Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

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Rohana
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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2831

Beitrag von Rohana » Fr 10. Jul 2020, 20:03

Ah? Wer und wo prämiert die denn? :hmm: :lala:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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emil17
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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2832

Beitrag von emil17 » Fr 10. Jul 2020, 21:54

Rohana hat geschrieben:
Fr 10. Jul 2020, 20:03
Ah? Wer und wo prämiert die denn? :hmm: :lala:
Gibt immer wieder Meldungen in Landwirtschaftszeitungen:
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Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2833

Beitrag von Rohana » Fr 10. Jul 2020, 22:46

Was ist daran verwerflich, die Spitzenreiter zu ehren? Macht man mit Menschen doch genauso. Deshalb ist noch lange nicht jeder so schnell wie Usain Bolt :roll:
Und was die Existenz von Rekordhaltern mit dem Höfesterben zu tun hat, erschliesst sich mir ehrlich gesagt nicht. Irgendwer muss halt der/die/das Beste sein. Von den Prämierungen lebt kein Bauer...
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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2834

Beitrag von Sven2 » Fr 10. Jul 2020, 23:12

Ich würde mir das folgend herleiten:

1. Weniger Kühe geben heute genauso viel Milch wie früher viele -> weniger Milchvieh( dazu hab ich keine Zahlen, würde nur erwähnt und hab's Mal gelesen irgendwann)bzw. Mehr Ertrag bei gleicher Stallfläche

2. Hochspezialisierte Kühe brauchen energiereicheres Futter -> höherer Arbeitsaufwand, andere Flächennutzung ( z.B. Mais statt Wiese) pro Tier, anderer Kapitaleinsatz
-> je größer der Betrieb, desto effizientere Produktion -> Spezialisierung auf wenige große Betriebe statt vieler -> weniger Milchviehhalter.
Effizienz bezieht sich hierbei auf die Auslastung von Maschinen, Kapitalverfügbarkeit, Standardisierung von Arbeitsabläufen usw. und beinhaltet nicht ökologische Faktoren.

3. Milchpreis ist niedrig-> Gewinnmarge nur über Masse zu realisieren -> größere Betriebe ( gibt natürlich noch andere Systeme)

4. Es werden Rekordhalter prämiert -> Streben nach mehr Milch/ Kuh aus oben genannten gründen. Dass der Rekord immer weiter steigt zeigt ja, dass allgemein mehr in die Richtung gezüchtet wird.
Ich glaube auch dass die Milchleistung als Zuchtziel prämiert werden kann. Tatsächlich ist es auch ein Geschäftsfeld das Sperma von Bullen, die vermutlich eine hohe Milchleistung vererben, zu verkaufen. Dabei hilft ein Preis für die Mutterkühe wegen ihrer hohen Milchleistung ungemein.

Lass mich gerne von den Praktikern anders belehren :)

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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2835

Beitrag von emil17 » Sa 11. Jul 2020, 13:10

Ich sehe das auch so ...
Nebeneffekt, Rassen die geländegängig und leicht und robust sind, und mit denen man schlechte Flächen bewirtschaften könnte, lohnen sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht. Folglich werden Flächen intensiviert (=gedüngt, besser schlossen, öfter gemäht) oder fallen brach bzw, werden aufgeforstet.

An der Tatsache, Spitzenleistungen zu prämieren, ist nichts schlecht.
Was mich etwas erstaunt, ist hingegen die Erwartungshaltung: Man will und fördert eine Entwicklung (mehr Effizienz, höhere Milchleistung usw. ) und bedauert dann den Erfolg, nämlich dass das gleiche Ergebnis nun durch weniger Halter und weniger Tiere erreicht wird. Anders kann es auch gar nicht sein, denn hätte man Tiere auf Leistungsniveau von 2020, Tiere pro Halter soviele wie 2020, Halter aber noch soviele wie 1985, wären das rund vier mal soviel Milch. Das geben die Flächen nicht her bzw. bei entsprechenden Futterimporten wüsste man erst recht nicht wohin mit all der Jauche, die es bei Stallhaltung nun mal gibt.
Da bei steigender Produktionseffizienz und gesättigtem Markt die Preise zwangsläufig sinken müssen, ist die Folge logischerweise eine Abnahme der Betriebe.
Ein Verzicht auf staatliche Regulierung könnte wohl kurzfristig diesen Trend aufheben, insoweit er die Produktion verbilligt, würde aber zwangsweise zum genau gleichen Ergebnis führen. Auch eine Erweiterung des Marktes kann daran nichts ändern.
Der gleiche Prozess hat ja in so ziemlich allen Gewerben stattgefunden - wo sind all die Ortsbäckereien, Tante-Emma-Läden, Schuhmachergeschäfte usw. geblieben. die es vor 50 Jahren noch gab?
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2836

