Baum-Gilden zusammenstellen?

Moderator: kraut_ruebe

Fred
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Baum-Gilden zusammenstellen?

#1

Beitrag von Fred » Mi 20. Nov 2013, 01:02

Hallo,
Unter einer Gilde versteht man ja eine Pflanzengemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt.
In der Permakulturliteratur, sind mir bislang zwar einige einjährige/Zwiebel Pflanzen,
die man unter einem Baum anpflanzt, um diesen zu unterstützen bekannt.
Das suche ich nicht, sondern Informationen darüber, wie sich Bäume untereinander vertragen.

Zu dieser Frage habe ich bislang nur das Beispiel von Bill Mollison aus dem Permakulturhandbuch,
mit der Anleitung für eigene Studien gefunden:
Dabei geht es darum, daß ein Apfelbaum neben einem Walnussbaum nicht gut gedeiht.
Mit einer Maulbeere dazwischen neutralisiert sich der Einfluß. Und mit Apfel-Maulbeere-Akazie-Walnuss
ergibt sich wieder eine günstige Kombination.(S.82).

Da das Anpflanzen der Bäume ja zu den grundlegenden, und dann auch für lange Zeit fixierten
Aspekten einer Permakultur-Anlage gehört, wäre es interessant, da mehr darüber zu wissen, wobei
ich bislang noch nichts dazu gefunden habe, Baumpflanzungen optimal zusammenzustellen.
Weiß hier jemand dazu mehr?

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kraut_ruebe
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#2

Beitrag von kraut_ruebe » Mi 20. Nov 2013, 07:07

aus 'der biogarten' von m.l. kreuter hab ich folgendes:

marillen brauchen 6 m abstand zu anderen obstbäumen.

birne geht nicht neben wacholder (nicht wegen dem gitterrost, auch wegen wachstum) und nicht mit himbeere

kirsche geht nicht neben mirabelle

quitte passt nicht zu nadelbäumen, nicht zu beerensträuchern

über eine auflistung von sich gegenseitig fördernden bäumen bin ich noch nicht gestolpert (fänd ich aber interessant). ich hab die baumnachbarn bislang nach ihrer beschattungsverträglichkeit im jung/altstadium ausgewählt und die wurzel- und kronenformen berücksichtigt.

eine kombination die ich in den tiefen der infos der forstbaumschulen gefunden hatte ist zur schwarznuss. da sind 'treibhölzer' günstig, die da wären: hainbuche, haselnuss, weide, erle, linde. nachdem das aber schon 'treibhölzer' heisst gehts da wohl darum die schwarznuss zur holzgewinnung zügig und geradlinig aufschiessen zu lassen und das somit wieder in das thema beschattungsverträglichkeit fällt.
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Rati
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#3

Beitrag von Rati » Mi 20. Nov 2013, 15:54

ich lehne mich jetzt mal ganz weit zum Fenster raus, da ich tatsächlich nicht so viel darüber gelesen/gesehen/ gehört habe.
Aber ich behaupte mal das es unter Bäumen keine gibt die wirklich in gegenseitiger Unterstützung (Symbiose) leben.
Es mag wohl welche geben die mit den Abwehrmechanissmen der anderen (Walnussbäume verbitten sich jegliche Nachbarschaft) besser klar kommen, aber unterstützen?
Es ist bekannt das "Geschwisterpflanzen" weniger Wurzelkonkurenz untereinander betreiben, an sonsten sind Bäume schon auf Grund ihres Platzbedarfes ab einer gewissen Größe Einzelkämpfer.

Na ja, kraut hat ja im Prinzipe auch nur Sachen aufgezählt in denen es darum geht wer lieber nicht neben wem stehen soll. das würde dann ja meine Überlegungen unterstützen oder?

Grüße Rati
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#4

Beitrag von utebo » Mi 20. Nov 2013, 16:57

Schau mal hier:
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/3750/
An den natürlichen, standortgemässen Waldgesellschaften und deren Mantel- und Saumgesellschaften kann man sich hervorragend orientieren. Natürliche Sukzessionen lassen sich durch Pflanzungen beschleunigen und einiges an Wildpflanzen lässt sich substituieren, z.B. Kultursorten der entsprechenden Wildarten bei Äpfeln, Birnen, Sanddorn, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren, Holunder, Nüssen usw. usf.
Klima, Boden, Feuchte, Nährstoffe müssen natürlich entweder passen oder im Rahmen des möglichen passend gemacht werden.
Ökologische Pflanzensoziologie : eine Einführung in die Vegetation Mitteleuropas - 6., neu bearb. Aufl.
Dokument1.pdf (51.090 KB) (md5sum: 18476a03313f785c1d4c815ee6f9ef08)

Kurzfassung in Deutsch:

Diese Einführung in die Vegetation Mitteleuropas wird nun in 6. Auflage vorgelegt; diese ist wiederum aktualisiert, textlich erweitert und reicher mit Abbildungen ausgestattet. Das Buch ist aus Vorlesungen und Exkursionen für Studierende der Biologie hervorgegangen. Es soll nicht nur diesen, sondern allen an der Freilandbiologie Interessierten eine Grundlage für das Verständnis der Vegetation bieten. Nach einer knappen Einführung in die Grundbegriffe und verschiedenen Aspekten der Pflanzensoziologie werden im speziellen Teil die Pflanzengesellschaften nach ihrer Standortsökologie, Dynamik und Verbreitung und ihrer landespflegerischen Bedeutung besprochen. Die Reihenfolge wird von ihrer Komplexität bestimmt; sie beginnt mit den Wasserpflanzengesellschaften und führt über Grünland-, Moos- und viele andere Vegetationstypen zu den Gehölzgesellschaften. Erkenntnisse aus verwandten Forschungsgebieten, z.B. Populationsbiologie und Limnologie, werden einbezogen, wobei auf Beziehungen zwischen Pflanzen und Tieren in der Biozönose besonderes Gewicht gelegt wird.
Mein Erachtens ist ein Verständnis von Pflanzenökologie und Pflanzensoziologie essentiell für die Planung von Gehölzbeständen in permakultureller Hinsicht. Es lohnt sich wirklich, sich da reinzuvertiefen.

Fred
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#5

Beitrag von Fred » Mi 20. Nov 2013, 19:17

kraut_ruebe hat geschrieben: über eine auflistung von sich gegenseitig fördernden bäumen bin ich noch nicht gestolpert (fänd ich aber interessant). ich hab die baumnachbarn bislang nach ihrer beschattungsverträglichkeit im jung/altstadium ausgewählt und die wurzel- und kronenformen berücksichtigt.
Interessante Gedanken, kannst du sagen, wie du dabei kombinierst?
eine kombination die ich in den tiefen der infos der forstbaumschulen gefunden hatte ist zur schwarznuss. da sind 'treibhölzer' günstig, die da wären: hainbuche, haselnuss, weide, erle, linde. nachdem das aber schon 'treibhölzer' heisst gehts da wohl darum die schwarznuss zur holzgewinnung zügig und geradlinig aufschiessen zu lassen und das somit wieder in das thema beschattungsverträglichkeit fällt.
Hmm... Treibholz, da denkt selbst Wikipedia nur an das Meer. Ich könnte mir vorstellen, daß es auch darum geht, zu verhindern, daß ein aufgeasteter Stamm nicht wieder austreibt, damit es astfrei bleibt. Aber reine Vermutung. In dem gleichnamigen Buch von 1904 zeigt Google leider keine Probeseiten.

Fred
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#6

Beitrag von Fred » Mi 20. Nov 2013, 20:02

Rati hat geschrieben: Es ist bekannt das "Geschwisterpflanzen" weniger Wurzelkonkurenz untereinander betreiben, an sonsten sind Bäume schon auf Grund ihres Platzbedarfes ab einer gewissen Größe Einzelkämpfer.
Das würde ich pauschal nicht so sehen. In einem Geobotanik-Buch wurde unterschieden, zwischen Arten, die untereinander mehr als mit anderen Arten konkurrieren, und solche, die zu derselben Art weniger konkurrieren, als zu anderen (Stichwort: Interspezifische- und Intraspezifische-Konkurrenz) . Wobei es sich dabei nur um einen prinzipiellen Überblick über das Gebiet Geobotanik ging, also nicht um konkretes. Deshalb frage ich hier ja nach konkretem bezüglich der Bäume.

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kraut_ruebe
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#7

Beitrag von kraut_ruebe » Mi 20. Nov 2013, 20:52

Fred hat geschrieben: Interessante Gedanken, kannst du sagen, wie du dabei kombinierst?
breitwurzel neben pfahlwurzel, grosse hohe und ausladende krone neben kleiner bleibender kegelförmiger krone. mit dem hintergedanken, dass jeder baum sich gemäss seiner art nach ungehindert entfalten kann trotz eher dicht stehender nachbarn. aber dass trotzdem kleine lücken bleiben wo büsche, sträucher und anderes noch kleineres platz finden können.

vordere reihe diejenigen die sonne schätzen, hintere reihe jene die etwas schatten abkönnen oder dem schatten entfliehen indem sie bei beschattung schneller und höher wachsen als normal um sich ihr sonnenlicht zu erobern. die mitte bilden zwei riesige fichten und der platz an dem mal der pilzgarten hin soll.

ziel ist bei dieser engen kombi ein kleiner waldgarten auf so 250 bis 300 qm, vorbild der wald. die baumarten sind bunt gemischt, aber jeder erfüllt einen zweck (nahrung für mich, die bienen oder die restlichen vorhandenen und geplanten hoftiere), von zuckerahorn über speierling und gingko bis götterbaum ist da alles mögliche und unmögliche dabei.

da steht dann zB die mannaesche neben einer blutpflaume gefolgt von einem wildapfel usf.

das ist aber alles noch jung bei mir, ob das konzept aufgeht werd ich erst in ein paar jahren sehen. und ob die alle einander jetzt mögen weiss ich gar nicht, da werd ich mir bei gelegenheit utebos link ansehen und wenn was unpassend ist versuchen mit unterpflanzung auszugleichen, die ist sowieso fürs nächste jahr vorgesehen.
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Benutzer 72 gelöscht

Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#8

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 20. Nov 2013, 22:22

Hier steht, dass Apfel keinen Apfel mag und Pfirsich keinen Pfirsich - aber der malus sieversii zumindest wächst doch in einem richtigen Apfelbaumwald?

