abläuft, alles ist bereits fertig geschnitten, vorbereitet,
in der Regel ausgefallene Zutaten und Rezepte, es wird vielleicht noch auf Teller angerichtet, das wars dann. Zu Hause bräuchte man dafür um vieles länger und müsste mit einem sehr langen Einkaufszettel losfahren, schneiden und schnippeln ist ebenso nicht immer eine Hilfstruppe vorhanden.
Früher bin ich noch hin- und wieder in einen Kochkurs gegangen, auslernen kann frau/man ja nie- heute sind diese zum Vergessen, entweder nur mit teuersten Wiskey und edelsten Weinen, , exotischten Zutaten, Trüffel , Hauptsache edel, teuer oder so übermässig gesund, dass ich genau weiß, das isst mir zu Hause keiner.
Beim Schmökern in der Buchhandlung blättere ich gerne durch toll aufgemachte Kochbücher, kann mich damit in andere Länder träumen, auch dort nur Zutaten, die es höchstens in bestsortestiertesten Delikatessenläden zu kaufen gibt.
Und dazu noch massenweise Gesundheitsratgeber, die vor allem warnen, was schon alleine den Hauch von Leben geniessen bringen könnte.
Keiner hat angeblich mehr Zeit, sich hinter den Herd zu stellen, es muss alles schnell gehen.
Wir leben heute in einer komischen Zeit, es gab noch nie so viele Kochbücher,Kochzeitschriften, Landsehnsuchtzeitschriften sind fast nicht mehr zählbar, Kochsendungen, Auswahl an Lebensmitteln, tollste Küchen, Küchenhelfer,
aber das Einzige was mir zu Ohren kommt, jeder schimpft über das Essen.
Als Bäuerin tut mir das oft in der Seele weh, weil ich jeden Tag vor Ort stehe und weiß, was es an Arbeit, Mühe, aber auch Hoffen und Bangen bedeutet, für "Lebensmittel" zu sorgen.
Geniessen scheint irgendwie verloren gegangen zu sein.
Jeden Tag Überfülle ist bestimmt kein Genuss, saure Wochen, frohe Feste, Festtage, heute kann man jeden Tag aus Ente a la Orange, Minutensteaks, aus einer unendlichen Fülle an bereits fertiger Kost auswählen.
Dafür geht aber leider auch das Kochen von ganz einfachen, "gewöhnlichen" Speisen verloren.
Wer kennt sich noch mit Resteküche aus?
Ein schön gedeckter Tisch, es gibt vieles, was das Leben angenehmer macht.
Wer hat Rezepte, die für ihn zum "Genussessen" zählen, Gerichte, die Leib und Seele zusammenhalten, Tips, wie mit einfachen Zutaten ein besonderes Essen wird.
Einmal im Jahr fahre ich nach München und schaue mich beim Dallmeyer ebenso um wie auf dem Viktualienmarkt- und freue mich von ganzem Herzen, dass ich mir zu Hause selbst vieles machen kann, was ich dort sehr teuer kaufen müsste.
Mein absolutes Lieblingsrezept, in Balsamico eingelegte Wachteleier, keine Ahnung, was die im Delikatessenladen kosten würden, ich habe bei den Eiern zuerst die Freude, dass ich diese liebenswerten Wachteln habe, dann bei der Zubereitung der Eier und dann beim Geniessen.
Geniessen erscheint mir eine Kunst, die leider nirgends gelehrt wird, man muss es für sich selbst lernen.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Geniessen erlaubt

#22

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 27. Sep 2013, 08:23

hobbygaertnerin hat geschrieben:Wer kennt sich noch mit Resteküche aus?
"Calentao" :holy:

Zutatenliste auf Deutsch:
4 Eier, 1 halbe Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, 1 Würstel, 2 mittelgroße (gekochte) Erdäpfel, eineinhalb Tassen gekochter Reis, eine halbe reife Banane, Salz und Koriandergrün je nach Geschmack

Wir geben fast nie Erdäpfel dazu - aber sehr oft gekochte Bohnen, Zwiebelschloten, halbe Paprika, machmal auch Salat in Streifen....
Da kann man fast alles reintun - nur Reis und Eier müssen immer sein.
Extra Pfannkuchen machen muss man nicht - man kann auch die Eier wie ein Rührei dazu"rösten".

ist halt so, dass man solche Rezepte nicht wirklich in einem Kochbuch sammeln kann - oder?

