EM - mein rezept ... und erste zweifel

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hunsbuckler
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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#1

Beitrag von hunsbuckler » Fr 4. Apr 2014, 23:08

Naja, verkehrt kann es nicht sein, aber vielleicht nutzlos und somit unnötiger Aufwand?
Was genau möchtest Du denn erreichen?
Höheren Ertrag? Von was?
Welche Faktoren spielen dafür eine Rolle und können die vielleicht effektiver direkt beeinflußt werden als über den Umweg der sogenannten EMs?
In diesem Rote-Beete-Anbauversuch wurde jedenfalls kein signifikanter Effekt festgestellt:

http://web.archive.org/web/200802091353 ... 03_4.phtml

Und es gibt noch mehr wissenschaftliche EM-Versuche, die keinen Effekt nachweisen konnten.

Welchen Grund sollten die Waldbodenbakterien haben, in den Reis einzuwandern und sich darin zu vermehren - außer den Milchsäurebakterien, die im Waldboden aus gutem Grund (Mangel an vergärbaren Kohlehydraten) nur in vergleichsweise geringer Konzentration vorkommen?
Weshalb sollten jene Bakterien, die sich in fermentierendem Reis entwickeln, im völlig anderen Milieu der Gartenerde weiter aktiv sein?
Und wieso sollten Pflanzen in einem Boden, der von genau an diesen Boden angepaßten autochthonen Bakterien wimmelt, von den eventuellen Aktivitäten zugesetzter Bakterien profitieren?
Liebe Grüße, Hans www.jugendrettet.org

hunsbuckler
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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#2

Beitrag von hunsbuckler » Sa 5. Apr 2014, 12:51

Wenn das Hauptproblem der mangelnde Stickstoff in Deinem Sandboden ist, können doch die Waldboden-Bakterien, die Du erst mit dem Reis köderst und dann in der "Wüste" aussetzt, den auch nicht herbeizaubern und verhungern.

Du brauchst Bakterien, die darauf spezialisiert sind, auf armen Böden Luftstickstoff zu gewinnen - in Symbiose mit ihren Wirtspflanzen, also Leguminosen, die als Pionierpflanzen rohen Sandboden besiedeln wie z.B. Lupinen, Klee-Arten, Wicken und Linsen, sowie Bohnen und Erbsen.

Erst durch die Einarbeitung dieser Pflanzen als Gründünger kommt genug Futtermasse für stickstoff-mineralisierende Bakterien in den Boden, die sich dann ganz aus eigener Kraft ansiedeln.
Die besiedeln seit Jahrmilliarden sehr rasant geeignete Lebensräume ganz ohne die Hilfe des Menschen.
Du brauchst sie also nicht beim Händchen zu führen, sondern ihnen nur die geeigneten Rahmenbedingungen anzubieten, indem Du genug stickstoffreiche Masse erzeugst und heranschaffst.

Wenn die Erzeugung durch Leguminosen auf Deinem Land zu langsam und nicht ausreichend ist, kannst Du stickstoffreiche Biomasse aus der Umgebung entnehmen, soweit das dort nicht schadet.
Viehhalter machen das ganz einfach, indem sie ihr Vieh im weiten Umkreis Futter einsammeln lassen und den Dünger dann durch Einpferchen auf dem eigenen Land konzentrieren.
Die Amazonas-Indios haben kein Vieh gehalten, sondern eiweißreiche Fische aus dem Fluß geholt und diese in Keramiktöpfen mit Holzkohle fermentiert.
Ob es heute ethisch vertretbar ist, Fische zu Dünger zu verarbeiten, halte ich für fraglich.
Wie nähstoffreich ist denn das umgebende Flußwasser? Sind da viele Algen, Wasserpflanzen und organische Schwemmstoffe drin, die Du als Dünger ernten könntest?
Liebe Grüße, Hans www.jugendrettet.org

hias90

Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#3

Beitrag von hias90 » So 6. Apr 2014, 19:41

Ich sehe diese 'effektiven Mirkoorganismen' ehrlich gesagt als Geldmacherei. Zumindest muss man das ganze etwas abändern:
Das effektiv würde ich erstmal wegstreichen, weil Mikroorganismus ist Mikroorganismus.

