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von Torsten » Do 27. Jul 2017, 07:32
So, jetzt habe ich alle 22 Seiten geschafft und mir das Recht erkämpft meinen Senf dazu zu packen. Will ein paar Sachen aufgreifen.
Holzer und der Bagger: Man kann Fan von Sepp sein oder auch nicht. Definitiv kann man ihn auch kritisieren. Aber die Tatsache dass er zu Beginn eines Projektes größere Arbeiten mit dem Bagger erledigt steht nicht im Widerspruch zur Permakultur. Permakultur würde in dem Zusammenhang verstanden werden als "das Benzin benutzen um langfristig funktionierende Strukturen zu schaffen anstatt jedes Jahr 6-10 mal über den Acker zu fahren um zu düngen, zu spitzen, etc".
Wenn man sich anschaut, wie sich Tamera durch den Einsatz mehrerer Bagger verändert hat und wie wenig Maschineneinsatz dort jetzt nötig ist (z.B. zur Bewässerung) kann man den änfänglichen Einsatz schwerer Maschinen und vieler Liter Benzin absolut nachvollziehen.
Schwammiger Begriff der Permakultur: Etwas zu kritisieren weil ein Begriff unscharf oder nicht definierbar ist ist sinnlos. spätestens seit Wittgenstein wissen wir, dass jeder Begriff unscharf ist, oder kann mir wer definieren was ein Spiel ist? Ich verstehe die Unzufriedenheit derer, die mit dem Begriff nichts anfangen können, es ist eine komplexe Idee die mit Prinzipien zur Gestaltung der Welt zu tun hat und die gern auf das Thema Garten reduziert wird. Leider ist es eine der Ideen die man verstehen muss um den Nutzen beurteilen zu können, und das ist ein langer Weg.
Die Frage der Holzabfälle: Es gibt keine beste Lösung! Es gibt einen Denkansatz den Lawton gern benutzt und der leider auch nicht so einfach anzuwenden ist; zumindest habe ich lang gebraucht um dahinter zu kommen: Das Problem ist die Lösung.
Man fragt sich nicht: Was mache ich mit dem Problem (wo entsorge ich den Müll), sondern man stellt die Frage: Wofür ist es die Lösung (Was mache ich mit dem Rohstoff?). @Centauri: Eventuell ist deine Lösung (Fremde Maschinen nutzen, Holzreste gegen Kompost tauschen) einfach gut und trotz Benzinverbrauch usw. völlig in Ordnung. Andere Möglichkeiten wären z.B. im Wald liegen und verrotten lassen, gegen Abholung verschenken, vor Ort häckseln und als Mulch benutzen etc. Aber wenn das Holz aus dem Wald raus muss musst du es nicht von Hand tragen und auch nicht im eigenen Garten verkohlen.
Kenne die Situation und die Gegend nicht, aber wenn in meiner Gartenanlange schreie "Holz" dann kommen sie gerannt als hätte ich diese Erdnüsse im Bauchladen. Manche Leute verheizen tatsächlich Paletten und allen möglichen Mist, also kann man die Holzreste vielleicht verschenken (gegen Abholung mit Benzingetriebenen Fahrzeugen, viel besser wirds nicht wenn das Holz weg muss...).
Genau genommen ist dein Entsorgungsproblem wahrscheinlich nicht mit Design (>Permakultur) zu lösen weil du nicht das Land zum designen hast. Das ist eher ein Problem für holistic management (wie kann dein Berufsstand / die Gemeinde / der Landkreis da Kreisläufe bzw. Lösungen etablieren) und da ist der Wertstoffhof doch eine ganz gute Lösung.
