Eierskandal

Benutzer 1612 gelöscht

Re: Eierskandal

#61

Beitrag von Benutzer 1612 gelöscht » Do 28. Feb 2013, 19:23

das ist die erste diskussion zu einem aktuellen und emotional besetzten thema, die ich lese, welche von höflichkeit, guter argumentation und gegenseitiger wertschätzung geprägt ist. ich bin sowas von begeistert!!!danke euch!
Ich habe es mal vergrößert. Und bin ganz dieser Meinung! :daumen:

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Spottdrossel
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Re: Eierskandal

#62

Beitrag von Spottdrossel » Do 28. Feb 2013, 19:23

hobbygaertnerin hat geschrieben: Was ist uns das Essen wert?
Ein Liter Benzin oder Diesel, ein Handy, ........................... das kostet x Euro, Klamotten sind auch immer billger geworden, dass diese Kleidung anderen Menschen, die sie herstellen, nicht gut tut, blenden wir aus.
Beim Essen sind wir jetzt auf ähnlichem Niveau.
Einen Punkt gibt es allerdings, der sich zwischen "wenig Geld heute" und "wenig Geld früher" unterscheidet: das, was uns für notwendige Energiekosten aus der Tasche gezogen wird. Mein Vater war LKW-Fahrer und irgendwie klappte das mit einem Verdienst, vierköpfiger Familie, Haus, einem großen, alten Kombi (zwecks Baumaterial erbeuten fürs Haus) und insgesamt 2 mütterlicherseits angeordneten Urlauben, ansonsten wurde renoviert, umgebaut oder sonstwas.
Wenn man heute kaum mit einem Verdienst 2 Fresser satt bekommt, obwohl man gegen Mode im allgemeinen und technischen Spielereien wie Ei-pätts, -fons oder sonstwas immun ist, fragt man sich irgendwann, was man eigentlich falsch macht?
Und kommt dann drauf, daß man dem ersten Auto noch "super plus" spendiert hat, wenn der Preis unter 1,50 DM war. Schauen wir jetzt auf die Sprit-, Heiz- und Stromkosten, sieht man, warum den von Picassa genannten arbeitenden Leuten kein Geld mehr für hochwertig produzierte Lebensmittel bleiben kann: erstmal muß die Karre getankt sein, um überhaupt auf die Arbeit zu kommen. Was die Tankstelle (bzw. der Staat mit seinen Steuern, weil es ja ökologisch total ok ist, den Autofahrer zu bestrafen, warum will der Depp auch arbeiten?) an Geld schluckt, steht dem Bioladen nicht mehr zur Verfügung.
Uns wird immer wieder gerne vorgerechnet, daß wir in D die günstigsten Lebensmittelpreise haben.
Wir stehen aber auch an der Spitze der Spritpreise. Und die Löhne steigen nicht, im Gegenteil. Es ist also recht einfach, sich als MinisterIn mit vermutlich auskömmlichem Gehalt hinzustellen und zu sagen, die Leute wollen nicht mehr für ihr Essen ausgeben. Sicherlich gibt es solche Leute. Aber wieviele zwar gerne wollen, aber nicht können (weil z.B.der Omi grade ihre Mietwohnung energetisch verteuert wurde), das wird nirgendwo erfaßt.
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Re: Eierskandal

#63

Beitrag von kleinesLicht » Do 28. Feb 2013, 20:24

Spottdrossel, das passt genau zu der m.E. hirnrissigen Argumentation bezueglich der Inflationsrate. Sicher haben Fernseher & Co. fuer viele Leute eine Daseinsberechtigung, ich bin allerdings der Meinung, dass sie bei der Berechnung der Inflationsrate zur Lebenshaltung herzlich wenig zu suchen haben. Die wird dadurch naemlich ganz schoen gedrueckt.

