Leitfaden - Energetische Sanierung

Sonne, Wind und Feuer
SymbioH
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Leitfaden - Energetische Sanierung

#1

Beitrag von SymbioH » Fr 7. Okt 2016, 02:06

Wie versprochen habe ich mal einen Faden mit meinen Erfahrungen zur energetischen Sanierung von älteren Bestandsgebäude zusammen gestellt.

Vorab schiebe ich mal ein paar einfache Tipps für jeden ein:

Elerktrische Thermostate

Einfache, aber gute Helferlein, die Temperturschwankungen im Haus minimieren und beim Energiesparen helfen.

Heizkörpernischen "dämmen"

Meist sind genau die Stellen an denen der Heizkörper hängen mit dem dünnsten Mauerwerk versehen. Mit einer klassischen Innendämmung der Nischen sind jedoch schon viele auf die Nase geflogen (Taupunktverschiebung). Ich habe jedoch sehr gute Erfahrungen mit leichten Lehmsteinen gemacht. Es geht hier weniger darum wirklich zu dämmen sondern den direkten Wärmeübergang auf das Mauerwerk zu unterbrechen. Mittels Thermografie konnte man von Außen definitiv einen Unterschied erkennen. Wenn ich die Bilder noch finde, kann ich sie mal einstellen.


Kommen wir nun zu meinem persönlichen Fahrplan für die energetische Sanierung:

1. Mauerwerk trocken legen
2. Gebäudehülle winddicht machen
3. Dämmung Dach/-boden
4. Heizflächen (inkl. Fassadendämmung)
5. Regenertiver Energieerzeuger

Erklärung:

1. Mauerwerk trocken legen

Ein trockenes Mauerwerk leitet schlechter und dämmt somit besser. Ein guter Tipp ist hier das Haus außen möglichst bis zum Fundament abzugraben und eine 20-30 cm Schicht Schaumglasschotter vor der Hauswand einzufüllen.

https://www.ecoglas.de/anwendungen/hoch ... rwand.html

Schaumglasschotter ist natürlich auch als Dämmung für alte Kellerböden ohne Bodenplatte sehr gut geeignet.

https://www.ecoglas.de/anwendungen/hoch ... latte.html

Bitte nicht mit eingespritzten Horitzontalsperren, Betonbodenplatten in alten Kellern und Permimeterdämmplatten an feuchten Mauerwerk experimentieren. Im Netz finden sich hierzu genug Negativbeispiele.


2. Gebäudehülle winddicht machen

Ich rede hier nicht davon das Haus luftdicht zu machen, sondern Zugluft auszumerzen. Denn wenn es auch nur leicht im Haus zieht, gleicht man das wegen des stärkere Kälteempfindens durch unverhältnismäßig höhere Raumtemperaturen aus.

Typisch sind hier Luftspalten und Hohlräume an Fenster- und Türanschlüssen, die z.B mit Korkfüllmasse aufgefüllt und zuputzt werden können. Aber auch Übergänge zwischen Mauerwerk und Dach/-boden sind bei älternen Häusern meist nicht ganz oder gar nicht winddicht. Begebt euch einfach mal auf Lecklagenortung. Habe dafür auch schon Räucherstäbchen benutzt, weil die Technik gestreikt hat. Funktioniert eigentlich ganz gut. :lol:

Ich habe diesen Punkt absichtlich nicht als kleinen Tipp eingefügt, denn bei feuchtem Mauerwerk können solche Maßnahmen manchmal zu Problem führen. Das Dach sollte natürlich auch dicht sein.

3. Dämmung Dach/-boden

Außer dass man möglichst Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwenden soll, muss ich hierzu wahrscheinlich nichts erklären. Meine Empfehlung lautet immer Hanfwolle oder etwas feuchtigkeitsunempflindlichere Hanf-Leichtlehmschüttungen.


4. Heizflächen (inkl. Fassadendämmung)

Bevor man die Wärmeerzeuger angeht, sollte man sich definitiv Gedanken über die Wärmeverteilung. Niedrigere Heizwassertemperaturen ermöglichen die Anergie bei Biomasse-, aber auch bei Gas- und Ölheizungen zu nutzen. Man erhält also mehr nutzbare Wärme, da die Differenz zwischen Heizwassertemperatur und Puffertemperatur größer ist. Auch bei thermischen Solaranlagen zur Heizungsunterstützung hat dies einen deutlichen Vorteil, da man so weniger Temperatur (Grad Celsius) und mehr Energie (kWh) ernten kann. Speziell für Wärmepumpen ist das essenziell, weil der Temperaturhub zwischen Umweltwärme und Heizwassertemperatur hier die Effizienz entscheiden. Also wirklich eine Investition in die Zukunft. Nebenbei werden die Heizflächen den aktuellen und nächsten Wärmeerzeuger locker überleben.