Wir haben Nuss und Apfel nebeneinander, und Apfel neben Apfel (nicht eng natürlich) - hätt nicht bemerkt, dass das arg schaden tät, obwohl ich ja nicht weiß, wie der Apfelbaum ohne Nuss- oder Apfelnachbar geworden wär...
Der Nussbaum im Fichtenwald jedenfalls trägt so gut wie nichts.

Ich denke, Bäume interagieren wirklich eher mit dem Unterwuchs, als mit den Nachbarn - wäre aber auch sehr neugierig auf eine Liste!

Wie ist das denn in alten Streuobstwiesen?

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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#9

Beitrag von utebo » Do 21. Nov 2013, 02:32

ina maka hat geschrieben:Hier steht, dass Apfel keinen Apfel mag und Pfirsich keinen Pfirsich - aber der malus sieversii zumindest wächst doch in einem richtigen Apfelbaumwald?
Da wurde was missverstanden bzw. falsch wiedergegeben. Äpfel sind nicht untereinander unverträglich, aber wenn eine Plantage gerodet wird, sollte man keine Äpfel nachpflanzen. Zumindest sagt man das im Intensivanbau.


Ich hab' sowas ähnliches "gebastelt" wie kraut_ruebe - eine dreireihige Hecke, c. 130 m, am Nordrand unseres Grundstücks für Windschutz, Mikroklima, um das Grünland etwas abzutrocknen (wir leider unter zu*viel* Wasser > "pumpende" Gehölze), als Bienenweide, für Feuerholz und anderes Nutzholz, (Wild)obst, Nüsse, und Gehölzfutter für unsere Ziegen.
Ausgangspunkt der Planung war die heutige potenzielle natürliche Vegetation (http://de.wikipedia.org/wiki/Hpnv), sprich die Vegetation, die sich hier langfristig natürlicherweise ansiedeln würde auf dem drainierten Niedermoorboden: Esche mit Erle und Eiche würden die Oberschicht bilden, im Unterwuchs würden sich Moorbirke, Grauweide, Hasel, Weissdorn, Ilex, Eberesche und Traubenkirsche dazu gesellen, am Rand auch noch Brombeeren.

Alle diese Gehölze sind in meiner Hecke vertreten, so gut es ging Tiefwurzler mit Flachwurzlern, immergrüne mit laufabwerfenden abwechselnd und Stickstoffsammler eingemischt. Die Grossbäume bilden die Mittelreihe (Überhälter), nach Norden stehen Gehölze, die weniger Licht brauchen, nach Süden vorwiegend das Wildobst. Der wichtigste Stickstofffixierer ist hier die Erle; als weitere N-Fixierer habe ich noch Sanddorn und Ölweide dazugenommen, nachdem ich gesehen hatte, dass sie mit dem Standort bestens klar kamen. Statt der normalen Eberesche habe ich die süsse 'Moravica' genommen; jüngst auch noch einen xSorbocrataegus 'Granatnaja' - eine Kreuzung aus Eberesche und Blut-Weissdorn. Dazu noch Johannisbeeren, Stachelbeeren, Sämlingsäpfel und Wildäpfel, Wildrosen, sehr viele verschiedene Weidenarten (vorwiegend für unsere Ziegen und die Bienen natürlich), Stechpalmen (Weihnachtsdeko irgendwann mal...), Kornelkirschen, Faulbaum und Liguster speziell für die Bienen, roten, scharlachroten und gelben Hartriegel unter anderem für Kränze, Aronien, Himbeeren, ein paar Pflaumen (experimentell). Nachdem das Ganze sich schön eingewachsen hatte (keine Graskonkurrenz mehr, sondern ein schöner Laubmull), habe ich noch 300 Osterglocken am Südrand gepflanzt.

Das ist das Prinzip, was ich im vorigen Beitrag angesprochen hatte: Standortgemässe natürliche Vegetation, Sukzession durch Pflanzung vorweggenommen + Substituierungen von Wildarten durch Kultursorten + ggf. standortangepasste Ergänzungen.

Hier sieht man etwa ein Drittel der Hecke:
Frühjahr 2000
Bild

Nach 7 oder 8 Jahren:
Bild

Nach 12 Jahren:
Bild

zaches
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Re: Baum-Gilden zusammenstellen?

#10

Beitrag von zaches » Do 21. Nov 2013, 10:37

sehr schöne Bilder! Das erinnert mich daran, mir mal die alten Bilder von unserem Einzug hier anzugucken - irgendwie vergisst man, was man s chon alles verändert hat!
Wenn ich mir das so angucke, dann möchte ich doch noch mehr Land zur Vefügung haben! Mehr pflanzen können!

seufz, zaches
"Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben." Paul von Heyse

www.hilshof.de

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