Hallo in die Runde

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Tscharlie
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Re: Hallo in die Runde

#31

Beitrag von Tscharlie » Di 16. Sep 2025, 08:52

Damit wären wir bei den Gebrüdern Albrecht.

In meiner Kindheit, so Anfang der 1960er Jahre, hat man Lebensmittel beim kleinen Händler gekauft, man zahlte was man eben zahlen muss um etwas zu bekommen. Alle haben doch ganz gut damit leben können. Man brauchte nicht viel, die Milch kam in Kannen direkt vom Bauern in den Laden und wurde per Handpumpe in einen mitgebrachten Behälter gepumpt.

Damals hatte München gerade 1,3 Mio. Einwohner, da ich ganz knapp am 1,3 Millionsten vorbeigeschrammt bin, weiß ich das.
Dann kamen die Albrechts und haben gesagt: Allen geht es schlecht, alles muss billiger werden. Die einzigen denen es ab da besser ging waren die Albrechtbrüder.

Aber die Gesellschaft hat sich gewandelt.

Und noch was, München hat noch immer 1,3 Millionen Einwohner
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Re: Hallo in die Runde

#32

Beitrag von Elli1 » Di 16. Sep 2025, 15:42

Tscharlie, daran kann ich mich auch noch gut erinnern.
Meine Eltern hatten einen Hof mit Kühen, Schweinen, Hühnern, Kaninchen, Gänsen, Enten und Puten und auch einen großen Garten. Wie es in der Stadt war weiß ich nicht aber uns ging es lebensmitteltechnisch sehr gut. Als der 1. Aldi im Nachbarort eröffnet wurde wurde alles anders. Es wurden Konserven gekauft denn warum sollte man sich mit Dingen wie Erbsen plagen die sehr zeitaufwendig waren? Und dann gab es auch noch das ein oder andere was man haben wollte. Biskuitboden, der viel weicher war als Mürbeteigboden und dann Obstkonserven für auf den Boden. Sprühsahne Soßenpulver, tiefgefrorene Fritten, Mayo im Glas, ...
Der Albrecht Brüder hatten im richtigen Moment die für sie richtige Idee. Nach dem Krieg war man die viele Arbeit leid. Man wollte sich auch mal zurücklehnen, die Fritten in die Friteuse werfen gekaufte Mayo und/oder Ketchup drauf, ne Bratwurst vom Aldi dabei, wenn man gerade da ist, mitnehmen und gut ist. Für den Nachmittag schnell einen Biskuitboden mit Konservenobst belegen, Sprühsahne drauf und der Sonntag war ohne viel Arbeit gerettet.
In meinem Bekanntenkreis kenne ich sehr viele Aldigänger. Sie kennen es nicht mehr anders und machen sich keine Gedanken darüber wie Aldi und co. die Preise und damit die Qualität negativ beeinflussen. Denn wie will ein Landwirt gute Qualität mit guten Lebensbedingungen für seine Tiere schaffen wenn er sein Produkt praktisch verschenken muss.
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Re: Hallo in die Runde

#33

Beitrag von Rohana » Di 16. Sep 2025, 20:13

Elli1 hat geschrieben:
Di 16. Sep 2025, 15:42
Denn wie will ein Landwirt gute Qualität mit guten Lebensbedingungen für seine Tiere schaffen wenn er sein Produkt praktisch verschenken muss.
An Gunststandorten ist das leichter als an anderen Standorten, und damit wird die Latte gelegt über die alle springen müssen. Nach dem Motto "der kann das so billig, warum könnt ihr das nicht auch"? Es ist einfach ein Unterschied ob im Jahr 1000l oder nur 500l Regen fallen, ob du Sandboden hast oder Schwarzerde, ob du im Realteilungsgebiet bist oder die perfekte Gebietsstruktur hast, ob du vernünftige oder extreme Behördenmitarbeiter hast usw usf, die Liste ist lang. Dazu kommt unabhängig vom Standort noch der Mensch Landwirt und seine direkte und indirekte Umgebung dazu. Wenn es dem Mensch nicht gut geht, wie will er sich adäquat um's Tier kümmern?