Leider ist der Einbau einer Flächenheizung meist mit einem ordentlichen Chaos in den Wohnräumen verbunden, aber hierfür kann ich euch auch den besten Trick verraten. Es gibt nämlich eine Möglichkeit die Fassade zu dämmen und im gleichen Schritt eine Flächenheizung zu installieren ohne auch nur die Wohnräume dabei zu betreten.

Es handelt sich dabei um eine Fassadheizung. Dabei werden unter der Dämmschicht auf dem bestehenden Mauerwerk Heizschlangen verlegt. Diese nutzt man dann um das Haus günstig auf 17-18 zu temperieren. Bestehende Heizkörper oder Kamine werden anschließend nur noch genutzt um Wohlfühltemperatur zu erreichen, wo und wann man sie braucht.

http://www.eneff-stadt.info/fileadmin/m ... eizung.pdf

Wurde auch schon bei einem Wohnhaus in Eigenregie getestet, für gut befunden und ausführlich dokumentiert.

http://www.haustechnikdialog.de/Forum/t ... denheizung

Ich würde zur Vorhangfassade greifen, da sie zusätzlichen Schutz vor Sonne und atmosphärischer Kältestrahlung bieten. Hanfwolle als Dämmung und eine Holzfaserunderdeckplatte statt irgendwelchen Folien würde drunter packen.

Noch ein kleiner Tipp am Rande bezüglich Heizkörpern:

Entgegen der gängigen Meinung ist es übrigens unsinnig Röhrenheizkörper raus zu schmeißen!
Konvektionsheizkörper sind für Solaranlagen und Wärmepumpen kaum bis gar nicht geeignet. Sie sind für kleine Mengen Wasser mit hoher Temperatur konzipiert. Unter 40 Grad Heizwassertemperatur gibt es nämlich so gut wie keine vernünftige Konvektion. Das Konzept widerspricht also eigentlich der effizienten Wärmeverteilung. Röhren hingegen arbeiten mit einem größeren Wasserinhalt, mehr Fläche/Strahlungswärme und liefern auch schon bei niedrigeren Heizwassertemperaturen Heizleistung. Deshalb lieber drin lassen und sie mit einer Flächenheizung kombinieren. Ich habe irgendwo noch einen guten Link dazu. Wenn ich ihn finde, werde ich ihn noch nachreichen.


5. Regenertiver Energieerzeuger

Nun kann man sich entspannt einer grünen Wärmequelle widmen. Meine Tipps zu diesem Thema werde ich jedoch in einem zweiten Teil verpacken, wenn Interesse besteht.

viktualia

Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#2

Beitrag von viktualia » Sa 8. Okt 2016, 12:32

Was bitte sind "Leichte Lehmsteine"?
Nicht gebrannt und Stroh drin?
Geht das auch selbergemacht? (Müsste doch eigentlich...)
Danke für den feinen Faden!

SymbioH
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Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#3

Beitrag von SymbioH » Sa 8. Okt 2016, 22:44

Mit leichten Lehmsteinen meine ich ungebrannte, unverpresste Steine aus gebrochenem Baulehm und Stroh-/Holzhäcksel. Ich habe mich darüber zwar noch nicht genauer informiert, aber scheinbar ist das in Eigenleistung kein Problem:

http://solar-sicherheit.de/2008-oekolog ... tellen.htm

Keine Ursache, das war bis auf bisschen Schreibarbeit kein großer Akt.