Beitrag von Manfred » Sa 11. Jul 2020, 14:13

@Sevn: Durch diese Gemeinplätze ändert sich aber nichts an der Situation des einzelnen Landwirts. Entweder geht man mit oder findet eine Nische, die eine Zeit lang etwas anderes erlaubt, oder man wird gegangen.
Geändert werden könnte die Situation nur durch völlig andere politische Rahmenbedingungen.
Aber diese sind nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil. Die Auflagen werden zum Nachteil der kleinen Betriebe massiv weiter verschärft ohne jeden Außenschutz und ohne Wachstumsbeschränkung. Also müssen noch mehr kleine Betriebe aufgeben und Großinvestoren kaufen die Flächen auf und lassen sie von Großbetrieben bewirtschaften. Egal welche Lügen Politik und Verbände gerade wieder öffentlichkeits- und stimmenwirksam verbreiten.

Wer wirklich etwas daran ändern wollte, müsste zum einen für konsequenten Außenschutz der von heimischen Betrieben geforderten Standards sorgen und zum anderen den Marktzugang sowie das Steuer- und Förderrecht so verändert, dass die höchsten Einkommen pro Arbeitskraft und eingesetztem Kapital in der gewünschten Betriebsgröße erzielt werden.
Alles machbar, aber nicht gewollt, weil es zu deutlich höheren Lebensmittelpreisen führen würde.

Die Schweiz und Norwegen sind diesen Weg mehr oder minder konsequent gegangen.
Natürlich sind auch dort der technische und der Zuchtfortschritt nicht aufgehalten, so dass weiterhin Betriebe weichen müssen.
Aber beide Länder haben einen weitgehend konsequenten Außenschutz für ihre Standards und zumindest Norwegen auch schon seit Jahrzehnten Bestandsobergrenzen für Schweine je Betrieb.

Dito in der Verarbeitung. Gegen die Kosteneffizienz, optimale Verwertung und den Marktzugang von Tönnies können kleine Regionalschlachthöfe nicht anstinken. Das ist schlicht und ergreifend eine politisch gewollte Entwicklung hin zu mögl. billigen Nahrungsmitteln, damit die Bevölkerung Ruhe gibt.
Das geht ja sogar soweit, dass das Kartellamt Erzeugerzusammenschlüsse verhindert, damit diese den Abnehmerkartellen bei Preisverhandlungen nicht auf Augenhöhe gegenübertreten können.
Also genau das Gegenteil dessen, wofür ein Kartellamt irgendwann mal gedacht war.
Von den steuerlichen Vorteilen der Konzerne ganz zu schweigen.
Wenn ein Konzern seine Gewinne über eine Holding innerhalb der EU passend verlagern kann, so dass er nur ca. 1% Gewerbesteuer bezahlt, währen der selbständige Metzger schnell 30% bis 45% Steuern abdrückt, wenn sein Laden halbwegs läuft, dann ist doch völlig klar, wer innerhalb kurzer Zeit durch seine Gewinnvorteile den Markt übernimmt.

Und wenn ich dann höre, dass D ja keinen Außenschutz errichten kann, weil wir Autos verkaufen wollen:
Die Schweiz hat einen viel höheren Industrieexport pro Person und trotzdem Außenschutz für die Landwirtschaft.
Das ist reines Geschwätz. Wäre der Außenschutz von der Politik gewollt, wäre er innerhalb weniger Jahre konsequent umsetzbar.
Es gibt aber keine Partei, die sich dafür einsetzt.

Was bleibt dann uns Praktikern?
Aufhören oder unter den realen Rahmenbedingungen, denen wir ausgesetzt sind, durchwursteln so gut es geht.
Der Idealfall wäre, wenn man die persönlichen Voraussetzungen dafür hat, sich wie Richard Perkins weitgehend von den Ausgleichszahlungen unabhängig zu machen. Aber die Voraussetzungen haben nur wenige und die Nische ist begrenzt.
Also eine Lösung, mit der sich einige zumindest eine Zeit lang retten können, aber keine Lösung für die Masse der Betriebe.

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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2837

Beitrag von Rohana » Sa 11. Jul 2020, 14:45

Selbst wenn man von den Ausgleichszahlungen unabhängig wäre, die Gesetze muss man so oder so einhalten... da ist nix um. :ohm:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2838

Beitrag von Manfred » Sa 11. Jul 2020, 19:14

Keine Frage. Aber man ist weniger der politischen Willkür ausgesetzt, die die wirtschaftliche Existenzgrundlage eines von Ausgleichszahlungen abhängigen Betriebs von heute auf morgen auslöschen kann. Und die staatliche Schuldenspirale wird irgendwann zwangsläufig dazu führen, dass die Ausgleichszahlungen entweder durch Inflation entwertet werden oder durch Staatsinsolvenz wegfallen. Wobei dann natürlich der komplette Markt neu gemischt wird.

