Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

DieterB
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#31

Beitrag von DieterB »

Hallo,

unser Boden wurde seit gut 15 Jahren nicht mehr gepfluegt. Ausser fuer die Kartoffelernte und um Kohl oder andere Starkzehrer mit etwas Kompost zu pflanzen, vermeide ich jede Stoerung des Bodenlebens.

Durch Pfluegen oder Umgraben wird der Boden aufgelockert. Dadurch koennen sich Wurzeln besser ausbreiten. Jedoch wird beim naechsten starken Regen der Boden wegen der zerstoerten Bodenstruktur noch mehr verdichtet als vorher. Dies erfordert wiederholtes Pfluegen. Pflanzen zeigen nach dem Pfluegen staerkeres Wachstum, weil Naehrstoffe durch die vermehrte Sauerstoffzufuhr freigesetzt werden. Die Pflanzen koennen aber nur einen Teil dieser Naehrstoffe aufnehmen. Ein anderer Teil geht durch Oxidation und Erosion verloren. Deshalb muss in den Folgejahren mit Kunstduenger, Stallmist oder Kompost geduengt werden, um den Naehrstoffverlust auszugleichen. Diese Duengung zerstoert das natuerliche Gleichgewicht des Bodens und resultiert in Pflanzen mit Naehrstoffmaengeln, die auf lange Sicht auch bei Menschen zu Mangelerscheinungen und Krankheit fuehren koennen.

Das Ziel sollte also sein, Pflanzen natuerlich ohne Duengung (auch ohne biologischen Duenger oder Kompost) anzubauen. Reduzierung von Bodenbearbeitung auf ein Minimum ist ein wichtiges Mittel, um dies zu erreichen.

Soweit organische Materialien (Stroh, Kuechenabfaelle, Unkraut, gehaeckselte Zweige, usw.) vorhanden sind, ist Mulchen das einfachste Mittel, um ohne Umgraben zu gaertnern. Jedoch sollte Mulch nur soviel verwendet werden, wie noetig ist, damit die Nutzpflanzen nicht vom Unkraut ueberwuchert werden. Pflanzen erhalten den groessten Teil ihrer Naehrstoffe aus der Luft. Dadurch wird die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten. Deshalb ist ein dicht bewachsener Boden besser als ein nackter oder gemulchter Boden. Boden mit Karton oder Folie abzudecken ist oft schaedlicher als Umgraben.

Samen fuer Huelsenfruechte, Mais, Kuerbis, Rettiche, Rueben, usw. werfe ich ins hohe Gras. Das Gras wird niedergetrampelt und mit ca. 3 cm Mulch bedeckt. Wenn genuegend Feuchtigkeit vorhanden ist, wachsen die Triebe nach einigen Tagen durch die Mulchschicht. Bei ausreichender Feuchtigkeit verwandelt sich die Mulchschicht zusammen mit dem darunter liegenden Gras samt Wurzeln nach einigen Wochen oder Monaten in schwarze Humuserde. Manche Samen (z.B. dicke Bohnen) muss ich mit einem Stecheisen in ca. 3 cm tiefe Loecher pflanzen, weil sie sonst von Wuermern gefressen werden.

Andere Gemuese (Paprika, Auberginen, Tomaten, Okra, Gurken, Salate, Kohl, Sellerie, Zucchini, Fenchel, usw. ) ziehe ich in Saatkaesten vor, um sie dann durch die Mulchschicht zu pflanzen. Fuer die Direktsaat ist es hier in Suedportugal meistens zu trocken.

Fuer die Direktsaat von Weizen, Feldsalat, roter Beete, Karotten und anderem Wurzelgemuese zieh ich flache Furchen mit einer Hacke in die Erdoberflaeche, arbeite die Samen leicht ein und bedecke den Boden ganz leicht mit etwas Mulch.

Gelegentliches Unkrautjaeten ist weniger zeitaufwendig als Umgraben und Saatbett-Vorbereitung. Nach der Ernte bleiben alle Pflanzenreste samt Wurzeln auf/in der Erde. Dadurch wird die Erde jedes Jahr etwas besser. Manchmal kann ich schon vor der Ernte die naechste Feldfrucht saeen oder pflanzen. Bei Stangenbohnen kann ich den Samen fuer die Folgefrucht einfach zwischen die alten Pflanzen saeen und dann die Bohnen samt Bohnenstangen aus Chinaschilf mit der Motorsense ummaehen. Die Bohnenstangen brauchen etwas laenger, aber selbst sie werden nach einiger Zeit zu Erde.