Dann:
Es ist gut möglich, dass in manchen Böden, gerade wenn man auch mit Pestiziden hantiert, die mikrobiologische Aktivität sehr gering ist. Dies kann man z.B. durch das Einbringen von Grünmasse und tierischem/menschlichem Dünger (Harn, Kot..) steigern.
Auch kann man, in Bezug zu deinen Knöllchenbakterien einen Versuch machen:

Vorher war auf der Fläche also nur eine Monokultur? Eventuell wurde auch noch mit chemisch-synthetischen Spritzmitteln gearbeitet? Es ist gut möglich, dass dadurch deine Böden arm an mikroorganismen sind.
Vielleicht bringt es was, wenn du von einem üppiger bewachsenenem, echten Urwald, die Mikroorganismen umsiedelst. Die Reismethode sollte da schon funktionieren, aber ich persönlich würde mir da gar nicht so viel Arbeit machen.
Ich persönlich würde mir einen Kompost machen: Viel Biomasse, etwas umliegende Erde, und eine Schaufel von "gesundem Urwaldboden". Danach das ganze immer schön feucht halten. Eine Gießbehandlung mit Zuckerwasser kann auch gut sein. Nach ein paar Wochen den Kompost dann großflächig zu deinen Pflanzen auswerfen. Oder einen wässrigen Kompostauszug machen (also den Kompost in Wasser ziehen lassen), und dann deine Pflanzen gießen.

Wenn du wirklich eine intensive Vermehrungsmethode anstrebst, dann reicht es meiner Meinung auch, wenn du Reis oder Kartoffeln pürierst, in Wasser auflöst, und einen Löffel Muttererde dazugibst. Egal ob nun aerob oder anaerob, spielt keine Rolle. Die anaeroben Bakterien vermehren sich am Boden, die aeroben auf der Oberfläche. Alle paar Tage kannst du noch einen Löffel Zucker dazugeben.

Der Grund wieso im Urwald generell so wenig Auflagehumus vorhanden ist: Durch die Temperatur und dem feuchten Wetter ist die mikrobiologische Aktivität im Allgemeinen sehr hoch, und jedes bisschen Grünabfall wird sofort umgewandelt.

Hast du dich schonmal über Mykorrhiza Pilze informiert? Das sind Pilze, die in Symbiose mit den Pflanzenwurzeln wachsen. Sie tauschen gegenseitig Nährstoffe aus und fördern sich somit gegenseitig. Eine ausführliche Information ist mir grad zu viel Arbeit, aber das Internet liefert viele Ergebnisse. Es sei nur so viel gesagt: Gerade bei ungünstigten Wachstumsbedingungen bringen mykorrhizierte Pflanzen einen erheblichen Vorteil im Vergleich mit nicht mykorrhizierten Pflanzen mit sich. Regenwaldboden ist sauer und im saueren Milieu nehmen die Pflanzen auch Aluminium auf, was giftig auf die Pflanzen wirkt. Mykorrhizapilze können dieses Aluminium in ihrer Zellwand binden und somit vor den Pflanzen unzugänglich machen. Daneben gibt es noch 10000 andere positive Effekte durch Mykorrhizapilze.

Diese Pilze kann man auch gut selber vermehren: Geh im (gesunden) Urwald spazieren und grab ein paar Pflanzenwurzeln aus. Das was du suchen musst sind weiße Fäden an der Wurzel/im Boden, wie z.B. hier auf dem Bild:
http://www.waldwissen.net/wald/pilze_fl ... _symbiose1
Es ist egal ob nun ein Fruchtkörper daneben steht oder nicht. Die meisten Mykorrhiza Arten bilden keine Fruchtkörper, sondern wachsen lediglich als weiße Pilzhyphen an und um die Wurzel herum. Im Optimalfall findest du schnell ein paar solcher Wurzelballen. Wenn du keine solchen weißen Fäden siehst, dann nimm einfach wahllos junge Bäume, die du gerade noch so ausreißen kannst. Du musst nun die Wurzeln abschneiden und zusammen mit der Erde des Wurzelballens in einem Eimer sammeln. In deinem Eimer befinden sich nun Pilzhyphen und einige hundertausend Pilzsporen.
Daheim nimmst du ein paar Töpfe und pflanzt in jeden Topf eine Maispflanze (es geht aber auch Getreide, Zwiebeln, (keine Ahnung ob Leguminosen auch so toll sind). In das Pflanzloch gibst du auch noch eine Hand von deiner gesammelten Mykorrhiza-Erde. Sobald die Maispflanze nun wächst und Wurzeln bildet werden die Pilzsporen und Pilzhyphen diese Maispflanze befallen, und an ihren Wurzeln weiter wachsen. In ein paar Monaten hast du dann unzählig viele Pilzsporen auf der Maispflanze, da sich diese dort drin natürlich vermehrt haben. Nun kannst du diese Erde mit den hochvermehrten Sporen nehmen, und immer einen Löffel davon in Wurzelnähe deiner Feldpflanzen legen.