Für Hobbytierhalter ist das alles wesentlich weniger problematisch. Damit wir mal wieder zum Thema kommen :D
Vacca, was auch immer du tust, plane es durch, RECHNE es durch - du musst es halt finanzieren können - und wenn dann immer noch alles passt, mach's. Und immer dran denken dass du entsprechende Behörden mit ins Boot holst. Und einen gescheiten Tierarzt brauchst, der was von Gross- und Nutzvieh versteht. :ziege:
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Re: Hallo in die Runde

#34

Beitrag von Vacca » Di 16. Sep 2025, 21:23

Danke euch für die tollen Einblicke. Auch Wahnsinn, wenn man denkt wie es noch vor 1-2 Generationen war. Ich habe den Umschwung von jeder hat zumindest ein bisschen Selbstversorgung oder vom Bauern nebenan zu Discountern ja nicht miterlebt, aber kann den Gedankengang von den Generationen nach dem Krieg zumindest versuchen nachzuvollziehen mit es endlich etwas bequemer haben, bin dankbar es nicht direkt nachvollziehen zu können/müssen. So ähnliche Geschichten habe ich auch von meinen Großeltern bzw. Urgroßeltern gehört. Wäre Krieg und Flucht nicht gewesen, dann wäre ich jetzt sehr wahrscheinlich noch auf einem Bauernhof.

Rohana, danke dir für deinen Einblick in die Rinderhaltung. Mich würde wahnsinnig interessieren wie viel ein Rind/eine Kuh dich im Jahr kostet im Schnitt bis zur Schlachtung, aber das ist ja so individuell und umfasst so viele Faktoren, dass man dies wahrscheinlich gar nicht so einfach beziffern kann. Falls ihr es doch zufällig mal durchgerechnet habt, da du ja sagst die müssen wirtschaftlich sein, würde ich mich total über harte Zahlen freuen und was ihr mit einbezogen habt in die Rechnung. Denn wenn es bei mir nur als Hobby/Selbstversorgung gedacht ist, die sich nicht rechnen muss, müssen wir ja trotzdem irgendwie die Kosten aufbringen uns diesen Luxus leisten zu können.

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Re: Hallo in die Runde

#35

Beitrag von Elli1 » Mi 17. Sep 2025, 16:49

Vacca, ich denke man kann nicht pauschal sagen was die Tierhaltung kostet. Ich hatte vor meinen Barbados Blackbellys Kamerunschafe. Sie durften alt werden bis sie mit 15-16 Jahren an Altersschwäche starben. Den Tierarzt habe ich nie gebraucht, habe mir nur die jährliche Wurmkur abgeholt. In den Schafforen lese ich immer wieder von Problemen mit den Hobbyschafen und weiß auch noch nicht ob die Barbados Blackbellys nicht irgendwann den TA brauchen. Bis jetzt ist alles gut.
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Re: Hallo in die Runde

#36

Beitrag von Tscharlie » Mi 17. Sep 2025, 17:14

Wie ist das eigentlich mit der Versicherung? Nicht mal Hunde sind ja in der privaten Haftpflicht enthalten?
Kaninchen brauchen keine extra Versicherung, Hühner auch nicht, aber die muss man anmelden, so zumindest in Bayern.
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Re: Hallo in die Runde

#37

Beitrag von Elli1 » Mi 17. Sep 2025, 20:27

In meiner privaten Haftpflicht sind die Schafe enthalten.
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Re: Hallo in die Runde

#38

Beitrag von Vacca » Fr 19. Sep 2025, 01:13

Da hast du natürlich vollkommen recht, dass es sehr individuell ist. Vor allem mit dem Tierarzt. Mal hat man Glück und Tiere bleiben ein Leben lang gesund mal hat man aber auch einfach nur Pech und es kommen die dümmsten Unfälle zustande. Dachte nur wenn man es wirtschaftlich macht hat man sowas zumindest einmal grob durchgerechnet, oder eine Art Businessplan, weil man ja von leben muss.