Alle Gaerten sollten Baeume und andere mehrjaehrige Pflanzen enthalten. Aber nicht zu viel! Die meisten einjaehrigen Pflanzen wachsen nicht oder nur schlecht unter Baeumen, weil sie Sonnenlicht brauchen und weil das Laub der Baeume das Wachstum der einjaehrigen Pflanzen unterdrueckt. Die Bodenlebewesen in Waldboeden sind von Pilzgeflechten dominiert, wogegen Gartenboeden fuer Gemuese, Getreide und Huelsenfruechte durch Mikroben gekennzeichnet sind. Aus diesem Grund wachsen die meisten Gemuese nicht in Waldboeden, auch wenn diese als sehr fruchtbar bezeichnet werden. Waldboden kann sehr schnell in Gartenboden umgewandelt werden. Dazu muessen aber die Baeume entfernt werden. Die Idee von Gartenwaeldern fuehrt in die Sackgasse.

Mehrjaehrige Pflanzen, die sich in unserem Garten bewaehrt haben, sind Gruenspargel (wie schon erwaehnt), Knollenfenchel (ist mehrjaehrig in warmen Laendern), Artischocken (Wuehlmaeuse lieben die Wurzeln) und essbare Bambussprossen und Neuseelandspinat. Mangold, Gartenmelde, Ruccola und andere robuste Pflanzen saeen sich selbst aus.

Dieter,
Alentejo
Benutzer 68 gelöscht

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#32

Beitrag von Benutzer 68 gelöscht »

Hallo Dieter,
DieterB hat geschrieben:unser Boden wurde seit gut 15 Jahren nicht mehr gepfluegt. Ausser fuer die Kartoffelernte und um Kohl oder andere Starkzehrer mit etwas Kompost zu pflanzen, vermeide ich jede Stoerung des Bodenlebens.
...
das klingt plausibel und lässt sich sicher auch für Mitteleuropa adaptieren.
Ein Problem bei Euch ist wohl die Trockenheit?
DieterB
Beiträge: 745
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#33

Beitrag von DieterB »

Hallo Theo,
Theo hat geschrieben: Ein Problem bei Euch ist wohl die Trockenheit?
ja genau! Der Boden ist meistens von Mai bis Oktober so trocken, dass selbst das Unkraut vertrocknet.

Dieter
Hotzenwalder
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#34

Beitrag von Hotzenwalder »

Hi. Also bei den Hügelbeeten mache ich nur Pflanzlöcher und mulche dazwischen. Unkraut reiße ich aus.
Rindenmulch als Abdeckung unterdrückt Unkraut gut nd wird vom Gemüse toleriert. Die "normalen" Beete
grabe ich derzeit noch um. mfG
Benutzer 68 gelöscht

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#35

Beitrag von Benutzer 68 gelöscht »

DieterB hat geschrieben:ja genau! Der Boden ist meistens von Mai bis Oktober so trocken, dass selbst das Unkraut vertrocknet.
Hier ist eher die Feuchtigkeit ein Problem, weil es deshalb Unmengen Schnecken gibt und mulchen problematisch werden könnte.
DieterB
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#36

Beitrag von DieterB »

Theo hat geschrieben:Hier ist eher die Feuchtigkeit ein Problem, weil es deshalb Unmengen Schnecken gibt und mulchen problematisch werden könnte.
Ja, Schnecken und Wuehlmaeuse sind zwei Probleme, die bei der Umstellung auftreten koennen – sogar hier im Alentejo. Die geballte Masse an organischer Aktivitaet, die waehrend der Trockenzeit ihren Sommerschlaf haelt, legt einen Blitzstart hin, wenn wir die ersten Regenguesse im Herbst haben. Das Unkraut und die Schnecken koennen sich in nur wenigen Tagen extrem vermehren. Aber es gibt Mittel, um damit fertig zu werden. In den ersten Jahren hatte ich sehr viele Schnecken und bei manchen Gemuesearten grosse Verluste. Aber jetzt hat sich die Natur auf ein neues Gleichgewicht eingependelt. Wenn ich nachts in den Garten gehe, muss ich eine Taschenlampe mitnehmen, um nicht staendig auf die Kroeten zu treten, die sich dank der Schnecken stark vermehrt haben. Manchmal finde ich mehr Kroeten als Schnecken.

