Insekten-Diskussion

Rati
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Insekten-Diskussion

#1

Beitrag von Rati » Mi 6. Dez 2017, 12:47

Hi,

Danke für des einstellen der fb Beiträge Manfred.
Ich würde da gerne Bezug auf eine Passage nehmen:
Manfred hat geschrieben:Wir Biobauern produzieren für einen anderen Markt, mit einer anderen Kosten- und Preisstruktur.Deshalb ist das nur sehr eingeschränkt vergleichbar....
stimmt, und es deutet darauf hin, das es hier natürlich nicht damit getan ist ein Werkzeug wegzunehmen (wobei ich ja immer dafür plädieren würde ein schlechtes Werkzeug gegen ein besseres auszutauschen) sondern das natürlich eine Systemänderung vorgenommen werden muß
Manfred hat geschrieben:... Die meisten ersetzen dabei die Herbizide durch mechanische Bearbeitung, mit entsprechend hohem Energie- und Kostenaufwand. Und was so eine Maschine von den Kleintieren übrig lässt, kann man sich auch ausmalen.
da wiederum sehe ich schon auch Möglichkeiten ohne große Kollateralschäden und Bodenumwälzungen arbeiten zu können, dafür braucht es Forschung und Tester und Marktatraktivität, was wieder zum Systemwandel zurück führt.

nächster Punkt. :)
Vorab, da die Insektendezimierungen (Insektensterben scheint nicht ganz der richtige Ausdruck zu sein- dh sorgt anscheinbend für emotionale Unstimmigkeiten) nun ja wirklich kein reines Gly. problem ist finde ich das hier auch der falsch Faden für die Disskussion ist.
Manfred hat geschrieben:...Also habe ich zurückgefragt, welches Insektensterben zu meinst.Ich habe schon viele Insektensterben beobachtet.
RichardBurgenlandler hat geschrieben:Statt dass man sich genau mit den Zulassungsverfahren und den entsprechenden Behörden befasst, warum werden Studien herangezogen und manche Studien nicht usw. und dabei geht es nicht einmal um den Inhalt der Studien sondern einfach um die Art und Weise, befasst man sich mit wilden Spekulationen. Das betrifft selbstreden natürlich beide Seiten.
ich hab es zwar indirekt schon zwei mal getan, aber jetzt mal direkt, könnt ihr beide über Veränderungen der Insektenwelt in eurer direkten Umgebung berichten (außer deiner Frostspannerpopulation @ Richard) und könnt ihr eure Ideen zur Ursache der Veränderungen präsentieren?

Ich kann euch folgendes von mir berichten:

