Manfred hat geschrieben:Sag ich ja: Keinerlei konkreter Katalog mit harten Kriterien. Nur allgemeines Blabla, das der Willkür der Behörden vor Ort Tür und Tor öffnet.
Da kann jeder Sachbearbeiter reininterpretieren, was er will, und der betroffene Grundeigentümer ist dann in der Beweispflicht, hat also faktisch keinerlei Chance sich zu wehren, eben wegen der Beliebigkeit der Auslegung.
Gäbe es einen klaren Punktekatalog, sähe die Sache komplett anders aus.
Es gibt ihn aber nicht. Auch nicht in Deutschland.
Was bezweckst du eigentlich mit der Behauptung, Naturschutz beruhe auf allgemeinem Blabla? Kann nicht sein, was nicht sein darf? Das wäre Religion vom feinsten ...
Biotopkartierung ist schuld an der "Enteignung"? Klar doch, so wie die Polizei dran schuld ist, dass es so viele Diebe und Parksünder gibt.
Was solls, ich versuchs noch mal:
Es gibt verbindliche Listen gefährdeter Arten, siehe den von mir zitierten Artikel 14 Abs.3. Diese sind regional, wie auch aus dem Wortlaut des Gesetzes hervorgeht. Das hat unter anderem den einfach nachvollziehbaren Grund, dass man den Tessin aus fachlichen Gründen nicht gleich behandeln kann wie Schaffhausen, dass man Genf von Graubünden unterscheiden möchte und dass man nicht jedesmal das Gesetz ändern muss, wenn diese Listen aktualisiert werden.
Es wird damit das verhindert, was du z.B. der EU vorwirfst, wenn dort die Lebensmittelgesetze nicht auf regionale Besonderheiten Rücksicht nehmen.
Der sachbearbeitende Biologe kann das Vorhandensein von Arten feststellen, hat aber keinen Einfluss auf die Bedeutung dieser Arten bezüglich Naturschutz. Der Sachbearbeiter hat aufgrund der Artenlisten und Kartierungen Flächen zu bewerten und wird die dazu bestehenden gesetzlichen Auflagen, die nicht er und die er nicht willkürlich festlegt, in einer amtlichen Verfügung Dir zustellen lassen. In der Verfügung steht die Begründung und die Rechtsmittelbelehrung, damit du dagegen Beschwerde erheben kannst. Das ist im Prinzip der gleiche Vorgang wie wenn du eine Baubewilligung einholst.
Ich kenne Eure Landessitten nicht. Es kann natürlich sein, dass du mal mit dem Bürgermeister eine Runde Skat schieben musst und da besprecht ihr, dass diese blöden Orchideen oder Frösche nicht aufgeschrieben werden, damit die vom Naturschutz eine Ruhe geben. Der Hobby-Naturschützer, der trotzdem deine Flächen betritt (was er darf, Gesetz dazu habe ich zitiert) und auch sieht, was es hat, ist dann ein Störefried, der dich sekkiert.
Ich glaube nicht, dass das bei Euch so ist, aber wenn dem so sein sollte, dann wäre es eine Frage des Anstandes, das zu beweisen und nicht einfach nur zu behaupten.
Das Problem an der Sache ist, dass viele Grundeigentümer etwas als Eingriff in ihr Eigentumsrecht auffassen, was es gesetzlich nicht ist. Weil die Bauern nicht nur Nahrungsmittelproduzenten sind, sondern auch Wohlfahrts- und Schutzfunktionen zu erfüllen haben, deren Wahrnehmung Staatsaufgabe ist, dürfen sie auf ihrem Grund nicht alles und bekommen dafür Geld. In Deutschland sind das immerhin einige Milliarden Euro pro Jahr, die in die Landwirtschaft fliessen. Das soll nicht unterwürfige Dankbarkeit auslösen, aber bevor man unqualifiziert über den Staat schimpft, sollte man Bescheid wissen.
