pflanzenjauche - nur am 2. tag sehr hoher stickstoffgehalt!

Rati
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Re: pflanzenjauche - nur am 2. tag sehr hoher stickstoffgeha

#11

Beitrag von Rati » Fr 11. Apr 2014, 14:45

shumil hat geschrieben:es kommt ein MO und beisst aus diesem blatt einen N-stoff ab und pupt den ins wasser, und da kann ich den dann messen, muss aber schnell sein, denn das N verflüchtigt sich umgehend wieder als gas in die luft ... wenn ich aber das grüne wasser (nach 2 tagen) gleich an die pflanze gebe, dann schnappt die sich das N bevor es verfliegt ...
ich hatte hier nen gaaaanz langen Text, dann hab ich ihn durchgelesen und gedacht nää, wer soll den da durchsteigen.

Also.
grundsätzlich, im Wasser hast du ganz andere Bedingungen als im Boden (mehr bewegungsfreiheit für die Baktis, bessere verteilungsgeschwindigkeit für Nährstoff, andere Sauerstoffverhältnisse.
Am Anfang, hast du relativ wenig Baktis in deiner Brühe, aber viele leicht verfügbare Nährstoffe.
Was machen Baktis in so einem Fall? Massenhaft vermehren.
Deshalb schneller Umsatz (tag 2), Schneller Abbau (tag 3).
Dann sind die leicht verfügbaren aufgebraucht, jetzt müssen die Baktis, die das können ihren Stoffwechsel umstellen um die Verbindungen zu knacken die sie vorher nicht angerührt haben, weil zu "anstrengend".
das dauert seine Zeit, wärend dessen herrscht Hunger, viele Baktis sterben ab. Wenn der Stoffwechsel erst mal umgestellt ist, kann die Population wieder wachsen und sich auf einem level halten solange die Menge an verfügbaren Nährstoffen gleich bleibt.
das heist, wenn er den versuch nicht nach einer Woche abgebrochen hätte, wäre der Stickstoffgehalt wieder angestiegen und wahrscheinlich so gar noch höher als am zweiten Tag .
Nicht zu vergessen, es sind verschiedene Bakterien für den Auf und Abbau zuständig. Erst wächst die Population der aufbauenden dann die der abbauenden. So entsteht ein Gleichgewicht.


:hmm: Ist irgendwie immer noch nicht so schlüssig und kurz ist der Text auch nicht.
Gib mal lag phase bei tante google ein.

ganz Kurz:
ja, wenn du nur die Jauche betrachtest, machen die baktis alles alleine und brauchen auch alles alleine auf und zwar schnell.
Wenn du sie gießt, bekommen die Pflanzen zügig und kurzzeitig etwas davon ab (es gibt einen ständigen Wechsel zwischen lag und stationärer Phase). Und zwar nach zwei tagen, oder
Und wenn du die verrottung gleich im Boden machen lässt, bekommen die Pflanzen gleichmäßig und über einen langen Zeitraum etwas ab (es gibt eine längere lag und eine sehr lange stationäre phase).

na, ob das einer kapiert..... :roll: :)

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

hias90

Re: pflanzenjauche - nur am 2. tag sehr hoher stickstoffgeha

#12

Beitrag von hias90 » Fr 11. Apr 2014, 21:15

was meinst du, gehen von dem hohen stickstoffgehalt des 2-tages-kaltwasserauszuges N (egal ob N2, NO2, NO3 oder andere verbindungen) in die sägespäne? und setze ich diesen geplanten späne/jauche-haufen erstmal OHNE waldbodenimpfung an, um den verrottungsprozess ab zu warten, und impfe ihn erst beim 2. mal umsetzen, oder gleich zu anfang da mit rein, denn es sind doch auch da auf- und abbauende vorhanden, damit in dem haufen auch gleich aktivität startet, oder kommen die abbauenden von alleine und vermehren sich durch die jauche in dem haufen mit exponentieller geschwindigkeit?
Weil das C:N Verhältnis von Sägespäne sehr weit ist, wird erstmal relativ viel Stickstoff in der Sägespäne gebunden werden. Einfach weil die Mikroorganismen den N zum Umsetzen des C brauchen. Wenn du gesunden Waldboden dazugibst, dann bringst du nicht nur mehr Mikroorganismen in das System, sondern verringerst auch das C:N Verhältnis. Eine sinnvolle Maßnahme wie mir scheint. Im Laufe der Umsetzung wird dann der zuvor gebundene Stickstoff wieder frei werden. Ein Teil davon verschwindet in Form von gasförmigen N, und ein Teil wird vielleicht ausgewaschen, und ein anderer Teil (ich schätze grob auf 50%) bleibt in deinem Kompost.
Du hast somit zwar augenscheinlich 50% N verloren, dafür aber viel Humus gewonnen, was sehr wichtig ist weil:

Stell dir vor du gibst den Stickstoff direkt (in Form von Urin) auf deine Pflanzen. Ich denke mal, bei dir regnet es täglich große Mengen Wasser, oder? Es dauert nicht lange, und der Stickstoff, den du draufgegeben hast, ist komplett ins Grundwasser ausgewaschen worden. Es kommt darauf an welchen Boden du hast. Verschiedene Böden können verschieden stark die Mineral- und Nährstoffe binden. Ein sandiger Boden kann fast gar nichts binden und dein Stickstoff würde mit dem regelmäßigen Regen einfach nur weggespült werden. Am Besten ist Toniger Boden, der kann viele Nährstoffe binden. Die Pflanzenwurzeln scheiden während ihres Wachstums sogenannte Exudate aus. Das sind z.B. Säuren oder andere Stoffe, mit denen sie die gebundenen Stickstoff aus dem Boden lösen und aufnehmen können.
Wenn du nun einen schlechten Sandboden hast, oder was auch immer. Dann hilft nur eins: Humus, Humus, Humus. Und ansonsten gilt eigentlich auch: Humus, Humus, Humus.

Natürlich hat mich mein Ehrgeiz gepackt mal was zuverlässiges über Pflanzenjauchen in Erfahrung zu bringen, hier:
Der verbesserte Zustand der behandelten Pflanzen aus Substrat (D2) konnte zum
einen auf die Stickstoffdüngewirkung zurückgeführt werden, obwohl die
Pflanzenjauche nur etwa 0,001 % Stickstoff bzw. das Algenpräparat nur 0,03 %
Stickstoff aufwiesen. Trotzdem zeigten die geringen Stickstoffgehalte in den
Präparaten eine Wirkung auf die Pflanzen (Abb.1, 2, 3; Tab.3): Dies liegt daran,
dass die Pflanzen zwei Mal pro Woche behandelt wurden und daher eine ständige
wenn auch geringe Nährstoffzufuhr erhielten. Neben Stickstoff sind
wahrscheinlich noch andere Nährstoffe für den sichtbaren Effekt verantwortlich,
die aber im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter untersucht wurden. Hinweise über
die Brennesseljauche liefern Schmid und Henggeler (15): Demnach ist die
Brennesseljauche reich an Calcium, Kalium und Stickstoff, hauptsächlich
Ammoniumstickstoff. Die in dem Versuch eingesetzte Pflanzenjauche bestand
neben Brennnessel auch aus Beinwell sowie anderen regional vorkommenden
Kräutern. Wildpflanzen verfügen noch über eine reichhaltige Mischung von
Vitalstoffen, wie Auxinen, Vitaminen, Enzymen und Abwehrstoffen, wie Phenole,
die den Kulturpflanzen auf ihren Weg von Inkulturnahme, Anbau und Züchtung
teilweise verloren gegangen sind
http://www.business-and-biodiversity.de ... df#page=63
0,001% Stickstoff sollten also im Wasser 1g Stickstoff pro Liter sein???