*Ironiemodusein* Der bloede Trottel, der seine Arbeit nicht fusslaeufig erreichen kann, muss eben zur Kasse gebeten werden. Was zieht er auch so weit weg? Ausserdem muss er ja dankbar sein, dass er den Weg zur Arbeit von der Steuer absetzen kann (Der Rueckweg ist sein Privatvergnuegen :nudel: .). Koennte ja auch mit oeffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Macht doch nix, dass er dann drei Stunden unterwegs ist, wenn er laenger arbeiten muss. Um so weniger Zeit hat er zum Nachdenken und sich selbst zu versorgen (mit was auch immer) *Ironiemodusaus*
viele Grüße
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Re: Eierskandal

#64

Beitrag von Wayan » Do 28. Feb 2013, 22:33

Um den Text nicht unnötig lang werden zu lassen, pauschalisiere ich mal: :pfeif:

Ich kenne viele Leute, die auch mit geringem Einkommen darauf achten, das etwas Vernünftiges auf den Tisch kommt. Teilweise wird bewußt auf TV verzichtet, nicht aus purer Not, sondern um sich den Mist nicht anzutun (und trotzdem volle GEZ-Steuer zu zahlen).
Es geht schon: wenig Fleisch, spezielle Produkte Bio-Laden, Wochenmarkt, ungefährliches aus dem Supermarkt und eben der eigene Garten.

Diese Möglichkeiten stünden mMn vielen weniger betuchten Menschen offen. Ich denke es fehlt tatsächlich an Bildung und Vernunft. Man zieht sich "Qualitätsmedien" rein, lässt sich von Werbung verführen, misst Marken Bedeutung bei und findet Geiz geil.
Weil das in der breiten Masse so stattfindet und die Wirtschaft unsere Politik bestimmt, ist es so, wie es ist:
Jeder versucht für sich das Meiste herauszuschlagen (Produzent und Konsument). Ab und zu ein Skandal ist gut für die Quote und gleich wieder vergessen.

Ich wundere mich über nichts mehr.
Mein Lösungsvorschlag wäre, für mehr Bildung und Vernunft zu sorgen. Ich befürchte aber, dass das nicht gewollt ist! :kaffee:
Alle sagten: Das geht nicht. Da kam einer, der wußte das nicht und hat´s einfach gemacht.

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Re: Eierskandal

#65

Beitrag von emil17 » Do 28. Feb 2013, 23:02

Ich bin der Meinung, dass - wenn man dem Verursacherprinzip folgt - der Sprit immer noch zu billig ist. Allerdings sind die Spritpreise nicht dem allgemeinen Lohn- und Warenpreisdumping gefolgt. Ausserdem tut es jedesmal beim Tanken direkt weh.
Noch billigerer Sprit würde die Umweltbelastung massiv vergrössern; es würde noch mehr rumgefahren. Wenn man die Mobilität verbilligt, führt das nur kurzfristig zu einer Budgetentlastung - mittelfristig werden die Arbeitswege länger. Das kann jeder Städteplaner bestätigen.
WIrklich abkassiert wird, ohne entsprechende Gegenleistung, bei Kapital- und Bodenzinsen.
In der Schweiz ist es an fast allen hochpreisigen Orten so, dass sich reiche Leute Zweit- und Drittwohnungen als Geldanlage kaufen und so die Preise noch mehr hochtreiben Das lohnt sich sogar dann, wenn man gar nicht vermietet. Gewöhnliche Leute (Hausmeister, Handwerker, Facharbeiter usw.) müssen von weit her pendeln, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten können. Manche Gemeinden bauen für ihre eigenen Angestellten Sozialwohnungen.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: Eierskandal

