Honigvermarktung- was man da so erleben kann

Wolkenflug
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Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#1

Beitrag von Wolkenflug » Mi 25. Mär 2015, 23:33

Meine Grüße

"Dein Honig verbreitet sich ja wie die Pest" schallte es mir letztens auf einer Versammlung entgegen.
"Mein Honig taucht regelmäßig im ländlichen Bereich von Madadaskar auf? Wie kommt der dort hin und woher weiß er das?" dachte ich mir.
Habe es dann doch noch rechtzeitig als Kompliment erkannt und bedankte mich mit den Worten: "Danke, dafür geb ich mir auch viel Mühe und investiere viel Zeit in die Vermarktung. Schön das das hier anerkannt wird".
Mit einem leicht irritierten Blick zog er dann von dannen. :hmm:


Als ich mit meiner Imkerei begann, wurde mir recht schnell klar, dass wenn ich mich da vergrößern will schnell eine vernünftige Verkaufsform geschaffen werden muss.
Honigverkauf an der Haustür bei meiner Wohnlage nicht sehr erfolgsversprechend :mrgreen: Freunde, Verwandte, Bekannte und Arbeitskollegen auch endlich.
Weihnachtsmärkte etc.? Ja, ist mal ganz putzig und lustig und macht mal auch Spass. Darauf angewiesen sein, regelmäßig? Nein, nichts für mich.

Glücklicherweise wohne ich direkt neben einem Golfplatz. Bei dem dazugehörigen Restaurant nachgefragt ob man da nicht seinen Honig präsentieren kann.
Wollten sie. :michel:
Und ab da begann die Zeit, wo ich immer knapp an Honig war, lief es doch überraschend gut :michel:
Mit dem Golfclub zusammengesetzt, ob man nicht noch was mit Bienen und Golfclub/Anlage aufziehen kann.
Da es eine "Naturgolfanlage" ist, hab ich offene Türen eingerannt.

Schwupps standen dafür zwei "Werbevölker" auf dem Golfclub.
Ein Interview wurde auch noch mit mir geführt :mrgreen: http://www.golf-in-achim.de/golf-natur/ ... ahn-9.html
Die Beuten die man dort sieht sind übrigens von uns Sabiene ;)

Dann für mich die Supermärkte entdeckt.
Der erste ist der Schwerste. Aber selbst der war relativ problemlos.
Zu meiner Überraschung ging der Marktinhaber auch gleich auf meinen Vorschlag ein, dass man den vielleicht seperat präsentiert und er nicht einfach neben dem ganzen anderen ködderigen Honig steht.
So kam ich dann zu meinem ersten Regal, der mitten im Eingangsbereich in der Gemüseabteilung steht :)
Schild mit regional draufstellen (was er ja ist). Läuft.
Irgendwann nochmal ein schickeres und praktischeres Regal ausgesucht http://www.ikea.com/de/de/catalog/products/20275885/, welches auch noch recht günstig ist :mrgreen:
Diverse Fächer für diverse Sorten, unten noch zwei Körbe rein, für die freiwillige Glasrückgabe. Marktinhaber freundliche Etiketten drucken lassen die mit sortenspezifischen Barcodes bedruckt sind.
"Konzept erstellen. Erledigt.", dachte ich mir.
Damit nach und nach noch weitere Märkte erobern können.
Bei einem Markt im Nachbarort grandios gescheitert.
Ich gehe, positiv ausgedrückt, oftmals recht "visuell zielgerichtet" durch meine Umwelt, so auch an dem Tag, wo ich in dem Markt eine Verkäuferin fragte, ob ich den Marktinhaber sprechen kann, zwecks eventuellem Verkauf regionalen Honigs. Vorher in der Honigabteilung nachgeschaut, ob da ein regionaler steht. Stand keiner.
Die befragte Verkäuferin stellte sich als recht resolut heraus.
Irritiert und leicht erbost fragte sie mich, ob ich blind wäre oder sie veräppeln wolle, wäre ich doch vor 5metern an dem Honigbären vorbeigegangen.
Ja, da bin ich an einem ca. 2.2m hohen handgeschnitzten Braunbären vorbeigelaufen, der einen Korb vor sich präsentiert, gefüllt mit Honiggläsern und in der anderen Hand einen weiteren Korb für leere Gläser.
Der Honig von einem mir unbekannten Imker aus dem Nachbarverein, welcher direkt im Ort wohnt, wo der besagte Supermarkt steht. Anerkennend den Hut vor dem Bären ziehend, trottete ich von dannen.
Für den Verkauf von 1-2Sorten super Präsentation von dem Bärenmann. Der braucht keine Barcodes ;)

