Wurzelexsudate

Eberhard
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Re: Wurzelexsudate

#11

Beitrag von Eberhard » Do 11. Feb 2021, 11:19

Das "durchgehend" würde man ja relativieren, oder man müsste, ausgehend z.B. von Temperaturen, dahin umziehen, wo es nur Sommer und keinen Winter gibt. Man ist aber ortsgebunden und schaut nach Optimierungsmöglichkeiten. Dabei wartet man nicht auf eine Klimaerwärmung, sondern man setzt Heizungen in verschiedenen Formen ein, natürlich lokal begrenzt und lokal wirkend, so z.B. auch im Freiland per Mistbeet (Erwärmung durch Rotte), per Hochbeet (größere Oberfläche zum Erwärmen aus der Winterkälte heraus). DAS wäre doch eine Analogie.

Zum Kohlenstoff:
1) Ist generell eine Wirkung über eine erhöhte Bereitstellung denk- und akzeptierbar? So dass man sagen würde: Es wäre schon schön, so etwas nutzbar zu haben. Ich sage da ja und wage mich an den nächsten Gedanken.
2) Welche Möglichkeiten gibt es denn, pflanzenverfügbar Kohlenstoff bereitzustellen? Die globale Erhöhung des Kohlendioxid-Gehalts der Atmosphäre ist sicher kein weiter zu betrachtender Weg, da in einem ganz anderen Zeitfenster als mein Anbaugeschehen und mit ganz anderen Folgen, die eine punktuelle Verbesserung dramatisch überlagern.
Was wäre aber mit lokalen Maßnahmen, so in Analogie zum Mistbeet?
Der Bezug von Kohlenstoff aus dem Kohlendioxid der Luftatmosphäre ist für die Pflanze die alles überragende Quelle zum Aufbau von Biomasse. Heißt das jetzt aber, dass weitere Wirkungswege ausgeschlossen sind, die den bekannten Hauptweg ergänzen könnten? Über Mikroorganismen können wir erst reden, nachdem wir sie uns bewusst und sichtbar gemacht haben, bspw. über ein Mikroskop. Oder ist es denkbar, dass die Wissenschaft schon Erkenntnisse hat, die den Weg noch nicht ins öffentliche Bewusstsein gefunden hat? Oder ist es denkbar, dass die Wissenschaft noch Neues entdecken könnte?
3) Welche der denkbaren Möglichkeiten sind nun einfach und direkt im Freiland umsetzbar, möglichst mit niedersten Investitionen in Anschaffung und Betrieb und mit besser keinen negativen Gegenwirkungen, wo ich mir also einen kleinen möglichen Vorteil mit wahrscheinlichen großen Nachteilen einkaufen würde. Hier würde ich wieder die Analogie zum Mistbeet setzen: Muss man ja nicht machen, aber es wäre möglich und beherrschbar.
Der Mist erzeugt nicht nur Wärme durch Rotte. Eine Nährstoffanreicherung findet gleichzeitig statt, Anregung des Bodenlebens, lockerer Boden, Wasseraufnahmefähigkeit - eine ganze Kette, was man nebenbei mit "erschlägt". Kann es da nicht auch anders herum sein? In das, was man sowieso macht, bettet man eine weitere Funktionalität ein, ggf. mit minimalsten zusätzlichen Aufwand, so wie Ergänzung des Kompost mit Pflanzenkohle. Wenn der Bus sowieso fährt, könnte da auch noch eine Person zusätzlich einsteigen.

Das wäre so für mich die Gedankenkette und Basis für einen Erfahrungsaustausch mit jenen, die es wollen und können. Scheint aber nicht selbstverständlich für andere in ihrer Gedankenwelt zu sein.

Sowie keine Sorge: Diesbezüglich mache ich mir keine Sorgen, in den Spiegel zu sehen. Erstaunt und in gewissen Maße traurig wäre ich, wenn ich da nur mich sehen würde.