Es sei noch gesagt: 80% aller Pflanzen leben in Symbiose mit Mykorrhizapilzen. Und die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich bei jeder Aussaat oder Auspflanzung ein paar Mykorrhizapilze in die Nähe deiner Pflanzenwurzeln verirren. Dennoch ist es meistens besser, wenn Jungpflanzen schon von Beginn an eine ordentliche Mykorrhiza-Impfung bekommen. Die Kolonialisierung ist dann einfach größer, schneller und sicherer.

hias90

Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#4

Beitrag von hias90 » Mo 7. Apr 2014, 14:09

Ja genau, Mykorrhizen brauen zum wachsen und vermehren unbedingt eine Wirtspflanze.
Ansonsten hört sich doch alles was du schreibst und vorhast schon sehr gut an. Ich bin auf die Ergebnisse gespannt.

Die Düngerwerte des Jauchewassers überraschen mich ehrlich gesagt ein bisschen. Damit hab ich nicht gerechnet.

Rati
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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#5

Beitrag von Rati » Mo 7. Apr 2014, 15:36

Hi,

ich hab mal ganz flüchtig die Beiträge überflogen und mich entschlossen meinben Senf dazu zu geben.
Schon in einem der ersten Beiträge war das wesentliche ja schon enthalten:
...Auch die Mikroorganismen haben Nährstoffansprüche, die noch dazu umso anspruchsvoller sind, je optimierter die Vorkultivierung erfolgte. Es passiert leicht, dass solche „besonders optimierten” Mikroorganismen allesamt im Feld oder im Teich dann wegen der für sie ungünstigen Rahmenbedingungen rasch in Ruhestadien fallen oder in ihrer Leistung zumindest weit hinter den Erwartungen zurück bleiben, vielleicht sogar von der autochthonen [lithobiontische Erstbesiedler] (und damit adaptierten) Population als willkommene Nahrung gesehen und rasch vertilgt werden."...
du hattest das ja selber zitiert und deine damit aufkommenden Zweifel sind absolut richtig :) .

Ganz egal ob du nun Baktis oder irgendwelche Pilze ansiedelst, solange die Umgebungsbedingungen nicht stimmen, wird es zu keiner Ansiedlung der gewünschten Systeme kommen.
Du könntest das erzwingen in dem du ständig nachimpfst und künstlich Nährstoffe zuführst (übrigens ein neuer Trend in der Ackerindustrie- und mit Probiotika auch in der Tierindustrie) aber das ist ja nicht Sinn der Sache.
Wenn du es schaffst die Lebensbedingungen für die von die gewünschten Ökosysteme zu schaffen, werden die Organissmen von ganz allein kommen. Sporen und Dauerformen aller möglichen Mikros befinden sich ständig auf Reisen, fallen sie auf fruchtbaren Boden, keimen sie aus.
Fraglich ist natürlich ob du ein europäisches Humussytem ind eine tropisch Klimazone integrieren kannst oder ob du einfach akzeptieren mußt das es dort naturgemäß anders läuft, wenn du nicht mit "fortwährender Gewalt" alles in die gewünschten Bahnen zwingst. Du bist doch dort quasi im Heimatland des Terapetra, wo, wenn nicht dort wäre das die ideale Vorgehensweise um Boden fruchtbar zu machen. Aber nicht auf die hochkomplizierte Art und weise wie es jetzt hier in Europa zelibriert wird, sonder auf die ursprüngliche Art und Weise. :)