#66

Beitrag von Spottdrossel » Fr 1. Mär 2013, 19:05

emil17 hat geschrieben:Gewöhnliche Leute (Hausmeister, Handwerker, Facharbeiter usw.) müssen von weit her pendeln, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten können. Manche Gemeinden bauen für ihre eigenen Angestellten Sozialwohnungen.
Genau da beißt es sich doch mit dem "zu billigen" Sprit. Das Arbeitsamt fragt -zumindest in meinem Bekanntenkreis- nicht, ob am Ende des Monats ein Minus rauskommt, bedingt durch Fahrtkosten ("Hauptsache, Arbeit!"). Dann gibt es fast nur noch Zeitverträge, weshalb man der Arbeit lieber (noch) nicht hinterherzieht, als Paar wird sowas noch schwieriger.
Ich zumindest kann mir nicht vorstellen, daß irgendjemand sich in der Rush-Hour in die Schlange stellt, bloß weil der Sprit "günstig" ist und meine Kollegen so eine hübsche Autobahn gebaut haben. Die stehen da, verplempern ihre Lebenszeit, nur um notgedrungen an die Arbeit zu kommen.
Grade fällt mir noch ein Verständnisproblem auf: Emil, meines Wissens lebst Du in einem eher übersichtlichen Land mit vorbildlichem ÖPNV (zumindest erzählt man das hier).
Hier wo ich wohne, wird erwartet, morgens und abends anderthalb Stunden auf der Autobahn zu verbringen. Mit dem Zug dauert und kostet es locker das Doppelte. Letztens habe ich geforscht, wie ich per ÖPNV abends die 10 km zur Volkshochschule bewältigen kann: gar nicht. Hier fährt nur der Schulbus, sonst nix.
Meine Meinung: würde die Politik WIRKLICH was für den Umweltschutz tun wollen, könnte sie Strategien entwickeln, wie sich Fahrten zur Arbeit reduzieren lassen - z.B. Förderung von seriöser Heimarbeit. Ist doch wurscht, ob ich in Frankfurt oder daheim mit China maile... Da man davon nie etwas hört, liegt der Verdacht nahe, daß der Umweltschutz nur ein Feigenblatt fürs abkassieren ist.
Was mich hier an der Lebensmitteldiskussion stört: der unterschwellige Ton "wer Fertigfraß kauft, ist selber schuld, wenn er beschissen wird." Unbestritten ist, daß ich mit Fertigfutter keinen Einfluß auf die Inhaltsstoffe habe und auch nicht zwingend ein hochwertiges Lebensmittel (hier bei uns hat Tegut z.B. sehr gute Bio-Mikrowellenmenüs im Sortiment, für die Mittagspause auf jeden Fall besser als Currywurst). Jetzt kommt das große ABER: bloß, weil jemand ein Fertigmenü kauft, ist er ja nicht außerhalb jeder Verbraucherrechte. Sonst müßten ja Raucher auch keine Rechte bzgl. der Inhaltsstoffe des Glimmstengels haben? Und es hat anscheinend auch nicht unbedingt was mit "billig" zu tun; wer bei Eismann bestellt, bezahlt definitiv keine Discount-Preise. Hier sind schlicht die Produzenten selber beschissen worden, es könnte genausogut in so Großmarkt-Edelhäppchen für die Gastronomie auftauchen. Je genauer man hinschaut, umso weniger ist der Preis im Supermarkt ein Kriterium: einerseits laufen No-Name und dreimal so teures Markenprodukt über benachbarte Bänder in der gleichen Fabrik, andererseits gibt es Marken wie z.B. Landliebe, die sich ein hochwertiges Image geben, dabei bekommt der Bauer auch nicht mehr für seine Milch.
Es hilft nix, Betrug ist Betrug, und wenn die Hersteller echte Euros haben wollen und nicht nur ein Papier, wo ich eine Zahl draufgemahlt habe, dann sollen sie bitte auch das verarbeiten, was auf der Schachtel draufsteht. Ein Handwerker kann auch nicht fröhlich das Baumaterial gegen was billigeres austauschen.
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Re: Eierskandal

