HPG - Ideen zur Umsetzung bei kleinsten Tierbeständen

Moderator: kraut_ruebe

Benutzeravatar
Thomas/V.
Förderer 2017
Förderer 2017
Beiträge: 9386
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 17:00
Familienstand: verheiratet

HPG - Ideen zur Umsetzung bei kleinsten Tierbeständen

#1

Beitrag von Thomas/V. » Mi 12. Aug 2015, 22:47

Edit Manfred:
Ich habe diese Diskussion vom Thema "Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie" abgetrennt.


Hi, Manfred!

Danke für Deine Arbeit, uns das alles verständlich zu erklären!

Für den "kleinen Selbstversorger" würde das also bedeuten (wenn ich es richtig verstanden habe), das es langfristig besser ist, seine Tiere (Schafe, Ziegen, Rinder, aber auch Hühner und Gänse) täglich oder zumindest nach 3-6 Tagen von der beweideten Fläche zu nehmen und diese dann mindestens ca. 2 Monate ruhen zu lassen. Also so ähnlich wie ich es von früher kenne, das der Weidezaun täglich 1 Meter verschoben wird, (oder die angetüderten Tiere wurden 2x täglich weiter gesetzt, wenn sie einen Halbkreis abgefressen hatten) und dann erst nach Wochen wieder auf die gleiche Fläche gestellt. Auf diese Art werden alle Pflanzen abgeweidet und keine oder nur sehr wenige Arten stehen gelassen.
Kontraproduktiv wären demnach große Koppeln, in denen die Tiere mehrere Wochen lang frei herumlaufen, sich nur die Leckerbissen raussuchen und diese dann ständig bis zum Boden abfressen, während ein Großteil kaum angerührt wird oder nur die Triebspitzen/Samenstände gefressen werden?
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#2

Beitrag von Manfred » Do 13. Aug 2015, 00:04

Ja. Das trifft es recht gut.
Das Problem bei kleinen Tierbeständen ist halt, irgendeine Methode zu finden, die arbeitswirtschaftliche funktioniert und auch einigermaßen tiergerecht ist.
Man könnte z.B. mit einer Art kombiniertem Verfahren arbeiten.
Eine größere "Opferfläche" die für die Bewegungsfreiheit der Tiere überweidet wird und außenherum kleine Flächen fürs Futter mit jeweils kurzzeitiger Zuteilung.
Die Opferfläche könnte man dann in gewissen Zeitabständen wechseln und ihrerseits zur Zuteilung nutzen, damit sie sich wieder erholen kann.
Und die Ziege könnte man evtl. in einen verschiebbaren Käfig sperren, statt sie anzubinden. Aber ob das wirklich einen Unterschied macht?
Aber mit der Zeit werden auch dafür brauchbaren Ideen entwickelt werden. Umso schneller, je mehr Leute sich damit beschäftigen.

Benutzeravatar
Thomas/V.
Förderer 2017
Förderer 2017
Beiträge: 9386
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 17:00
Familienstand: verheiratet

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#3

Beitrag von Thomas/V. » Do 13. Aug 2015, 09:33

Und die Ziege könnte man evtl. in einen verschiebbaren Käfig sperren, statt sie anzubinden.
Früher sah man gelegentlich, das Leute einen verschiebbaren "Kral" gebaut haben, mit 4 Rädern, einen Schutzdach, ner Heuraufe und nem Wassereimer.
Dort wurden dann 2-4 Schafe rein gestellt und dann täglich weiter geschoben.
Mit der Verfügbarkeit von Weidegeräten hat sich sowas aber hier verloren, zumal ja sowieso nicht mehr so viele Leute Tiere halten wie zu DDR-Zeiten.
Ich fände das eine gute Idee, der Arbeitsaufwand dürfte dadurch nicht größer sein, als nen Weidezaun weiter zu setzen.

NAtürlich funzt sowas nur auf ebenen, großen Flächen, auf Splitterflächen oder steileren Hängen usw. wird das nix.
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#4

Beitrag von Manfred » Do 13. Aug 2015, 11:50

Sowas könnte man heute ja sehr leichtgewichtig bauen. Rahmen aus Aluprofil oder dünnwandigem Stahlrohr. Drumherum ein festes Drahtknotengeflecht und 3 oder 4 Mountainbike-Räder dran.
Gegenüber kleinflächiger Einzäunung mit Elektronetz hätte so eine Box auch den Vorteil, dass die Tiere gefahrlos den "Zaun" berühren können.
Am Hang könnte man evtl. hohe Schafhorden oder verzinkte Baustahlmatten mit Versteifung oder ähnliches verwenden, die sich über Ketten flexibel verbinden lassen, um das Ding dem Gelände anpassen zu können.
Oder (wo zulässig) Anbindung an eine Art Seilbahn-Konstruktion. Ein langes Spannseil über den Hang und dann ein zweites Seil, mit dem man die Anhängevorrichtung des Tieres auf dem ersten Seil verschieben kann. :hmm:
Dan könnte man evtl. auch gleich noch einen Schlauch für die Wasserversorgung mit dran frickeln.
Und wer es ganz luxuriös will evtl. einen kleinen Motor, der mit Zeitsteuerung oder ganz langsamem Dauerlauf den Anhängepunkt verschiebt.
Ich hab auch drüber nachgedacht, für Mastgeflügel einen Hühnertraktor durch eine kleine Elektroseilwinde ganz langsam über die Wiese ziehen zu lassen.
Nach dem Motto: 1 x 100 m Seil auslegen, Futterautomat rein, Wassertank oder -Schlauch dran und dann tagelang Ruhe.