Man kann aber für fast alle Tiere eine extra Haftpflicht abschließen. Verstehe auch nicht wie man Hunde oder Großtiere ohne halten kann. Es kann so schnell etwas passieren und bei Peronenschaden, weil Tier auf Straße, ist man dann zumindest finanziell entlastet.

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Re: Hallo in die Runde

#39

Beitrag von Rohana » Fr 19. Sep 2025, 14:49

Vorher rechnen ist schwierig. Einen Businessplan gibt es nicht, nur den Jahresabschluss wo es eben passt oder auch nicht passt und man Stellschrauben sieht an denen noch was zu machen ist.

Fang doch mal bei der Basis an. Frag dich wo du das Futter her bekommst, denn qualitativ gutes und zum Bedarf der Tiere passendes(!) Futter ist das A und O. Stallungen und Auslauf/Weide müssen räumlich und baulich passen, die Zeit zum melken und zur Versorgung (dazu gehört auch Tierbeobachtung) muss nicht nur bei dir sondern auch bei ein bis zwei Gehilfen/Notfall-Einspringern täglich vorhanden sein. Bei den offiziellen Stellen gibt es meistens eine Möglichkeit der Erwachsenenbildung für unverhoffte Hoferben, Eingeheiratete etc zwecks der Rinderhaltung. Lass dich da evtl mal im persönlichen Gespräch beraten :)
Was du ebenfalls brauchst sind "Dienstleister" zwecks Verarztung, Klauenpflege, ggf. Mist-Entsorgung und Futter-Versorgung bei fehlender Fläche oder Mechanisierung deinerseits. Eine Tierhalterhaftpflicht ist ebenfalls wichtig.
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Re: Hallo in die Runde

#40

Beitrag von emil17 » So 21. Sep 2025, 14:51

Das ist mirt bei der Frage nach den wahren Kosten pro Grosstier auch zuerst in den Sinn gekommen.
Du brauchst zuerst die Bereitschaft, dich *jeden Tag* zu kümmern. Bei Hühnern, Kaninchen und derlei Kleingetier ist das alles überschaubar, und es geht auch mal die nette Nachbarin füttern. Bei Grosstierhaltung muss man sich im Alltag nach den Tieren richten. Leute, die von Viehzucht leben, haben ihren ganzen Alltag völlig auf die Tierhaltung ausgerichtet.
Dann all das drumrum, das bei einem Hof eben da ist: Weide, Heuwiese, Scheune, Stall, Mistlege und so weiter.
Dann ein paar Maschinen und Transportmöglichkeiten sowie Zaunmaterial und dergleichen.
Bei den Kosten pro Tier kann man sich dann ausrechnen, was ein weiteres Tier zusätzlich an Kosten und Aufwand bedeutet (Tierarzt, Versicherungen, Behördenaufwand jeglicher Art, aber auch zusätzliche Weidefläche und Platz für zusätzliches Futter).

Vielleicht wäre ein gangbarer Weg, bei einem Hof in der Nachbarschaft einmal eine Weile als auch für den Bauern interessante Hilfskraft mitzumachen, um Einblick in die Praxis zu bekommen. Oder man geht einen Sommer auf eine Kuhalp irgendwo in den Bergen. Wenn man nachher immer noch eigene Kühe halten möchte, sieht man das alles realistischer.

Viele reiche Leute halten sich deshalb Hobbypferde, weil die Tiere doch mehr mit Menschen interagieren als Kühe, und weil man die gegen Geld irgendwo in Pension geben kann. Trotzdem sieht man leider zu oft völlig ruinierte überweidete Grundstücke, wo zwei Pferde sich den Tag lang langweilen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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