Japan

Was halt nirgendwo passt
Grunling

Re: Japan

#101

Beitrag von Grunling » Mi 16. Mär 2011, 03:46

Und die Nachtausgabe :pft:

Gebäude IV brennt weiter..

Tepco meldet:
Reaktor I ca 70% der Brennstäbe im Kern "beschädigt"
Reaktor II ca 30% "beschädigt"

Heißt wohl.. die Kernschmelzen sind wie vermutet im Gang. III wird chronologisch wohl bald folgen. Aber den Kernmassen stehen immerhin noch 2 Sicherheitsbarrieren im Weg: Der Stahlzylinder des Kerns und der Boden der Containments. Also gibt es hier noch 2 Chancen.

Beim Brand in IV sieht es dahingehend schlechter aus... Hier passiert alles unter freiem Himmel. Die Radioneukleide werden per Express hoch in die Atmosphäre befördert.

Hier ein Schema von den Reaktorgebäuden:
http://www.heise.de/tr/artikel/Der-Alpt ... oom;zoom=1
Da sind 2 Wasserbecken oberhalb des Containments zu sehen. Einmal für frische Brennstäbe, einmal für die Verbrauchten.

Und man ist soweit, dass die Aufrechterhaltung des Betriebs und somit der Kühlung mit der Gesundheit von mindestens 50 Menschen bezahlt wird. Jetzt sucht man Piloten, die die Becken per Hubschrauber mit Borsäure (Neutronenstopper) fluten. Bilder von Samurai oder Kamikaze-Piloten drängen sich auf... (ganz ohne Polemik)

Noch ist der direkte Schaden durch das Beben und Tsunami größer. Und außerhalb von Europa sieht man alles viel lockerer. Vor allem in Amerika wundert man sich noch ein wenig über die panischen Europäer, was sehr stark mit der Medienlandschaft zusammenhängt. Die Stimmung kann aber ganz schnell kippen.

roland
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Re: Japan

#102

Beitrag von roland » Mi 16. Mär 2011, 13:50

Grünling hat geschrieben:Noch ist der direkte Schaden durch das Beben und Tsunami größer. Und außerhalb von Europa sieht man alles viel lockerer. Vor allem in Amerika wundert man sich noch ein wenig über die panischen Europäer, was sehr stark mit der Medienlandschaft zusammenhängt. Die Stimmung kann aber ganz schnell kippen.
Das ist auch eine überlegung, die ich die ganze Zeit habe.
Uns betrifft diese Katastrophe aktuell gar nicht! In der weiteren Zukunft können wir stärker belastet sein, aber nicht durch die in der Luft messbare Strahlung! Die Strahlung in der Luft wird hier nie so hoch werden, das der Körper direkt geschädigt wird - in japan sieht das anders aus, an den AKW´s ist die Strahlung bereits nach wenigen Stunden tötlich.
Die Gefährdung für uns besteht aus den radioaktiven Stoffen, die wir in den Körper aufnehmen. Dort können sie dann langsam mit der geringen Dosis direkt die Zellkerne schädigen. Somit reicht es, wenn die Stoffe in den nächstan Monaten und Jahren in der Athmosphere verteilt werden.

Geigerzähler: Der kann uns vielleicht helfen, wenn hier im Lande was losist - leider können wir ja recht sicher sein, das wir das erst sehr spät mitbekommen. aber in der Aktuellen Katastrophe hilft er nicht - denn mit alpha-Strahlern kontaminierte Nahrung ist nicht so leicht festellbar. Wenn der Messwert in der Luft steigt, dann ist schon wirklich viel hier unterwegs.

Jod-tablette: helfen bei einer direkten Kontamination, wenn sie wenige Stunden davor eingenommen wurden und sozusagen die Jodspeicher im Körper füllen - dann scheiden wir aufgenommendes Jod wieder aus. Ist die Kontamination aber später oder über lange Zeit, dann bringt auch diese Maßnahme nichts. Also auch nur in der Unglücksregion ein nützliches Mittel.

