Du strega, ich weiss nicht ob du's dir vorstellen kannst, aber auch modernes Getreide ist in der Lage zu wachsen und zu reifen ohne "Betüddelung" :D Es kommt halt unter Umständen nicht das dabei raus, was der Landwirt gerne hätte, zum einen in der Quantität, zum anderen in der von Ölkanne erläuterten Qualität - nach diesen beiden Merkmalen wird idR bezahlt, deshalb sind sie nicht ganz unwichtig für uns. Auch bei Manuela wird das Produkt, so es denn von einer Mühle oder vom Landhandel gekauft wird, nach diesen Merkmalen abgerechnet.
Nächste Frage ist garantiert warum nicht jeder Emmer und Einkorn anbaut... ganz einfach: Die Erträge sind meis absolut mies im Vergleich zu modernen Getreiden. Wenn man jetzt die tollen Preise dagegen hält, gibt es nur ein Problem: Hat man ja schon an Dinkel gesehen, sobald ein Produkt die Nische verlässt (sprich in grösseren Mengen vorhanden ist), wird es so billig, dass es sich oft nicht mehr "lohnt". Was genau sich im Anbau rechnet (ja, das muss es!), ist natürlich für jeden anders, je nach Klima und Boden, Lage, Vermarktungsmöglichkeiten, Betriebsausrichtung, etc pp.
Nochmal zurück zum modernen Getreide: Es gibt derzeit eine grosse Sortenvielfalt (ja, Vielfalt!), in der man für den jeweiligen Standort und die Bewirtschaftungsintensität aka Betüddelung die passende Sorte aussuchen kann. Da gibt es solche, die sind durchaus geeignet nur gesät und geerntet zu werden, und solche, die möchten bitte dies, das und jenes an Hilfestellung bekommen um am Ende ein grandioses Ergebnis zu präsentieren. Natürlich ist tendenziell das Endergebnis bei höherer Intensität besser - aber nicht immer. Deshalb liegt es an jedem Landwirt selbst, zu schauen wo für ihn das beste Aufwand/Leistungsverhältnis liegt, das ökonomisch Sinn macht. Dabei kann man jetzt verschiedene Prioritäten setzen, z.B. "ich will gar nicht spritzen" oder "ich will grosse Mengen ernten um jeden Preis". Danach wird dann die Sorte und eine grobe Strategie gewählt (die, logischerweise, zum gesetzlichen Rahmen und der guten fachlichen Praxis passen muss) ... und dann heisst es warten und schauen wie sich das Wetter und die Kultur entwickeln. Schliesslich arbeiten wir mit der Natur
Was jede/r im Garten macht bei seinem/ihrem Getreideanbau ist etwas völlig anderes. Da ist kein Druck dabei, es muss sich ja nicht "lohnen", da ist keine Qualitätsuntersuchung dabei und was an Menge kommt, das wird geerntet, egal wie viel. Es zieht niemand Nmin-Proben, es wird keine Düngebedarfsermittlung und keine Stoffstrombilanz erwartet... es ist hoffentlich verständlich, dass das völlig andere Rahmenbedingungen sind - und deshalb die Vergleichbarkeit zum landwirtschaftlichen Anbau nur bedingt gegeben ist.
Noch ein ganz persönlicher Nachtrag: Ich hätte durchaus Lust, mal zum Vergleich Getreide wie Einkorn oder Emmer anzubauen und werde dieses Jahr im Garten ein kleines Stück mit Gelbweizen ansäen. Leider fehlt uns die Fläche und das Geldpolster für solche "Spielereien" im grösseren Stil. Unsere derzeitige Fläche reicht genau aus, um auch in schlechteren Jahren ausreichend Futter für unsere Viecher zu liefern, denn allein Überschüsse werden bei uns an den Handel verkauft. Und wenn ich jetzt solche "Exoten" anbauen und auch tatsächlich was ernten täte - ich wüsste nicht, wo ich das lagern sollte, der Platz ist nämlich auch nicht da, oder vermarkten - so kleine Partien wird der Landhandel nicht ankaufen und Direktvermarktung bzw. Kontakte zu Bäckern/Mühlen laufen nicht ohne weiteres. Also muss erstmal das ganze "drumrum" passen, und um das zu schaffen hab ich momentan die Zeit nicht.
Sprich, es ist alles nicht ganz so einfach, wenn man es nicht nur als Hobby betreiben möchte.