Danke an emil17 für seine erneute Unterstreichung seiner Diskussionsart, so sachlich und freundlich und offen ...
Es muss wohl sehr schmerzen, wenn jemand nicht beständig an Deinen Lippen hängt und nicht begierig alles von Dir aufsaugt und sich in den Staff einreiht ...?
Mit freundlichem Glück Auf!

Eberhard

penelope
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Re: Wurzelexsudate

#12

Beitrag von penelope » Do 11. Feb 2021, 11:56

Was ich nicht verstehe: Es gibt doch so CO2-Pumpen in einem noch erschwinglichen Preisrahmen zu kaufen. Was hält sich davon ab, das einfach auszuprobieren? Wenn es gut läuft, kannst du dann ja mit einem Erfahrungsbericht hier auftrumpfen und du hast dann eine ganz andere Grundlage für diese Art von Diskussionen.

Sven2
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Re: Wurzelexsudate

#13

Beitrag von Sven2 » Do 11. Feb 2021, 12:13

Erstmal vielen Dank für die vielen Beiträge von allen an euren Diskussionen regelmäßig beteiligten. Seid ein paar Tagen ist das ganze zumindest spannend zu lesen.
Es wäre mir aber lieber, es wäre weniger spannend, zum Beispiel Indem persönliche Anfeindungen oder Vorwürfe weggelassen werden würden. Ist aber nur meine Meinung.

Ich hab jetzt ehrlich gesagt nur kurz eine Suchmaschine zu dem Thema befragt. Ergebnis - wie glaube ich von Eberhard geschrieben- man findet nicht viel.l, außer dass es wohl keine typischen Mangelerscheinungen bei Gartenpflanzen durch Kohlenstoffmangel gibt. Ich hab einen Versuchsaufbau gefunden, bei dem Kohlenstoffmangel simuliert wird, und Mangelerscheinungen entstehen. Kann mir auch vorstellen, dass -wie Emil schrieb- gewisse Situationen relativen Kohlenstoffmangel hervorrufen kann.
Jetzt schlußfolgere ich für mich: Wenn schonmal kein/selten Mangel herrscht, kann die Versorgungslage ja nicht so schlecht sein.

Über die Aufnahme von Co2habe ich nur ein Abstract gefunden, von 1964, das sagt dass da nur sehr wenige Prozent über die Wurzeln aufgenommen werden. Nicht topaktuell, aber ich hab nichts anderes gesehen. Und wollte jetzt kein Geld für den Artikel ausgeben...
Wenn es dazu neue Erkenntnisse gibt: gerne her damit! Aber darüber spekulieren, wie eine Bereitstellung gehen könnte ohne zu wissen wie im Wurzelbereich die Aufnahmekapazität ist, ist meiner Meinung nach vergebene Lebensmühle. Ich denke wenn die Wurzeln Zucker abgeben können ginge auch eine Aufnahme großmolekularen Kohlenstoffketten (OK da fehlt mir der Fachbegriff), aber das ist von so vielen Faktoren abhängig, da bin ich raus.

Und das CO2 in der Luft erhöhen - ich glaub Emil da jetzt einfach dass das im Freiland künstlich ohne Effekt ist, weil ich's mir vorstellen könnte, da sich das ganze großflächig verteilt und weggeweht wird. Als einziges fällt mir da Rotte ein, also organische Zersetzung nahe der Pflanze, womit wir wieder bei Mulch wären, Nährstoffbereitstellung, verbesserte Durchfeuchtung usw., So dass ich mir nicht zutrauen würde den Effekt auf eine erhöhte C- Bereitstellung zurückzuführen.

Zum Abschluss möchte ich also sagen, dass ich Punkt 1) mit Nein beantworten würde, sich Punkt zwei und drei damit von alleine ergeben und ich mir für meine paar qm Beet keine Gedanken mehr drüber mache.