Überall wo ich lebte gab es Schmetterlingsflieder. mein Vater hat ihn gepflnzt weil er die vielen Schmetterlinge mochte welche die Pflanzen besuchten.
Ich habe das übernommen, und Schmetterlingsflieder gehörte für mich überall wo es mi mir möglich war zu den ersten Pflanzen die ich pflanzte.
So im Alter von 12 - 14 Jahren gab es da große Trauben von Schmetterlingen. ZB Schwalbenschwanz, kleiner Fuchs, Tagpfauenauge, diverse Weislingsarten, Admiral, Dietelfalter, Zitronenfalter, gemeiner Bläuling, um nur einige zu nennen.
Das weis ich so genau, weil ich zur damaligen Zeit selber Insektenkästen machte. Also ich fing und präparierte Käfer, Libellen und Schmetterlinge.
Auch weis ich aus der Zeit damals das es kein Problem gab auf Brennesseln Raupenkolonien zu finden.
Dann zog ich von Sachsen nach Sachsen Anhalt, Insektenkästen habe ich da nicht mehr gemacht und über die Menge der Schmetterlinge mag ich jetzt auch keine gesicherten Angaben machen, die Artenvielfalt allerdings war def. noch vorhanden.
Nach der Wende zog ich dann nach Niedersachsen. Dort hatte ich zwar anfangs keinen eigenen Schmetterlingsflieder, dafür aber stand im Garten des Bauern bei dem ich arbeitete einer.
Dort bemerkte ich als erstes das fehlen der Schwalbenschwänze.... schob das aber einfach auf regionale Gegebenheiten.
Dann gab es ein paar Jahre Stadtleben in denen ichtatsächlich meine geliebten Schmetterlinge aus den Augen verlor.
Seit zwanzig Jahren bin ich nun hier an fast ein und dem selben Standort, miten im Agrarindustriezentrum von Niedersachsen. Meine Indikatorpflanze immer dabei und schon bevor die Meldungen von verringerten Insektenpopulationen die Massenmedien erreichten, bemerkte ich sowohl was die Arten als auch was die Mengen angeht deutlichen Schwund. In den letzten Jahren, gab es hier nur noch Tagpfauenauge, Kohlweisling und Admiral. Immer nur wenige Exemplare und schon lange nicht mehr die Schwärme von früher.
Auch Raupenkolonien habe ich schon seit Jahren nicht mehr gesehen, und wir haben verschiedenste Brennesselarten in ausreichender Menge in unserem Garten.
Ich könnte jetzt auch noch über Laufkäfer und Spinnen berichten, da sind meine Beobachtungen aber noch unempirischer als bei den Schmetterlingen, also lass ich das mal. Die Beobachtungstendenz ähnelt allerdings schon der der Schmetterlinge.
Tja, was die Ursachen angeht, habe ich für mich hauptsächlich Insektengifteinsatz und Lebensraumzerstörung definiert. Großzügiger Einsatz von Herbiziden (die auch mal locker den Feldrand mit benebeln) gehören für mich zur Lebensraumzerstörung dazu.
RichardBurgenlandler hat geschrieben:Statt dass man sich genau mit den Zulassungsverfahren und den entsprechenden Behörden befasst, warum werden Studien herangezogen und manche Studien nicht usw. und dabei geht es nicht einmal um den Inhalt der Studien sondern einfach um die Art und Weise, befasst man sich mit wilden Spekulationen. Das betrifft selbstreden natürlich beide Seiten.
also, wäre eine große Menge von Beobachtungen einzelner über längere Zeiträume den nicht auch eine Möglichkeit zumindest annähernd gesicherte Aussagen über die allgemeine Dezimierung der Insekten zu erhalten?

Grüße Rati
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Re: Glyphosat-Diskussion

#2

Beitrag von Rohana » Mi 6. Dez 2017, 13:01

Wie du schon sagst, Rati, es ist der falsche Thread um über Insekten zu reden. Vielleicht kann ein freundlicher Mod diese Beiträge abtrennen und einen eigenen Thread draus machen.

Wo du das Stichwort "Feldränder abspritzen" bringst - mir fällt dazu das ständige Gemulche überall ein. Sämtliche Strassen im Umkreis haben kahlrasierte Strassengräben, da hab ich das Gefühl das hätte stark zugenommen in der Häufigkeit des Mulchens. Kann das jemand bestätigen?
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#3

Beitrag von Manfred » Mi 6. Dez 2017, 14:16

Ich habe das Insekten-Thema vom Glyphosat-Thema abgetrennt.

@Rati:
Die Frage ist halt, was du diskutieren willst.
Der regionale Rückgang bestimmter Schmetterlingsarten hat nur sehr bedingt mit einer allgemeinen Reduktion der Zahl oder Biomasse an Insekten zu tun.
Nur weil an einer Stelle die Schmetterlinge weniger werden, heißt das ja noch lange nicht, dass es insgesamt weniger Insekten oder weniger Insekten-Biomasse gäbe.
Viel Schmetterlingsarten sind von bestimmten Pflanzen oder von offenem Boden abhängig.
Wenn sich das Biotop verändert (was völlig normal ist, in der Natur gibt es keine statischen, unveränderlichen Biotope), wenn sich die Zusammensetzung der Pflanzen und der Anteil an offenem Boden ändert, dann ändert sich natürlich auch die Insektenpopulation.

Wenn du Schmetterlings-Freund bist, kennst du doch sicher Prof. Werner Kunz und seine Vorträge?
Er erklärt m.E. sehr schön, wieso z.B. Bergbaubrachen so attraktiv für viele Schmetterlingsarten sind und wieso sie dort verschwinden, wo die Natur die Bodenoberfläche heilt.
http://www.kunz.hhu.de/vortraege.html

Die starke Vermehrung verschiedener, eigentlich hochspezialisierter Schmetterlingsarten, war demnach hauptsächlich der ökologischen Misswirtschaft unserer Vorfahren zu verdanken, die viel offenen Boden und die damit verbundene Erosion und Pionierpflanzenvorkommen verursacht haben.

