Ganzheitliches Management - Diskussion

Moderator: kraut_ruebe

Manfred

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#111

Beitrag von Manfred » Fr 24. Feb 2017, 12:08

Ina, in Deutschland haben wir kein sprödes Klima.
Hier wird die Pflanzenmasse durch Mikroben abgebaut, weil einen großen Teil des Jahres genug Feuchtigkeit vorhanden ist.
Und sie wird im Winter oft durch Schneeauflage platt gedrückt, was ebenfalls hilft.

Selbstbeschattung ist hier deswegen kaum ein Problem. Eher die Fremdbeschattung. D.h. wenn du dein Grünland nicht auf die eine oder andere Weise pflegst, dann setzt die Sukzession sein. Dann beschatten erst die hohen Gräser die Niedrigen, dann die Stauden und Sträucher die hohen Gräser und am Ende kommen die Bäume.

In sprödem Klima trocknet das Gras einfach ein und bleibt teilweise viele Jahre stehen, wie es ist. Mit jedem neuen Wachstum wird der Büschel immer dichter.
Zersetzt wird es dann nur sehr langsam, über viele Jahre, durch die UV-Strahlung, mechanische Reibung, chemische Einflüsse etc.
Das ist dann nach ein paar Jahren fast so, wie wenn du einen Ballen Stroh oder einen Pappkarton auf deine Pflanze legst. Sie "mulcht" sich selbst weg.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#112

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 24. Feb 2017, 15:06

Manfred hat geschrieben:Ina, in Deutschland haben wir kein sprödes Klima.
Ich meine auf meinem Balkon - dort kam kein Schnee hin und gegossen hab ich im Winter eigentlich auch nicht. Erst jetzt im Frühling, bei steigenden Temperaturen. Wie man sieht, ist da nichts verrottet oder zersetzt! Trotzdem treibt der Schnittlauch aus.
Manfred hat geschrieben:In sprödem Klima trocknet das Gras einfach ein und bleibt teilweise viele Jahre stehen, wie es ist.
Ich hab eben nur erlebt, dass es "zerbröselt" und vom Wind fortgeblasen wird. Aber das mag in anderen Teilen der Welt mit "sprödem Klima" anders sein - ??
und ich rede nicht von Deutschland, auch nicht von Österreich, sondern von México.
Manfred hat geschrieben:Das ist dann nach ein paar Jahren fast so, wie wenn du einen Ballen Stroh oder einen Pappkarton auf deine Pflanze legst.
Wenn ich in Wien mulchen will, muss ich es oben drauf noch mit etwas Erde fixieren, sonst bläst es mir der Wind weg.
Vertrocknetes Gras ist wohl kein gepresstes Stroh - oder doch??

Wo kann ich den außer bei Savory etwas über diese "Beschattung der Wachstumsknoten" und der "Unverrottbarkeit abgestorbenen Grases im spröden Klima" lesen?

Samen müssten aber in der Regenperiode auf einem gepresstem Strohballen fast perfekte Bedingungen zum Keimen haben - ??
Dann wäre es eben ein Paradies für Einjährige ...
Aber nix was dem Menschen Nutzen bringt :nick:

Manfred

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#113

Beitrag von Manfred » Fr 24. Feb 2017, 15:46

Nimm doch das Zeug einfach mal in die Hand. Es ist feucht und labbrig. Die Mikroben arbeiten fleißig dran.
Da recht schon die Luftfeuchtigkeit. Vergleiche mal mit Stroh.
Natürlich wird es auch hier mal einzige Zeit zu trocken für die Mikroben. Aber den größten Teil des Jahres können sie arbeiten. Im spröden Klima ist es umgekehrt. Da ist es mal ein paar Tage feucht genug und den Rest des Jahres zu trocken (oder, unter arktischen Bedingungen, zu kalt).

Das spröde Klima leitet sich von den spröden, vertrockneten Pflanzen ab. Wenn du z.B. eine Hand voll Laub aufsammelst und das bröselt wie Kartoffelchips, dann ist es spröde. Wenn es sich zusammenknüllen lässt, ist es nicht spröde.
Natürlich gibt es in den meisten Gegenden Zeiten, wo das eine oder das andere vorherrscht.
Die Frage ist halt, was der dominate Effekt ist und wie stark er dominiert.
Irgendwo zwischen Atacama-Wüste und dauernassem Regenwald lässt sich alles in eine Skala von spröde bis feucht einteilen. Und wir liegen schon recht weit am feuchten Ende.