Liebe Grüße

Sven

PS: Das Thema wurde jetzt so oft geteilt, dass ich keinen Überblick habe was jetzt in welchem Threads diskutiert wird, deshalb die Fokussierung auf den Kohlenstoff. Hier wurde am aktuellsten geschrieben ;)

PPS: Quellen findet man bei der großen Suchmaschine, bin zu faul die wieder rauszusuchen :holy:

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emil17
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Re: Wurzelexsudate

#14

Beitrag von emil17 » Do 11. Feb 2021, 20:03

Kohlenstoff-Aufnahme durch Wurzeln gibt es eigentlich in nennenswertem Umfang für den Stoffwechsel nur bei Schmarotzerpflanzen, die mit ihren Wurzeln andere Pflanzen anzapfen. Die sind wohl nicht gemeint.
Die einzige bedeutende Aufnahme der grünen Pflanzen erfolgt durch die Luft oder durch das Wasser (bei Algen und Wasserpflanzen). Das hat für die Pflanzen den grossen Vorteil, dass das CO2 schon da ist wo es gebraucht wird, nämlich in den Blättern.
Die Blätter können nicht das volle Licht ausnützen, deshalb stehen die voll besonnten Blätter nicht waagrecht, sondern schräg aufwärts. Es baut jeder Pflanzenbestand, wenn genügend Wasser usw. vorhanden sind, einen mehrschichtigen Bestand auf, bis die untersten beschatteten Blätter, die dann genau waagrecht stehen, nicht mehr genug Licht bekommen. Damit vergrössert sich entsprechend auch die Fläche, die CO2 aufnehmen kann.
Luft-CO2 kann an einem Pflanzenbestand nicht nennenswert erhöht werden, ohne sehr grossen technischen Aufwand zu treiben und riesigen Mengen in die Luft zu blasen, weil es sofort weggeht und sich in der Umgebungsluft verdünnt. Man kann das im Umkehrschluss auch messen: Im Inneren eines wachsenden Waldes ist das Luft-CO2 nicht nennenswert niedriger als ausserhalb, was es sein müsste, wenn der Konzentrationsausgleich nicht so schnell wäre, weil ja die Pflanzen dauernd CO2 aus der Luft entfernen.
Es gibt sogar einige wenige natürliche Orte, wo es viel mehr Luft-CO2 hat. Das sind vulkanische Senken, wo aus der Tiefe CO2 ausstömt (und zur Todesfalle für Tiere werden kann). Die Pflanzen am Rand haben immer deutlich mehr CO2 als sonstwo - und wachsen nicht besser, was sie tun müssten, wenn die CO2-Aufnahme limitierend wäre.
Auch Gewächshausexperimente bestätigen das; wenn man nicht dauernd eingreift, stellt sich sehr bald ein Pflanzenbestand ein, wo Lichtmangel limitierend wird. Das kann man natürlich im gewerbsmässigen Anbau aushebeln, indem man die Planzen stets erdünnert, optimal düngt und giesst und Kunstlicht 24 Stunden pro Tag anbietet. Pflanzen im Konkurrenzgefüge (also immer ausser in trocken- oder kältebedingten Halbwüsten) optimieren deshalb nicht den Wirkungsgrad der Photosynthese, sondern das Einfangen von Licht und die Aufnahme und Ausnutzung der Nährstoffe wie P, N und K.

Soviel zum Thema. Seit es Landpflanzen gibt (seit etwa 450 Millionen Jahren) haben die gelernt, mit dem natürlichen Luft-CO2 zurechtzukommen. Das können sie so gut, dass praktisch nie das CO2 wachstumslimitierend wirkt, und deshalb ist es für Freilandkulturen nicht zielführend, hier anzusetzen, wenn man mehr Ertrag pro Fläche und Zeit will.

@Eberhard: wenn man keinen Krieg will, sollte man nett anfangen, und wenn man Krieg will, sollte man gut Bescheid wissen und vor der eigenen Tür gewischt haben.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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