Benutzeravatar
Thomas/V.
Förderer 2017
Förderer 2017
Beiträge: 9386
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 17:00
Familienstand: verheiratet

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#5

Beitrag von Thomas/V. » Do 13. Aug 2015, 12:39

Noch was anderes:

Wie müßte man die Wiese fürs Kaninchenfutter behandeln, um den Beweidungseffekt nachzuahmen? Klar, ein versetzbares Gehege wäre optimal, aber wenn das nicht geht, aus welchen Gründen auch immer, und man die K. im Stall hält?
Müßte man dann, nachdem man einen Streifen abgemäht und verfüttert hat, evtl. den Boden "öffnen" (Kultivator, Egge oder sowas) und die Menge an Mist und Restfutter, die in dieser Zeit anfiel, gleich frisch auf diesen abgemähten Streifen ausbringen?
Machbar wäre das sicherlich. Aber was ist mit Krankheitserregern und Parasiten/-eiern-larven ect.? Wenn der Mist nicht kompostiert ist, impft man die Wiese ja gleich wieder mit diesen Erregern :hmm:
Außerdem hätte man ja dann keinen Mist mehr für den Gemüsegarten...
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#6

Beitrag von Manfred » Do 13. Aug 2015, 15:23

Für Flächen die nur gemäht werden, bin ich selbst noch auf der Suche nach Lösungen.
Das Parasitenproblem würde ich bei der von dir vorgeschlagenen Methode als nicht so kritisch ansehen.
UV-Licht und Bodenleben räumen damit ganz schön auf.
Aber die Futterverschmutzung ist nicht zu verachten.
Festmist-Grünlandbetriebe lösen das oft so, dass sie ihren Mist aerob und gutem C:N-Verhältnis kompostieren und dann den fertigen Kompost jeweils nach den Grasschnitten aufbringen.
So kann mit Festmist auch in der Vegetationsperiode gedüngt werden und die Nährstoffverluste sind geringe als bei der klassischen Mistausbringung auf Grünland im Spätherbst oder zeitigem Frühjahr.
Das Problem mit der "Überweidung" besteht bei Mahd ja nicht oder nur in viel geringerem Umfang.
Dafür fehlen der Tritt zur Öffnung des Bodens und die Möglichkeit Mulch zu erzeugen.
Ich habe überlegt, auf den ungedüngten Heuflächen konsequent nur noch einen Schnitt zu nutzen und den zweiten mit einer noch zu entwickelten Maschine die den Tritt simuliert platt zu Walzen.
Evtl. eine Kombination aus Messerwalze (wie sie z.B. im Öko-Ackerbau zum Flachlegen von Vorfrüchten für die Direktsaat der Hauptfrucht verwendet wird, siehe Ecodyn-System) und einer Güttler-Prismenwalze für die Tritt-Simulation. Ich halte auch die Augen nach solchen Walzen in gebrauchter Ausführung offen. Die sind aber ziemlich teuer, gerade für meine paar ha, wo sie nur wenige Stunden im Jahr laufen würden. Alleine die Ecodyn-Walze hätte als gebrauchtes Vorführgerät knapp 5000 Euro netto + Transport gekostet.
Und ich habe keine Forschungsgelder im Rücken. Ich muss meine Versuche selbst bezahlen...

Alba
Beiträge: 252
Registriert: Mi 15. Dez 2010, 20:56
Familienstand: in einer Beziehung
Wohnort: Odenwald

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#7

Beitrag von Alba » Do 13. Aug 2015, 16:15

Hallo Manfred,

in wieweit ist es denn wichtig, welche Tiere auf der Weide stehen? Ich geh da jetzt mehr von den Wildtieren aus. Rauhfutterfresser vs. Konzentratselektierer. Aber das dürfte doch auch ein Unterschied sein, ob eine Kuh die Fläche beweidet oder ein Schaf.
LG Bettina

Benutzeravatar
ben
Beiträge: 273
Registriert: So 8. Aug 2010, 12:42
Wohnort: Rastorf OT Rosenfeld
Kontaktdaten:

Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#8

Beitrag von ben » Do 13. Aug 2015, 16:19

Manfred hat geschrieben:Ich habe überlegt, auf den ungedüngten Heuflächen konsequent nur noch einen Schnitt zu nutzen und den zweiten mit einer noch zu entwickelten Maschine die den Tritt simuliert platt zu Walzen.
Was hältst Du vom abmähen und liegenlassen? Was, meinst Du, ist der Unterschied zwischen abmähen und plattwalzen?
Oder statt erstem Schnitt auch die Heuflächen am Anfang des Jahres einmal beweiden (Heu auf dem Halm)?