Ich bin übrigens sehr offen für Kritik und Diskussionen, also ruhig melden! Bei Fragen zur Auführung natürlich auch. :daumen:

Benutzer 146 gelöscht

Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#4

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » So 9. Okt 2016, 14:19

SymbioH hat geschrieben: Ich bin übrigens sehr offen für Kritik und Diskussionen, also ruhig melden! Bei Fragen zur Auführung natürlich auch. :daumen:
na dann -
SymbioH hat geschrieben:
1. Mauerwerk trocken legen

Ein trockenes Mauerwerk leitet schlechter und dämmt somit besser. Ein guter Tipp ist hier das Haus außen möglichst bis zum Fundament abzugraben und eine 20-30 cm Schicht Schaumglasschotter vor der Hauswand einzufüllen.
damit kannst Du die Wärmeverluste durch das Mauerwerk ins Erdreich vermindern, was aber nur dann das Mauerwerk trocknet, wenn die Durchfeuchtung von innen durch Kondensation erfolgte. Gegen Durchfeuchtung von außen (Hangwasser) und insbesondere von unten (Grundwasser) hilft nur eine wasserdichte Beschichtung bzw. die von Dir kritisierte, horizontale Sperrschicht! (plus Drainage natürlich)
SymbioH hat geschrieben:
Ich würde zur Vorhangfassade greifen, da sie zusätzlichen Schutz vor Sonne und atmosphärischer Kältestrahlung bieten.
wen oder was willst Du vor Sonne schützen (hierzulande), und was bitte ist "atmosphärische Kältestrahlung" :eek:

Gruß

frodo

SymbioH
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Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#5

Beitrag von SymbioH » So 9. Okt 2016, 16:02

Danke, das mit der Drainage hatte ich vergessen. Wenn es mal ein wenig mehr regnet, sollte das Ganze nicht zwingend voll laufen.

Dauerhaft drückendes Wasser ist natürlich ein Sonderfall, aber dann ist das Mauerwerk nass und nicht nur feucht. Ich beziehe mich hier auf die Erdfeuchtigkeit, die durch anstehendes Erdreich auf die Wände übergeht. Man bricht im gleichen Zug auch den Kapillareffekt, der Wasser vom Fudament an den Kellerwänden oder dem Sockel nach oben zieht. Feuchtigkeit die über das Fundament ins Mauerwerk zieht, kann im Schaumglasschotter auch schon etwas nach Außen weg trocknen. Das A und O ist aber eine gute Belüftung von Wohnraum, Keller oder Kriechkeller. Im Optimalfall automatisiert mit einer WRG um Auskühlung zu vermeiden.

Das kann jeder sehen wie er will, aber ich finde, dass naträgliche horitzontale Sperrschichten nicht sonderlich viel bringen, da sich das Wasser dann seinen Weg über das Fundament und den Boden ins Haus sucht. Wie man es dreht, bekommt man so keine "weiße Wanne". Wenn Wasser im Altbau drückt, ist ableiten das einzig sinnvolle. Es bring schließlich nichts, sich über die Dichtigkeit der Wände Gedanken zu machen und dafür nachher das Wasser über den Boden im Haus zu haben. Wäre die Bodenplatte wasserundurchlässig, bräuchte man ja keine Horitzontalsperre, sondern nur einen äußerlichen Dichtanstrich.

Darum Kellerboden und - Wände abgraben und außen herum auf Höhe des Fudament drainieren. Wenn der Kellerboden schon zubetoniert ist und es sich nich um wasserundurchlässigen Beton handelt, bitte keine diffusionsdichten Beläge oder Anstriche drauf.

Am Hang ist das natürlich kaum möglich, aber ein Gebäude am Hang ohne gute Drainage oder "weiße Wanne" wurde leider nicht gut geplant. :bang:

Wenn ein Mauerwerk trocken gelegt ist, liegt Kondensation von von Innen daran, dass die die Raumluft im zur Wand zu feucht (und zu warm) ist. Folglich wird der Raum wahrscheinlich zu wenig belüftetet. Ein anderer möglicher Grund ist, dass man den Raum zu sehr auskühlen lässt und dann zu schnell, zu hoch heizt.

Lüften, lüften, lüften ist das wichtigste für die Bausubstanz und durch absolut nichts zu ersetzen. Wer also dazu keine Zeit hat oder zu faul ist, sollte sich zwingend nach einer automatischen Wohnraumlüftung umsehen.

Wenn ich irgendwo einen Denkfehler habe, verbessere mich bitte, aber in der Praxis funktioniert das vom System selbst bei meinen Eltern auf einem Habggrundstück: BJ 70, EG + "UG", Hohlblocksteine vor den Wänden, Kies unter der wasserdurchlässigen Bodenplatte, überall Drainage, keine Hotitzontalsperre und kein Dichtanstrich. :aeh:


Wenn ich an letzten Sommer denke, ist eine hinterlüftete Fassade nicht so unpraktisch. :hmm:

Atmosphärische Kälte klingt etwas esoterischen, aber ist ganz simpel die Kälte aus dem Weltall. Wenn wir also keine Sonne abbekommen ist dies der Grund weshalb alles abkühlt. Man muss sich die Vorhangfassade in diesem Fall wie eine Wolkendecke vorstellen, die verhindert, dass es in der Nacht allzu kalt wird. Physikalisch gesehen ist das Wort natürlich Unsinn, aber meiner Meinung nach die beste Beschreibung.

