AnamPrema hat geschrieben:(Wie wird) aus Kompost eigentlich Humus???
Danke für die Frage, die ich mir auch schon gestellt habe. Und mir selbst erst nach einer langen Irrfahrt erst unlängst beantworten konnte.
Wenn Du dich an der Natur orientierst, gibt es dort kaum dem Komposthaufen ähnliche Gebilde. Zumindest in unseren Breitengraden, und auf diese kommt es bei uns ja auch an. Hier existiert eher die "Flächenkompostierung". Naturgemäß fallen die Stoffwechselendprodukte, auch landläufig Scheiße genannt, punktuell zu Boden, wo sie von den abbauenden Organismen empfangen werden. Das Stichwort ist hier punktuell.
Das Punktuell ist hier ganz wichtig. Zur Erklärung komme ich noch gleich.
Wo ein Abbau stattfindet in einem großen Kreislauf der Stoffe und des Lebens, findet natürlich auch wieder ein Aufbau statt. Sonst wäre es kein Kreislauf mehr, sondern eine Strecke von A nach B. Mit der Zeit würden sich die Ressourcen bei A verringern und bei B würden sich Probleme in Form von ungenutzten Stoffen anhäufen.
Das Leben arbeitet naturgemäß aber in Kreisläufen.
Also gibt es neben den abbauenden Organismen auch die aufbauenden Organismen.
Es braucht nicht viel Vorstellungskraft und Logik, um zu begreifen, daß optimalerweise der Abbau im gleichen Tempo wie der Aufbau stattfindet. Das ähnelt einem Fließband - wenn vorne das Band zu schnell läuft, kommen die hinten am nächsten Band nicht nach. Es entsteht ein Stau, die Stoffe stapeln sich, das Fließband explodiert möglicherweise vor Überlastung.
In der Natur ist es daher so, daß die organischen Stoffe punktuell abgesetzt werden. Die Abbauer sind daher immer in der Unterzahl zu den vielen Aufbauern. So gelangen die vorverarbeitenden Rohstoffe in gute Hände und es entsteht kein Stau, der das ganze vielrädrige Getriebe zum Stillstehen bringen würde.
Der Mensch in unserer Gesellschaft hat sich dazu entwickelt, diesen Kreislauf in eine Strecke zu verwandeln, indem er schneller abbaut und zerstört, als er den Aufbau zuläßt.
So auch mit organischen Abfällen, namentlich den "Kompost".
Diese landen auf großen Haufen oder in Gefäßen, er bedeckt sie dick mit Erde oder legt die Abfälle in wohlgeordneten aber biologisch kaum durchdachten Schichten aus.
Was passiert dadurch? Der gesamte Haufen ist mit abbauenden Organismen durchsetzt, es entwickelt sich eine regelrechte Fäulnis - diese kommt zwar in der Natur auch vor, aber eben nicht allein, sondern Hand in Hand mit den Aufbauern. Auch nach Jahren steckt ein solcher Haufen voller Fäulnis, vom Bodenfachmann saproprob genannt. Oder in der Halbfäulnis (mesosaprob). Irgendwann wird auch dieser Haufen über diese Phase hinausgehen und nach der Abbauphase in die Aufbauphase übergehen. Nur der Weg dorthin wurde unnötig verlängert und zudem wurden Verluste erzeugt, weil die faulenden Stoffe ausgewaschen und ausgegast werden. Sehr zum Nachteil der Umgebung, weil diese Stoffe Leichenwachs, Leichengifte und überhaupt recht lebensfeindliche Stoffe enthalten, die allerlei Krankheiten verursachen können. Unter dem Strich wird hier das gesamte Fruchtbarkeitspotential verringert, die Umgebung "verpestet" und zum Schluß am besten noch in den Garten verlagert, wo die Halbfäulnis dann im Boden weiter ausfault, bis der Faulprozeß abgeschlossen ist.
Die Humuswirtschaft hat jedoch das Ziel, die Faulprozesse möglichst rasch abzuschließen und den Aufbau möglichst rasch zu begehen, damit unnötige Verluste vermieden werden und vor allem die notwendige Hygiene bewahrt bleibt.
Wir unterscheiden daher in abbauende und aufbauende Prozesse.
Der Abbau bedeutet Fäulnis und diese Phase ist in drei Teile geteilt: Fäulnis, Halbfäulnis und Faulende. Erst am Ende der Fäulnis ist von Rohhumus zu sprechen, denn das ist der Stoff, der zu Humus umgesetzt werden kann. Halbfaule Stoffe werden nicht zu Humus. Eine gerade aufgebrachte Bananenschale ist daher nicht Humus, sondern eine Bananenschale, die vollständig ausgefault ist und bereit ist für die nächste Stufe: den Aufbau.
Erst dort beginnt die Humusbildung.
