Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

Benutzer 2354 gelöscht

Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#11

Beitrag von Benutzer 2354 gelöscht » Fr 28. Feb 2014, 08:57

Banken sind systemrelevant :sauenr_1

Manfred

Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#12

Beitrag von Manfred » Fr 28. Feb 2014, 09:54

Fragt sich nur: Welche Banken? Und für welches System? ;)

Die Landwirtschaftspolitik in der EU muss so viele Interessen bedienen, da kann nur Mist bei rauskommen.
Exporterstattungen gibt es übrigens keine mehr.
Die Hähnchenreste gehen trotzdem weiter in den Export. Weil sie nachgefragt werden und billiger sind als anderen Fleisch in den Zielländern.
Aber Soja ist Südamerika ist hier in Europa auch billiger als heimisches Eiweißfutter.
Und Bioprodukte aus Osteuropa und China sind wegen der dort viel geringeren Lohnkosten und der geringeren Flächenkosten auch viel billiger als heimische.
Dass die auf unsere Märkte liefern dürfen, ist politisch gewollt.
Nur können heimische Produzenten dagegen halt nicht anstinken.

Als Landwirt muss man mit diesen Rahmenbedingungen irgendwie zurechtkommen oder man wird gegangen.
Die meisten werden gegangen.
Brandenburg dürfte das Bundesland sein, dass seine Agrarpolitik am stärksten auf Großbetriebe und mögl. geringe Subventionen ausrichtet. Zum einen weil der dortige Bauernverband von Großbetrieben dominiert wird, zum anderen weil es hinten und vorne an Geld fehlt.
Wer da irgendetwas romantisches Macht, wie Schäferei oder Bioanbau für die Direktvermarktung, der geht halt drauf.
Kann man Schade finden, oder man kann sagen: Das ist halt der Lauf der Dinge.

Brandenburg ist durch seine Situation anderen Bundesländern aber nur einige Jahre voraus. Angesichts wachsender Schuldenberge ist völlig klar, wo die Entwicklung hin geht. Es gibt seit Jahren keinen Inflationsausgleich mehr bei den Ausgleichszahlungen, die Mittel werden mehr und mehr in landwirtschaftsferne Bereiche (Tourismusförderung, Dorfsanierung, Navigationssateliten etc., Subventionen für Naturschutzverbände) etc. gesteckt,
und dann auch noch das Fördervolumen regelmäßig gekürzt.
Bei der Landwirtschaft kommt immer weniger an. Und das wird auch in Zukunft so bleiben. Evtl. können durch Umverteilung der Mittel einige Bereiche des Vertragsnaturschutzes und der Extensivlandwirtschaft noch länger aufrecht erhalten werden als andere, aber die Zeichen stehen klar auf Pleite der öffentlichen Kassen und auf Globalisierung.
Wer diesen Marktvoraussetzungen nicht gewachsen ist, der wird früher oder später weichen.
Ich werde weiter Mutterkühe und extensives Grünland erhalten, solange das durch Ausgleichszahlungen noch wirtschaftlich möglich ist. Aber eine echte Zukunftsperspektive für folgende Generationen sehe ich darin, zumindest in unserer Region, nicht mehr.
Deshalb befasse ich mich zur Zeit intensiv damit, wie kleine Landwirtschaftsbetriebe anderswo auf der Erde mit dieser Herausforderung umgehen.
Die allermeisten gehen drauf und machen Platz für Großbetriebe mit geringeren Stückkosten. Aber es gibt einige Nischenbrüter, die es schaffen zu überleben.
Und es ist ziemlich traurig sehen zu müssen, wie de Wandel hin zu industriellen Landwirtschaft überall auf der Erde die sozialen Strukturen und die wirtschaftlichen Strukturen auf dem Land zerstört und die Menschen in die Städte treibt. Und es ist traurig, die damit verbundene Umwelt- und Ressourcenzerstörung zu sehen. Wobei man aber klar sagen muss: Auch die Großlandwirtschaft lernt dazu und der Umgang mit den bewirtschafteten Böden wird tendenziell besser. Trotzdem geht für diese Betriebe kein Weg an großflächigen Rein- und Monokulturen vorbei, weil sie nur so ihre Rationalisierungsvorteile ausspielen können. Die Biodiversität und damit Vielfalt, Stabilität und Versorgungssicherheit einer klein strukturierten Landwirtschaft kann sie nicht bieten. Und schon gar nicht den sozialen und wirtschaftlichen Rahmen. Wo sich Großlandwirtschaft breit macht, da muss die Landbevölkerung weichen, mangels wirtschaftlicher Perspektive.

