Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

Was halt nirgendwo passt
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Olaf
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Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#1

Beitrag von Olaf » Mo 26. Dez 2011, 16:00

war als solches gar nicht gedacht.
Meine Mutter war bis vorhin hier, und da ich der einzige sei, der sich etwas für die Familie interessiert:
Ca. 50 sehr offene Briefe meiner Uroma an eine ihrer Töchter. Von einer Cousine meiner Mutter wiederum unter Mithilfe von deren Mutter in die heute übliche Schrift "übersetzt", eins zu eins, also auch inclusive Rechtschreibfehler.
Gott, ist das spannend. (Zum Verständnis: Uroma und eher wohl Uropa haben dieses Land hier gekauft, nachdem Uropa und Opa lange genug in Sumatra Erdöl gebohrt haben. Scheinbar einen Selbstversorgertraum gehabt.)
Es sind Briefe aus den 50er und 60er Jahren. Schwarzschlachtungen, Schmuggeln von Lebensmittel nach Westberlin, Zank, Abtreibungen, schwere Arbeit. (Auf den 10 Morgen haben hier phasenweise 16 Leute gelebt, die volle Packung.)
Und Uroma zerreist sich das Maul über unsere ehemalige Nachbarin, ich mochte die auch nicht, der einzige Mesch, dem ich bisher das "Du" verweigert habe.
Uroma: "Ansonsten geht es uns gut, da könnte man sogar 3 Frau K... (Nachbarin) ertragen."
Und so viel Witz, selbst meine Mutter hat Tränen gelacht.
ICh hab gesagt, "ich glaub, mit Uroma hätt ich mich blendend verstanden". Meine Mutter 10 Minuten später: "Ja, das hättet ihr, ihr seid euch sehr ähnlich."
Ich hab leider nur sehr blasse Erinnerungen.
Aber sogar ich komm in den Briefen vor:
"Dem kleinen Olaf, er ist jetzt fast 3 Jahre alt, wollt ich gestern abend noch ein Stück Schokolade geben. Ich hab sie aber nicht gefunden.
Er ist viel anhänglicher als E...(mein Bruder).
Kaum war ich aufgestanden, kam er auf mich zu: "Uroma, hast Du jetzt die Schokolade gefunden?""
Irgendwie etwas peinlich, war ich schon immer ein korruptes, verfressenes Schwein?
Man muß der Wahrheit ins Gesicht sehen.
Ach, einen noch:
"Evchen (meine Mutter) ist sehr intelligent, aber sie muß sich wohl dem Kommunismus verschreiben, um es zu etwas zu bringen..."
---
Frohe Restweihnacht
Olaf
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Wenn ich Freunde hätte, könnten die das bestätigen.

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Re: Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#2

Beitrag von zaches » Mo 26. Dez 2011, 16:14

Oh!

Ein wunderschönes Geschenk!

Meine Mutter (geb 1932) hat leider alle Briefe, Die mein Vater ihr in den 60igern aus Indien geschrieben hat, nach seinem Tod verbrannt - und alle von ihrem Vater an ihre mutter in Salzburg verloren, als sie als 12 Jährige im Güterwagon mit alter Großmutter Ende des Krieges zurück nach Dtschld abtranportiert wurde. Ihr mUtter war da schon Tod und ihr Vater in russisch-sibirischer Gefangenschaft, aus der todkrank erst viele Jahre später endlassen wurde.

Aber ich habe noch einen Brief meines Vater von 1927 an seine Großeltern in Sütterlin - und einen mit einem selbstgezeichneten Bild von Elli Beinhorn fliegend über Dortmund Ende der Zwanziger Jahre.
Meine Eltern haben Ellli Beinhorn dann nochmal Ende der 60iger/Anfang der 70iger (?) Jahre in damals Rhodesien getroffen und mit ihr Weihnachten verbracht. Auch dazu gibt es n och einen Brief.

lg, zaches
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Re: Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#3

