Wölfe

viktualia

Re: Wölfe

#1171

Beitrag von viktualia » So 28. Okt 2018, 09:55

OT geschwurbel, aber das hat mich jetzt wirklich fasziniert:
Effiziens bedeutet, vom Wortstamm her, erst mal nur "Wirksamkeit" - hervorbringen, bewirken.
https://www.wissen.de/wortherkunft/effizienz
Insofern trifft das hier voll zu:
Man kann derartiges recht zwanglos historisch - im Falle der Biologie durch die Abstammung - erklären. Die Familie der Buchengewächse etwa, zu denen auch Eichen und Esskastanie gehören, haben nun mal alle solche Becher, weil sie Mitglieder dieser Pflanzengruppe sind,
Eine Buche zu sein, bewirkt, Bucheckern hervorzubringen, was (in meiner Welt) natürlich durchaus effizient ist:
sich selber zu sein....
Bei höheren Tieren vermute ich, dass diese ein Selbstbewusstsein haben und diese Strukturen deshalb wichtig sind für ihr Wohlbefinden.
Das hast du wunderschön gesagt!
Mich dünkt, Bäume machen ne Art "Tai-Chi", indem sie sich ständig zu sich selbst bewegen.
Beneidenswert....

Aufs Thema bezogen bedeutet dies (für mich), dass Wölfe um Längen effizienter mit sich und der Welt umgehen als wir "Zivilisten":
sie sind sie selber, wenn wir sie nicht aufhalten, dann machen sie erst mal einfach nur ihr Ding.
Und wir sind zu blöd, ihnen ne Ansage über "unsere" Bedürfnisse zu machen....

Wobei natürlich "Unsere" (Bedürfnisse) in dem Kontext ganz schön diffus ist, aber da kann der Wolf ja nix für.
(Man könnte natürlich auch das "entweder Tod/oder Zucht" loslassen, den "Dialog" bewusst gestalten, (das Maul aufmachen....),
ein paar Warnschüsse oder sonstige "Informationen" einfliessen lassen und den Wolf, ganz wölfisch, ein bequemeres Revier für sich und die Seinen suchen lassen....
Ob das nu gegen unsere Natur, gegen unsere "Informationspolitik" oder einfach für unsere "uneffektiven Deformationen" spricht, möge sich jeder selber überlegen.)

Oh, Rohana, stimmt, es geht auch ohne Hörner, bei Kühen. Aber das nutzt dann halt nix gegen Feinde und ob es was nutzt, das dann als Beispiel zu nehmen? Schwurbeltechnisch ginge es dann in Richtung "Abhängigkeit" aus der man, in der Natur zumindest, herauswachsen kann. Als Mensch, nicht als Rindvieh.

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Re: Wölfe

#1172

Beitrag von Rohana » So 28. Okt 2018, 10:10

Auch ohne Hörner kann eine Kuh was ausrichten, das glaub mal ;) irgendwas wird sich die Natur schon dabei gedacht haben die Hornlosigkeit auch noch genetisch dominant zu machen - und das nicht erst seit gestern.
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Wölfe

#1173

Beitrag von emil17 » So 28. Okt 2018, 10:43

So einfach ist es leider aus mehreren Gründen nicht:
Bei Interaktionen zwischen verschiedenen Arten und Konkurrenz um die gleiche Ressource funktioniert das Sich-selber-sein nicht so reibungslos. Der Schafhalter, das Schaf selber und der Wolf haben drei ziemlich unterschiedliche Sichtweisen auf den Sachverhalt, die aus ihrer Sicht jeweils die einzig Richtigen sind.
Die Kuh und der Bauer fragen ja das Gras auch nicht, ob es gemäht oder gefressen werden will.
Von den Menschen kann man aber erwarten, dass sie die Sache nicht nur aus der Sicht betrachten, was ihnen jetzt am meisten nützt. Denn nur der Mensch kann seine Umwelt aktiv und zielgerichtet und gewollt umgestalten. Das geht grundsätzlich über das hinaus, was Tiere tun, wenn sie Nester bauen oder Höhlen graben.

Hat der Wolf jetzt das Anrecht darauf, dass ihm in unserer Kulturlandschaft ausreichend Beute zur Verfügung gestellt wird, damit er sich selber sein kann? Falls ja (was für mich keineswegs entschieden ist) - kann dann eine Mehrheit (die naturverbundenen Tiefländer) einer Minderheit (den Schafhaltern im Gebirge) auferlegen, das bereitzustellen?
Mir scheint, das sei insgeheim die gleiche Anspruchshaltung, wie sie viele Leute der Gesellschaft allgemein entgegenbringen: Ich brauche, also müsst ihr.