Benutzer 1612 gelöscht

Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#13

Beitrag von Benutzer 1612 gelöscht » Fr 28. Mär 2014, 18:04

Trotz der desaströsen Situation der Schäfer in Brandenburg beleuchtet dieser Artikel Facetten dieses Berufes auf eine sehr sympathische Weise:
http://www.berliner-zeitung.de/brandenb ... 76264.html

Manfred

Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#14

Beitrag von Manfred » Di 15. Apr 2014, 11:53

Kurzer Bericht über die Situation in Baden-Württemberg. Dort gibt es noch ca. 200 Schäfer im Vollerwerb, mit schnell abnehmender Tendenz.

https://www.youtube.com/watch?v=o7u4ZjqMiy8

Wildkirsche13
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Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#15

Beitrag von Wildkirsche13 » Di 13. Mai 2014, 00:42

Die Frage bei der Schäferei ist doch eher "Wer zahlt für öffentliche Güter?" (wie Landschaftspflege, Erhalt von Landkultur und Handwerk) und nicht "Woher kommt das billge Fleisch?". Wie es ja auch in der MOZ steht: Schäfer haben eben kaum eigene Flächen, das liegt in der Natur der Schäferei. Außerdem wird in D kaum Schaffleisch verkauft.
Schäferei, speziell Wanderschäferei, ist für mich ein Zweig der Landwirtschaft, der ganz stark, vielleicht am stärksten, die Veränderungen der letzten 200 Jahre in der Gegenwart deutlich macht: wie die Einhegung, die Privatisierung von allem, letzendlich die immer striktere Trennung von "Natur" und "Kultur" bewirkt, die in der parallelen Entwicklung von Intensivlandwirtschaft und Totalschutzgebieten sich in der Landschaft zeigt.

Eine meiner schönsten Kindheitserinnerungen sind die Schafherden, die uns alljährlich wie ein Gruß aus einer anderen Welt mitten in Köln, auf den Überschwemmungsflächen am Rhein, faszinierten.
Ich habe allergrößten Respekt vor der mühevollen Arbeit der Schäfer, die sicher nur mit großer Hingabe auszuüben ist und wünsche mir sehr, dass sie auch jenseits abgelgener Berglandschaften erhalten bleibt. Ich stelle mir vor allem die Frage: kann man etwas tun? Sich an Verantwortliche in der Agrarpolitik wenden, um die Schäferei zu unterstützen? Mit welchen Forderungen konkret? Die FH oder Institute animieren, Forschungsprojekte zum Thema zu machen wenigstens?

Liebe Grüße und Määh,
Sarah

Manfred

Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#16

Beitrag von Manfred » Di 13. Mai 2014, 07:56

Über die Verteilung der landwirtschaftlichen Fördermittel wird auf EU-Ebene, auf Bundesebene und auf Landesebene entschieden.
Wobei die EU und die Länder den größten Einfluss haben.
Wenn du aktiv etwas tun willst, kannst du die jeweiligen Abgeordneten aus deinen Wahlkreisen ansprechen oder anschreiben.
Und allgemein kann man sagen: Je mehr Leute wissen, wie es finanziell um die Schäferei bestellt ist, desto besser.
In der Union und der FDP gibt es allerdings sehr starke Kräfte, die das Ziel alleine in einer international konkurrenzfähigen, großtechnischen Landwirtschaft sehen. Da ist kein Platz mehr für Schäfer und andere heimelige Betriebsformen. Unheiliger Weise fahren auch SPD und AfD diese Schiene. Und der Linken sind eh die Großbetriebe am nächsten. Die Luft wird sehr eng für die bäuerliche Landwirtschaft. Außer NGOs und der CSU gibt es kaum noch nennenswerte Unterstützer. Und die NGOs meinen es meist gut, fordern aber gleichzeitig einen Bürokratiewahn, der wieder nur noch durch große Flächen aufzufangen ist. Gleichzeitig werden die verfügbaren Mittel inflationsbereinigt immer weniger und die Verteilungskämpfe werden immer intensiver. Die wuchernde Zertifizerungsindustrie z.B. greift inzwischen Milliarden aus dem Agrarhaushalt ab, die dann natürlich am unteren Ende, bei den Betrieben, fehlen.
Evolution halt. Wo es einen dicken Brocken Futter zu verteilen gibt, wollen viele Mitmischen. Und am einfachsten geht das als Parasit.