Übrigens gehört für mich das Zutaten-Schnipseln unbedingt zum Kochen dazu!!

Dabei kann man ja so herrlich kosten und naschen .... :hhe:

Sabi(e)ne
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Re: Geniessen erlaubt

#23

Beitrag von Sabi(e)ne » Fr 27. Sep 2013, 08:37

:lol: Das ist ein Kulturproblem - in Frankreich oder Italien hat Essen einen ganz anderen Stellenwert, und man verbringt sehr viel mehr Zeit mit dem Essen.
Wir Deutschen haben das Essen durchrationalisiert - alles muß zack-zack gehen.
Die SlowFood-Bewegung stemmt sich ja dagegen, aber so wahnsinnig erfolgreich sind sie auch nicht, leider.
Und mal ganz ehrlich: sogar die Pausen in Kindergarten und Schule sind zu kurz, um irgendwas zu genießen, ganz zu schweigen von den tw. gruseligen Schulessen an sich - da ist nix zum Genießen dabei.
Aber genau DA müßte man ansetzen.....
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

Words are no substitute for actions...

Picassa

Re: Geniessen erlaubt

#24

Beitrag von Picassa » Fr 27. Sep 2013, 09:28

Wir genießen eigentlich JEDES Essen. Sei es nun das Frühstück, die Zwischenmahlzeit oder das warme Abendessen.
Klar gibt es immer Tage, an denen es schnell gehen muss.
Aber das belegte Brot/Brötchen, mit ´nem Salatblatt drauf, mit Aufschnitt, ´ner Scheibe Gurke oder Tomate, evtl. gekochte Eier in Scheiben... die Zubereitung geht schnell und ist ein Genuss, und das Verspeisen dann sowieso.
Manchmal koche ich abends bewusst nicht, dann gibt es eine große Platte mit belegten Broten. Verschiedene Brotsorten (wenn vorhanden), unterschiedlich belegt, dazu Würfelchen Käse oder Salami, ´ne Bockwurst in dicke Scheiben geschnitten, ein paar Trauben, in Stücke geschnittene saure Gurke, Ananaswürfelchen dazu... der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Oder Raclette... Resteverwertung pur, wenn man das will.
Oder Pizza... ebenfalls eine gute Resteverwertung.
Oder Blätterteigrollen, die kann man auch mit allem Möglichen füllen, was eben gerade da ist. (Nur den Blätterteig kaufen wir, ihn selber zu machen ist mir, ehrlich gesagt, zu viel Arbeit).

Für mich gehört das Zubereiten des Essens auf jeden Fall zum Genießen dazu. Wenn Zeit ist, kann ich stundenlang Gemüse schnippeln. Ich werde dabei dann meistens immer langsamer (entspannter), höre gerne Musik dabei. Mein Göga ist gottlob flexibel, wenn ich mal eher Lust habe, mit dem Essenbereiten anzufangen, essen wir früher, wenn´s mal länger dauert oder ich erst z.B. im Garten noch was fertig machen möchte, eben später.

Picassa

Re: Geniessen erlaubt

#25

Beitrag von Picassa » Fr 27. Sep 2013, 09:36

Ein spezielles Genießeressen bei uns: Rindfleischtopf.
In einen großen Topf einschichten:
ein paar dicke Scheiben Rindfleisch
klein geschnittene Zwiebeln
viele Möhren (in dicke Scheiben geschnitten)
Champignons (ganz oder halbiert) (die muss mein Mann alleine essen, ich finde die brrrrrr!)
ein paar Scheiben Schinkenspeck
Zwischendurch die einzelnen Lagen würzen mit Salz und Pfeffer
Mit Rotwein übergießen (ich glaube, da kommt ´ne ganze Flasche rein)
Ein Gläschen Cognac dazu.
Dann das Ganze 4-5 Stunden auf niedrigster Stufe köcheln lassen (nicht drin rum rühren, Deckel nicht öffnen, einfach nur köcheln lassen).
Nach spätestens einer Stunde Garzeit beginnt es im ganzen Haus köstlich zu riechen :)

Dazu passen Knödel, Nudeln, Kartoffeln, Reis, Brot... eigentlich alles.

