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von emil17 » Fr 11. Aug 2017, 19:57
Guck mal unter Ionenaustauscher - die Nährstoffe sind nicht in freier Lösung im Bodenwasser, sondern an einen Ionenaustauscher gebunden.
Nitrat kann wie jedes andere Kation oder Anion nicht ohne Gegenion existieren, denn sonst wäre der Boden oder das Wasser elektrisch geladen. Im Wasser wie im Boden sind stets gleich viele positv wie negativ geladene Ionen vorhanden, denn sonst wäre der Boden eletrisch geladen.
Die Gegenionen interessieren für die meisten Betrachtungen jedoch nicht, sie dienen nur dazu, die elektrischen Ladungen auszugleichen. Deshalb redet man etwas ungenau nur vom Nitratgehalt.
Der Trick vom Boden ist nun, dass die elektrisch entgegengesetzt geladenen Teilchen zu den Nährstoffionen nicht ebenso frei beweglich und löslich sind, sondern chemisch an eine Matrix gebunden sind.
Stell Dir ein Salz vor, wo der elektrisch geladene Gegenpart zum interessierenden Ion ein unlöslicher Festkörper, eben das Bodensubstrat, ist.
Wenn du z.B. eine Kaliumnitratlösung in einen funktionierenden Boden gibst, binden sich die K+-Ionen an ein oberflächlich negativ geladenes Substrat, das oberflächlich mit H+ belegt ist. Pro K+ geht dafür ein H+ in Lösung. Ebenso gehen die NO3- an positiv geladene Teile der Bodenmatrix (die mit OH- belegt sind), und pro NO3- geht ein OH- in Lösung. Die H+ und die OH- rekombinieren sich zu Wasser, und als Bilanz ist das KNO3 aus dem Bodenwasser verschwunden, denn die Bodenmatrix, welche die K+ und die NO3- elektrostatisch festhält, ist ja unlöslich.
Für die Pflanzen bedeutet das andersrum, dass sie, wenn sie z.B. ein Ammonium-Ion (NH4+) oder ein Kalium-Ion (K+) aus dem Boden aufnehmen wollen, dieses gegen ein H+ austauschen müssen, NO3- gibts nur gegen ebensoviele OH-, und so weiter. Diese gegen Tausch erhaltenen Nährstoffionen gehen natürlich nicht wieder in Lösung, sondern werden vom Wurzelhaar, das die Sache erledigt, aufgenommen und chemisch weiterverarbeitet; aus NO3- wird so z.B. organischer Stickstoff in Proteinen.
Der grosse Vorteil der Sache ist, dass diese Nährstoff-Ionen in beliebig grosser Menge im Boden pflanzenverfügbar sein können, ohne in freier Lösung im Bodenwasser zu sein, wo sie die Wasserqualität belasten und ausgewaschen werden können.
Manche Pilze können das besser als Pflanzenwurzeln, weshalb viele Pflanzen das Ionentauschen an Mykorhizapilze delegieren, die dafür als Gegenleistung Zucker erhalten.
Nitrat als Schlüsselnährstoff frei gelöst im Bodenwasser bedeutet also, dass die Bodenabsorption nicht richtig funktioniert.
Wenn es funktioniert, tut es das so gut, dass z.B. im Regenwald des Amazonas die Flüsse praktisch destilliertes Wasser führen, obwohl die Pflanzen dieses hoch produktiven Ökosytems nicht an Nährstoffmangel leiden.
Das ist der einfache, chemische Teil der Sache. Biologisch ist es viel komplizierter, weil sich da viele Mikroben, Bodenarthropoden, Pilze usw. einmischen. Chemisch sehr kompliziert ist die Entstehung der austauschaktiven Bodenmatrix, nicht der Austauschprozess. In der Bilanz ergibt sich ein viel besser funktionierender Boden, der durch den Input der Pflanzen an Energie am Laufen gehalten wird.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.