Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

Zwiebelfisch

Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#11

Beitrag von Zwiebelfisch » Fr 30. Dez 2011, 03:28

@Emil: Kannst du ein Buch empfehlen? Ich will mich nächsten Sommer etwas intensiver mit essbaren Wildpflanzen beschäftigen, bin mir aber nicht sicher, welches Buch gut wäre. Verwechslungsmöglichkeiten sollten auf jeden Fall drinstehen.
An andere Themen würde ich ja per Trial-and-Error rangehen, aber hier lieber nicht...

LG
Zwiebelfisch

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emil17
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Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#12

Beitrag von emil17 » Fr 30. Dez 2011, 11:20

Die Haupthürde ist für den Anfänger die Bestimmung. Hier gibt es zwei Probleme:
a) Ich will wissen, "wie sieht denn eine dem Namen nach bekannte Pflanze aus?" Such in Google nach Bildern - gar nicht so schlecht, auch wenn manche Fehlbenennung darunter ist. Das sieht man aber bei der Durchsicht der aufgerufenen Bilder rasch.

b) Ich will wissen, wie eine angetroffenen Pflanze heisst. Dazu muss man bestimmen. Das ist das Handwerk des Feldbotanikers und das muss man sich erarbeiten.
Giftigkeit ist wie jede andere thematisch Einordnung (essbar, schön, usw.) eine Eigenschaft nicht der Pflanze an sich, sondern hat mit der Beziehung Pflanze und Mensch" zu tun. Das bedeutet, dass man den Namen der Pflanze herausfinden muss, um an das erworbene oder erfahrene Fachwissen andere Menschen heranzukommen. Wenn man einmal den Namen (am besten den lateinischen) zweifelsfrei hat, ergibt sich alles weitere von selbst, denn alle Informationen über Verwendung, Essbarkeit, Giftigkeit, Kultur, Verbreitung usw. hängen am Namen.
Bestimmung geht in der Botanik (wie auch bei den Tieren) prinzipiell systematisch, d.h. nach erkennbaren Merkmalen an Blüte, Frucht, Wurzel, Blatt und Stengel, denn das ist das einzige, was man von der Art weiss, bevor man sie kennt.
Literatur zur Verwendung der Arten ("Giftpflanzen" usw.) hat, wenn ein Bestimmungsteil darunter ist, einen schlechten Bestimmungsteil oder dann ist es fachlich nicht gut genug, sondern nur ein "schönes" Buch zum Angucken. Solche Bücher haben auch ihre Daseinsberechtigung, aber wer sich ernsthaft mit etwas beschäftigen will, kommt damit nicht weit.