Du bist in guter Gesellschaft, wenn du in die Hand beisst, die dir etwas gibt. Der Kanton Wallis z.B. erhält netto über den Finanzausgleich jährlich geschätzte 500 Millionen von Bern, für etwas mehr als 300'000 Einwohner. Das hindert die Politiker hier aber nicht daran, über die Ausserschweizer zu schimpfen, die sich immer in die inneren Angelegenheiten der Bergkantone einmischen.
Gleich verhalten sich hier manche Landwirte, die Geld für die Bewirtschaftung einer Alp erhalten. Eine der Auflagen ist, dass man da oben nicht zufüttern darf, wegen Nährstoffeintrag über das Futter. Eine weitere ist, dass Quellgebiete nicht beweidet werden dürfen und ausgezäunt werden müssen, falls nicht auf andere Weise dafür gesorgt wird, dass da kein Viehgang ist. Was tun die Leut? Kassieren das Geld, "das ihnen zusteht", und schimpfen über die Bürokraten, die nichts von Landwirtschaft verstehen und daran schuld sind, dass das Vieh da oben nicht mehr Milch gibt, die auch mit Zufütterung selbstverständlich als Bergmilch verkauft würde.
Übrigens zanken wir uns hier nicht über die Frage der Bedeutung von bewirtschafteten Flächen für den Artenschutz - das steht ja ganz oben in der Naturschutzverordnung - sondern darum, ob gänzlich unbewirtschaftete Flächen einen Schaden darstellen und rein religiös motivert seien, wie du das behauptet hast.
Ich hab einfach das Gefühl, dass du den falschen Mond anbellst. Warum, weisst Du hoffentlich selber.
Was die iranischen Buchenurwälder angeht, die du ganz am Anfang erwähnt hast, so sind die zweifellos interessant. Die Rotbuche hat aber ihren geographischen Verbreitungsschwerpunkt in Mitteleuropa, also rund 10 Breitengrade nördlicher und fast 3000 km westlicher als wo die von Dir erwähnten Wälder sind. Ökologisch verhält sie sich z.B. in Schweden ganz anders als in Sizilien. Auch das ist typisch: Am Nordrand der Verbreitung wärmeliebender Standortsspezialist, im Zentrum überall und sehr konkurrenzstark, ganz im Süden noch in Schluchtwäldern. Das Verhalten auf Reliktstandorten weit im Südosten kann deshalb nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragen werden.
Buchenwaldgesellschaften sind auf besten Standorten (falls sie nicht früher gerodet wurden, weil das gewöhnlich das beste Ackerland ist) artenarm, weil die Buche alles platt macht. Dort wäre Bewirtschaftung mit dem Zweck der Artenvielfalt nicht Naturschutz, sondern etwas anderes. Auch das kann und darf man wollen. An Grenzstandorten sind Buchenbestände artenreich. Grenzstandorte sind gewöhnlich solche, die steil und flachgründig sind. Dort ist die Bewirtschaftung wenig ertragreich. Ob nun Artenreichtum in solchen Wäldern ein ungewollter positiver Nebeneffekt der Bewirtschaftung ist oder ein gewollter, oder gar keiner, sei dahingestellt.
Wenn du hingegen das Liegenlassen von Ästen, von Rinde usw. im Wald als gewollte Massnahme der Forstwirtschaft zur Förderung des Humusreichtums darstellst, habe ich so meine Zweifel. Viel wahrscheinlicher scheint mir, dass man liegen lässt, was mitzunehmen sich nicht lohnt. Für den Wald ein Segen, aber das als gewollte positive Leistung darzustellen, die nur deshalb gemacht wird, trifft den Kern der Sache nicht.
Die Forststatistik hat übrigens genaue Kriterien, wie und was zur Bestimmung des Vorrats und der geschlagenen Holzmenge gemessen wird. Ernteabfälle zählen nicht dazu.
Man kriegt sie auf Wunsch von den Forstämtern, das ist kein Geheimnis.