Ebenso ist es übrigens mit Heuschrecken. Heuschrecken benötigen für eine Bestandsexplosion offenen, nicht bearbeiteten und nicht betrampelten Boden für ihre Brutröhren.
Unter Holistic-Management-Leuten in den entsprechenden Regionen wird es gefeiert, wenn es gelingt, die Bodenbedeckung wieder herzustellen und die Brotröhren durch Tritt zu stören, so dass die Heuschreckenplagen reduziert werden.

Es ist ja auch völlig unsinnig pauschal zu behaupten, viele Insekten wären gut. Oft ist das Gegenteil der Fall. Ein Massenauftreten von Insekten ist oft ein Anzeigen, dass ökologisch etwas aus dem Ruder läuft.

Was meine eigenen Beobachtungen angeht:
Seit der alte Anbindestall und der Misthaufen weg sind vom Hof, ist endlich auch die Fliegenplage weg aus unserem Haus und dem der Nachbarn.
Damit sind natürlich auch die vielen Vögel verschwunden, die sich von den Larven und Fliegen im und auf dem Misthaufen ernährt haben.
Und den Rauchschwalben, von denen noch immer einige Paare im alten Stall brüten, ist seither zweimal der Nachwuchs verhungert, weil sie draußen bei anhaltendem Regenwetter nicht mehr ausreichend Insekten fangen konnten und der vorher in dem schwülnassen, schlecht belüfteten Stall, in dem die Kälber im Winter nicht selten an Atemwegserkrankungen krepiert sind, vorhandene Insektenreserve nicht mehr vorhanden war, um die Jungen über die Notzeit zu retten.
Des einen Freud, des anderen Leid. Deshalb lässt sich auch nicht sagen, ob gut oder schlecht. Das hängt von der jeweiligen Perspektive ab.

Andererseits hat sich die Insekten-Biomasse auf der Weide, wo die Rinder jetzt stehen, natürlich massiv vermehrt. Kot und Urin sind schließlich wertvolle Rohstoffe, die von einer entsprechenden Zahl von Helfern verarbeitet werden wollen.
Blut, Hautschuppen etc. werden natürlich auch gerne genommen. Genau wie der an den Rinder-Bisswunden der Pflanzen austretende Pflanzensaft.
Dazu kommt die Reaktivierung des Bodenlebens und die entsprechend steigende lebende organische Masse im Boden. Eine Kreislauf- oder besser Netzwerkwirtschaft, an der natürlich ebenfalls unzählige Insekten und sonstige Kleintiere beteiligt sind.

Solange Pseudo-Naturschutzorganisationen dafür kämpfen, dass sich die Landwirtschaft möglichst widernatürlich verhalten muss, z.B. durch die unlängst eingeführte Pflicht, ausgebrachte Gülle innerhalb von vier Stunden in den Boden einarbeiten zu müssen (hast du je ein Weidetier gesehen, das seinen Kot und Urin vergräbt und dabei auch noch großflächig durch Umwühlen dem Bodenleben schadet?) solange werden wir uns auch immer weiter von naturnahen Abläufen und der mit diesen Abläufen verbundenen Biodiversität und Biomasse entfernen.

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Re: Glyphosat-Diskussion

#4

Beitrag von Rati » Mi 6. Dez 2017, 14:23

Rohana hat geschrieben:...Wo du das Stichwort "Feldränder abspritzen" bringst - mir fällt dazu das ständige Gemulche überall ein. Sämtliche Strassen im Umkreis haben kahlrasierte Strassengräben, da hab ich das Gefühl das hätte stark zugenommen in der Häufigkeit des Mulchens. Kann das jemand bestätigen?
also gemulcht wird hier in der Gegend nicht, gemäht schon, aber nicht oft, so das in der Strassengräben schon auch Pflanzen die Chance haben zu blühen.
Ich habe sogar festgestellt, das vermehrt Blühpflanzen wie Ringelblume oder kleine Astern auftauchen, ob nun durch Neuansaat - initiirt von den Strassenbauämtern- oder einfach Selbstvermehrung weis ich allerdings nicht.