In der einschlägigen Literatur finden sich öfter Hinweise bzgl. der Selbstbeschattung. Das bezieht sich aber so ziemlich alles auf Savorys Arbeit. Er ist halt der Entdecker oder zumindest Bekanntmacher dieser Effekte.
Du kannst das z.B. auch bei Jim Howell nachlesen. "For the Love of Land - Global Case Studies of Grazing in Nature´s Image"

Benutzer 72 gelöscht

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#114

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 24. Feb 2017, 16:03

Manfred hat geschrieben:Nimm doch das Zeug einfach mal in die Hand. Es ist feucht und labbrig.
Das auf meinem Balkon?
nein, staubtrocken. :im:
deshalb zerbröselt es auch recht schnell, wenn ich es zerdrücke und ich kann es wegblasen (abschneiden will ich jetzt nicht mehr, um die neuen Triebe nicht zu zerstören)
Selbstbeschattung.
ah danke! vielleicht ein ergiebigerer Suchbegriff! :)

Benutzer 72 gelöscht

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#115

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Do 9. Mär 2017, 20:46

ina maka hat geschrieben:
Selbstbeschattung.
ah danke! vielleicht ein ergiebigerer Suchbegriff! :)
ist mir eben wieder eingefallen und ich hab die Suchmaschine bemüht! :aeh:
Trotz den lebensfeindlichen Klimaverhältnissen finden sich verschiedene Pflanzen in der Halbwüste, hauptsächlich harte Büschelgräser und Sträucher. Doch um überhaupt dort leben zu können, haben diese Pflanzen verschiedene Anpassungsmechanismen entwickelt, die es ihnen ermöglichen, mit einem spärlichen Niederschlag von 50-250 mm pro Jahr die langen Trockenperioden zu überstehen. [....] Zu einer verminderten Verdunstung tragen auch gedrungene säulen- oder kugelförmige Wuchsformen bei, die teilweise bis ganze Verlagerung des Pflanzenkörpers unter die Erde, eine Wachsschicht, korkige Rinde, die die Wärme isoliert, oder Blätter mit einer Schutzschicht von Haaren, Wolle oder Dornen. Solche Blätter beschaffen der Pflanze zudem Selbstbeschattung, was tagsüber in der sengenden Sonne der Halbwüste lebenswichtig sein kann.
(Quelle: http://klima-klasse4e.blogspot.co.at/20 ... wuste.html)

Selbstbeschattung positiv??
könnte stimmen, die Sonne kann sehr heftig und tagsüber pausenlos runterbrennen!!
Zwergstrauchhalbwüsten breiten sich dort aus, wo nicht mehr genug Feuchtigkeit für die Existenz von Sträuchern gegeben ist. Es dominieren Halb- oder Zwergsträucher. [....] Eine Beweidung der Sträucher auf 15cm Wuchshöhe ermöglicht es den Pflanzen erneut auszutreiben. Die Zwergsträucher dienen aus ökologischer Sicht dem Boden als Schutz, z.B. vor Erosion. [....]

Der Übergang von Halbwüste zu Wüste ist dort gegeben, wo die Dauervegetation nicht mehr dispers verteilt ist, sondern nur mehr inselartig (in weiten Abständen) auftritt. In den Randwüsten, mit einem jährlichen Niederschlag von <150mm, führt das Zusammenfließen von Wasser in Geländemulden und Abflußrinnen noch zu einer Art netzartigem Pflanzenbewuchs. Zwergsträucher, vereinzelt auch Strauchakazien sind vertreten. Zwischen diesen "Vegetationsinseln" tritt nackter Boden auf, der sich während der Regenzeit mit annuellen Gräsern und kurzlebigen Kräutern bedeckt. Aufgrund des geringen Nährwertes der Gräser sind die Gebiete zur Beweidung ungeeignet.
Quelle: klick

Das ist auch interessant und neu für mich! Diese Gräser sind zu nährstoffarm, sodass eine Beweidung nicht möglich ist....

im Endeffekt denke ich inzwischen, jede Landschaft ist irgendwie einzigartig .... :)

Strauchhalbwüsten dürften wohl diese "Wüsten" sein, die ich kenne. Die bleiben aber ohne große Beweidung so wie sie sind.

