Eine Weltkarte zeigt, wie...

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bioke
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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#11

Beitrag von bioke » Mo 21. Jul 2014, 13:37

Warum wird von jedem, der auf Fehler hinweist, immer erwartet, daß er auch eine Lösung hat? Wenn ich die Polizei rufe, dann muß ich doch auch nicht der Verbrecher fangen. Und mit dem Niveau eines der vorhergehenden Beiträge kann ich leider nichts anfangen und ignoriere ihn deswegen
Als Wissenschaftler muß ich da mal das Wort für meine Kollegen ergreifen. Die Karte zeigt lediglich auf, wo auf der Welt noch Möglichlkeiten bestehen die Nahrungsmittelproduktion mit derzeit bekannter Technik zu steigern. Sie soll grob aufzeigen, wieviele Möglichkeiten bestehen die Menschen auf diesem Planeten zu ernähren. Sie zeigt nicht auf, wie die Umwelt geschädigt wird wenn alle Agrarlandschaften so aussehen und soviel Energie und Ressourcen verbrauchen wie unsere. Sie liefert Daten damit Menschen darüber nachdenken können und hoffentlich Ideen haben um unsere Probleme zu lösen.
Und der Graph auf der linken Seite zeigt eine simple Prognose der Bevölkerungsentwicklung mit drei Annahmen.
Rot: Die Menschheit versinkt in Armut und die Menschen bekommen Angst, daß durch schlechte medizinische Versorgung ihre Kinder nicht durch das Kleinkindalter kommen. Deswegen bekommen sie laufend Kinder um das zu kompensieren und die fehlenden Versorgungssysteme im Alter durch lebende Kinder wett zu machen. Allerdings bekommen sie mehr Kinder als wirklich sterben, von 6-7 Kindern pro Frau werden 3-4 Kinder erwachsen.
Blau: Wir bekommen kontinentale Kriege um Ressourcen und massenhaft Bürgerkriegsflüchtlinge, Frauen bekommen entweder immer noch recht viele Kinder und die meisten sterben oder es geht ihnen schlichtweg so schlecht, daß sie keine mehr bekommen und zusätzlich viele Menschen jung durch Kriegselend sterben.
Der mittlere gelbe zeigt einfach was passiert wenn die Welt so bleibt wie sie ist. Wir machen so weiter wie bisher und weigern uns nachzudenken. Dann wird sich die Weltbevölkerung bei ca 10 Milliarden Menschen einpendeln.
Die meisten Menschen können sich nicht vorstellen, daß das das Monster des unbegrenzten Bevölkerungswachstums schon lange an uns vorbeigegangen ist. Auch ich bin auf diesen Denkfehler hereingefallen, er ist recht simpel. Seit diesem Jahrtausend bekommt eine Frau auf diesem Planeten im Durschnitt 2 Kinder weil sie davon ausgeht, daß diese Kinder nicht sterben. Trotzdem steigt die Zahl der Menschen weiter an, weil nicht bei jeder Geburt auch ein Mensch stirbt. Es sind einfach noch nicht genügend Menschen alt geworden weil wir vor 50 Jahren ja noch viel weniger waren. Sobald genügend Menschen alt sind und sterben ist das Gleichgewicht der 2Kind Familie erreicht, ohne daß sich an Lebenserwartung, Geburtenrate oder sonst irgendetwas ändert. Das wird bei 10 Milliarden Menschen der Fall sein.
Nochmal, seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der auf diesem Planeten geborenen Kinder konstant bei 2 Kindern pro Frau im gebährfahigen Alter. Das, was bei uns der Pillenknick war, ist praktisch überall auf diesem Planeten bereits passiert. Dieses Problem ist Geschichte.
Es gab hier mal ein ganz tolles TED Video mit dem Rößling dazu: https://www.youtube.com/watch?v=ezVk1ahRF78 Die eigentliche anschauliche Erklärung kommt erst ganz zum Schluß.
Alle Planungen sollten deswegen von 10 Milliarden Menschen auf diesem Planeten ausgehen.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch mal auf den Atlas Neotopia hinweisen. Er beschreibt sehr anschaulich was ich sonst aufgrund der vielen Milliarden in irgendwelchen Statistiken und Quoten nicht verstehe. Er teilt einfach die Welt durch die Anzahl der Menschen darauf und schaut was auf den einzelnen entfällt.
Pro Person gibt es auf diesem Planeten rund 90000m2 Platz. Davon sind rund 22000m2 Land. Die teilen sich auf in 8000m2 Wald und 6000m2 Wüste/Ödland und 5000m2 Wiese/Weide. Nur 2500m2 sind Ackerland auf dem der Einzelne dann rund 300kg Getreide/Mais/Reis/Hirse anbaut, wovon jeder 180kg isst und 120kg an Tiere verfüttert um 8,5kg Fleisch zu erzeugen. Davon leben wir dann 300 Tage und leiden die restlichen 65 Tage Hunger weil wir zu blöd waren für das ganze Jahr und alle Menschen zu planen und das Kraftfutter an die Tiere verfüttert haben anstatt sie auf die 5000m2 Weide zu stellen. Die würden wir nicht überweiden weil wir nur alle paar Jahre ein Nutztier haben, z.B alle 16 Jahre eine Kuh/Rind, alle 20 Jahre eine Ziege usw. Alle 1000Jahre gibt es ein Pferd.......
Dafür geben wir jedes Jahr rund 100€ für Verteidigungs- und Sicherheitsmassnamen aus was dem Gegenwert von 500kg Weizen entspricht.
Irgendwie stimmt aber mit der Ackerfläche was nicht, warum erzeuge ich auf 2500m2 nur 300kg Getreide, 15kg Ölsaaten und 20kg Bohnen? Mit den durchschnittlichen Ertragszahlen hier in Europa bräuchte ich nur rund 500m2 dazu, das kann nicht nur an den widrigen Verhältnissen anderswo liegen, und da liefert mir dann die o.a. Weltkarte dann doch einige Denkanstöße zu. Würden wir die 100€ für Dünger ausgeben könnten wir auf der Fläche mit Sicherheit das Mehrfache erzeugen oder einen Teil wieder zu Wald werden lassen. Wir könnten auch die 100€ für Bildung ausgeben und lernen extensiv in Permakultur zu wirtschaften und auf den 2500m2 zusätzlich Platz für einen Naturgarten haben......
Wenn ich das Verstanden habe kann ich Prof Braungart (link im vorigen Beitrag) nur zustimmen: Wir sind nicht zu viele, wir sind nur zu dumm! Und ich arbeite daran das für meinen Teil zu ändern, und ich danke jedem Menschen/Wissenschaftler, der mir dabei hilft.