Mit der Zeit werden natürlich auch andere Imker auf einen aufmerksam, wenn plötzlich ihr Supermarkt ihres Vertrauens meinen Honig verkauft.
Aufgrunddessen gemachte Erlebnisse und Erfahrungen waren vielfältig. Manche waren Narzissmus fördernd, andere interessant, einige lästig und manche etwas seltsam.
Sowie es Nachteile bringt, bringt es auch Vorteile. Zumindest mein Imkerverein hat mich lieb ;)

Ende Oktober, anfang November 2014 klingelte das Telefon.
Schnell stellte es sich für mich heraus, dass es ein mir unbekannter Imker aus dem Nachbarverein war. Er wolle aus gesundheitlichen Gründen seine gesamte Imkerei verkaufen. Er hätte gehört, dass ich da vielleicht Interesse dran haben könne.
Was mir neu war. :hmm:
Für einen mittleren 4stelligen Betrag könne ich seine 13Völker samt Beuten (nicht mein Maß), inklusive Bienenhaus und seinem Honigverkaufsstand im Supermarkt, der aus einem handgeschnitzten ca. 2,2m hohen Holzbären besteht. :eek:
Der Bärenmann.
Der Honigbeschicker des Marktes der Schande, geziert mit dem Bildnis der Blindheit.
Selbst ich bemerkte schnell, wie unheimlich schwer es ihm viel, sein Leben, seine Leidenschaft auf den Markt zuwerfen. Deswegen unterließ ich es ihn drauf hinzuweisen, dass er mir da einen recht exorbitanten Preis abverlangt, für Völker, Beuten und einen Verkaufsstand in einem Supermarkt, über den er ja nun überhaupt nicht zu entscheiden hat. Der Marktinhaber bestimmt ja wer was bei ihm verkaufen kann. Ich verneinte freundlich und verabschiedete mich.

Anfang Januar bekam ich dann mit, dass der Bärenmann verstorben ist.
Nach einer Zeit der ethischen und moralischen Abwägung ein Präsentationsglas geschnappt und hin zum Markt.
Vorgestellt, Glas überreicht, Bilder gezeigt, "da in dem Markt steh ich auch""ich weiß" "gut" Handschlag drauf, Anfang März soll ich kommen und anfangen zu liefern. Um den Bären wird sich wohl zwischenzeitlich gekümmert, ist er ja nix für mich.
Anfang Februar hab ich dann den Vorsitzenden des Nachbarimkervereins getroffen. Wir kennen uns haben keinerlei Probleme miteinander.
Er hätte ja ein neues Vereinsmitglied, hat wohl aus MeckPomm oder Brandenburg rübergemacht, der nun permanent bei ihm anrufen würde, weil ich ihm den Marktstand weggenommen hätte. Ehrlich und mit reinem Herzen konnte ich das verneinen. Doch, doch der hat den Bienenstand und den Verkaufsstand für einen geringen 4stelligen Betrag aufgekauft.
"Dieser Verkauf ist nicht über meinen Tisch gegangen", erwiderte ich. Nach einem gezogenen Gleichnis von Drogengangs in der Bronx, die ihre Reviere abstecken und Verkaufsbereiche verschachern, sah er auch schnell ein, dass man nicht einfach so einen Marktstand verkaufen kann, ohne den betroffenen Markt einzubeziehen. "Ein Choleriker vor dem Herren" wäre er, bei meiner Frage, warum er mich nicht einfach anruft und das ich froh sein könne, dass er es nicht getan hat.

