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von Ullerich » Mi 28. Jan 2015, 16:12
Hallo,
bin Jäger und Pirschbezirkler in einem Staatsforst.
Die meisten Jäger die ich kenne finden den Wolf sehr faszinierend und verfolgen die Rückwanderung des Wolfes sehr interessiert.
Zum Thema, der Wolf ist für den Menschen grundsätzlich nicht gefährlich könnte ich mangels persönlicher Erfahrung nur etwas über den Mähnenwolf sagen, mit dem Ich tatsächlich schon mal ein unerfreuliches Erlebnis in unserem Zoo hatte. Andere Wölfe kenne ich nicht persönlich sondern auch nur aus dem Tier- und Wildpark. Weder denke ich, dass ich zumindest jagdlich bei mir mit dem Wolf im Rahmen meiner Jagdausübung jemals konfrontiert werde, noch, dass ich vom Wolf gefressen werde. Auch halte ich weder Schafe, Lamas, oder Ziegen.
Zum Thema Rotkäppchen las ich letzthin aber einen sehr interessanten Bericht in einer Jagdzeitschrift. Nicht, dass ich davon ausgehe, dass wir Verhältnisse wie Anfang des 19. Jh jemals bekommen, aber da ich historisch sehr interessiert bin und der Autor, soweit mein Eindruck, ganz gut recherichiert hatte fand ich das was er schrieb sehr spannend. Demnach gab es durchaus Verhältnisse, in denen Menschen von Wolfen regelmäßig angefallen wurden.
Während der napoleonischen Kriege waren Jäger in den damals aufgestellten Jägertruppen der Armeen (kämpften vor der Linieninfanterie) als Scharfschützen sehr gesuchte Spezialisten. Die Folge war, dass seinerzeit, weil die Jägerschaft mit den jeweiligen Armeen unterwegs war, die Jagd auf Raubwild und damit auf Wölfe kaum ausgeübt wurde und sich die Population sehr vermehrte. Aus dem Rheinland gibt es aus der Zeit demnach Berichte, dass oft Kinder, welche damals halt öfter in der Natur unterwegs waren von Wölfen getötet wurden. Man fand oft nur noch Körperteile und zerfetzte Kleidungsstücke. Wenn es ganz schlimm kam wurden auch Erwachsene angegriffen, welche sich manchmal nur noch schnell in eine Scheune retten konnten.
Als es ganz schlimm kam versuchte man mit Aktionen der Gendamerie der damaligen Plage Herr zu werden, was aber relativ erfolglos war. Erst als es wieder relativ friedlich und damit auch wieder gejagt wurde, normalisierte sich das Problem. Wie gesagt, ich glaub auch das der Wolf heute für den Menschen bei uns keine Gefahr ist und glaub auch nicht an Rottkäpchen.
Mein kleines Erlebnis mit dem Mähnenwolf war, dass ich bei einem Tiergartenbesuch erlebte, wie ein Kleinkind zwischen die Gitterstäbe langte um den Mähnenwolf zu streicheln (sieht aus wie ein langbeiniger Fuchs) und sich das Tier in die Hand des Kindes verbiss. Zwei Mütter waren mit Ihren Kindern über die niedrige Abbarrung gestiegen und an den Zaun getreten um den Mähnenwolf aus der Nähe zu betrachten. Folge war, dass der Wolf an der einen Hand des Kindes zerrte und die Mutter an der anderen. Die andere Mutter hielt sich tatsächlich die Augen zu. Ein weiterer Besucher und ich erkannten, dass das beiderseitige Zerren an dem Kind die Sache nur verschlimmerte und machten uns daran über den Zaun zu klettern um das Kind vom Mähnenwolf zu befreien. Als der Wolf bemerkte, dass wir ihm jetzt ans Leder wollten lies er das Kind los und die Situation war erstmal entschärft. Das Kind hatte eine ziemliche Rißverletzung an seiner Hand, ich las ein paar Tage später, dass aber keine bleibenden Schäden zurückblieben. Man hat dann danach hinter dem Zaun eine Plexiglasverkleidung angebracht und ein Warnschild (mit kindgerechter Zeichnung, zum Wolf reinlagen - Aua) aufgestellt.
Die Mähnenwölfe im Tiergarten sind inzwischen größer und patroulieren immer noch am Zaun entlang. Wenn wir mal an einem veregneten Sonntag in den Zoo gehen und ich meine Freunde sehe denke ich mir immer, jaja Freunde, ich kenn Euch schon, mir macht ihr nix vor.
Naja wer kann schon sagen, er hätte mal mit einem Wolf (fast) gekämpft.
Ich jage beim Staatsforst, und den interessieren, da sie ja dem Wald eher förderlich sind Wildschweine eher nicht sondern es wird ja fast schon ein Krieg gegen das Reh- und Rotwild geführt. Insbesondere teilweise das extreme vom ÖJV (sind sehr viele Förster Mitglied) vertretene Wald vor Wild find ich pers. nicht so fair. Ich jage in einem wirklich schönem Buchen und Eichenwald, eigentlich müsste dort Rotwild als heimisches Standwild vorhanden sein (früher war es berühmt dafür). Gelegentlich munkelt einer, er hätte eins gesehen, auf der Drückjagd wird dann ausgegeben, wenn jemand Rotwildanblick hat nur immer erlegen. Ich finde, das Rotwild hätte genauso Anspruch darauf in seinem eigentlich heimatlichen Lebensraum zu leben, genau wie der Wolf. Steht man ihm aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht dort wo es eigentlich überall sein könnte nicht zu. Geb ich erhlicherweise natürlich zu, dass ich in meinem Prischbezirk Rotwild jagdlich interessant finden würde. Das Rowild hätte genauso eine Lobby wie der Wolf verdient.
Ich bin im Jahr ein paarmal im Jahr bei Drückjagden dabei (wird von einem Pirschbezirkler erwartet) und hier gefällt es mir auch nicht, dass Schwarzwild heute quasi als Schädling gesehen und regelrecht vertilgt wird. Hat es nicht verdient. Radioaktiv belastet wird das erlegte Schwarzwild teilweise auf Deponien entsorgt. Die Ursache sind doch die Maisfelder und die großen Biogasanlagen. Ich kenn Schwarzwild auch als Gatterwild. Die schauen einem in die Augen und die Frischlinge kommen ran um sich streicheln zu lassen. Ich find es als letztes wehrhaftes Wild hierzulande keinen Schädling sondern ein faszinierendes Tier. Es ist doch schon irgendwie seltsam, dass man ein Lebewesen, welches eigentlich tagaktiv ist dazu bringt überwiegend in der Nacht zu leben. Auf der anderen Seite doch bemerkenswert, dass es so anpassungsfähig ist.
Gruß Ullerich