Bei hornlosen Kühen sehe ich es ähnlich wie bei Faltenhunden, Kropftauben, Ziergoldfischen und ähnlichen Absurditäten der Tierzucht. Bevor man an irgendetwas Lebendigem herumkorrigiert, sollte man sich schon sehr genau damit beschäftigt haben. Die Stammformen sind zwar "uneffizient" für unsere Zwecke, aber sehr wohl angepasst an die Welt, in der sie leben und sich behaupten, wobei Effizienz im Sinne von Sich-rasch-vermehren oft gerade nicht vorhanden ist.
Bei Wirbeltieren haben alle Strukturen und Eigenheiten des Körpers auch eine Bedeutung für ihr Verhalten, die zum grossen Teil auch genetisch festgelegt ist. Eine hornlose Kuh ist nicht bloss eine Kuh ohne Hörner, es ist ein Krüppel. Das wird womöglich erträglicher, wenn alle Tiere der Herde hornlos sind, dennoch ist es eine grundlegende Eigenschaft der Paarhufer (Steinböcke, Hirsche, Antilopen, Büffel usw.), ein Gehörn oder Geweih zu haben, das nicht nur für die Verteidigung, sondern auch für das Sozialverhalten eine grosse Bedeutung hat.

Wenn eine Kuh natürlich aus unserer Sicht nur ein Verfahren ist, um aus Gras Milch zu machen, dann kann man problemlos die Hörner abschneiden oder wegzüchten, so wie man eine Hecke schneidet oder gleich zwergwüchsige Formen pflanzt.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

viktualia

Re: Wölfe

#1174

Beitrag von viktualia » So 28. Okt 2018, 10:49

Dass die was ausrichten können glaub ich dir, Stumme können ja auch kommunizieren, im Gegensatz zu (menschlichen) Angsthasen.
Ne Herde hornloser Kühe muss nicht nur anders reagieren, sie kann es dann halt auch.
(Nehm ich mal an, da ich grad ergoogelt habe, dass die horntragende Kuh von der hornlosen abzustammen scheint:
http://hornlos.de/?l1=Hornlosigkeit)
Es ging aber ja darum, welches Verhalten "effizient" zu nennen sei.
Und das Maul halten, obwohl man sich in seinem Sein bedroht fühlt, ist halt, na ja, uneffizient.

Und nicht erkennen, dass "Maul halten" - in der Natur - , ne Mitteilung ist, halte ich für ausgesprochen uneffizient.
Entweder kennzeichne ich mein Revier, oder ich bin Abhängig davon, das es wer anders macht - oder es geht flöten.
Entweder definiere ich meine Grenzen oder ich bin eins der "blökenden Lämmer".
Kämpfen und "siegen oder untergehen" kommt erst nen Schritt später.

Und es steht ausser Zweifel, das "wir" gegen den Wolf gewinnen würden. Haben wir ja schon mal.

Ich wollte jetzt aber auf gar keinen Fall über die Gewissensnöte naturentfremdeter Grüner schwurbeln,
denn dann müsste ich diesen "Schutz" (das Schiessverbot) in irgendwie katholische Termini kleiden: Schuld und Sühne, Busse und Ablasshandel. ("Wir haben uns an der Natur "versündigt" (weil wir gewonnen haben...) und müssen jetzt verzichten, um es wieder "gut" zu machen" - was für ein Schwachsinn! Wie wär´s mal mit: Leben und leben lassen...)
Reaktionärer Quatsch, Autorität in grünem Gutmenschmäntelchen. Geht irgendwie zu weit....

viktualia

Re: Wölfe

#1175

Beitrag von viktualia » So 28. Okt 2018, 11:28

(Warum wird mir manchmal angezeigt, dass ein weiterer Post kam und manchmal nicht?)

Emil, wenn man das Gras nicht "fragt", oder die eigene Wahrnehmung die Fakten des "holistik planned grazing" nicht aufnimmt, hat man, auf Jahre gerechnet, weniger Heu, bzw. Futter. (Egal, ob man es HPG nennt oder anders....)

"Kommunikation" ist doch grade das (effizienteste) Mittel, sich bei verschiedenen Interessen zu arrangieren,
worum sollte es sonst gehen? Wenn alle gleich wären, bräuchte man sich ja nicht so dringend darüber auszutauschen.
(Obwohl Kommunikation natürlich noch mehr Funktionen haben kann...)

"Der" Wolf existiert nicht, es geht nicht um Romantik (habt ihr als Kind auch "Der weisse Wolf" gelesen?), es geht um ne Art.
Es geht nicht darum, "ihn" zu füttern oder ihm Herden anzubieten.
Wenn ein Jäger in seinem Revier die Rehe und Wutzen in Schach halten soll, bekäme er ja auch die Kündigung, wenn er lieber Schafe schiesst, was soll der Quatsch.
Warum sollte das, was für "alle" Jäger gilt, für "den" Wolf nicht gelten? Weil "er" ("der" Wolf) keinen Arbeitsvertrag unterschreiben kann?
Ganz schön verdreht, unsere Welt...

Meint ihr, es könne was nutzen, wenn man die nötigen "Abschusslizenzen" in "Arbeitsplatzregulierung für Wölfe" umbenennt?
Anscheinend läuft es ja doch darauf hinaus, die Kommunikation an die uneffektiven menschlichen Ohren und Hirne anzugleichen.