Wir hatten im April Besuch von Jeff Moyer vom Rodaleinstitut in USA. Dort verwenden sie eine Walze mit scharfkantigen Metallflügeln, um Zwischenfrüchte plattzuwalzen. Ich glaube beim Ecodyn-System wird eine ganz ähnliche Walze verwendet. Dort wird es im Zusammenhang mit pflugloser Bodenbearbeitung verwendet, könnte sich aber auch fürs Plattwalzen von Grünland eignen.

http://rodaleinstitute.org/our-work/organic-no-till/
es gibt dort auch einen Selbstbauplan:
Build your own: Get the No-till Roller Crimper Plans

Ich finde es übrigens super Manfred, dass Du nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch auf eigenen Flächen die Sache vorantreibst. Auch bei uns auf dem Hof wurden schon Versuche mit Kurzzeit-Beweidung. An das niedergetrampelte Gras muss man sich erst einmal gewöhnen. Intuitiv denkt man da zuerst an "Verschwendung", "das-kann-doch-nicht-richtig-sein" und so weiter. Ich kann mir vorstellen, dass das insbesondere auf Pachtflächen schnell zu Schwierigkeiten führen kann. Da ist bestimmt sehr viel Fingerspitzengefühl und Bildungsarbeit nötig.
Manfred hat geschrieben:Und ich habe keine Forschungsgelder im Rücken. Ich muss meine Versuche selbst bezahlen...
Das kann auch Vorteile haben!

Benutzeravatar
Thomas/V.
Förderer 2017
Förderer 2017
Beiträge: 9386
Registriert: Mi 4. Aug 2010, 17:00
Familienstand: verheiratet

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#9

Beitrag von Thomas/V. » Do 13. Aug 2015, 16:57

An das niedergetrampelte Gras muss man sich erst einmal gewöhnen.
Hier war es üblich, das das stehengebliebene Zeug nachgemäht und liegen gelassen wurde. Also sooo blöd waren die früher auch nicht.
Noch mal mit der Sense oder dem Mäher drüber zu gehen ist ja nun auch nicht so schlimm, dann siehts "ordentlich" aus und die liegende Biomasse inkl. des Kotes der Weidetiere wird gleichmäßig verteilt.
Lassen sie mich durch, mein Bruder ist Arzt!

Manfred

Re: Ganzheitlich geplante Beweidung - die Theorie

#10

Beitrag von Manfred » Do 13. Aug 2015, 18:26

@Ben: Ja, um solche Walzen geht es. Und zusätzlich noch eine Güttler-Walze.
Ich darf mir hier auch so einiges Anhören, wegen meiner Experimente. Die wissen alle ganz genau, was ich falsch mache. :lol:
Und ja, ich habe schon Pachtflächen nicht bekommen, weil es auf meinen Flächen nicht so ordentlich aussieht.
Aber früher oder später werden es auch die Verpächer kapieren, dass sie vom Humusaufbau und Bodenaufschluss deutlich mehr hätten als davon, sich den Humus verbrennen zu lassen und dafür reichlich Kunstdünger und Spritzmittel auf die Flächen zu bekommen.
Habe drei kleinere Pachtflächen von den beiden optisch ordentlichsten Bauern hier im Umkreis übernehmen können, als die reduziert haben. Das wird noch Jahre dauern, die wieder halbwegs auf Vordermann zu bringen. Sobald da Gift und Kunstdünger wegfallen, wächst erst mal gar nichts mehr. Das ist kein Boden mehr, sondern nur noch totes Substrat, dass die Wurzeln festhält. Da könnte man statt des Bodens auch 30 cm hoch Katzenstreu aufschütten. Die würde wenigstens das Wasser besser halten...

Abmähen sollte man aus mehreren Gründen nicht.
Einen Schnitt komplett abzumähen fällt sicher unter das Mulchverbot (KULAP) und würde damit im Zweifel zum Verlust der Flächenprämien führen.
Und abgemähtes Material verhält sich auch ganz anders als plattgetretenes.
Aus dem plattgetretenen Material können die Pflanzen noch Nährstoffe herausziehen und das Material kann über die Wurzeln noch Wasser beziehen. Abgemähtes Material dagegen trocknet bei Hitze sehr schnell aus und bei Nässe rottet es sehr schnell und setzt viel Nährstoffe in kurze Zeit frei, die dann die noch nicht voll entwickelten Pflanzen gar nicht aufnehmen können.
Außerdem kostet das Mähen einen Haufen Geld.

Die Heuflächen abweiden geht nicht. Sonst wären es keine Heuflächen. Alles kleine verstreute Flurstücke. Das ist arbeitswirtschaftlich nicht zu machen. Aber früher oder später wird sich auch dafür eine Lösung finden.

Antworten

Zurück zu „Ganzheitliches Management (Holistic Management nach Allan Savory)“