Daher, wir hier in Deutschland können nur aufmerksam verfolgen, wie die Winde sich drehen und auf die inzwischen stattfindenden regelmässigen Nahrungsmittel-untersuchungen verlassen - so wenig Vertrauensvoll das ist.

Mann sollte aber auch wissen, das die Kontamination in der Athmosphere in Zeiten der oberirdischen Atomtests höher war, als nach Tschernobyl.

Daher sehe ich die Sache recht einfach:
AKW´s abschalten und vor allem Abbauen!! so schnell wie möglich. Aber bitte keine Panik.
Wobei, ohne dies Panik hätte Merkel und co sicher nicht umgeschwenkt. Insofern hat die Panik auch was gutes.

Roland

BernhardHeuvel
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Re: Japan

#103

Beitrag von BernhardHeuvel » Mi 16. Mär 2011, 14:01

Vor allem, weil die Brennstäbe nach dem Abschalten noch jahrelang aktiv gekühlt werden müssen. Das sind die Dinger im Abklingbecken.

Nicht auszudenken, wenn es einen flächendeckenden Stromausfall gibt, sei es durch Sonnensturm oder Terrorakt. Die Dinger laufen heiss und das Zeug gelangt ins Grundwasser und die Atmossphäre.

Mit dem Hintergrund des Peak Oil, wo Energie, die unweigerlich zum Kühlen gebraucht wird, halte ich es für unabdinglich, dass die Dinger so schnell wie möglich rückgebaut werden. Nicht auszudenken, wenn die Dinger nach einem Kollaps unbeaufsichtigt alleine in der Gegend rumstehen!

Viele Grüße

Bernhard

BernhardHeuvel
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Re: Japan

#104

Beitrag von BernhardHeuvel » Mi 16. Mär 2011, 14:22

Also sicher ist, dass uns die verstrahlten Partikel erreichen werden.

http://de.wikipedia.org/w/index.php?tit ... 0409020945

Die Atmossphäre ist hauchdünn. Die Grundlast an Strahlung ist bereits schom vorhanden.

Es gibt zwar den Spruch: Die Dosis macht das Gift. Doch erstens ist das Zitat an sich schon gekürzt und damit verfälscht. Zweitens habe ich durch meine Arbeit zu Neonicotinoiden (Pestiziden) erfahren, dass neben der Dosis die Dauer der Kontamination eine Rolle spielt. So verhält sich der Schaden mit fortlaufender Zeit exponentiell.

Panik ist sicher fehl am Platze, doch der nötige Druck auf die Regierungen sollte aufgebaut werden.

Bernhard

Benutzer 146 gelöscht

Re: Japan

#105

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » Mi 16. Mär 2011, 14:44

roland hat geschrieben: Mann sollte aber auch wissen, das die Kontamination in der Athmosphere in Zeiten der oberirdischen Atomtests höher war, als nach Tschernobyl.
das ist sicher richtig, nur verstehe ich jetzt nicht den Grund dieses Hinweises...es gab, laut wiki, 622 oberirdische Atomwaffentest - da ist diese Tatsache wohl nicht sehr überraschend.
Entscheidend für die Verbreitung der radioaktiven Substanzen ist nicht nur die Richtung des Windes, sondern vor allem auch, in bis zu welche Höhe die radioaktiven Partikel aufsteigen.
Tschernobyl hatte, und Fukushima hat bisher nur relativ bodennahe Luftschichten verseucht, aus denen durch Niederschläge die Partikel relativ schnell wieder ausgewaschen werden. Atomwaffenexplosionen (und Vulkanausbrüche) erreichen auch die oberen Luftschichten, von wo aus eine weltweite Verbreitung des Staubes stattfindet.
Wie schon gesagt wurde, ist das größere Risiko die Verbreitung kontaminierter Lebensmittel und anderer Substanzen durch uns selbst.
Das Tragische daran wird sein, dass Japan mehr denn je auf Einnahmen aus dem Export angewiesen sein wird, um diese Katastrophe zu überwinden, - und nun haben die Kunden auch noch Angst vor den Produkten.... :ohoh:

In einem anderen Forum hat Jemand die interessante Frage gestellt, ob denn hierzulande die Akws (als Ersatz für fehlende Tsunami-Gefahr) gegen flächendeckende, längerfristige Stromausfälle gesichert sind, wie sie durch einen größeren Sonnensturm eintreten könnten.
Bisher haben sich immer Alle für diesen Fall Sorgen um die Kommunikation, die Banken, das Transportwesen, die Versorgung der Bevölkerung und die öffentliche Sicherheit und Ordnung gemacht. Dass uns bei der Gelegenheit alle Akws durchgehen, habe ich bisher noch nicht gehört, klingt aber nicht unwahrscheinlich vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse.
Ich fürchte nur, auch hierfür bedarf es eines Präzedenzfalles, um konkretes Handeln zu bewirken. Und wie im aktuellen Fall wird es dann für Viele zu spät sein :sauenr_1:

BernhardHeuvel
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Re: Japan

#106

Beitrag von BernhardHeuvel » Mi 16. Mär 2011, 15:19

Hier geht es die Messdaten des Bundesamt für Strahlenschutz.

http://odlinfo.bfs.de/

Viele Grüße
Bernhard

natrium24
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Re: Japan

#107

Beitrag von natrium24 » Mi 16. Mär 2011, 15:44

die frage der folgen eines flächendeckenden stromausfalls wurde schon mal kurz nach dem 11. sept. disskutiert. irgendein innenmister (nrw glaub ich) stellte dabei den satz in den raum, das er nicht neben jeden hochspannungsmasten eienen polizisten stellen könne. hintergrund ist der, das richtige terroristen nicht mit einen flugzeug (oder einer irgendwie gearteten bombe) auf ein deutsches akw losgehen würden. klingt zwar makaber aber das wäre nur eine "gute show", mehr nicht. für richtige terroristen wäre einen flächendeckenden stromausfall in einem industrieland sozusagen die erste wahl. und dies ist leider in einen so hochtechnisierten land wie der bundesrepublik fast im alleingang möglich, wenn man das wirklich wollte. und dazu braucht man auch keine millonen € teure ausrüstung und logistik wie beim 11. sept. die technischen hintergründe kann man in einer gut sortierten bücherei oder auch im netzt nachlesen und sind eigentlich schon immer bekannt. der schaden eines solchen anschlags wäre immens insbesondere wenn er so ausgeführt wird das die entstanden schäden auch längerfristig nicht zu beheben sind. und das nicht nur im hinblick auf versagende akw-kühlungen. menschen würden nur mittelbar zu schaden kommen aber wir würden uns ziemlich schnell auf dem weg richtung entwicklungslandniveau begeben.

man hat die disskussion um flächendeckende stromausfälle im übrigen ganz schnell bleiben lassen.....

Grunling

Re: Japan

#108

Beitrag von Grunling » Fr 18. Mär 2011, 13:49

Für die Physik- Wiederholer. In dieser Reihenfolge.

1. Alpha Centauri - Was ist Bindungsenergie?
Prof. Lesch erklärt in einer Viertelstunde die Grundlagen zur Kernpyhsik: Massendefekt und Bindungsenergie.
http://www.youtube.com/watch?v=cb-gN2JqHuMk

2. Harald Lesch - Was bedeutet Kernfusion
http://www.youtube.com/watch?v=K-fmBWsZOD8

3. Zur Entspannung und weiteren Wiederholung. Geschichte, Hintergrund und Ausblick zur Kernenergie.
Kernspaltung und Kernfusion (1/3)
http://www.youtube.com/watch?v=rt4eWlPpnnc

Grunling

Re: Japan

#109

Beitrag von Grunling » Do 24. Mär 2011, 12:21

In Deutschland weiß man nie, ob jetzt von Milli oder Mikro die Rede ist und man vergisst gerne die Zeiteinheit . (Physik setzen 6, Michel). Zwischen den Einheiten liegen 3 Nullen. 0,000 oder 0,000000. Wenn die Medien versagen, muss man eben selbst paddeln, immer stromaufwärts der Informationsquelle entgegen.

