Lieber Albert,
"naiv" ist in diesem Fall ein Audruck dafür, dass Du unbequeme, aber einfach zu beantwortende Fragen stellst, weil Du vermutlich nicht zu denen gehörst, die vom System wirklich profitieren.
Es läuft hier so, dass die Reichen ein paar Brosamen abgeben, um den Kuchen selber in Ruhe essen zu können, und dass sie es - und das ist mir unbegreiflich - immer wieder glaubhaft machen können, es sei im Interesse der Armen, dass die Reichen den Kuchen kriegen - wo kämen sonst die Brosamen her?
Um leicht zu leistungslosem Einkommen zu kommen - was meiner Meinung nach dem Ideal der Grundverfassung auf Chancengleichheit direkt widerspricht - braucht es:
Eigentumsgarantie (auch dort, wo das Eigentum direkt dem Interesse der Allgemeinheit widerspricht)
Eine gewisse Arbeitslosigkeit, um billige und flexible Arbeitskräfte verfügbar zu haben. Dazu gehört die Ideologie, dass Armut selbstverschuldet, Reichtum aber Verdienst sei.
Hohe Staatsschulden, damit es Zinsen abzuholen gibt.
Ein Steuersystem, das leistungsloses Einkommen privilegiert.
Eine Haftung der Allgemeinheit für den Fall, dass es nicht wie vorgesehen klappt.
Zinsen sind wohl das dümmste, was ein Staat mit Steuergeldern machen kann. Noch dümmer ist es, für Risiken zu haften, die andere ohne zu fragen eingehen.
Hier hilft nur Zwang - je länger das hinausgezögert wird, desto grösser der Schaden für die Allgemeinheit. Es dürfen nicht länger zwei Ideologien gleichzeitig gepflegt werden - eine private: "Risiko muss belohnt werden, und Eigeninitiative muss sich lohnen" und eine öffentliche: "Die Krise hat ... Wir sitzen alle im gleichen Boot, und jetzt müssen wir alle ... " Dieses Politiker-Wir heisst jedesmal "Zur Kasse, bitte!"
Die Tatsache, dass die Banken sich schwertun mit der Forderung, wenigstens einen Teil der von ihnen mitverursachten Kosten zu tragen, spricht für sich.
guenther hat geschrieben: Banken haben meinem Verständnis nach die Aufgabe, Geld zu vermitteln von Leuten die es im Moment nicht brauchen hin zu Leuten die es gerade brauchen.
Ziemlich falsch. Formulier es mal so: "Banken gibt es, weil man Geld damit verdienen kann, Leuten, die Geld haben, das sie nicht brauchen, zu noch mehr Geld zu verhelfen". Was Du meinst, ist ein Nebeneffekt.
guenther hat geschrieben:Dass bei einem Wirtschaftswachstum von vielleicht 1,5% Großbanken mit Gewinnspannen von 25% werben ist ist für mich ein Zeichen, dass ...
... dass es immer noch genug dumme Leute gibt. Wieso soll eine Bank den Kunden 25% Rendite versprechen und sich mit ein paar Prozentchen Kommission zufrieden geben? Weil die Provision auch dann geschuldet ist, wenn das Geschäft nicht klappt, d.h. man lässt den Kunden mit seinem Eigenkapital haften. Die Geschäfte mit hoher Rendite und Null Risiko machen die Banken gerne selber, siehe z.B. die Übernahmen der Ost-Firmen nach der Wende.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.