Grüße Rati
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Re: Insekten-Diskussion

#5

Beitrag von Rati » Mi 6. Dez 2017, 14:46

Manfred hat geschrieben: @Rati:
Die Frage ist halt, was du diskutieren willst.Der regionale Rückgang bestimmter Schmetterlingsarten hat nur sehr bedingt mit einer allgemeinen Reduktion der Zahl oder Biomasse an Insekten zu tun.
Nur weil an einer Stelle die Schmetterlinge weniger werden, heißt das ja noch lange nicht, dass es insgesamt weniger Insekten oder weniger Insekten-Biomasse gäbe....
da du jetzt netterweise gleich diesen Faden aufgemacht hast, würde ich am liebsten noch gar nicht diskutieren sondern Erfahrungsberichte sammeln. :)
Dann könnte nämlich etwas näher beleuchtet warden ob es sich hier wirklich nur um regionalen Schwund einzelner Arten handelt oder aber ein grossflächigeres Ereignisse nahe liegt.
Das der Mensch durch diverse Einflussnahmen natürlich auch manchen Tierarten das Leben übberdurchschnittlich erleichtert hat ist schon klar. Aber er hat es im größeren Stil auch für veiel tiere, oder vielleicht bessergesagt Systeme, schwerer gemacht.

Grüße Rati
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Re: Insekten-Diskussion

#6

Beitrag von Minze » Mi 6. Dez 2017, 15:24

Ein einfaches Beispiel: Wer mußte zuletzt im Sommer seine Autoscheiben sauber machen, weil sie über und über mit Insekten bedeckt war? Also ich seit Jahren nicht mehr, früher war es gang und gäbe, an der Tankestelle erstmal den Eimer und Schwamm zu nehmen.
Liebe Grüße
Minze

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Re: Insekten-Diskussion

#7

Beitrag von Rohana » Mi 6. Dez 2017, 15:26

Also beim Motorradfahren merk ich davon nix. Ich muss nach jeder Tour und manchmal auch zwischendrin meinen Helm saubermachen!
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

viktualia

Re: Insekten-Diskussion

#8

Beitrag von viktualia » Mi 6. Dez 2017, 15:59

Sorry, ich muss jetzt erst mal bissl trollen:
in meinem Garten hab ich ja Aschenbecher mit Deckel (schildkrötenförmig), da leben zu meiner großen Verwunderung seit Jahren Asseln und auch einge Raubspinnen (also welche ohne Netz) drin. Mit den Kippen. Junge und Alte (Asseln, die Spinnen haben ihre Kinderstuben wohl woanders.)

Ich hab mit dem Thema insofern Probleme, als mir der Begriff "Insekten" doch ein wenig zu vage ist.
Manfred hat schon mehrmals auf die Tatsache hingewiesen, dass 90% der, ich sag mal, Kleinlebewesen, im Boden vorkommen;
ich warte auch schon darauf, das irgendwer mit dem Argument "Spinnen sind doch gar keine Insekten" kommt
- wo Mikroben da einzuordnen wären - keine Ahnung.
Und, last, but not least: ich bin zwar schon über 50, aber irgendwie hab ich nicht das Gefühl, damit einen aussagekräftigen Zeitraum überblicken zu können: wie Manfred ebenfalls schon erwähnte, hab ich höchstens als Kleinkind die Auswirkungen der frühen Agrarwende mitbekommen.

Aus mir völlig unbekannten Gründen hab ich auch immer wenig Mücken oder Fliegen; Ameisen "besprech" ich und sie verschwinden
- dennoch, mein subjektiver Eindruck ist auch: früher hat es mehr gebrummt im Sommer, ich hab öfter Heuschrecken gesehen,
(boah, vor nem Monat ungefähr saß eine giftgrüne Heuschrecke auf einem Ständer mit roter und lila Wäsche - das war schön!)
Mistkäfer hab ich seit Jahren keinen mehr gesehen.
Dafür aber Traubenschwänzchen, die sind jetzt jeden Sommer am Phlox.
(Das Zecken nicht "betroffen" sind liegt sicher daran, dass es Spinnen sind...)
Feuerwanzen seh ich auch noch, waren aber "früher" auch mehr
(liegt aber womöglich daran, dass ich heutzutage an anderen Bäumen langgehe als früher...)
Marienkäfer seh ich auch seltener und mit "anderen" Punkten als früher.
Ja, wenn ich mich den letzten Jahre mal auf ne Wiese gelegt hab, war da weniger Getier als früher;
früher war aber auch schon im Schwimmbad weniger Gefleuch als mitten in der Pampa.

