Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

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citty
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Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#1

Beitrag von citty » Sa 1. Jun 2013, 23:04

Hallo,

habe einen interessanten Artikel gelesen: ein fremder Mann hat ueber den Zaun gegriffen um ein Kind zu streicheln, der Familienhund biss zu nun hat der Mann angeblich bleibende Schaeden am Arm davongetragen und will klagen. Es hiess in einigen Leserzuschriften, dass der Tierhalter (in Deutschland) in jedem Fall haftet selbst wenn ein Wachhund einen Einbrecher beisst, stimmt das wirklich???

LG Citty
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Kerstines
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#2

Beitrag von Kerstines » Sa 1. Jun 2013, 23:38

Ich bin seit einigen Jahren aus der Versicherungsbranche raus, denke aber, der Besitzer haftet.
Der Hund hat echten Schaden angerichtet, ein Einbruch dürfte für die Beurteilung in der Hundehaftung keine Rolle spielen, das sind 2 verschiedene Vorgänge.
Kenne ich auch aus dem eigenen Hundehaftpflichtvers.vertrag nicht.

Bellen und nicht vom Ort weglassen = in Ornung, beißen = nicht in Ordnung

:) Kerstines

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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#3

Beitrag von Nightshade » So 2. Jun 2013, 06:44

Ja, leider haben wir eine derart kranke Rechtsprechung.

Über den Zaun gegriffen, um ein fremdes Kind zu streicheln? Geht´s noch?
Meine Mutter klagt heute noch über die Deppen, die einfach so in fremde Kinderwägen greifen, um das Baby zu streicheln.

Und was macht man mit dem Einbrecher, den der Hund bellend am Ort festhält? Soll man mit ihm über die Weltpolitik diskutieren? Einen Kaffee anbieten?

Wenn ich daran denke, wie lange es durchschnittlich braucht, bis die Polizei kommt.... Jenes Telefongespräch damals als ich Ladnerin war: "Aha... Einbruch, ja ich notiere es... Ist der Einbrecher noch bei Ihnen?" ->Ja klar, Frau Inspektorin, ich verkaufe ihm gerade 25 rote Rosen. :roll:
Nach 1,5 Stunden kam dann der Streifenwagen.

Also kurz gesagt, die Handschellen bekäme ich von den Ordnungshütern dann bitte zurück, die gehören schließlich mir.

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Reisende
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#4

Beitrag von Reisende » So 2. Jun 2013, 13:16

:eek: handschellen, schlangenpeitsche... na dir möchte ich nicht allein im dunkeln begegnen... ;)

aber im ernst, das ist eine rechtlich hochinteressante frage und nicht pauschal zu beantworten.
in deutschland haftet der hundehalter verschuldensunabhängig gem. § 833 bgb (sog. gefährdungshaftung).
daneben steht noch die verschuldenshaftung gem. § 823 bgb.

die erste unterscheidung, die wir machen müssen, ist ob der hund eigenständig oder auf befehl gehandelt hat:
die rechtsgutverletzung muss für eine haftung nach § 833 bgb auf einem willkürlichen, von einem menschen nicht gesteuerten (fehl-)verhalten des tieres beruhen. keine haftung nach § 833 bgb besteht, wenn das handeln unter der leitung eines menschen erfolgte, d.h. wenn das tier gehorcht hat.

gehen wir von einem eigenständigen handeln des hundes aus (haftung nach § 833 bgb), kommen 2 umstände für eine mögliche (teilweise) enthaftung in betracht:
- einwilligung (der einbrecher wusste, dass auf dem grundstück ein bissiger hund ist, z.b. durch ein warnschild, und hat die gefahr bewusst in kauf genommen)
- mitverschulden (der einbrecher hat den hund provoziert oder zuerst angegriffen)

gehen wir davon aus, den hund zum beißen aufgefordert zu haben (haftung nach § 823 bgb) , kommt eine rechtfertigung durch notwehr (§ 227 bgb) in betracht:
notwehrmaßnahmen müssen verhältnismäßig sein. verhältnismäßig ist immer das mildeste, wirksame mittel. hier kommt es also auf die gefährdungssituation durch den einbrecher an.
erwische ich den einbrecher "nur" auf meinem grund und boden, oder wie er sich grade am silberbesteck zu schaffen macht, ist ein beißen des hundes nicht das mildeste mittel und damit unverhältnismäßig. hier reicht das stellen und festsetzen durch den hund zur gefahrenabwehr.
bedroht der einbrecher aber leib oder leben des hundehalters (waffe) oder greift ihn tätlich an, kann das beißen des hundes gerechtfertigt sein. in diesem fall muss der halter für verletzungen des einbrechers nicht haften.

