Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

Teichwirtschaft und Aquakultur
Manfred

Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#1

Beitrag von Manfred » So 31. Jul 2011, 10:59

Je tiefer ich mich in das Thema einarbeite (Siehe auch http://www.selbstvers.org/forum/viewtop ... =19&t=2986) desto größer werden meine Zweifel, ob Aquaponik im Hinterhofmaßstab überhaupt sinnvoll ist.

Wäre es nicht besser, das Wasser aus der Aquakultur einfach zum Bewässern und Düngen eines normalen Gemüsegartens oder Hochbeetgartens zu verwenden?

Auf die Idee gebracht hat mich die erweiterte Aquaponikanlage des IGB in Berlin.
Die haben festgestellt, dass der gemeinsame Kreislauf von Fischbecken und Hydrokultur weder für Fische noch für Pflanzen optimal ist.
Fische und Pflanzen haben unterschiedliche Ansprüche an pH-Wert, Temperatur etc.
Und die Nährstoffe aus dem Fischtankwasser haben nicht die optimale Zusammensetzung für die Pflanzen.

Das IGB hat deshalb die Anlage in 2 getrennte Kreisläufe aufgeteilt.
Die Fischmast wird als normale Aquakulturanlage betrieben, nur dass die Denitrifikation nicht über anaerobe Bakterien erfolgt. Es wird ständig mit Nitrat und anderen Nährstoffen angereichertes Wasser aus dem Fischkreislauf abgezapft und in einen Nährlösungstank für die Hydroponikanlage umgeleitet. Dort wird der ph-Wert des Wassers dem Bedarf der Pflanzen angepasst und weiter Nährstoffe werden zugeführt, um ein optimales Nährmedium für die Pflanzen zu erhalten.
Damit wird die Hydrokulturanlage versorgt. Die Pflanzen verdunsten ständig Wasser, so dass Wasser aus den Fischtanks nachgeführt werden muss. Dafür wird den Fischtanks frisches Wasser zugeleitet.

Dieses verbesserte System kann sich der Hobbygärtner oder SVler ebenfalls zunutze machen, indem er auf die Hydrokultur und die komplizierte Anpassung der instabilen Nährlösung ganz verzichtet und das nährstoffreiche Wasser aus den Fischtanks einfach seinem Gemüse- oder Obstgarten zuführt. Evtl. mit einem Tank als Zwischenspeicher, um nicht durch Ausbringung bei Regen usw. Nährstoffe zu verschwenden.
Die Pufferkapazität des Bodens kann den ph-Wert und Nährstoffdefizite des Fischwassers ausgleichen und man kann nach den Ergebnissen einer Bodenuntersuchung oder Beobachtung der Pflanzenentwicklung eine angemessene Ausgleichsdüngung vornehmen.

Welcher Vorteil bleibt der Aquaponik gegenüber diesem Konzept?

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Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#2

Beitrag von kraut_ruebe » So 31. Jul 2011, 11:17

da bleibt wohl nur das platz-argument über - für die hydropflanzen braucht es dann ein eigenes becken (fass, behälter - je nach anlage). das nährstoffreiche wasser einfach in die beete zu kippen, wär dann in meinen augen 'nur' noch fischzucht (nicht dass das was schlechtes wär - aber passt halt nicht in dieses konzept).

ich beobachte die aquaponic-idee/umsetzung in unseren breiten seit 2006, vornehmlich die schweizer mit ihrem merklichen perferktionsbestreben. der moment, wo mich das bedürfnis überkommt das in irgendeiner form nachzuvollziehen, ist bislang noch nicht gekommen. die zu wenige bewegungsfreiheit für die fische und die wintertemperaturregelung stellen die gesamtidee für mich noch immer ins aus.
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Olaf
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Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#3

Beitrag von Olaf » So 31. Jul 2011, 19:35

Moin,
vielleicht etwas OT aber auch nicht ganz:
Mein Schwimmbeetversuch ist grandios gescheitert.
k-schwimmbeet.jpg
k-schwimmbeet.jpg (68.17 KiB) 6727 mal betrachtet
Ja, ich hatte keine Fische im Teich und ich hatte ohnehin nicht die Absicht, da noch zusätzliche Nährstoffe rein zu schmeißen.
Die eigentlich Stabtomate hat es mit ihren 25 cm und zwei Blättern immerhin geschafft, eine Tomate zu erzeugen, die Pepperoni eine Bonsaipepperonie, die aber jetzt fault.
Die Salate.... vergiss es.
Die Balkontomate ist einfach eingegangen, während ihre an-Land- Kollegen über und über mit Früchten voll sind.
Wie gesagt, die Bedingungen waren nicht ideal für ein Schwimmbeet, aber ich glaub, ich fisch lieber die Algen ab und verwende die als Dünger für Landlebewesen.
Olaf
Eigentlich bin ich ein netter Kerl.
Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

Manfred

Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#4

Beitrag von Manfred » So 31. Jul 2011, 20:03

Den Grund kann ich dir sagen, nachdem ich mich eingelesen habe: Zu wenig Sauerstoff im Wasser.
Hydroponic-Tiefwasserbeete werden ständig stark belüftet, um die Wurzeln mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Schaltet man die Belüftung ab, faulen die Wurzeln von "Landpflanzen" schnell ab.
Für Pflanzen mit längerer Kulturdauer (Tompaten, Paprika) werden in der Hydroponicliteratur verfahren mit Substrat und NFT oder Staubewässerung empfohlen.
Die Kultur auf Floßen in tiefem Wasser scheint besonders gut für Salate und Kräuter mit kurzer Kulturdauer zu funktionieren.
Ich überlege gerade, mir spaßes- und testhalber ein Hydroponic-Hochbeet zu basteln.
IBC-Tank oben aufsägen. Mit Wasser + Hydrokulturdünger (Flüssigdünger aus dem Baumarkt, für Hydro-Topfplanzen) nach Anweisung füllen.
Aquarienpumpe rein. Oben drauf ein Floß aus Styrodur (hat wohl weniger Schadstoffemissionen als Styropor) und in das Floß Einsätze aus durchbohrten Plastikblumentöpfen mit Salatpflanzen in Perlite oder Hrydrokultur-Lehmkugeln.