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Re: Geniessen erlaubt

#26

Beitrag von hobbygaertnerin » Fr 27. Sep 2013, 10:14

Hallo Sabi(e)ne,
nur wie lässt sich in unseren Landen kulturtechnisch ein anderer Zugang zum Essen rüberbringen? In Italien, Frankreich usw. wachsen Kinder zum Teil selbstverständlich mit dieser anderen Ess- und Kochkultur auf. Nicht nur das Schulessen ist manchmal schlimm, das beginnt bereits in der Kita für die Einjährigen. Früher hiess es. von den Reichen kann man das Sparen und von den Armen das Kochen lernen.
Heute gilt beides nicht mehr uneingeschränkt, früher bildete sich jemand etwas ein, wenn sie/er gut kochen gelernt hatte- heute heisst es, wer sich nicht wehrt, kommt an den Herd.
Mir erscheint, dass meine Landsleute wenig genussfreudig sind. Übers gute Essen kann ich mich mit anderen Nationalitäten wesentlich besser austauschen.
Genuss hat in meinen Augen nicht damit zu tun, nur das Teuerste, Edelste und Ausgefallenste auf den Tisch, bzw. Teller zu bringen.
@Danke für eure Rezepte, ich freue mich schon darauf sie auszuprobieren.

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Re: Geniessen erlaubt

#27

Beitrag von Minze » Fr 27. Sep 2013, 13:03

Danke Hobbygärtnerin, jetzt habe ichs verstanden :lol:

Mit 14 Jahren habe ich meine Lehre in einem Supermarkt begonnen (damals einer der ersten Selbstbedienungsläden in der Stadt), und es kamen mehr und mehr Dosen mit Fertiggerichten in die Regale, deren Anblick mich schon gruselte. Aber sie wurden gekauft und da habe ich für mich entschieden, daß ich unbedingt lernen muß zu kochen, damit ich mich später nicht von solchen Sachen ernähren muß.

Meine Eltern hatten einen Ausgehtag in der Woche und an diesem Abend habe ich dann immer für meinen Bruder und mich gekocht, so fing es an.
Liebe Grüße
Minze

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Re: Geniessen erlaubt

#28

Beitrag von krabbe » Fr 27. Sep 2013, 18:43

Naja, das mit der Esskultur in Frankreich ändert sich auch. Die Regale und Tiefkühltruhen sind voll von Fertigprodukten. Und das Zeug wird auch gekauft.

Und was die Kinder angeht, wenn ich mit Kindergruppen arbeite, bin ich immer erstaunt wie wenig selbst Landkinder noch von natürlich aussehenden Lebensmitteln kennen : die Milch die aus der Packung kommt, die lila Kuh und die grossen runden Augen wenn man eine echte Kuh sieht und sie begreifen, dass die Milch da aus dem Euter kommt (bähhhh). Im Restaurant wird der wirklich frische und gut zubereitete Fisch liegen gelassen, aber die in niedliche Fischformen gepressten und panierten Teile sind super lecker. Das zeigt mir ganz deutlich, dass es zu Hause eben keine wirklich Esskultur mehr gibt. Und auch die Mahlzeiten in der Schule und die viel besuchten Centre de Loisirs (bieten Mittwochs und in den Fehrien ein Freizeitprogramm) ist in der Qualität doch sehr unterschiedlich. Im Ort wo ich arbeite, scheint es noch immer die Köchin zu geben, die das Essen mehr oder weniger frisch zubereitet. Die meisten Schulen gegen eine relativ beziehen ihr Essen aber aus einer Grossküche, die das Essen dann in Containern ausliefert und dann bis zum Verzehr noch warm oder kalt gehalten werden. Aber es gibt jedes Jahr in den meisten Schulen eine kulinarische Woche, wo die Kinder im Unterricht über Lebensmittel und Essen reden und die Kantine sich besonders viel Mühe gibt. Ob es das jedoch rausreisst?