Alles Englisch... Perdón.

Aktuelle Messdaten von Tepco am Fukushima Daichii
http://www.tepco.co.jp/en/nu/monitoring/index-e.html

Messdaten im Raum Fukushima bzw. Japan
http://www.mext.go.jp/english/radioacti ... 303986.htm

Ein netter Chart, mit alltäglichen Vergleichswerten zu Strahlung
http://xkcd.com/radiation/

Status der Reaktoren
http://www.jaif.or.jp/english/index.php

Fukushima Nuclear Accident Update Log von der IAEA
http://www.iaea.org/newscenter/news/tsu ... ate01.html

lg Grünling

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Re: Japan

#110

Beitrag von emil17 » Do 24. Mär 2011, 13:11

Man sollte mal folgendes klarstellen:
In der Diskussion wird immer vom "Restrisiko" gesprochen.
Der Begriff "Risiko" ist gleichbedeutend mit "Eintretenswahrscheinlichkeit eines ungünstigen Ereignisses" und setzt als Begriff aus der Statistik die Betrachtung einer grösseren Anzahl ähnlicher Ereignisse voraus. Über den Einzelfall kann die Statistik keine Aussagen machen.
Diese grössere Anzahl gibt es leider, siehe hier
Daraus ersieht man, dass man im Durchschnitt bei der friedlichen Nutzung der Atomenergie alle 15 - 20 Jahre einmal mit einem Störfall mit vielen Toten und/oder grossen verseuchten Gebieten und/oder Freisetzung von grossen Mengen Radioaktivität zu rechnen hat (Majak 1957, Windscale 1957, Harrisburg 1979, Tschernobyl 1986, Fukushima 2011) und alle Jahre mit Fast-Unfällen. Fukushima ist kein Einzelfall.

Die Eintretenswahrscheinlichkeit eines schweren Störfalles in einem AKW würde ich aufgrud dieser Gesamtbetrachtung folgendermassen berechnen:
Gemäss wiki s. hier gibt es auf der Erde 212 AKWs, dazu kommen 125, die schon wieder ausser Betrieb sind.
5 schwere Unfälle in der Geschichte der AKWs, die 57 Jahre alt ist (1954 ging das erste ans Netz), bedeutet eine Störfallwahrscheinlichkeit von 5/(57*(212 + 125) = 1/3850, also wesentlich höher als die "1 zu X Millionen", wie es immer wieder angegeben wird.
(Und diese Rechnung ist optimistisch, denn die mittlere Betriebsdauer eines AKW beträgt 40 und nicht 57 Jahre, und die meisten Anlagen sind noch nicht 40 Jahre alt!)

Selbstverständlich wird man bei jedem Einzelfall die Unfallursachen nachträglich herausfinden und, weil diese tatsächlich bei jedem Fall verschieden sind, zum Schluss kommen, dass die anderen Anlagen sicher sind, weil sie eben anders gebaut sind oder/und in einem anderen Umfeld stehen. Dabei haben sich die betrieblichen Umstände im Rahmen der Gesamtbetrachtung (AKWs werden von Menschen geplant, gebaut und bedient, die Auslegung gegen Naturkatastrophen wird im wirtschaftlich noch vertretbaren Rahmen gemacht, in Fukushima war das eine Tsunamihöhe von maximal 6 m und ein Maximalbeben von 8) nicht verändert.

Selbst wenn man die Unfälle in den sozialistischen Ländern ausser Betracht zieht (man weiss ja, dass die Russen schlampig bauen und dass bei uns sowas undenkbar ist), bleiben noch 3 Unfälle übrig und man kommt auf ein "Restrisiko" von grösser als 1:10'000.

Das ist etwa die gleiche Grössenordnung wie das Brandrisiko für Häuser ...
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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