Raoul H. Francé beschreibt die Garten- und Ackerböden als Böden, die sich ständig in einem halbfaulen - mesosaproben - Zustand befinden und gehalten werden, was ursächlich für die Krankheiten ist, die unsere Kulturpflanzen befallen. Die Ruderalpflanzen - allgemein auch Böschungskraut oder Unkraut genannt - sind Kulturfolger, weil es Pflanzen sind, die in der Fäulnis leben können, ohne zu erkranken. Und die teilweise sogar von der Fäulnis leben. Viele der Kleinlebewesen werden sogar in die Pflanze aufgenommen - die Tiere, die sich von solchen mit Mikrobien besiedelten Pflanzen ernähren, erkranken aufgrund dieser mikrobiellen Dauerbelastung auch leichter.
Wie können wir als Menschen dieses Problem lösen?
Indem wir darauf achten, daß der Fäulnisprozeß verkürzt wird und der Aufbauprozeß danach sauber beginnt.
Neben der natürlichen punktuellen Aufbringung von wenigem Material, was die wohl geeigneteste Methode ist!, gibt es auch die Möglichkeit, die unnatürlichen Mengen zu verarbeiten.
Als erstes ist es wichtig, daß das zu humifizierende Material gründlich vermischt wird und möglichst nicht einseitig ist. Außerdem sollte es zumindest zum Teil grob gestaltet sein, weil die Oberflächen Lebensraum bedeuten und auch für die Durchlüftung geeignet sind.
Dann werden Haufen aufgeschichtet, die einen zwei Meter Durchmesser haben und zwei Meter hoch sind, wobei die obere Spitze auf 30 cm gekappt wird. So entsteht ein Haufen, der innen die thermophilen Abbauer und außen die Aufbauer beherbergt, in einem ausgewogenen Verhältnis. Der Haufen darf nicht mit Erde bedeckt werden.
Die Phase der Fäulnis wird durchschritten, wobei die Temperaturen innen im Haufen auf bis zu 75°C ansteigen. Danach fällt die Temperatur auf konstante 15°C (etwa) - die Halbfäulnisphase beginnt. Das dauert je nach Witterungslage zwei bis vier Wochen. Der Haufen wird dann umgesetzt und dann erneut ruhen gelassen. Wenn auch diese Phase beendet ist, steht man vor einem Haufen Rohhumus.
Humus-Rohstoff.
In der Natur würden nun durch Luftbewegung, durch Staub und so weiter immer mehr Aufbauer auf dem Haufen landen. Als Spore, Zyste oder Samen. Viele der Kleinlebewesen können sich enzystieren und damit einkapseln - sie werden dann fortgespült und weggeweht zu neuen Einsatzorten.
Die Besiedelung dauert unter natürlichen Umständen jedenfalls seine Zeit. Für die von den Menschen gebildeten Maßstäbe der Verarbeitungsmenge ist diese Zeitdauer zu lang (Fließband).
Daher ist eine Beimpfung mit den richtigen Bodenorganismen in Zystenform oder als "Frischimpferde" nicht nur ratsam, sondern schlicht notwendig, um diese Mengen zu verarbeiten.
Die Zusammensetzung der einzelnen Aufbauergruppen ist dabei sehr wichtig, weil diese Gruppen Hand in Hand arbeiten. Die Zusammensetzung ist auch bekannt durch angestellte Recherchen und dem Nachlaß von Francé und Francé-Harrar.
Was uns noch fehlt, ist eine detaillierte Arbeitsanleitung zur Herstellung dieses Impfhumus.
Doch es ist nur eine Frage des Fleiß, diese zu erarbeiten.
Dann können auch diese unnatürlichen Mengen an hoffentlich ordnungsgemäß ausgefaulten Humusrohstoffen, schnell und sauber zu Humus verarbeitet werden - was ein Segen für den Boden, für die darauf wachsenden Pflanzen, für die Tierwelt, den Menschen, für die Geologie und damit dem Klima wäre.
Siehe auch (PDFs):
http://www.france-harrar.de/tl_files/gr ... _humus.pdf
http://france-buch.de/
http://www.selbstversorgerforum.de/perm ... _klein.pdf
Es lohnt sich diese Bücher wirklich zu studieren und nicht nur querzulesen. Also immer wieder hervorzuziehen, die Begriffe nachzuarbeiten, nachzuvollziehen.
Fazit:
Organischer Tod
Fäulnis
Halbfäulnis
Faulende
Rohhumus
Halbhumus
Humus
Aufbau in höheres Leben, Pflanzen
Die beteiligten Organismen variieren zwar über den ganzen Erdteilen, die Abläufe sind stets dieselben und einige der beteiligten Organismen sind überall auf der Welt vorhanden.
Viele Grüße
Bernhard