Übrigens kann dadurch im Sommer mit einer Solaranlagen nachts bei klarem Himmel auch kühlen. Klingt verrückt, aber funktioniert wirklich! :dreh:

viktualia

Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#6

Beitrag von viktualia » So 9. Okt 2016, 16:37

Wow, jetzt weis ich endlich, warum es Nachts kälter werden kann als draussen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Atmosph%C ... nstrahlung

Benutzer 146 gelöscht

Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#7

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » So 9. Okt 2016, 17:28

SymbioH hat geschrieben: Wäre die Bodenplatte wasserundurchlässig, bräuchte man ja keine Horitzontalsperre, sondern nur einen äußerlichen Dichtanstrich.
wohl wahr, - aber vielleicht gibt`s ja Grundmauern auf Streifenfundament, und der Boden kam erst nachträglich `rein ;)
Vielleicht sollte man erst einmal klären, von welcher Art (Alter, Bauweise, Standort) von Haus in welcher Gegend wir sprechen, denn danach richten sich die sinnvollen Maßnahmen, - Verallgemeinerungen sind bei dem Thema nicht so sinnvoll.
SymbioH hat geschrieben: Atmosphärische Kälte klingt etwas esoterischen, aber ist ganz simpel die Kälte aus dem Weltall. Wenn wir also keine Sonne abbekommen ist dies der Grund weshalb alles abkühlt. Man muss sich die Vorhangfassade in diesem Fall wie eine Wolkendecke vorstellen, die verhindert, dass es in der Nacht allzu kalt wird. Physikalisch gesehen ist das Wort natürlich Unsinn, aber meiner Meinung nach die beste Beschreibung.
"Kältestrahlung" war das Wort, und das ist nicht nur physikalisch Unsinn! :ohoh:
Vorhangfassade, Wolldecke, Wärmedämmung, - das Alles bremst den Fluss von Wärmeenergie vom wärmeren zum kälteren Bereich, das ist Alles. Luft leitet die Wärme schlecht, also ist eingeschlossene Luft eine geeignete Wärmeenergie-Bremse. Ob das die Luft hinter der Vorhangfassade, zwischen den Fasern der Wolldecke oder in irgendeinem aufgeschäumten Dämmstoff ist, ändert nichts am Prinzip.
SymbioH hat geschrieben: Übrigens kann dadurch im Sommer mit einer Solaranlagen nachts bei klarem Himmel auch kühlen. Klingt verrückt, aber funktioniert wirklich! :dreh:
Was meinst Du mit kühlen? Thermische Kollektoren sind mit viel Aufwand so konstruiert, dass sie möglichst viel Strahlungsenergie hinein, aber möglichst Keine hinaus lassen (Treibhauseffekt, selektive Absorberbeschichtung). Ich habe bei meiner Anlage jedenfalls noch nicht festgestellt, dass vor Sonnenaufgang die Kollektortemperatur unter der Aussentemperatur gelegen hätte :hmm:

Gruß

frodo

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Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#8

Beitrag von emil17 » So 9. Okt 2016, 21:42

Lasst mich einige Missverständnisse klären, bevor ihr Euch hackt, obwohl ihr vom gleichen redet:
Kältestrahlung gibts für Physiker genausowenig wie ein Staubsauger saugt. Dennoch nennen sogar die Physiker die Teile Sauger.
Die einen kriegen eine Glatze, während den anderen bloss alle Haare ausfallen.
Umgangssprachlich machen die Begriffe Sinn, weil man damit vieles vereinfachen kann, ohne es falsch zu erklären, und weil die meisten Häuser nicht von Physikern bewohnt werden. Ob man die Fensterläden nachts schliesst, um die Wärmestrahlung durch die Scheiben hindurch in den Weltraum zu vermindern, oder ob man bloss die Wärme drinnen halten will, kommt aufs selbe heraus.
Im Fall der "Kältestrahlung" handelt es sich um eine reine Bilanzierung. Jeder Körper strahlt entsprechend seiner Oberflächentemperatur ab, und die Bilanz aus Strahlungsverlusten und Strahlungsgewinnen entscheidet über den Energiebedarf, wenn man einen energetischen Zustand wie eine Hausinnentemperatur aufrechterhalten will.