Dieter
outdoorfreak
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#37

Beitrag von outdoorfreak »

Hallo

vielen Dank für die vielen Antworten. Haben mich viel weitergebracht.

Hab hier übrigens noch einen Link übers Waldgärtnern gefunden:

http://www.waldgaertner.de/der-waldgarten/

Sicherlich steckt da noch vieles in den Kinderschuhen, aber ich finde es sehr wichtig, wieder mit der Natur zu leben und sich auf die Suche nach einer alternativen Bewirtschaftungsmethode zu machen.
Oder findet auch nur einer von euch die Argrarwüste(Getreideäcker) schön?
Wir müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen.

Mahatma Ghandi
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Dagmar
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Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#38

Beitrag von Dagmar »

Hallo outdoorfreak,
outdoorfreak hat geschrieben:Oder findet auch nur einer von euch die Argrarwüste(Getreideäcker) schön?
also wenn ich mal an einem mehrere Hektar großen Rapsfeld vorbeikomme, welches in voller Blüte steht und danach an einem Betonblock des sozialen Wohnungsbaues, dann ist das Rapsfeld echt schön.

Und wenn mir einer sagen könnte wie wir diese schon vorhandenen Milliarden Menschen auf unserem Planeten alle mit Waldgärten ernähren könnten, das fände ich besonders schön.


Dagmar
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Benutzer 72 gelöscht

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#39

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht »

hallo!

Oooch - ich freu mich jedes Jahr wieder, wie schön die Felder aussehen. Die Bauern sähen bei uns jedes Jahr was anderes - Getreidefelder finde ich persönlich sehr schön! Vor allem, wenn "Unkrautblumen" am Rand und auch dazwischen wachsen dürfen! :daumen:
Mäuse, Singvögel (wegen der Körner) und Bienen (wegen der "Unkrautblumen") freuen sich auch drüber...
Wenn Sonnenblumen dran sind: wow!! Die sind doch auch wunderschön?
Und dazwischen dichte Wälder.... *schwärm*

ist doch alles auf seine Art wunderbar - oder??
DieterB hat geschrieben:Die Bodenlebewesen in Waldboeden sind von Pilzgeflechten dominiert, wogegen Gartenboeden fuer Gemuese, Getreide und Huelsenfruechte durch Mikroben gekennzeichnet sind. Aus diesem Grund wachsen die meisten Gemuese nicht in Waldboeden, auch wenn diese als sehr fruchtbar bezeichnet werden.
magst du sagen, woher du das weißt?
finde es sehr interessant!!
Denn woanders habe ich gelesen, dass man doch seinen Gartenboden mit Walderde "impfen" kann, damit auch dort der Humusaufbau schnell und vollständig klappen kann. Ich war ganz begeistert von der Idee und wollte es ausprobieren....

liebe Grüße!
roland
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Registriert: Mi 4. Aug 2010, 21:09

Re: Gärtnern ohne Umgraben/Waldgärten

#40

Beitrag von roland »

Dagmar hat geschrieben:Und wenn mir einer sagen könnte wie wir diese schon vorhandenen Milliarden Menschen auf unserem Planeten alle mit Waldgärten ernähren könnten, das fände ich besonders schön.
Das geht wenn überhaupt natürlich nur, wenn wir wieder weniger Geldorientiert Essen.
Denn Getreide, Kartoffeln, Mais, Tomaten, Gurken, und die weiteren paar gemüse, die heute kaufbar sind, waschsen im Waldgarten sicher nicht in den Massen. Die Ernte kostet mehr (weniger Maschinell möglich),...
Dagegen lassen sich die von alleine Wachsenden Pflanzen/Früchte oft nich lagern, transportieren ect. also schlecht für Supermärkte.

Also, ich denke, in so nem Mehrstufigen Wald-Garten enstehen sicher mindestens gleich viel Nährstoffe wie auf dem reinen getreidefeld (und das mit weniger Energieeinsatz) - aber eben andere. Das Problem wird nicht der Wald sein, sondern der Kunde. Ich stell mir grad vor, der Supermarkt verkauft Bucheckern, Hagelbutten, Brennesselsamen, ... Um nur einige zu nennen. Was würden die nach heutigem System wohl kosten :mrgreen:

Roland
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