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von emil17 » Mi 16. Jul 2025, 09:54
@artemisia: Jeder liegt so wie er/sie sich bettet.
den Spagat machen zwischen wirtschaftlich tragbar (das heisst, ich lebe nicht auf Kosten von anderen) und dem, was du "mit Herz" nennst (jedes hat sein Recht und seinen Platz) muss jeder so, wie es sich aufgrund seiner Situation und seiner Umgebung einrichten lässt. Alles ist im Exzess von Übel - ob man der Rendite wegen Obstgärten durch langweiligste Einfamilienhaussiedlungen ersetzt oder vor lauter Respekt vor der "Natur" vergisst, dass man auch von etwas leben muss.
Ich war mal eine Woche auf einer Alp mit dem Zweck, das Brennholz zu machen. Da musste alles von Hand geschehen, weil keine Zufahrt, keine fahrbaren Transportwege, dafür beliebig viel Steine und Gestrüpp und alles am Steilhang. Nun waren da aber vorwiegend Leute aus städtischem Umfeld von der "Spürst du mich" Sorte, die vor lauter Respekt vor den Bäumen (darf man einen lebenden Baum absägen, bloss weil man es warm haben möchte?) offenbar vergessen haben, dass man Brennholz braucht. Auf die Landwirtschaft und ihre Umweltzerstörung wurde fleissig geschimpft, was aber keinen daran gehindert hat, alles möglichst billig im Tal einzukaufen (Wer hat wann wo zu welchen Bedingungen das Essen erzeugt? wurde ausgeblendet). Eine Stunde sägen, fünf Stunden labern funktioniert nicht, weil sich daraus zwar eine bessere Welt, aber eben kein Brennholzstapel ergibt. Nach dem Zerlegen des ersten Baumes ganz von Hand mit der Zweimannsäge waren die bösen Kettensägen dann doch nicht mehr so schlimm. So kann das keinen Bestand haben.
Wenn man andersrum so sieht, was die Mehrzahl der Leute sich für Häuschen baut, wenn sie es irgendwie vermögen, und wie sie mit ihren Restgrünflächen umgehen, dann ist das in meinen Augen geballte Trostlosigkeit. Ob es mir zusteht, das pauschal zu verurteilen, ist eine andere Frage. Aber ich kann das in meinem Umfeld für mich besser machen.
Ich bin davon überzeugt, dass sich überall ein Flecklein Erde zum Bestellen nach eigenen Vorstellungen findet, wenn man das wirklich will. Im abgelegenen Landfluchtgebiet brauche ich dazu aber eine andere Suchstrategie als im städtischen Umfeld. Weil ich nicht umsonst für andere arbeiten will, muss ich aber andere auch fair bezahlen können, also geht es ganz ohne Geld eben auch nicht. Und schon hat sich durch die Hintertür die Wirtschaftlichkeit wieder eingeschlichen, denn bezahlen kann ich nur, wenn andere mich auch bezahlen. Das ist nur zum Teil das böse "System", das ist auch der Grundsatz von Gleichberechtigung.
Ich sehe Wirtschaftlichkeit nicht als Selbstzweck, sondern als Randbedingung. Der ungerechtfertigten Bereicherung der Konzerne und Superreichen wird man politisch begegnen müssen. Ein Landwirt der seine Felder so bestellt, dass er und seine Familie davon leben können, ist davon ziemlich weit entfernt.
All die Vermögensberater, Steuerberater, Börsenberater usw. muss ich nicht bedienen. Kein Mensch zwingt mich dazu, da mitzumachen. Obwohl, wenn ich vor einem Jahr auf Kredit Gold gekauft hätte ... Und was "Wirtschaftsfachleute" als vernünftig bezeichnen, muss für mich noch lange nicht vernünftig sein.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.