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Thomas/V.
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Re: Insekten-Diskussion

#9

Beitrag von Thomas/V. » Mi 6. Dez 2017, 16:01

Das mit den fehlenden Insekten auf der Autoscheibe oder Motorhaube hab ich auch festgestellt.
Ich hab es auf die zunehmend kühler und nässer werdenden Sommer geschoben.
Auch die Konzerte der Grillen, Heuschrecken oder was da sonst im Spätsommer und Frühherbst immer standfand, hat sich auf zaghafte "verzweifelte" Versuche reduziert.
Schmetterlinge hab ich dieses Jahr im Garten nur 3-4 Stück gesehen. 1x nen Zitronenfalter, 3x nen Kohlweißling.
Die Blüten vom Oregano, die sonst immer dicht umlagert waren, hatten nur schwachen Besuch von kleinen Schwebfliegen und sowas, keine Schmetterlinge wie sonst.
Bienen gab es aber recht viele, auf Phazelia und Gelbsenf. Zur normalen Blüte der Obstbäume konnten sie nicht fliegen, war zu kalt.

Also bei mir hat sicherlich die Klimaverschlechterung auch einen großen Anteil am Rückgang der Insekten. Die können einfach nicht genug sammeln, wenn es dauernd naß und kühl ist.
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Insekten-Diskussion

#10

Beitrag von Manfred » Mi 6. Dez 2017, 16:04

Auch die Zahl der auf der eigenen Autoscheibe zermatschten Insekten ist kein zwingender Beleg für einen wie auch immer gearteten Insektenschwund.
Da kommen sehr viele unterschiedliche Effekte zusammen.

Die Zahl der in D zugelassenen PKW hat sich seit 1960 verzehnfacht, seit 1980 ca. verdoppelt.
Die Gesamt-Fahrleistung von PKW und LKW ist von 1975 bis 2011 von 300 Mrd. km auf 700 Mrd. km angestiegen.

https://www.zukunft-mobilitaet.net/wp-c ... 5-2011.jpg

Da bleiben schlicht und ergreifend deutlich weniger Insekten pro Fahrkilometer zum Zermatschen, besonders auf den Strecken, die dieses gestiegene Verkehrsaufkommen zu tragen haben.
Gleichzeitig haben sich die CW-Werte der Fahrzeuge deutlich verbessert, was das Beutespektrum hin zu dickeren Insekten verschoben hat, und die durchschnittliche Fahrtgeschwindigkeit hat sich durch zunehmende Geschwindigkeitsbegrenzungen und das höhere Verkehrsaufkommen zumindest in den letzten Jahren reduziert, was ebenfalls das Beutespektrum auf dickere Insekten reduziert.

Dazu kommen nachgewiesene und gewollte (oder zumindest in Kauf genommene) Reduzierungen von Insektenbeständen:
Die Biomasse an Wasserinsekten (darunter sind viele Arten, die schöne Fettflecken auf Autoscheiben machen und gerne zu den sommerlichen Berufsverkehrzeiten schwärmen, z.B. die Eintagsfliegen) wurde durch den Ausbau der Kanalisation und den deutlich reduzierten Mineraldüngereinsatz in der Landwirtschaft massiv reduziert. Die Seen- und Flußfischer klagen aus diesem Grund (ständiger Rückgang der Fischnährtiere wegen der reduzierten Nährstoffeinträge) seit vielen Jahren über sinkende Fischbestände und Fangmengen.

Prof. Reicholf hatte ich dazu ja schon verlinkt:
https://www.youtube.com/watch?v=Y0RJngOAkA4

Auch die Fernsehberichte über den Fischmangel z.B. im Bodensee sind bekannt:

https://www.youtube.com/watch?v=DVQi8iL_ZX4

Alleine von 1990 bis 2016 ist die Fangmenge an Felchen im Bodensee von 910 Tonnen auf 204 Tonnen gefallen.
Ich würde schätzen, dass ein Fisch ca. 10 kg Nährtiere (Frischmasse) fressen muss, um 1 kg zuzulegen.
D.h. es wären ca. 7000 Tonnen weniger Fischnährtiere (Plankton über Insekten bis zu Kleinfischen etc.) pro Jahr zum Fressen da gewesen. Der Einbruch der Gesamt-Biomasse dürfte noch deutlich größer sein, weil das ja nur eine der vielen Fischarten ist und die Fische auch nur einen Bruchteil der Nährtier-Biomasse umsetzen.

Wer also in der Nähe von Gewässern unterwegs ist (und die gibt es in D fast überall), besonders in den Tälern, wo die Fernstraßen lang führen, dürfte auch entsprechend weniger Wasserinsekten-Fettflecken auf den Scheiben haben.

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