(Hat Ina nicht neulich gefragt, was "Vermenschlichung" von Tieren eigentlich bedeutet? Hier haben wir einen ziemlich klassischen Fall vorliegen, finde ich: entweder kuscheln oder plattmachen, weil er sich nicht an die unausgesprochenen Abmachungen hält.)

CeJott
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Re: Wölfe

#1176

Beitrag von CeJott » So 28. Okt 2018, 12:37

Nun gibt es seit Gestern die ersten bestätigten Wolfsrisse bei uns in der Nähe.
Letzten Sonntag war ich zu einer Feier eingeladen (Jägergeburtstag), auf der natürlich auch nicht nur Negativ über den Wolf gesprochen
wurde. Ein Vorteil der Anwesenheit ist ,das die Sauen mehr unterwegs sind und nicht mehr fest in der Dickung und den Krattecken stecken. Und es stellte sich heraus das von weit über 10 Wölfe auszugehen ist. Es wurden auch Risse gefunden, Kameraaufnahmen und Fährten
allerdings nur bei Wildtieren und deshalb hält man sich um den Wolfstourismus zu entgehen bedeckt.
Nun sind aber Schafe gerissen worden und der Wolfsberater geht davon aus, daß es sich um Wölfe handelt.
Was mich immer wieder verwundert ist die Tatsache, das die Wölfe in eine Art Blutrausch geraten wenn es sich um
Nutztiere handelt und bei Wild einzelne Stücke reissen. Das ganze Problem das ich bei dem Ganzen sehe ist die Tatsache:
das zu viele Emotionen bei den Diskussionen hochkochen. Überall werden dazu noch Gerüchte gestreut über heimliche Abschüsse bzw.
Nutztierrisse die nicht öffentlich gemacht werden dürfen weil sonst der Verlust der Pachtflächen droht.

Benutzer 146 gelöscht

Re: Wölfe

#1177

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » So 28. Okt 2018, 13:08

CeJott hat geschrieben: Was mich immer wieder verwundert ist die Tatsache, das die Wölfe in eine Art Blutrausch geraten wenn es sich um
Nutztiere handelt und bei Wild einzelne Stücke reissen.
schon mal gewisse Touristen (ich nenne jetzt keine Herkunftsländer :pfeif: ) im All-inclusive-Urlaub an einem Frühstücksbuffet beobachtet...? ;)
Ich vermute mal, der Wolfsinstinkt sagt: eine Beute ist gut, mehr davon ist besser, zu viel davon kommt in der freien Natur nicht vor, weil potentielle Beute nicht in der Nähe bleibt nach dem ersten Riss. Warum also sollte der Wolfsinstinkt eine Obergrenze beinhalten - die kommt erst beim Fressen zur Wirkung.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Wölfe

#1178

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » So 28. Okt 2018, 13:50

hm, hier wird ja rege weiterdiskutiert....
ich hab in meiner Erinnerung so eine vage Aussage (mündlich überliefert) "ein Wolf ist gut für die Herde, weil er hält die Tiere gsund" - dürfte aber eher aus einem "halbwilden" Land stammen, in dem Nutztiere nicht nur "Ertrag" bringen müssen, sondern auch robust sein und wo sie nicht eingezäunt werden, sondern sich recht frei bewegen können.... Und nein, diese Aussage stammte von keinem Naturschützer, zumindest nicht von einem "klassischen" Natürschützer (für mich sind Menschen, die bescheiden in der Natur und mit ihr arbeitend leben, eigentlich die wahren Naturschützer - nein, ich bin keiner, der Zug ist für mich abgefahren).

Trotzdem wollte ich herausfinden, ob es zu dieser Aussage irgendetwas im Netz gibt - hab nichts gefunden.
Nur diese Seite.
finde es schon interessant, dass sich die Wölfe laut einer Studie von ca. 2000 Wolfslosungen aus der Lausitz (in den Jahren 2001-2009) nur zu 0,8 % von Nutztieren ernähren. - ?

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Re: Wölfe

#1179

Beitrag von Rohana » So 28. Okt 2018, 14:38

Selbst wenn es so wäre: Sie fressen ja nicht alles was sie reissen. Und 0,8% sind immernoch 0,8% zuviel.
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

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Re: Wölfe

#1180

Beitrag von CeJott » So 28. Okt 2018, 15:36

Es geht ja nicht nur um die Nutztierrisse, die überlebenden sind völlig verstört, trächtige Tiere verlieren ihren Nachwuchs usw.Ist ja auch nicht schön ständig die Kadaver zu sehen. Auf der einen Seite wird von den Bauern gefordert ihre Tiere auf der Weide zu lassen und dann sollen sie sehen wie sie ihre Herden
mit Zäunen, Hunden und was auch immer schützen.
Das Problem ist einfach das wir zu wenig Flächen haben für den Wolf und er keine Angst vor uns hat. Außerdem denke ich ist D zu
dicht besiedelt. Man denkt halt muß erst ein Mensch vom Wolf angefallen werden bis man die Wolfsromantik überdenkt.

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