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Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2839

Beitrag von emil17 » So 12. Jul 2020, 08:23

Die Mehrkosten für den Schutz der einheimischen Landwirtschaft, die Manfred treffend beschreibt, werden bei uns deshalb halbwegs akzeptiert, weil unser Land (die CH) zu 70% der Fläche gebirgig ist und Bergbauern seit jeher als Archetypen des Gebirgsbewohners anerkannt und geachtet werden. Das hat also eine starke subjektive Komponente.
Das andere ist, dass nachweisbare Mehrleistungen für Umwelt, Landschaftsschutz, Tourismus und Biodiversität erbracht werden.
Es ist korrekt und akzeptiert, dass diese Mehrleistungen über Direktzahlungen bezahlt werden. Es wird aber seitens der Landwirte weniger gern akzeptiert, dass der Steuerzahler dadurch auch ein Recht hat, genau hinzuschauen und mitzubestimmen, was da wo wie gemacht wird.
Hier gibt es aber ein Problem bei den Bauern selber, nämlich dass der Bauernverband einerseits gegen weitere staatliche Einschränkungen ist, obwohl er mehr Geld will, und dass andererseits Tieflandbauern, die da wo es geht genau gleich intensiv wirtschaften wie anderswo in der EU, mit entsprechenden Folgen für die Umwelt, von dem Bonus der Bergbauern profitieren.
Es stört mich zum Beispiel, dass Intensivkulturen unter Glas und Hühner- oder Schweinemastbetriebe in der Landwirtschaftszone stehen dürfen, obwohl das von der Art des Gewerbes her eindeutig Industriebetriebe sind, und dass Tiefland-Betriebe, die ihre Tiere vorwiegend mit zugekauftem Futter ernähren, für ihre Milch den gleichem Preis wie die Bergbauern bekommen.

Eine einheimische nachhaltige umweltverträgliche Land (und Forst-)wirtschaft kann man nur erhalten, wenn die Leistungen der Landwirte für die Allgemeinheit nicht mehr über Produktpreise abgegolten werden (ausser die Produkte unterscheiden sich qualitativ, wie etwa Berg- von Silomilch), sondern direkt an der Leistung gemessen wird. Also soll man nicht Flächenbeiträge auszahlen, weil Fläche beiwrtschaftet wird, sondern weil sie so bewirtschaftet wird, wie es gefördert werden soll. Ebenso soll man nicht Fleischpreise stützen, sondern umweltverträglichen Unterhalt von Dauergrünland.
Das muss man selbstverständlich kontrollieren und sanktionieren, so wie bei jedem anderen Gewerbe auch. Sonst gibts Schlaumeier, die kaufen Kraftfutter zu und vernachlässigen Flächen, für die sie Bewirtschaftungsbeiträge erhalten, weil sich das betriebswirtschaftlich rechnet.
Aussenschutz ist einfach so politisch nicht durchsetzbar, es sei denn man macht es nicht am Herkunftsland fest, sondern an der Produktionsweise. Es macht doch keinen Sinn, wenn etwa in Basel Obst aus dem benachbarten Süddeutschland preislich durch Importzölle gegenüber Inlandobst aus dem Tessin benachteiligt wäre, bloss wegen einer Landesgrenze. Wenn ein französischer Bauer seine Ware nachvollziehbar konform zu dem erzeugt, was die Schweizer von ihren eigenen Bauern verlangen, dann soll er es auch bei uns verkaufen dürfen.
Konsequent würde Aussenschutz auch bedeuten, dass Produkte, die im Inland nicht erzeugt werden können, ebenfalls verteuert werden müssten: Sushi, Bananen, Lachs, Erdnussöl ... Soll aber ein Konsument Aufpreis für Olivenöl bezahlen, weil die Deutschen nur Rapsöl können?
Was nicht in Ordnung ist: wenn ausländische Produkte zu Dumpingpreisen einheimische Produkte konkurrieren, die dort nach Standards erzeugt worden sind, welche bei uns unzulässig wären. Dazu gehört auch eine anständige Bezahlung der Arbeitskräfte.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Meldungen aus Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion

#2840

Beitrag von Manfred » So 12. Jul 2020, 11:11

Was genau ist an der Landwirtschaft in der Schweiz ökologisch besser als an der in Neuseeland?
Und wie willst du sicherstellen, dass der französische Obstbauer und sein Aufbereiter sowie die Speditionen ihrem Personal (und sich selbst) für den Exportanteil in die Schweiz schweizerische Gehälter und Sozialabgaben bezahlen?

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