Beitrag von Olaf » Mo 26. Dez 2011, 16:27

Ich hab noch 2 Briefe von meinem Vater.
Ich hab sie, ich les sie nie, weil ich dann furchtbar heulen muss.
(Mein Vater ist gestorben, als ich 20 war. Wegen dem Scheiß-Osten. Im Westen war das schon machbar, Herzklappen zu wechseln...)
Irgendwie geht mir sowas immer an die Nieren. Briefe sind persönlicher als jedes Gespräch.
Olaf
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Re: Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#4

Beitrag von zaches » Mo 26. Dez 2011, 17:50

hm, ja - ich habe noch eine Karte mit der persönlichen Marsch(!!)route nach Stalingrad.... was soll man denn dazu sagen? Da kannste auch nur heulen.

(Im radio kam die Tage eine Sendung mit Weihnachsträsel - da rief ein 76jähriger an, der beschrieb, wie er Weihnachten als Kind mit 5 anderen aus einem zerbombten Keller in Köln herauskrabbelte - die anderen 55 waren tot. Nun ja - er meinte, damals hätte es keine Psychologen gegeben und ihn hätte seit diesem Erlebnis auch nix mehr umhaun können. Die Moderatorin war sprachlos. Das war quasi mal ein anderes Weihnachtsrätsel....)

Aber ist doch toll, daß Du auch viel lachen konntest in den Briefen Deiner Uroma!
Ich muss dochmal zu den alten Damen des Dorfes gehen und noch ein wenig im Archiv hier stöbern...

lg, zaches
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Re: Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#5

Beitrag von Olaf » Mo 26. Dez 2011, 18:20

ch habe noch eine Karte mit der persönlichen Marsch(!!)route nach Stalingrad.... was soll man denn dazu sagen? Da kannste auch nur heulen.
Da irgendwo muß mein anderer Opa liegen. Woraufhin die Frau an TBC gestorben ist und mein Vater mit zwölf von Danzig nach Leipzig gelaufen ist.
Immerhin hab ich noch die Reisedokumente vom mütterlichen Opa von hapag lloyd, das mus so 1930 gewesen sein, die Seemannskiste und ne Beurteilung des Arbeitgebers, natürlich auf holländisch, aber gutwillig schon lesbar.
(Sumatra war damals holländische Kolonie...)
Ich find sowas total spannend.
Olaf
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Re: Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#6

Beitrag von kleine hexe » Mo 26. Dez 2011, 21:08

hallo Olaf ,das kann ich gut verstehen das dieses Geschenk dich besonders freut ,ich bin auch gerade von meinen Eltern zurück und hab ein Stück Familien- Geschichte mitgebracht.Anfangs waren meine Eltern skeptisch was ich da denn wollen würde, aber nun macht es ihnen glaub ich selber Spaß.
ist auf jeden Fall eine spannende Geschichte und ich versuche so viel wie möglich zu bewahren das ist mir irgendwie sehr wichtig .
Warum weiß ich eigentlich nicht aber ich finde es halt schade wenn man so gar nichts weiß da fühlt man sich doch irgendwie allein und verloren ,keine Ahnung mir gefällt es auf jeden Fall sehr .

caro

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Re: Mein schönstes Weihnachtsgeschenk

#7

Beitrag von Olaf » Mo 26. Dez 2011, 23:54

ich les mich absolut fest:
Uropa:
" Kartoffeln haben wir gut geerntet wie noch niemals aber trotzdem haben wir das Land wieder abgegeben. Nur noch das Obstland und etwas Unterkulturen, damit wir Futter für die Kuh und Schweine haben. EIn wenig Edelmais und Nelken im Frühjahr und damit Schluß.
Nun ein recht fröhliches Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr wenn wir dann geschlachtet haben werdet Ihr auch einmal echte Braunschweiger Leberwurst bekommen.
Hoffentlich klappt nun alles das mir die Gans nicht abgenommen wird.
Herzliche Grüße Euer Vater"
@Johanna:
Vergiss Herbstmilch und die Frau Lindgren. Die Helden werden hier geboren!
Oma mit dem Katapult :daumen:
Und schon Uropa konnte keine Kommas setzen.....
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