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Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#17

Beitrag von Reisende » Di 13. Mai 2014, 08:49

tja, oder der brandenburger wandert nach spanien aus.... da hat der beruf durch die krise wieder perspektive bekommen.

http://www.zdf.de/auslandsjournal/die-t ... 39670.html
Vom Akademiker zum Hirtenjungen – als Nachwuchsschäfer im außendienst

Die Wirtschaftskrise hat in Spanien deutliche Spuren hinterlassen. Vor allem für Berufseinsteiger ist es oft fast unmöglich, eine Stelle zu finden. Jeder vierte Spanier ist mittlerweile arbeitslos. Eine Besserung der Lage ist nicht in Sicht. Ein neues EU-Projekt soll jetzt in Andalusien für eine Veränderung sorgen: Arbeitslose Akademiker werden zu Schäfern ausgebildet. In nur 16 Wochen lernen sie den Traditionsberuf.
Knapp 20 Millionen Schafe werden in Südspanien gehalten. Von den 100.000 Schäfern steuern die meisten direkt auf die Rente zu; Nachwuchsschäfer gibt es nur wenige. Über motivierte Absolventen freut man sich deshalb sehr. ZDF-Reporter Andreas Stamm hat im außendienst die Schäferschule besucht.
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#18

Beitrag von zaches » Di 13. Mai 2014, 10:05

oder so in heimischen Landen....: http://www.wetterauer-hutungen.de/
"Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben." Paul von Heyse

www.hilshof.de

Manfred

Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#19

Beitrag von Manfred » Di 13. Mai 2014, 10:34

zaches hat geschrieben:oder so in heimischen Landen....: http://www.wetterauer-hutungen.de/
Das ist halt Hessen. Die haben, wie Bayern, noch Geld für die kofinanzierten Agarumweltmaßnahmen.
Brandenburg hat die weitgehend zusammengestrichen. Dort zählt (nicht nur wegen Geldmangel) nur noch die schneller-höher-weiter-Landwirtschaft.
Aber selbst in Bayern und Hessen reichen die Mittel nicht aus, um den Schäfern und anderen extensiven Betrieben eine auch nur halbwegs angemessene Stundenentlohnung zu sichern. Das sind großteils selbständige Ein-Euro-Jobber. Und beim nächsten Generationenwechsel ist der Betrieb dann weg.
Ohne auskömmliches Einkommen haben diese Betriebsformen keine langfristige Perspektive. Nur von Idealismus kann keiner leben und auch keine Nachfolger motivieren.

Rati
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Re: Berufsschäferei in Brandenburg vor dem Aus

#20

Beitrag von Rati » Di 13. Mai 2014, 11:07

Manfred hat geschrieben:...Evolution halt. Wo es einen dicken Brocken Futter zu verteilen gibt, wollen viele Mitmischen. Und am einfachsten geht das als Parasit...
da hast du leider Recht. Dafür muß mensch mMn nicht einmal Parasit sein, sondern nur der üblichen Denkstruktur des vergleichens mit dem Anderen (Der hat viel, ich will genau soviel und am besten noch viel mehr)anhängen.
Und bis da der nächste Evolutionsschritt vom - "Ich je mehr je besser" - zum -"wir für jeden genug"- vollzogen ist wird leider noch viel gutes verloren gehen.
Schade.
Subventionen...
Subventionen sind mMn einzweischneidiges Schwert.
Sie helfen den Betroffenen die gegenwertige Situation zu bestehen, bremsen aber den Fortschritt zur nachhaltigen Verbesserung der Situation.

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

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