Nachhaltigkeit und Permakultur: Man könnte meinen dass sich die beiden Begriffe sehr ähnlich sind weil sie ähnliche Dimensionen haben (Öko-öko-sozial). Leider ist es mittlerweile so: Nachhaltigkeit (Erhaltung für nachfolgende Generationen) ist irgendwie durch da der Planet im sterben liegt. Nur mit Erhaltung überlassen wir keine Lebenswerte Welt (die halbe Menschheit lebt in Verhältnissen die mir nicht so erhaltenswert erscheinen...). Der Fokus vieler Ideen und Ansätze der Permakultur liegt auf Regeneration, Humusaufbau, Bodenverbesserung, Entwüstung durch Wasserretention etc. Maßnahmen zur Nachhaltigen Entwicklung mögen manchmal in eine ähnliche Richtung gehen, aber Permakultur geht wesentlich weiter. Nachhaltigkeit wäre etwa: Ich fälle nur so viele Bäume wie nachwachsen (Gesetz des ewigen Waldes). Permakultur wäre: Ich erhalte und fördere den Wald als Rohstoffquelle, Lebensraum, Ökosystem, Filtermechanismus und Sauerstoffproduzent und nutze die vielfältigen Ressourcen weise (Holz, Luft, Schutz, Erholung, Nahrung tierischen und pflanzlichen Ursprungs,....und noch 100 Dinge mehr).
Landwirtschaft und Permakultur: die Wiese direkt vor meinem Garten wird landwirtschaftlich genutzt. Sie wird (unter großem Aufwand mit bis zu 4 Maschinen gleichzeitig) mehrmals im Jahr gemäht (gemäht, Heu gewendet, aufgesammelt, abtransportiert). Ich kenne die Umstände nicht, aber vermutlich werden mit dem Heu Kühe gefüttert die in einem Stall wohnen. Ich frage mich ständig, warum nicht die Kühe auf der Wiese stehen und das Gras gleich dort fressen. Das ist vermutlich ein typisches Problem der Industriellen Landwirtschaft: Der Landwirt will Milch produzieren, deswegen sind die Tiere in einem Stall und er benötigt jetzt plötzlich 10 Kalorien fossiler Brennstoffe um 1 Kalorie Nahrung zu produzieren. In einem guten Permakultur Design würden die Kühe vor Ort fressen, die Wiese düngen, sich bewegen, Artgerecht leben, besseres Fleisch / bessere Milch produzieren und keinerlei fossile Brennstoffe verbrauchen.
Und nein, das ist kein Modell für kleine Öko-Bauerhöfe, Gabe Brown bewirtschaftet auf die Art große Flächen (und ja, Getreide produziert der auch unter Einsatz von Maschinen aber eben auch mit dem geringstmöglichen Aufwand).
Was verstehe ich unter Permakultur: Bezogen auf Garten (und Permakultur ist sicher nicht darauf beschränkt) bedeutet Permakultur das Schaffen von Ökosystemen in denen die einzelnen Elemente miteinander verzahnt sind und sich gegenseitig fördern damit das ganze tatsächlich mehr als die Summe seiner Teile ist. Um das zu erreichen benutzt man das von Mollison und Holmgreen publizierte Designsystem und versucht dabei möglichst Naturnah und clever (faul?) zu sein und möglichst viele "Tätigkeiten" der Natur zu überlassen. Bei mir im Garten fressen Vögel die Schädlinge weil ich viele Bäume habe, ich kann leider keine Enten halten weil ich dort nicht wohne. Ich möchte einen Teich haben obwohl da nicht von Natur aus einer ist, dafür gestalte ich den so dass er ohne Energie oder Zusätze auskommt und ein Lebensraum für viele Arten ist (die dann wieder Aufgaben im Garten übernehmen).
Permakultur heißt glaube ich nicht dass jede Entscheidung bei Beobachtern Laute der Verzückung auslöst oder Moralisch perfekt ist, es heißt nur dass man erst beobachtet, dann überlegt und am Ende eine begründetet Entscheidung trifft über deren ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen man sich möglichst umfassend Gedanken gemacht hat. Nicht jede dieser Lösungen ist absolut zufriedenstellend
Was Permakultur nicht ist:
- Eine Begründung für allen möglichen Scheiss
- Ein Label wie Bio o.Ä.
- Eine totalitäre Religion der sich jeder unterwerfen muss
- die einzige Rettung für die Menschheit oder den Planeten
- die einzig zulässige Art eine Scholle zu bewirtschaften
- ein anderer Begriff für gesunden Menschenverstand, Permakultur gibt es im Unterschied dazu nämlich tatsächlich!
Und zuletzt: Wer traditionell Gärtnern, Umgraben,Jäten, Düngen, Sprühen möchte soll das meinetwegen tun, ich möchte das anders machen. Ohne Wertung.