Hier eine 1,5 ha Tiefwasseranlage für Salat:
http://www.youtube.com/watch?v=ZWRZ5jNzYMQ

Olaf
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Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#5

Beitrag von Olaf » So 31. Jul 2011, 20:53

aha!
Das erklärt einiges.
Vielleicht dürfen die Töppe auch einfach nicht so tief hängen, das Wasser nur per Kapillare hochziehen.
Na, diese Jahr nicht mehr...
Olaf
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Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

Manfred

Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#6

Beitrag von Manfred » So 31. Jul 2011, 22:39

Ja. Das wär die Alternative zur Belüftung. Große Töpfe und so hoch setzen, dass nur der unterste cm im Wasser hängt. Dann käme auch genug Luft an die Wurzeln.

Emma

Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#7

Beitrag von Emma » Mo 1. Aug 2011, 09:45

hallo,

beschäftige mich seit diesem Jahr mit Aquaponic. Im Moment haben wir nur eine ETW mit Westbalkon, aber irgendwann soll mal ein Haus mit großem Grundstück her.

Ich wollte eigentlich erstmal üben, ob ich es überhaupt schaffe, die Fische und die Pflanzen am Leben zu halten. Wenn man sich die Videos auf youtube anguckt, und da gibts ja ewig viele, dann sieht es ja so aus, als würde es auch auf kleiner Fläche funktionieren.
Ich hab allerdings keine Ahnung von Wasserqualitäten, so dann ich mich da zunächst auf andere verlassen werde und hoffentlich bei der Anwendung dann dazu lerne.

Statt heizen im Winter für Tilapias, werde ich eher Forellen probieren und für diese das Wasser dann bewegen. Das erscheint mir einfacher und günstiger zu sein.


Macht denn jemand hier erfolgreich Aquaponic?

Grüße
Emma

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Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#8

Beitrag von luitpold » Mo 1. Aug 2011, 11:05

das ist halt die frage.
was macht im kleinen rahmen schon sinn???

wenn ich einige wassertanks herumstehen habe, und regenwasser sammeln und bevorraten muss warum nicht auch anderweitig nützen?
wenn das klima sehr trocken, die entfernungen groß, die versorgungskette sehr lange und aufwändig ist, die möglichkeit einfach schnell zum teich /fluss zu radeln und einige fische zu angeln nicht gegeben ist.

kein wunder dass backyardaquaponics gerade aus australien kommt.

genauso kann ich es mir bei hoher bevölkerungsdichte und resourcenarmut in schwach entwickelten regionen ganz gut vorstellen um auf kleiner fläche nahrungsmittel zu produzieren.

bei der bepflanzung denke ich nicht nur an tomaten und salat, warum nicht auch aquatisches grünzeug, oder hühnerfutter erzeugen, wo ich wieder bei den wasserlinsen wäre?

lg
luitpold
Es muß sich alles ändern, damit es bleibt, wie es ist.

Manfred

Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#9

Beitrag von Manfred » Mo 1. Aug 2011, 11:42

@Emma:
Von Forellen würde ich dir für den Einstieg dringend abraten. Das Temperaturoptimum für Forellen liegt bei unter 10°C. Und selbst die harten Arten wie Regenbogenforellen überleben auch bei guter Belüftung kaum mehr als 25°C Wassertemperatur.
Ohne Kühlgerät wirst du es nicht schaffen in einem kleinen Becken Temperaturen unter 20°C zu halten, außer evtl. in einem Erdkeller.

Dazu kommt, dass die Systeme um so instabiler sind, je kleiner sie werden. pH-Wert-Schwankungen und die Anreicherung von Schadstoffen können die Fische sehr schnell töten.
Wenn du so eine kleine Testanlage im Aquariengröße planst, nimm für den Anfang Goldfische oder kleine Karpfen. Die sind hart im Nehmen und können größere Temperaturbereiche und Schadstoffkonzentrationen ab als Forellen.
Zumindest den pH-Wert solltest du anfangs täglich messen. (Dazu gibt es Testpapier in der Apotheke.)
Und wenn die Fische irgendwelche untypischen Verhaltensweisen zeigen, sofort Fütterung einstellen und Wasser teilweise wechseln, bis sie sich normalisiert haben.

AnamPrema

Re: Macht Aquaponik im kleinen Maßstab überhaupt Sinn?

#10

Beitrag von AnamPrema » Di 23. Aug 2011, 12:02

@ Manfred :)

Jetzt wunderts mich nicht mehr, dass sie heute dieses Foto zeigen

http://web.de/magazine/wissen/bildergal ... 13489312/9

da hat man auf jeden Fall eine schöne Mahlzeit
für den ganzen Clan, ob allerdings so ein Miniteich ausreicht? :hmm:

AnamPrema

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