Von dieser Publikation:
Olfs et al: Soil- and plant-based nitrogen-fertilizer recommendations in arable farming. 2011
stinging nettle (Brennessel) 33 g/kg (Trockenmasse) N 3.9 g/kg P 29g/kg kg 5.9g/kg S 12 (C:N) bei 4 (tonnen Biomasse pro Hektar)
Also quasi in der puren Trockenmasse, ohne Wasserauszug

Folgende Publikation kann ich trotz Hochschulzugang nicht runterladen:
Peterson: Effects of Nettle Water on Growth and Mineral Nutrition of Plants. I. Composition and Properties of Nettle Water. 1984

Jedoch steht im Abstract:
Nettle water has a high nitrogen content (30 to 40 mM), mostly as ammonium. Storage of nettle water increased the available nitrogen through mineralization of the organic fraction. Mineralization was maximal in the light at 20°C. Nettle water made from nettles gathered in spring had the highest NH4, P and K content, while late-summer nettles gave nettle water with highest Ca, Mg and S content. No appreciable differences were found between nettle water from different habitats. In contrast, there were large differences between years. Nettle water made from fresh and dry nettles differed little in chemical and physical parameters and mineral content.
Also:
Der meiste Stickstoff liegt in Ammonium Form vor, was die Theorie bekräftigt, dass am Anfang das leicht verfügbare Nitrat ins Wasser übergeht, dieser schnell nitrifiziert wird von Mikroorganismen und später dann die Ammoniumverbindungen ins Wasser übergehen. Am besten Licht rankommen lassen (wahrscheinlich benötigen einige der Mikroorganismen das Licht für die Energiegewinnung oder so). Die Brennessel hat im Frühjahr den höchsten Nährstoffgehalt hinsichtlich N, P und K. Der Gehalt ist von Standort zu Standort gleich, aber schwankt zwischen den Jahren etwas stärker.
Wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann entsprechen 40 mM gleich 0,56g pro Liter, bzw. 560 mg pro Liter.
Der nette Herr in deinem Anfangspost hatte ja nach zwei Tagen 250mg Nitrat pro Liter gemessen.

Dann noch die groben Ergebnisse aus dieser Publikation:
Peterson et al.: Uptake and transport of N, P and K in tomato supplied with nettle water and nutrient solution. 1988

Brennesselwasser erhöht den pH Wert (was sehr postiv bei deinem sauren Regenwaldboden ist).
Je länger das Brennesselwasser steht, desto mehr Ammonium wandelt sich wieder in schneller verfügbare N Verbindungen um
Versuche zeigten, dass Pflanzen welche nur mit Brennnesseljauche gedüngt wurden 15% mehr N eingespeichert haben und 20% mehr Frischmasse als Pflanzen, die mit einer Nährstofflösung mit den gleichen Nährstoffenkonzentrationen gedüngt wurden.
Bei 8 Wochen alten Pflanzen waren es 20% mehr Trockenmasse in den Wurzeln und 60% im Spross.
Die Bodenatmung (= mikrobiologische Aktivität) ist doppelt so hoch als in der Kontrolle.
Die Chlorophyllwerte waren höher als in der Kontrolle.
Der zusätzliche Wachstumseffekt durch Brenneseljauche liegt wohl an diversen Hormonen oder der genauen Nährstoffzusammensetzung.
Die Stickstoffeffizienz (quasi die Effizienz Stickstoff in Trockenmasse umzuwandeln) im Spross war bei der Brennesseljauche-Variante um 30% höher
.....
das geht dann noch lange so weiter. Die Werte schwanken, je nachdem ob nun Jungpflanzen oder ausgewachsene Tomatenpflanzen untersucht wurden, aber soweit ich das sehe, war die Variante mit der Brennesseljauche immer besser.

Die Nährstoffzusammensetzung der Brennesseljauche war:
2,4 mM NH4+; 0,1 mM NO3-; 0,25 mM P; 1,00 mM K; ..... den Rest schenk ich mir

Also wären das umgerechnet 40 mg/Liter Gesamtstickstoff.
Wieso dieser Wert nun so stark vom oberen Wert (40 mM) abweicht kann ich nicht sagen. Vielleicht/Wahrscheinlich lag es am Ausgangsmaterial und wie lange die Jauche so rumstand. Dazu wurde in den Veröffentlichungen leider nichts erwähnt.