Du brauchst also auf jeden Fall ein gutes Bestimmungsbuch, um die Pflanzen sicher bestimmen zu können.
Dazu geht man am besten in eine gute Buchhandlung und guckt sich die Literatur mal durch, was einem am besten zusagt. Es gibt Bücher mit Bestimmungsschlüsseln - "nur Text" und ein paar Skizzen. Mit denen kann man sehr genau bestimmen, was bei Arten wie Wildrosen, den gelben Korbblütlern mit Milchsaft, Brombeeren, Veilchen, Labkräutern usw. nicht so einfach ist und viel Erfahrung braucht. Das Problem ist jedoch, dass man gerade als Anfänger bei solchen Schlüsseln oft in die Irre geht und dann hoffnungslos stecken bleibt, was dann wenig Freude aufkommen lässt. Zudem sagt einem der gefundene Name oft nichts, Trivialarten wie Gänseblümchen sind je nach Schlüssel nur mit der Lupe zu bestimmen, weil diese Schlüssel systematisch nach Verwandtschaftsbeziehungen aufgebaut sind. Man muss zudem die botanischen Fachausdrücke sehr genau kennen. Solche Bücher sind deshalb vor allem für Leute, die schon einiges kennen.
Fotobücher haben den Nachteil, dass sie oft nur die häufigsten Arten bringen oder dass die Fotos nicht ausreichen, um mehrere verwechselbare Arten aufgrund der Bilder unterscheiden zu können. Wenn man sich für Gräser und Seggen interessiert, kommt man damit nicht weit. Ausserdem sind sie empfindlich, d.h. das Glanzpapier klebt zusammen, wenn ein Wassertropfen draufkommt, und sie zerfleddern rasch.
Standortsgebunden Bestimmungsbücher ("Pflanzen am Strand" oder so) leiden daran, dass sie nur die dort typischen Arten bringen, andere, die auch, aber nicht nur dort wachsen können, jedoch nicht. Das weiss man aber als Anfänger nicht.
Alle Bestimmungsbücher kranken daran, dass es nur geht, wenn die Pflanze blüht oder Früchte hat - oder wenn man schon einigermassen weiss, was man vor sich hat und nur noch wissen möchte, welche der drei in Frage kommenden Arten es sein könnten. Es gibt Literatur für die Bestimmung nur nach Blatt- und Zweigmerkmalen, aber die ist nicht für Anfänger geeignet.
Die Giftpflanzen sind ja nun von der Bestimmung her nicht so heikel (Ausnahmen am ehesten noch bei den Doldenblütlern und bei manchen Gehölzen), weil es meistens schöne und stattliche Pflanzen sind und weil, wenn es mehrere leicht verwechselbare Arten gibt, wie beim Eisenhut, alle gleich giftig sind. Deshalb würde ich es als Einstieg trotzdem mal mit einem Fotobuch versuchen.
Wichtig ist es, ein Werk zu nehmen, das die ganze Flora des Gebietes abdeckt und nicht nur eine Auswahl bringt, denn sonst kann man eben nicht bestimmen. Es sollte also von den Farnen an aufwärts alles drin sein. Oft findet man die Bestimmungsliteratur mit Schlüsseln gebraucht unter dem Titel "Exkursionsflora Deutschlands" für ein paar Euro. Eine gute Investition. Bücher wie "Was blüht denn da" von Kosmos sind zwar nett, aber eben nicht vollständig.
Zudem braucht man noch ein Buch für die Ziergehölze, gerade wenn man im städtischen Raum aktiv ist. Hier gibt es eigentlich nur den Fitschen und den Krüssmann - beides nicht für Anfänger.


Zu den Gift- und Medizinalpflanzen kommt es wieder darauf an, was man will. Der Gessner, das Standardwerk zu meiner Studienzeit, ist dick, ausführlich, teuer und geht sehr ins Detail, das Vokabular ist pharmazeutisch. Andere Giftpflanzenliteratur kenne ich nicht genau, also auch hier ab in die Buchhandlung und gucken. Ich würde Wert auf Vollständigkeit legen, nicht auf schöne Bildbände mit vielen Bildern von wenigen Arten.

Den allerbesten Rat, den ich Dir geben kann, ist, sich im einem örtlichen Naturpflege- oder Vogelschutzverein einzuschreiben und dort an einer botanischen Exkursion teilzunehmen. Dort trifft man die Leute, die die Pflanzen und ihre Verwendung kennen und auch gerne bereit sind, weiterzuhelfen. Hier siehst Du die Arten auch im Feld am Standort. Wenn man mal die hundert häufigsten Allerweltspflanzen kennt, geht es nachher leichter.
Falls es in der Nähe einen botanischen Garten hat (manche Institutionen pflegen Nutz- oder Heilpflanzengärten, dort wird auch so manche Giftpflanze gezogen), sollte man da auch mal hingehen. Auch hier sind Grundkenntnisse nötig, denn manchmal sind die Etiketten falsch oder verloren gegangen, oder es wuchern drei Arten durcheinander und das Schild bezieht sich nur auf eine Art. Aber hier hat man die Möglichkeit, Pflanzen lebend anzutreffen, von denen man schon viel gehört oder gesehen hat und auf die man neugierig ist.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#13

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 30. Dez 2011, 16:28

hallo!