Viele junge Leute können hier auch nicht mehr kochen. Wenn ich Sellerie kaufe, werde ich von den jungen Kassieren oft gefragt was das den seie - Auf meine Antwort kommt dann meistens mit grossem Strahlen : Ach ja, das kenne ich aus dem tollen Salat aus der Plastikdose aus dem Kühlregal. :mued:

Was ich allerdings immer klasse finde, wenn man hier zusammen isst, spricht man meistens über was? Nee nicht Politik oder so, über Essen wird geredet! Das ist echt genial!

Das einzigste was wirklich helfen würde Kindern eine gute Esskultur nahe zu bringen ist und bleibt das mit ihnen zusammen tun und entdecken. Sprich zusammen kochen und zusammen essen. Ohne Fertigprodukte und ohne Fernseher.
lg Andrea

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Re: Geniessen erlaubt

#29

Beitrag von krabbe » Fr 27. Sep 2013, 19:08

Ansonsten trifft das was Picassa sagte bei uns auch zu.
Brotzeit mit vielen leckeren Dingen auf dem Tisch mögen wir besonders. Am Wochenende gibt es dann auch mal ein Gläschen Rotwein dazu.

Ob die Mahlzeit jetzt warm oder kalt ist, ist für uns wurscht. Im Sommer eher kaltes Essen, wohingegen wir im Winter wenn es kalt ist am liebsten was warmes haben. Wichtig ist, dass es uns gut schmeckt. Das sind meistens Gerichte die aus guten, frischen Zutaten gemacht worden sind. Das kann schon mal was aufwändiges sein, meistens sind es aber die einfachen Gerichte. Karotten-Kohlsalat mit Kümmeldressing. Bratkartoffelpfanne. Rotkraut Späzle und Zwiebelsosse . Frisches leckeres Brot mit selbstgemachtem Nussmuss oder Käse...

Ansonsten ist es für das Geniessen für uns nicht nur wichtig was auf den Tisch kommt (am liebsten frisch zubereitet aus guten Zutaten) sondern auch wie es serviert wird. So ist der Tisch ist eigentlich immer nett gedeckt. Ein einfaches Geschirr, dass das Essen nicht durch seine Farbigkeit erdrückt und auch nicht zusammen gestückelt ist. Und auch nicht, wie bei meinen Eltern früher, alles aus Suppentellern essen. (Kotelett mit Bratkartoffeln gab es genauso aus dem selbigen wie den Eintopf) Und dann wird das Essen auch nicht lieblos auf den Teller geklatscht.

Das kann dann zum Beispiel so aussehen:
Abendbrot.jpg
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lg Andrea
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Re: Geniessen erlaubt

#30

Beitrag von hobbygaertnerin » So 29. Sep 2013, 08:11

Hallo Krabbe,
diese Entwicklung, immer ferner von den Lebensmitteln, bzw. deren Herstellung und Verarbeitung zu werden, scheint eben nicht nur in Deutschland zu sein, sondern auch im Land der "Gourmands".
Ich habe ein paar franz. Kochbücher, alles ländliche französische Küche, nicht die abgehobene Sterneküche der Kochgötter. Ein Kochbuch ist von Frauen geschrieben, die kleine oder grössere Gasthäuser betreiben, sie wollten sich gegen die männliche Übermacht und Abgehobenheit der franz. Küche wehren und zeigen, dass gute Küche auch im kleineren Stil machbar ist.
Die vergangene Woche hat sich unser Vorratsschrank gut gefüllt, Tomatensossen, eingelegte Zwiebeln, Pilze, getrocknete Pasta (klingt ja gleich viel nobler als Nudeln :) ), es ist immer sehr praktisch, auf Vorräte zurückgreifen zu können.

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