Und eine Bitte, ich weiß meine Beiträge sind etwas kompliziert und langatmig. Ich kann aber nicht anders (siehe meine Vorstellung http://www.selbstvers.org/forum/viewtop ... f=6&t=3224). Ich will keine Threads damit abwürgen, es wäre deswegen schön wenn der ein oder andere einfach mal einen Aspekt meiner Beiträge aufgreift und es dann mit der Diskussion weitergeht.

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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#12

Beitrag von Reisende » Mo 21. Jul 2014, 14:06

ich finde deinen beitrag nicht zu lang, sondern gut geschrieben.
regt auf jeden fall zum nachdenken an. danke dafür!
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#13

Beitrag von Specki » Mo 21. Jul 2014, 15:47

Hallo Christian,

sehr guter und interessanter Beitrag!

Gruß
Specki

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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#14

Beitrag von Rati » Mo 21. Jul 2014, 15:47

bioke hat geschrieben:Und eine Bitte, ich weiß meine Beiträge sind etwas kompliziert und langatmig.
manches läst sich einfach nicht kurz sagen, und bei so viel Info hast du es doch gut zusammengepackt.
Eigentlich wollte ich ja nur noch mal kurz hier reinlesen (muß ja nicht zu jeder Statistik meinen Senf abgeben).
Nun werde ich mir den Artikel wohl doch mal durchlesen müssen (aber nicht mehr heute). Dein Beitrag hat mich neugierig gemacht. :)

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#15

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mo 21. Jul 2014, 15:56

Reisende hat geschrieben:ich finde deinen beitrag nicht zu lang, sondern gut geschrieben.
regt auf jeden fall zum nachdenken an. danke dafür!
:nick:

und jetzt muss ich erst mal nachdenken.... ;)

(dein Beitrag war soooo schön klar gegliedert und ordentlich - ich bin leider sehr chaotisch und sprunghaft, muss noch was lernen von dir!)

wie wichtig ist regionale Ernährung bei dem ganzen? Also wie schon erwähnt, dass Eskimos fast ausschließlich von Fisch leben (leben können) und in Afrika mehr Hirse verzehrt wird (wurde) und "auf der Alm" eben die Milchkühe?

Ich denke, das "vergrößert" die mögliche Fläche, auf der man umweltschonend Nahrung erzeugen kann, um einiges - oder nicht??

überall auf der Welt Weizenbrote ist sehr unökonomisch

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Little Joe
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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#16

Beitrag von Little Joe » Mo 21. Jul 2014, 18:13

ina maka hat geschrieben:und jetzt muss ich erst mal nachdenken.... ;)
... tja dann bis nächste Woche :pft: :eg:

@bioke, danke für die fundierte Zusammenfassung, beindruckend :daumen:
Erstaunlich, dass Menschen, die alles besser wissen, nie etwas besser machen.