Nächsten Tag zum Markt gefahren, Busch abklopfen.
Marktinhaber hat sich inzwischen breitschlagen lassen von einem neuen Imker im Dorf, der die Marktpräsentation inklusive Bären von dem Bärenmann gekauft hat auch dessen Honig präsentiert wird. Es war ihm zumindest unangenehm als ich mein erstaunen zum ausdruck brachte. Regal würde ich nicht aufstellen können, ich käme zu den ködderigen Honigen, der lokalere Imker auch, dafür wird ein halber Meter Dreyerhonig weggeräumt. Der andere Imker hätte auch nur eine Sorte, der würd dann neben mir und in dem Holzbären stehen.
Wäre ja seiner.
Vielleicht ist es einigen verständlich, dass ich spontan eine große Antipathie dem diesem *piep* Drecks *piep* Bären entgegengebrachte habe. :rot:
Ausserdem geht alles Leergut zum Bären hin :bang:
Habe den Markt gedanklich schon als Problembären abgehakt. Bei einem gleichen Honigpreis, mit im Ort regional und nicht 10Km entfernt regional plus Bären hat man es mit mehr Auswahl trotzdem schwer.
Denke mal, der der mich preistechnisch stark unterboten hat, sonst wär das wohl so nicht gelaufen.

Nun komme ich heut abend von der Arbeit, Marktinhaber hat aufs Band gesprochen. Solle mich melden wegen Honiglieferung.
Angerufen.
Nennt mir eine überraschend hohe Zahl an Gläsern.
"Ja, dass hab ich noch nie gehabt" "die sind alle hochgegangen" diverse Kunden hätten sich beschwerd das Honig kräftigst am gären wäre (also standen max. 4Wochen im Supermarkt).
Er hätte das gesamte Regal inklusive Bären von des anderen Imkers Honig geräumt.
Das wärs erstmal mit ihm sagte man mir.

Mein Honig wäre mittlerweile im Bären, das Regal wäre halt noch zu füllen und überhaupt es bald Ostern, da brauchen wir Honig.
Wahrscheinlich wird er erstaunt sein, dass ich den ollen Bären nicht will.

Vielleicht sollte ich den Verkaufstands-Bären einfach verkaufen, ist zwar nicht mein Bär, aber prinzip scheint ja üblich zu sein :hmm:


Wolkenflug

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#2

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Do 26. Mär 2015, 07:49

Beziehungen schaden nur dem der sie nicht hat. ;)
Wie so manches mal Wochenmarkt stände " verschachert " werden ist schon mehr als merkwürdig.
Aber dranbleiben manchmal ergibt sich über Umwege dann doch was mit dem man erstmal nicht gerechnet hat.

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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#3

Beitrag von Rati » Do 26. Mär 2015, 09:56

He Wolkenflug,

coole Geschichte.
das du ein echt guter Imker bist wuste ich, aber wie gut du auch das vermarkten im Griff hast war mir nur unterbewust klar.
Qualität zählt.
:daumen:

Grüße Rati
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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#4

Beitrag von Waldläuferin » Do 26. Mär 2015, 10:08

Hi Wolkenflug,
schöne Geschichte!
Ich würde einfach abwarten und dann nach einer Weile beim Marktleiter vorfühlen, ob er ein schlichtes Regal nicht besser findet als den Bären. Manche stehen ja auch auf putzig.
Gehe konform mit Dir, was die Vermarktung angeht.
Allerdings wundert mich, dass Du so ohne weiteres in die Märkte kommst. Ich habe hier vorgesprochen und sie wollten a) Grünen Punkt und b) Barcodes, und zwar die standardisierten.
Habe ich beides nicht.
Hat bei Dir keiner danach gefragt?
Grüße
Waldläuferin
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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#5

Beitrag von 65375 » Do 26. Mär 2015, 10:39

Unser RE WE hier nimmt auch regionale Produzenten dauerhaft oder vorübergehend ins Sortiment. Leider ist kein Imker dabei.

Selbst der Obsthof ein paar km den Berg hoch, der einen eigenen Verkauf hat, liefert manchmal dahin. Da gibt's dann Z. B. tagesfrische Himbeeren.