Olaf
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#5

Beitrag von Olaf » So 2. Jun 2013, 15:35

Danke schön, Reisende, so in etwa hab ich es mir auch angelesen, und wir hatten auch schon mal irgendwo einen Thread dazu. (Weil jemand hier im Forum seinen Hund auf Kinder gehetzt hat, da geht mir echt die Hutschnur hoch!)
Möchte bloß noch darauf hinweisen, dass ein Warnschild wie "Vorsicht bissiger Hund" den Besitzer kaum vor eventuellen Folgen schützt, aber schnell nach hinten losgehen kann, indem man seinen eigenen Hund schon mal selbst vorab öffentlich als gefährlich einstuft und demzufolge entsprechende Maßnahmen hätte ergreifen müssen, damit er niemanden gefährden kann.
Ich finde die Rechtssprechung eigentlich nicht verkehrt. Mit meiner ersten Hündin hab ich, noch als Jugendlicher ne SH1 gemacht, und hab mich auch schon verbotener Weise mit 14 als Scheintäter für die Hunde der anderen verdingt, kenn die blauen Flecken, die man sogar durch den Ärmel abkriegt.
Es erfordert eine harte und regelmäßige Arbeit, bis man behaupten kann, seinen Hund halbwegs unter Kontrolle zu haben, für mich ist es ne Waffe, und dafür haftet nun mal der Besitzer.
LG
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#6

Beitrag von citty » So 2. Jun 2013, 18:19

Hallo und vielen Dank fuer die interessanten Aw's. Ich habe mal gehoert, dass man in Deutschland "alles" mit einem Einbrecher machen darf wenn er erstmal im Haus ist, anscheinend ist das doch nicht so. Aber eins weiss ich: wenn ein sogenanntes Nutztier also z.B. ein Rind oder Eber einen Einbrecher - oder auch nur einen harmlosen Spaziergaenger - auf dem Grundstueck angreift und verletzt haftet der Bauer nicht bzw. der Schaden wird von der Vers. uebernommen weil das Tier zum Lebensunterhalt des Besitzers beitraegt. Ich hoffe jedenfalls dass es noch so ist.

LG Citty
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#7

Beitrag von Spottdrossel » So 2. Jun 2013, 18:41

citty hat geschrieben:Hallo und vielen Dank fuer die interessanten Aw's. Ich habe mal gehoert, dass man in Deutschland "alles" mit einem Einbrecher machen darf wenn er erstmal im Haus ist, anscheinend ist das doch nicht so.
LG Citty
Da hast Du aber was ziemlich falsches gehört - hier ist es doch genau umgekehrt: zieht die Oma dem Einbrechern nachts im Flur das Nudelholz über die Rübe, kann sie noch jahrelang zahlen, wenn der arme Kerl davon Kopfschmerzen bekommt und sie verklagt :bang: .
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#8

Beitrag von sybille » So 2. Jun 2013, 18:44

Aber eins weiss ich: wenn ein sogenanntes Nutztier also z.B. ein Rind oder Eber einen Einbrecher - oder auch nur einen harmlosen Spaziergaenger - auf dem Grundstueck angreift und verletzt haftet der Bauer nicht bzw. der Schaden wird von der Vers. uebernommen weil das Tier zum Lebensunterhalt des Besitzers beitraegt. Ich hoffe jedenfalls dass es noch so ist.
Ja sicher, aber die Versicherung mußt du auch abschliessen und bezahlen.
Hühner sind Menschen wie Du und ich, nur das sie zur Hausordnung Hackordnung sagen.

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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#9

Beitrag von Olaf » So 2. Jun 2013, 19:10

Naja. Soweit wie ich meine das verstanden zu haben muss die Oma zugucken, wie er ihr Schmuckkästchen plündert.
Sobald sie aber glaubhaft machen kann, dass sie sich körperlich bedroht gefühlt hat darf sie ihm sehr wohl was mit dem Nudelholz geben. Keinesfalls darf sie ihm hinterherrennen und ihm dann einen verpassen, um ihren Schmuck zurück zu kriegen.
Ebenso muss der Hund sich ohne Gegenwehr erschlagen lassen, erst wenn der Halter (wie ist das mit andern Menschen, die grad im Haus sind?) angegriffen wird darf er zubeissen.
Schon irgendwie komisch :hmm:
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Re: Hund beisst Einbrecher, haftet der Besitzer?

#10

Beitrag von Little Joe » So 2. Jun 2013, 19:46

citty hat geschrieben:wenn ein sogenanntes Nutztier also z.B. ein Rind oder Eber einen Einbrecher - oder auch nur einen harmlosen Spaziergaenger - auf dem Grundstueck angreift und verletzt haftet der Bauer nicht bzw. der Schaden wird von der Vers. uebernommen
... nicht immer, wenn Leute bei mir auf der Pferdekoppel rumlaufen und die Pferde sie verletzen (sogar wenn diese Leute versuchen sollten die Pferde zu reiten, und dabei absegeln) bin ich dafür haftbar.
Erstaunlich, dass Menschen, die alles besser wissen, nie etwas besser machen.

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