@Zwiebelfisch: die Bücher von "Kosmos" sind eigentlich durchwegs sehr brauchbar!
Ich hab eines, das nennt sich "Wildpflanzen und ihre giftigen Doppelgänger" (ISBN 978-3-440-10958-8), da werden die Unterscheidungsmerkmale gut erklärt - ist ein "Fotobuch" und ja: es umfaßt nur die "häufigsten" Arten (90 eßbare Wildkräuter).

Ich hab mir das Wildkräuteressen nur mit Büchern bzw. den Ratschlägen meiner gleichaltrigen Freunde angelernt - damals war ich ein Kind, so ca. 10 Jahre alt.
Ich habs Gott sei Dank auch überlebt......

Wenn man mal angefangen hat, lernt man recht schnell auch andere Pflanzen kennen, über die man einfach "dauernd" stolpert und ich such mir die dann immer raus, wie sie heißen.
Sobald ich den Namen weiß, geht die Suche weiter nach der Eßbarkeit.
Erstaunlich viele Pflanzen in der Wiese und im Wald sind gut eßbar!
Und bis auf die Frage, ob Moose eßbar sind, hab ich bisher immer alles mit diversen Bestimmungsbüchern und "ecosia" (Suchmaschine) rausgefunden.
Beim googeln schau ich auch immer, ob eine Aussage öfter vorkommt - und das in anderen Formulierungen :pft:

Moose hab ich inzwischen schon öfters mal gekostet, schmecken mir nicht soo toll, ist aber lustig zum Kauen.
Ich hab da den Seiten geglaubt, die sagen, ja Moose sind eßbar. Vor allem, weil ich nicht viel gegenteiliges gefunden hab (außer Infektionsgefahr)

liebe Grüße!

Zwiebelfisch

Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#14

Beitrag von Zwiebelfisch » Mo 2. Jan 2012, 00:13

Vielen Dank für den ausführlichen Artikel! Ich werde dann demnächst mal die Buchhandlungen durchstöbern.

BernhardHeuvel
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Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#15

Beitrag von BernhardHeuvel » Mo 2. Jan 2012, 08:35

Ich nutze dieses Buch ständig und es enthält reichhaltige Informationen über Pflanzengifte im Anhang.

Giftpflanzen - Pflanzengifte
ISBN: 978-3-933203-31-1

Für die Bestimmung und das Erlernen des Bestimmens unschlagbar:

Grundkurs Pflanzenbestimmung: Eine Praxisanleitung für Anfänger und Fortgeschrittene
von Rita Lüder
ISBN: 978-3494014500

Gruß
Bernhard

Nightshade
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Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#16

Beitrag von Nightshade » Fr 10. Feb 2012, 12:10

Meine zweite Klasse lernt schon 10 dieser Giftpflanzen kennen und arbeitet mit den gängigen Bestimmungsbüchern. Die Schatzerln sind weiß Gott keine Feldbotaniker, aber sie können die Eibe von der Tanne unterscheiden. ;)

Es gibt Unmengen Literatur über Giftpflanzen. Interessant wäre allenfalls eine Zusammenstellung für Reiseländer weltweit - und das würde eine Höllenarbeit bedeuten und wirklich nur den Botanikern was bringen. (Weil die trainiert sind, sich Merkmale und Namen zu merken.)

Der Lernerfolg steigt üblicherweise enorm an, wenn nicht anhand von Bildern, sondern anhand von Belegexemplaren gelernt wird. Diese Art des Lernens bieten Schulen und botanische Gärten sowieso schon an und jeder ernsthaft Interessierte kann sich bilden.

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emil17
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Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#17