Zu dem Feuchtigkeitsproblem:
Bevor man Häuser ausgräbt und trockenlegt, sollte man sich darüber im Klaren sein, wie und warum die so gebaut worden sind wie sie sind. Ein feuchter Keller war früher erwünscht. Die Funktion als Lebensmittellagerraum ist erst in der Supermarktgesellschaft nach dem Kriege verlorengegangen.
Wer nun glaubt, er könne aus dem Kartoffelkeller durch Abdichten und Dämmen einen Lagerraum für Musikinstrumente machen, der vergewaltigt sein Haus und wird sehr viel Geld und Mühe für ein bestenfalls unbefriedigendes Ergebnis aufwenden müssen.

Mindestens muss man die drei Arten von Feuchtigkeit auseinanderhalten, mit denen man es im Altbau gewöhnlich zu tun hat.
- a) von aussen drückendes Wasser
- b) kapillar im Mauerwerk aufsteigende Feuchtigkeit
- c) Kondenswasser
dazu kommt noch, als Spezialfall:
d) eine Bealstung der Wände durch wasserziehende Salze wie Salpeter. Dies bewirkt, dass die Wände niemals trocken werden.
gegen a) hilft Aufgraben, abdichten, drainieren.
gegen b) hilft entweder die Trockenlegung der Fundamente oder der Einbau einer Horizontalsperre oder das Anbringen von diffusionsoffenen Verputzen im Untergeschoss, und Verzicht der Nutzung als Wohnraum. Dies entspricht meist auch der ursprünglichen Bauweise.
gegen c) hilft vor allem richtiges Lüften.
a) ist eher selten und relativ leicht zu diagnostizieren ("immer nach Regenwetter hats eine Pfütze im Keller"), b) und c) und d) in allen Kombinationen sind viel häufiger.

Wenn also jemand einen feuchten Keller wegen salpeterbelasteten Wänden aus Luftkalkmörtel hat, deren Fundamente zeitweise im Wasser stehen, der wird mit der Aufgrabemethode viel Geld, aber wenig Ärger los werden.
Drainineren bis unter die Fundamentsohle kann zudem zu Grundbruch führen: Die tragende Erdschicht unter der Mauer weicht seitlich in den Drainagegraben hinein aus. Bei Sandboden im Grundwasserbereich passiert das sehr leicht, also bitte Vorsicht! Deshalb ist der Rat "Darum Kellerboden und - Wände abgraben und außen herum auf Höhe des Fundaments drainieren' je nach Situation sehr mutig, um es mal nett zu sagen.
Zudem funktioniert eine Drainage auch andersrum, nämlich als Fundamentbewässerung. Leider fehlt da, wo alles im Grundwasser steht, meist auch das Gefälle für die Drainage.
Bei Gewölbekellern, deren Seitenschub durch das anliegende Erdreich aufgenommen wird (der Normalfall), ist Abgraben sowieso unzulässig.

Bei drückendem Wasser ist es so, dass auch früher niemand extra so gebaut hat. Die Ursache ist also meist später entstanden. Das kann eine undichte Dachrinne oder ein kaputtes Grundrohr des Regenfallrohrs sein, oder eine bauliche Massnahme in der Umgebung, häufig etwa eine Versiegelung mit nun zum Haus zufliessendem Oberflächenwasser.

Viele Häuser wurden schon durch Abdichten zerstört: Es kann dann nämlich das kapillare Wasser in der Mauer nicht mehr durch den Putz verdunsten, weil der ja abgedichtet wurde. Also steigt sie weiter auf. Meist merkt man es, wenn die Balkenköpfe der untersten Balkenlage zu verrotten anfangen.
Ebenso kann eine Abdichtung eines Keller-Erdbodens die Feuchtigkeitsbelastung der Mauern erhöhen, weil es nicht mehr direkt an der Bodenoberfläche verdunstet- das, was den Keller so schön kühl gehalten hat.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#9

Beitrag von SymbioH » So 9. Okt 2016, 23:56

Nachtrag: Hatte die Seite schon etwas früher geöffnet und nicht mehr nachgeschaut ob noch jemand was geschrieben hatte, aber emil hatte zwischenzeitlich schon ein super Aufklärung betrieben.