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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#6

Beitrag von Wolkenflug » Do 26. Mär 2015, 11:12

Waldläuferin hat geschrieben:Ich würde einfach abwarten und dann nach einer Weile beim Marktleiter vorfühlen, ob er ein schlichtes Regal nicht besser findet als den Bären. Manche stehen ja auch auf putzig.
Gehe konform mit Dir, was die Vermarktung angeht.
Allerdings wundert mich, dass Du so ohne weiteres in die Märkte kommst. Ich habe hier vorgesprochen und sie wollten a) Grünen Punkt und b) Barcodes, und zwar die standardisierten.
Habe ich beides nicht.
Hat bei Dir keiner danach gefragt?
Grüße
Waldläuferin
Du hast hast es quasi unbewußt schon angesprochen, was dein Problem bei der Anfrage war.
Du hast den Marktleiter angesprochen.
Die meisten Märkte sind unter "Regie", da ist dann ein Marktleiter drin, der im Auftrage von REWE oder Edeka die Waren verkaufen.
Dann gibt es aber auch noch die Märkte, wo der Inhaber unter dem Firmennamen steht (z.B. REWE Mario Mustermann).
Die sind nicht Marktleiter sondern Marktinhaber. Die sind bis zu einem gewissen Grad frei in ihrer Auswahl, was sie verkaufen können.Für Märkte unter Regie muss man sich zertifizieren lassen, eine eigene Zertifizierung für REWE, eine eigene für EDEKA.
Da bin ich in den Anfängen, sowas kostet erstmal Geld (nicht speziell die Zertifizierung, sondern Räumlichkeiten etc.) und nerven (Buchhaltung, etc). Da braucht es dann auch einen Nachweis für das duale System (auch wenn man da ja sein eigenes Rücknahmesystem hat :roll: )
Der Bär ist für mich halt suboptimal, da passen vielleicht 30 Gläser rein. In mein Regal ca. 180. Sortentechnisch kann ich sie im Regal "Sortensortiert" präsentieren. Im Bären herrscht Chaos.
Ausserdem ist es ja nicht mein Bär und ich mag ihn nicht ;)

Wolkenflug

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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#7

Beitrag von Waldläuferin » Do 26. Mär 2015, 12:10

muss ich noch mal suchen, solche Märkte.
Hatt bei t*gut gefragt, die sind zentral organisiert.
Danke für den Tipp.
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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#8

Beitrag von Specki » Mi 29. Apr 2015, 09:25

Sehr coole Geschichte.
Darf ich fragen wieviel Völker du hast?

Gruß
Specki

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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#9

Beitrag von Wolkenflug » So 3. Mai 2015, 09:08

Specki hat geschrieben:Sehr coole Geschichte.
Darf ich fragen wieviel Völker du hast?

Gruß
Specki
Immer zuwenig ;)
Dank einer offiziellen Imkerei, kann ich meine Völkerzahlen ruhig präsentieren. Preis den dich dafür zu zahlen hab ist, dass ich ein Ausgaben-/Einnahmenbuch zu führen habe :lol:
Momentan sind es 63+ein Ableger.
Ab nächsten Wochenende geht es dann richtig los mit der Ablegerbildung.


Wolkenflug

Phoenix87
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Re: Honigvermarktung- was man da so erleben kann

#10

Beitrag von Phoenix87 » Mi 6. Mai 2015, 20:45

Das scheint mir ganz schön viel zu sein oder ist das "branchenüblich"?
Und da ich gerade letztens noch eine Bericht über das Bienen-sterben gesehen habe, in dem gestritten wurde ob die kleinen Milben schlimmer sind als die Menschenfresser von Bayer, würde mich auch mal interessieren wie das bei dir so ausschaut, ist das auch so ein Problem?
Find das irgendwie nicht nur ziemlich traurig sonder es macht mich auch total sauer das Firmen wie Bayer Gift an den Mann bringen und dann noch behaupten es kann ja gar nicht so schlimm für die Bienen sein.

Ich glaub ich geh mal kurz ein Honigbrot essen :-)

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