#67

Beitrag von emil17 » Fr 1. Mär 2013, 20:31

Spottdrossel hat geschrieben:Emil, meines Wissens lebst Du in einem eher übersichtlichen Land mit vorbildlichem ÖPNV (zumindest erzählt man das hier).
Das ist korrekt, aber um es zu merken muss man mal im Ausland mit dem ÖV reisen. In Deutschland nicht von Frankfurt nach Berlin, sondern von Klein-Wernigerode nach Pfullendorf. Ich reise selten im grenznahen Deutschland von Basel aus, und BaWü soll verglichen mit anderen Gegenden von Deutschland auch noch gut erschlossen sein. Man gewöhnt sich sehr rasch daran. Mal ne Viertelstunde Verspätung und man nervt sich, statt zu denken, immer noch ne halbe Stunde rascher als vor 4 Jahren.
Ich nutze das Angebot der SBB sehr stark, und kann im Zug arbeiten und mich weiterbilden (= in Ruhe ein Buch lesen, so wie es im Zug halt ruhig ist).
Fakt ist aber, dass sich die Pendlervorstädte und Schlafdörfer in einem Radius von etwa 1 Stunde pro Weg um die Städte ausbreiten. Wo diese nahe zusammen sind, wächst alles zusammen. Klar ist auch, wenn du nur mit dem Auto zur Arbeit kannst, kannst du gegen steigende Spritpreise nicht viel machen (ausser auf ein Elektroauto ausweichen).
Übergeordnet sehe ich mit den immerzu wachsenden Personenkilometern für den Arbeitsweg und den Urlaub sowie mit der dauernden Erreichbarkeit durch Smartphones die Tendenz der Menschen, gleichzeitig überall und daher nirgends wirklich sein zu wollen.
Spottdrossel hat geschrieben: ... würde die Politik WIRKLICH was für den Umweltschutz tun wollen, könnte sie (...) Da man davon nie etwas hört, liegt der Verdacht nahe, daß der Umweltschutz nur ein Feigenblatt fürs abkassieren ist.
Hier schüttest Du meiner Meinung nach das Kind mit dem Bade aus: einerseits müssen die Behörden mit Zuckerbrot (=Förderung) und Peitsche (Strafsteuern, hohe Gebühren) versuchen, umweltfreundlichere Dinge gegenüber billigeren Sauereien durchzusetzen. Hätten sie das nicht getan, und hätten wir das gleiche Verkehrsaufkommen wie heute mit der Technik der 50er Jahre, dann wären Mitteleuopäische Ballungsgebiete unbewohnbar. Kann man sich in Grosstädten der Dritten Welt mit regelmässig Smog und Verkehrsinfarkt anschauen.
Spottdrossel hat geschrieben: Es hilft nix, Betrug ist Betrug, und wenn die Hersteller echte Euros haben wollen und nicht nur ein Papier, wo ich eine Zahl draufgemahlt habe, dann sollen sie bitte auch das verarbeiten, was auf der Schachtel draufsteht.
Das ist Deine berechtigte Sicht der Dinge. Der Lieferant hat eine andere: "Wie schlecht bzw. billig kann ich die Ware noch machen, ohne beim Preis mehr nachlassen zu müssen als bei den Gestehungskosten?" Der Verbraucher will möglichst viel Qualität und Quantität fürs Geld, der Hersteller will möglichst viel Geld für seine Ware. Da auf ehrliche Selbstdeklaration im Grauzonenbereich durch den Hersteller selbst zu hoffen, ist den Wolf als Schafhirten bestellen.

Kurzfristig krankmachende Lebensmittel kann in der EU keiner verkaufen. Das ist schon mal viel. Wenn man hoch verarbeitete Lebensmittel (Gummibärchen, Fertigpizza und dergleichen) kauft, muss man entweder dem Hersteller vertrauen, was ich aufgrund meiner obigen Ausführungen nur Leuten mit einem robusten Magen empfehle, oder eben darauf verzichten.
Spottdrossel hat geschrieben:Ein Handwerker kann auch nicht fröhlich das Baumaterial gegen was billigeres austauschen.
Kann er nicht, wenn ein Bauführer da ist, der ihn ziemlich sicher erwischt und dann heisst es gnadenlos raus damit und nochmal aber so, wie es im Wekvertrag steht. Gibt es den Bauführer nicht, wird auch beschissen - vor allem wenn der Bauherr nicht vom Fach ist und da wo man es nachher nicht sieht (Leitungen verlegen, Keller abdichten, Dampbremsen dicht montieren, usw.).
Es gibt Handwerker, die aus eigenem Antrieb gute Arbeit machen. Es gibt auch fleischverarbeitende Betriebe, die nur Hochqualitätsware und korrekt deklarierte Produkte anbieten. Aber die Regel sind sie leider nicht.
Schummel und Beschiss kann man nur mit Kontrollen und Sanktionen verhindern. Das gilt auch für Behörden, deshalb müssen die auch kontrolliert werden.
Kontrollen sollten aber vor allem das betreffen, was für andere Menschen relevant ist, also lieber mehr Lebensmittel- und Verkehrskontrolle, und weniger, ob der Hühnerstall 20 cm zu breit ist.

Der Hauptgott unserer Zivilisation ist immer noch Rendite und Wirtschaftswachstum, und Behörden die Umweltschutzauflagen durchsetzen bremsen das aus. Deswegen gibt es in Bern und Brüssel und Berlin und Paris und überall eine starke Lobby der Wirtschaftsverbände, die im Hintergrund wirkungsvoll verhindert und "mehr Freiheit, weniger Staat" dort umsetzt, wo es den Staat am dringendsten braucht: beim Schutz der Schwachen vor den Starken.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Eierskandal

#68

Beitrag von Manfred » So 23. Mär 2014, 13:09

Und weiter geht es mit dem Bioeier-Beschiss:

http://www.focus.de/gesundheit/ernaehru ... 09956.html

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