@emil Keine Angst, ich hacke niemanden. Ich bin nur ein großer Fan angeregter Diskussionen. :)



Bei Grundmauern auf einem Streifenfundament mit nachträglichem Boden, ob Lehm, Ziegel oder Beton, sehe ich keinen Grund der dagegen spricht. Ob man Außen noch eine Dichtschlämme oder Bitumen anbringt ist, muss man selbst entscheiden. Bevor man jedoch eine Horitzontalsperre per Injektion einbringt, würde ich definitiv erstmal abwarten, ob es nicht auch so funktioniert. Schritt für Schritt ist immer besser als direkt mit der Chemiekeule anzufangen.

Gerade um weitgehende Verallgemeinerung geht es mir ja. Es gibt so viele unterschiedliche Typen von Häusern, aber im Grunde genommen kann man mit diesem Tipp nirgendwo etwas falsch machen. Man hält die feuchte Erde vom Mauerwerk fern, hat eine Drainage (falls vorher noch nicht vorhanden) und der Sockel bzw. die Kellerwände sind gedämmt. Wenn man beim Abgraben bemerkt, dass Grundwasser ansteht, kann man weitere Schritte andenken.

Das Ganze ist ein Leitfaden mit Tipps und keine Anleitung. Wer irgendwas davon Umsetzten will kann sich gerne melden, dann können wir das im Konkreten durchdenken.


Sorry, das ist ein kleiner Tick aus meinem Studium. Kälte gibt es physikalisch nicht, nur nicht vorhandene Wärme, darum meinte ich, dass das physikalisch unsinnig ist. Unabhängig davon ziehen kalte Medien natürlich Wärme an und haben somit eine "Kältestrahlung".

Du hast hier wohl das schöne Beispiel mit der Wollmütze herausgelesen, aber ich meinte die WOLKENdecke und nicht die Wolldecke. :mrgreen:

Die Vorhangfassade ist quasi ein Hitze-/Kälteschild der vor direkter Einstrahlung auf das Gebäude schützt. Man muss sich das vorstellen wie bei einer bewölkten Nacht. Es wird drunter einfach nicht so kalt wie bei klarem Himmel. Ich werde mich beim nächsten mal direkt verständlicher ausdrücken.

Stimmt, eine gute selektive Beschichtung ist da eher hinderlich. Hatte das mal bei einer Flachdachanlage in der Praxis gesehen. Gewaltig war die Leistung nicht, aber ein nettes Nebenprodukt. So wie es scheint funktioniert das aber nur bei flacher Ausrichtung oder dank schlechter/spezieller Komponenten. :lol:

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Re: Leitfaden - Energetische Sanierung

#10

Beitrag von SymbioH » Mo 10. Okt 2016, 01:07

Der Einwand bezüglich salperterbelasteter Wände (glücklicherweise noch nie damit zu tun gehabt) und gerade Gewölbekeller ist wichtig. Die beiden Fälle hatte ich leider nicht auf dem Schirm, daher ist die Aussage, dass mein Tipp für eigentlich alle Häuser funktioniert doch falsch. Auch die Anmerkung zwecks Drainage und Grundbruch sollte man definitiv auch beachten. Das Fundament freilegen sollte man nicht ohne weiteres. Wer also eine Auführung plant, soll sich doch bitte melden und bei mangelndem Fachwissen Experten hinzuziehen.

Ich wollte in diesem Faden auf eine sinnvolle Reihenfolge bei der energetischen Sanierung hinweisen und einige Möglichkeiten aufweisen, die vielleicht nicht allgemein bekannt sind.


Natürlich kann man für viele Veränderungen, die zu drückendem Wasser führen, nichts. Dass diese Häuser generell schlecht geplant sind, hab ich ja auch nie behauptet. Aber gerade bei der Hangbebaung wurde bei gut geplanten/gebauten Häusern unabhängig vom Alter meist schon auf viele Eventualitäten geachtet, weil sie hier einfach öfter vorkommen. Vor Undichtigkeiten in der Abführung des Regenwassers ist natürlich niemand gefeit.


Generell ist es amüsant. Meiner Meinung nach wurde früher oft noch besser gebaut. Bei fast jedem Neubau entdecke ich mittlerweile im Vorbeilaufen einen Fehler, der später mal zu Problemen führt.

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