Manfred

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#116

Beitrag von Manfred » Fr 10. Mär 2017, 01:50

Dann habe ich mich wohl getäuscht, was dein Foto angeht.
Für mich sieht es so aus, als ob es zumindest feucht war.
Du kannst ja weiter beobachten, ob das Zeug sich ein paar Jahre hält, ober ob es doch irgendwann abgebaut wird.

Die im letzten Beitrag verlinkten Texte sind ein (un)schönes Beispiel dafür, dass solche Infos entgegen dem heutigen Wissensstand noch immer verbreitet werden.
Lies z.B. mal das Buch von Johann Zietsman. Man, Cattle and Veld. Auch Savory hat viel in genau solcher Umgebung gearbeitet.
Die Tiere ergänzen dort in der Trockenzeit das eiweißarme Trockengras mit dem Eiweiß aus dem Laub und der Rinde der Sträucher und kommen recht gut über die Runden, besonders wenn der Herdenzug funktioniert oder simuliert wird, weil dieser zu leichter verdaulichen Pflanzen mit höheren Eiweißgehalt führt.
In Kenya gibt es meines Wissens bisher leider nur einen Savory Hub im Süden (Mara Training Center), der aber sehr erfolgreich arbeitet.
Die Maasai erzielen erstaunliche Erfolge.
Ich hoffe, dass früher oder später auch oben in Richtung Somalia ein Hub entsteht. Conservation International ist dort bereits tätig und unterrichtet nach Savorys Prinzipien.
https://www.youtube.com/watch?v=op-odQOddUg
Andere Hilfsorganisationen setzen leider nach wie vor mehr auf einen Bewässerungs-Ackerbau mit Tiefbrunnen, was die Grundwasserspiegel noch weiter absenkt, statt das Land zu heilen und die Wasserkreisläufe wieder aufzubauen.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#117

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 10. Mär 2017, 11:33

Danke für das Video!
bestätigt, dass "indigene" Lebensformen am besten funktionieren :daumen: die sind wirklcih angepasst an die jeweilige Landschaft (und das ist überall anders, ist doch schön).
Das nächste Video handelt von Perú :hhe:
und dort sieht man wieder, wie wichtig die Erhaltung vorhandenen Waldes ist... klick

Ja, Gundwasserbrunnen sind mit viel Vorsicht zu benutzen! :daumen:

Nur ... ich verstehe noch immer nicht, wie Gras und Weidetiere Regen herbeizaubern können. Bäume können das.

Aber natürlich - Weidetiere sind 1000 mal besser als mit Grundwasser bewässerte (und mit Chemie gedüngt/geschützte?) Ackerkulturen, vor allem wenn das dort lange lange Tradition hat, wie bei den Massai....

Vielfalt statt Einfalt! :daumen:

p.s.: neulich gab es bei uns Rindfleisch - von Billa (REWE) gekauft :rot:
Mein Mann aß und sagte dazu: "Moa, das schmeckt aber besonders gut!"
Es war (am Ettiket ausgewiesenes) Weidefleisch, aber - stimmt das auch?
Wenn man nicht die Möglichkeit hat, direkt bei einem Weidebauern sein Fleisch zu kaufen, bringt das dann was?
frag ich mich auch immer, was da wirklich in der Milch ist, wenn drauf steht "aus der Tauernregion" (dort ist viel Alm, wo die Kühe recht frei herumlaufen können und ich will unbedingt solche Landschaften, Landwirtschaften fördern.)
kann deshalb aber nicht nach Salzburg MIlch holen fahren...
(sogar "unser" Rohmilchbauer im angrenzenden Bundesland ist zu weit weg...
hm
Afrika ist noch weiter weg :im:

schön, dass es so viele Menschen gibt, die sich Gedanken machen!

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Re: Ganzheitliches Management - Diskussion

#118

Beitrag von Rohana » Fr 10. Mär 2017, 21:41

Stell dir vor, auch die Leute die nicht Direktvermarktung machen (können), sind froh, wenn sie für Weidefleisch (oder Weidemilch) entsprechend mehr bezahlt bekommen - wenn es denn solche Linien überhaupt bei deren Abnehmern gibt.
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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