Beitrag von emil17 » Fr 10. Feb 2012, 22:40

Nightshade hat geschrieben: Der Lernerfolg steigt üblicherweise enorm an, wenn nicht anhand von Bildern, sondern anhand von Belegexemplaren gelernt wird. Diese Art des Lernens bieten Schulen und botanische Gärten sowieso schon an und jeder ernsthaft Interessierte kann sich bilden.
Da bist Du aber etwas ab vom Trend, im Moment ist multimedial Mode.
Interaktive CDs (die Blüte sagt "klick mich" dann erzähl ich was über mich), Karteien, memotechnisch (heisst das so?) ausgefeilte Lehrmittel mit Symbolen sind doch heute das Minimum. Oder irgendwelche "Äps" für das SmartPhone ...
Da kannste doch nicht einfach so wie früher in den botanischen Garten oder auch nur in den Wald nebenan gehen und den Kindern die Eibe, den Efeu und den Aronstab zeigen!
Die Biologiestudenten stehen auch nach dem ersten Vordiplom noch wie der Ochs vor der fremden Scheune vor einer Heckenkirsche und wenn man sich wundert, weil keiner weiss was das ist, ist die häufigste Antwort "Hat uns keiner gezeigt"
Dafür können sie alle dreihundertneunundachtzig nachgewiesenermassen am Phosphatstoffwechsel der Tomatenwurzel beteiligten Enzyme auswendig.
Ich kenne die Heckenkirsche nur deshalb, weil das wie alles in der Biologie genetisch bedingt sein muss.
Wer sie nicht kennt, der hat offenbar ein falsches Basenpaar irgendwo im für Pflanzenkenntnis zuständigen Chromosom und kann folglich nichts dafür.
Soviel zum Thema "jeder kann sich weiterbilden". Nicht jeder tut es auch ...
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Das Faultier
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ich versteh die Aufregung nicht

#18

Beitrag von Das Faultier » Sa 12. Mai 2012, 22:40

- die meisten Leut sind doch Städter, die haben doch eher andere Survial - Themen, oder ?
- Landkindergärtnerinnen können doch einfach die Kinder auf dem Rasen spielen lassen,
sie müssen doch nicht in den Wald gehen mit der Krabbelgruppe,
- Schrebergärtner graben einfach komplett um und bauen Kartoffel an, danach ist der
Eisenhut weg,
- es bleiben die Giftmischerinnen, Hexen und die nach Bewußtseinserweiterung dürstenden
Studenten: die können sich ein Buch aus der Bibliothek holen - und bauen der Einfachheit
halber nur die Engelstrompete an, die ist relativ unverwechselbar.

Einfache Lösungen sind oft die Besseren.

Das Faultier

Hotzenwalder
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Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#19

Beitrag von Hotzenwalder » So 13. Mai 2012, 23:27

"Vergiftungsfälle sind beim Menschen nicht bekannt. Daher wird Bocksdorn nicht als giftig eingestuft.
Die bei Roth beschriebene Giftigkeit beruft sich wohl auf einen Artikel von 1890, der jedoch schon 1891 widerlegt wurde.
Wenn, dann sind es lediglich kleinste Mengen Hyoscyamin, die sich aber nicht toxisch auswirken."

Warum du den Bocksdorn aufgenommen hast, verstehe ich nicht ganz.
Gruss

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Saurier61
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Re: Vorsicht vor tödlich giftigen Pflanzen

#20

Beitrag von Saurier61 » Mo 14. Mai 2012, 07:27

Hallöle,

Bocksdorn... Goji-Beere.... Chinesische Wolfsbeere, Teufels/Hexenzwirn
Hab so einen Strauch im Garten....Bocksdorn (Lycium barbarum)
Es gibt auch noch den Lycium chinense, dessen Heilwirkung soll besser sein.

Die Früchte sind essbar.... schmecken in etwa wie Cranberries
Lassen sich gut trocknen und so auch länger aufbewahren.

Heilwirkungen... gegen chronische Erschöpfungszustände, Ohrensausen, Schwindel, Sehschwäche, Blutarmut, Diabetes und Schwerhörigkeit, lindert Kopfschmerzen, Cholesterinsenker.....
Vitamine C, B1, B2, B3, Mineralstoffe und Spurenelemente Kalzium, Magnesium, Kalium, Eisen, Kupfer, Zink
Also nichts mit giftig...

Winterhart bis - 25 ° C. verbreitet sich über die Wurzeln... muss man ständig zurückschneiden und aufpasssen, dass er sich nicht zu sehr verbreitet.


Lieben Gruß von
Helga
Diplomatie ist... Jemanden so zur Hölle zu schicken, dass er sich auf die Reise freut.....

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