hias90

Re: pflanzenjauche - nur am 2. tag sehr hoher stickstoffgeha

#13

Beitrag von hias90 » Sa 12. Apr 2014, 01:22

ob sie wohl die vergleichsnährstofflösung aus rein chemischem NPK-dünger hergestellt haben? wer weiss, aber bio ist wohl generell besser als chemisch, weil es lebt ... :mrgreen: (das war jetzt eine nicht-wissenschaftliche vermutung)
Jap. Die Kontrolle wurde mit chemisch-synthetischem Mineraldünger gedüngt.
macht mich doch sehr stutzig bzw. finde ich das sehr viel, denn meine (hier im forum entdeckte) C/N-liste sagt (ca.): grünmaterial 10:1 und laub 40:1 - d.h. das beim trocknen N verschwindet (als gas mit dem chlorophyll in die luft geht?) und dann in der trockenmasse noch so viel N ?... aber man hat ja bei diesem beispiel hier keinen C-vergleichswert in %
Also beim trocknen verschwindet schon eine sehr geringe Menge an N, das meiste bleibt aber gebunden. Trocknen bedeutet ja erstmal nur Wasserverlust. Da ist noch nicht viel mit mikrobiellem Abbau usw....


Ich würde allgemein etwas vorsichtig sein mit den Daten. Das sind alles nur Richtwerte. Nährstoffzusammensetzung und -freisetzung unter liegt tausend verschiedenen Faktoren. Aber wenigstens bin nun sogar ich überzeugt, dass man nur mit Pflanzenjauchen eine ordentliche Düngung zu Stande kriegen kann.

Rati
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Re: pflanzenjauche - nur am 2. tag sehr hoher stickstoffgeha

#14

Beitrag von Rati » So 13. Apr 2014, 10:11

Hi shumil,

es ist Wochenende und ich schreibe im Forum. Fühle dich geehrt. ;)
Ihr habt so viel geschrieben und dabei mit so vielen Werten hantiert, das es mir jetzt schwer fällt das auseinander zu klamüsern.
deswegen nur ein paar Hinweise zur prüfung deiner Berechnungen und dann noch kurz zu deinen direkten Kommentaren meines Beitrags.
Dann können wir vielleicht in kurzen Schritten von vorn anfangen. :)

1. mM bedeutet milliMolar. Hier geht es um die Molare Masse eines Stoffes.google das mal.
2. Die Trockenmasse ist das wasserfreie Gewicht eines Stoffes, also keine einfach in der Sonne getrocknete Brenessel, sondern eine föllig wasserfreie.
Das Gerücht über den hohen Eisengehalt von Spinat ist zB entstanden weil der Eisengehalt der Trockenmasse auf den Gehalt der Gesammtmasse angewand wurde.
shumil hat geschrieben:die baktis schnuppern erst mal (lag) und dann geht es zur exponentiellen vermehrung (log) bis die nahrung alle ist und sie verhungern
du hast die für dich wichtigste (und von mir erwähnte) Phase überlesen. die stationäre Phase die kommt nach der log Phase. :)
shumil hat geschrieben:das darf man nun m.e. nicht verwechseln, denn was eben für eine bakterienart gilt, die ein reiches nahrungsangebot vorfindet und sich dadurch rasant (exponentiell) vermehrt (aufbau) und dann abstirbt (abbau), das gilt anscheinend nicht für die zersetzungsprozesse in einem system (z.b. tote maus oder komposthaufen), denn wie ich a. f.-h. verstanden habe, kommen erst die abbauenden baktis (fäulnisprozess) und danach die aufbauenden
wir reden hier erst mal nur vom Stickstoffkreislauf im Zusammenhang mit der Düngerwirkung für Pflanzen.i.O. :)
Zuerst wird aus aus den Pflanzeneiweis Ammonium gebildet (Aufbau), dann von anderen Bakterien aus Ammonium Nitrit (Aufbau) dann von anderen Bakterien aus Nitrit Nitrat (immernoch Aufbau) und dann unter sauerstoffarmen Bedingungen wird aus Nitart N2 (Abbau).
shumil hat geschrieben:was meinst du, gehen von dem hohen stickstoffgehalt des 2-tages-kaltwasserauszuges N (egal ob N2, NO2, NO3 oder andere verbindungen) in die sägespäne?

shumil, versuche mal herauszufinden wie hoch der Stickstoffbedarf deiner Pflanzen /Jahr ist und dann schau erst mal, ob diese 250 milligramm/L wirklich als hocher Stickstoffgehalt zu bezeichnen sind. :)

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
[Einstürzende Neubauten 1996]

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