Grüße Rati
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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#6

Beitrag von Reisende » Mi 9. Apr 2014, 22:52

bis jetzt gibst du das nährstoffreiche material nur ins pflanzloch oder?
wenn dir genug material zur verfügung steht, würde ich anders vorgehen. ganz spontane idee:
humus bildet sich besser und stabiler, wenn die "kompostschicht" entsprechend hoch und umfangreich ist. ich würde daher auf dem feld in gewissen abständen kompostreihen anlegen, ähnlich eines langgezogenen hügelbeetes. da kannst du dann auch die holzkohle, asche etc mit einarbeiten. wenn du mit der verrottung zufrieden bist, verteilst du die masse zwischen den reihen, und legst wieder neue an. und dann würd ich gründüngende sachen dawzischen säen, auch um errosion zu vermeiden.
ohne tierische hinterlassenschaften erschwerst du dir diesen prozess aber erheblich. stallmist lockt nochmal andere kleintiere mit ordentlich appetit an. also entweder du überzeugst deine damen doch noch, oder fragst den schweinebauern, ob die tiere nicht vll zu dir kommen könnten... ;)
da ich laktose und gluten hervorragend vertrage, leiste ich mir als ausgleich dafür einige intoleranzen im zwischenmenschlichen bereich.

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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#7

Beitrag von emil17 » Sa 12. Apr 2014, 22:16

shumil hat geschrieben:die natur weiss es eben am besten - ich will die transformationsprozesse nur beschleunigen ... das aber so einfach wie möglich, wie immer! ... und vor allem auch ohne gewalt sondern sanft
in tropischen Ländern sind die Nährstoffen in der Vegetation, nicht im Boden ... die Mineralisation und Auswaschung geht so rasend schnell, dass praktisch kein Humus da ist, der Nährstoffe speichern könnte (deswegen sind Böden in kühl-gemässigten Klimata auch viel toleranter gegen Abholzung und Misswirtschaft).
Wenn das ganze auch noch auf einer seit Hunderten von Millionen Jahren geologisch inaktiven Gesteinsformation liegt, wie ein Grossteil des nicht gebirgigen Südamerikas, dann kann die Mineralisation auch nichts nachliefern.
Ich würde also nicht noch mehr beschleunigen.

Es müsste doch ein Buch über biologische tropische Landwirtschaft geben.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#8

Beitrag von hunsbuckler » So 13. Apr 2014, 08:52

Wahrscheinlich kam er als Homöopath nicht damit klar, daß Du die Sägespäne nicht auf D60 verdünnt, pardon, potenziert hast.
In so rauhen Mengen, daß man sie sogar mit bloßem Auge erkennen kann, können die ja nicht wirken! :roll:
Liebe Grüße, Hans www.jugendrettet.org

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Re: EM - mein rezept ... und erste zweifel

#9

Beitrag von Fred » Sa 7. Jun 2014, 02:04

shumil hat geschrieben:
meine um die 100 fruchtbäumchen mit ihren pflanzlöchern haben so 6-8 meter abstand, weil sie ja gross werden, und dazwischen ist (zumindest die nächsten jahre) platz für alles mögliche wie mais, bohnen, macaxeira, kartoffeln, kürbis - aber dazu muss ich diese flächen 'beleben', und wie ich nun weiss, richtig dick und viel gemischtes material - die drei stücke mit jeweils 30 bananen, ananas und melonen sind alle voll mit dicker schicht biomasse, denn die stehen immer nur 2 meter auseinander und da wird nichts zwischen gepflanzt

lg
Interessantes Thema hier.
Vielleicht ist für dich dieses Video interessant Establishing a Food Forest. Dort berschreibt Geoff Lawton sein vorgehen, den Platz zwischen den noch kleinen Fruchtbäumen mit "support Pflanzen" zu füllen. Meist Leguminosen, verschiedener Typen und Grüßen, die Stickstoff binden. Deren Wachstum wird durch scheiteln (cut&drop) gebremst. Durch diese Biomassezufuhr und dem Stickstoffbinden wird der Bodenaufbau, und damit das Wachstum deiner Fruchtbäume unterstützt.

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