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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#17

Beitrag von Benutzer 3370 gelöscht » Mo 21. Jul 2014, 22:23

Ich habe vor einiger Zeit einige Zahlen zusammen getragen, weil es mich interessiert hat wieweit die Welt ernährt werden kann. Diese Zusammenfassung ist nur ein grober Denkansatzt, passierend auf einen Bericht in einer Zeitschrift vom CSA Buschberghof in der Nähe von Hamburg.
http://www.utopia.de/blog/richard-burge ... eine-vison

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Renysol
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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#18

Beitrag von Renysol » Mo 21. Jul 2014, 23:37

bioke hat geschrieben:Pro Person gibt es auf diesem Planeten rund 90000m2 Platz. Davon sind rund 22000m2 Land. Die teilen sich auf in 8000m2 Wald und 6000m2 Wüste/Ödland und 5000m2 Wiese/Weide. Nur 2500m2 sind Ackerland auf dem der Einzelne dann rund 300kg Getreide/Mais/Reis/Hirse anbaut, wovon jeder 180kg isst und 120kg an Tiere verfüttert um 8,5kg Fleisch zu erzeugen. Davon leben wir dann 300 Tage und leiden die restlichen 65 Tage Hunger weil wir zu blöd waren für das ganze Jahr und alle Menschen zu planen
Danke für deinen sehr interessanten Beitrag.

Das macht ja zunächst mal gar nix. Etwas mehr als einen Tag pro Woche absolut nichts zu essen schadet niemanden und verhilft meistens zu besserer Gesundheit.

Hunger kriegt schon mal gar niemand, wenn er Sonntagabend was isst und dann erst am Dienstagmorgen wieder. Wer glaubt, er fühle dabei Hunger, der weiß nicht, was Hunger ist.

Aber mit dem Platz pro Person, das ist ja noch interessanter. Mit 8000 qm Wald könnte ich bescheiden mich über den Winter beheizen. Sind zwar nur 8 Festmeter, aber vor 100 Jahren war das üblich für einen Winter. Noch dazu ist das pro Person, und für uns drei 24 Festmeter, holla, da können wir jede Woche Sauna machen.

Wenn ich auf das Fleisch verzichte und auf den 2.500 qm meine Nahrung anbaue, habe ich ja sogar noch mehr, als ich brauche. Und werde sogar noch gesünder. (Und die Staatsmafia kann nichts von mir abziehen)

Nun aber das Problem. Ich kann die mir zustehenden Flächen nicht nutzen! Andere behaupten, es seien ihre. Ihnen gehöre der Boden! Ohne dass sie es beweisen können. Niemand kann mir nachweisen, dass er meinen Boden mal gekauft hat. Was nun?

Natürlich hat A vor 100 Jahren von B meinen Anteil gekauft, das ist nachweisbar. Aber zurückgehend kann ich nicht ermitteln, wann B von C und D von E den mir zustehenden Anteil von meinen Vorfahren gekauft hat.

Irgendwann, vor wie vielen 100 Jahren, hat jemand sich meinen Anteil unter den Nagel gerissen. Das finde ich nicht in Ordnung.

Luft, Wasser und Boden können nicht Eigentum eines Menschen sein und gehandelt werden.

Benutzer 3370 gelöscht

Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#19

Beitrag von Benutzer 3370 gelöscht » Di 22. Jul 2014, 00:11

Renysol hat geschrieben:Luft, Wasser und Boden können nicht Eigentum eines Menschen sein und gehandelt werden.
Der Denkansatz für eine mögliche Welternährung kann mE langfristig auch nicht über Eigentum und Privatbesitz gehen.
Privat von privare -Latein heißt übersetzt auch berauben und das sagt ja schon einiges aus.
Bei vielen CSA Konzepten ist bereits Grund und Boden unveräußerliches "Eigentum" einer Gemeinschaft oder Genossenschaft in der jedes Mitglied ein Stimmrecht hat.
Wir (Menschheit) sind ja in der zwischen Zeit zum Glück soweit gekommen, dass nicht jeder sein Gemüse selbst anbauen und seine eigenen Tier halten muß und auch gar nicht kann. Wir sind allerdings noch nicht soweit, das wir den erbrachten Mehrwert (oft ist die erbrachte Leistung nicht einmal ein Mehrwert (zB Kriegsmaschinen)) für die Gesellschaft von spekulativen Geldwerten trennen können.

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Mika
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Re: Eine Weltkarte zeigt, wie...

#20

Beitrag von Mika » Di 22. Jul 2014, 10:39

Der Herr Roslin beschreibt das mit der Überbevölkerung sehr anschaulich in diesem Video.
https://www.youtube.com/watch?v=fTznEIZRkLg. Auch seine anderen Videos sind sehr sehenswert.

Und wir hier in der ersten Welt sollten mal einsehen, daß der Strom nicht nur aus der Steckdose kommt und alle Resourcen endlich sind. (Damit meine ich auch landwirtschaftliche Nutzflächen, die wie blöde mit irgendwelchen bescheuerten Einkáufszentren zugepflastert werden...zumindest hier in der Gegend... :bang: ).

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