Fukushima reloaded

Was halt nirgendwo passt
Thomas74
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Re: Fukushima reloaded

#11

Beitrag von Thomas74 » Mi 9. Okt 2013, 09:47

Waren das nich früher schöne Zeiten,als man sowas Monate später als 5-Zeiler aus der Zeitung erfuhr??
Fluch und Segen der vernetzten Gesellschaft: Bei jedem Ereignis am A... der Welt ist man live und in Farbe dabei.
Und es haben plötzlich Leute eine hochfundierte Meinung dazu,die früher nichtmal Japan auf der Landkarte zeigen konnten.

Machen wir uns nicht verrückt; ändern können wir von hier aus garnichts....

Achja;in einem Punkt bin ich direkt von Fukushima betroffen: Eine Farbenfabrik in unmittelbarer Nähe produziert keine Glimmer-Pigmente mehr,dadurch ist der Ford-Farbton Midnight Sky Grey aktuell nicht lieferbar... :pfeif:
Optimismus ist,bei Gewitter in einer Kupferrüstung auf dem höchsten Berg zu stehen und "Scheiß Götter!" zu rufen...

Benutzer 72 gelöscht

Re: Fukushima reloaded

#12

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 9. Okt 2013, 10:00

Ich hab Tschernobyll erlebt - und damals hab ich gedacht, sowas wird nie mehr passieren.

Das werden "die" schon nicht zulassen (ich war damals noch sehr jung).

Bei Fukushima dachte ich zuerst "Tschernobyll reloaded", aber seit ich mich mehr mit dem Thema beschäftige ....

Das ist kein "reloaded", dass ist permanenter Wahnsinn!!

Und jetzt?

daemo
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Re: Fukushima reloaded

#13

Beitrag von daemo » Mi 9. Okt 2013, 10:01

@manfred: danke für die erläuterungen. das hilft beim verständniss schonmal weiter.
was die zwischenlager auf dem gelände selbst angeht: ich vermute mal das die sich einfach dabei gedacht haben das bei kurzen transportwegen weniger schief gehen kann als bei langen transportwegen und man zusätzlich dazu in der lage ist die sachen schnell ins zwischenlager zu bringen.
was den genauen standort angeht. wie groß ist denn das gelände? wenn es ein größeres areal ist und ein teil des geländes hoch genug gelegen ist dann besteht da nur noch ein geringes risiko. denn bei fukushima war ja wenn ich das richtig in erinnerung habe nicht das erdbeben das große problem sondern der tsunami der dann viel zerstört hat bzw die kombination aus beben + tsunami.
wenn das zwischenlager leicht erhöht ist und von einem gleichartigen tsunami nicht erfasst werden kann dann seh ich da kein grund zur sorge. und falls ein stärkerer tsunami über japan einbricht.... dann haben die wohl ganz andere probleme.

@frodo: ich bin zwar auch kein japan-kenner, aber ich kenn mich mit geschichte ein bischen aus. dieses "sieg oder tod" motto gab es im kaiserreich also im 2. wk und davor. kämpfen bis zum untergang und das aufopfern für eine "größere sache" war damals in japan und ein paar wenigen anderen ländern weit verbreitet. im übrigen genauso wie in deutschland wo ebenso verbissen gekämpft wurde. versuch jetzt mal jemanden in deutschland zu finden der den "heldentod" in kauf nimmt oder auf verlorenen posten weiterkämpfen würde um anderen ein wenig zeit zu erkaufen. selbst beim militär wirst du da nicht fündig werden. die mentalität hat sich stark gewandelt und das ist in japan ebenso passiert.

kleiner hintergrund eines vor-ort-psychiaters: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 16466.html
das gibt zumindest einen groben überblick über die mentalität dort.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Fukushima reloaded

#14

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Do 10. Okt 2013, 08:07

http://www.sayonara-genpatsu.de/mitmachaktionen/

Vielleicht ist jemand in der Nähe.... :wink_1:

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syldron
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Re: Fukushima reloaded

#15

Beitrag von syldron » Fr 11. Okt 2013, 12:35

Auf dem Gelaende eines jeden japanischen oder amerikanischen Kernkraftwerkes lagern in den Abklingbecken mehr radioaktive Substanzen, als die Menschheit jemals freigesetzt hat, also mehr als Tsjernobyl, Fukushima und alle nuklearen Explosionen zusammengerechnet. Und diese muessen permanent gekuehlt eerden.

Und was Fukushima betrifft: wenn im Innern der Reaktorgebaeude teilweise nicht mal mehr mit Robotern gearbeitet werden kann, weil diese durch das hohe Strahlenniveau nach wenigen Minuten nicht mehr funktionieren, dann heisst das im Klartext, dass man gar nichts mehr machen kann. Die sollen zusehen, dsss sie da die abgebrannten Brennstaebe wegkriegen, solange dss noch moeglich ist.
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emil17
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Re: Fukushima reloaded

#16

Beitrag von emil17 » Mo 14. Okt 2013, 14:14

Manfred hat geschrieben: Ich verstehe nicht, wieso man das Zwischenlager für die bereits geborgenen Brennstäbe aus den anderen Abkühlbecken und für die Schlämme und Filter aus der Aufbereitung des Kühlwassers auf dem Gelände selbst eingerichtet hat und nicht auf sicherem Grund. Dann wäre das Zeug auch aus der Schusslinie, falls es zu einem erneuten großen Vorfall kommt, z.B. weil bei der Bergung der weiteren Brennstäbe etwas schief geht oder weil ein neues starkes Beben das Kühlbecken beschädigt etc.
Kleine Begriffspräzisierung: Das Zeug wäre nicht aus der Schusslinie, um bei deinem Beispiel zu bleiben, denn das Zeug ist die Munition.

Ich verstehe das schon.
Abgebrannte Brennelemente werden beim Kraftwerk gelagert, weil sie dort erzeugt werden und weil niemand weiss wohin damit.
Das ist überall auf der Welt so.
Das hätte man sich besser vor der Inbetriebnahme von Kernkraftwerken überlegt, aber das tut man ja auch in Westeuropa prinzipiell nicht.
Bei modernen, dem neuesten Stand der Technik entsprechenden Anlagen ebenso nicht wie bei Klitschen wie Fessenheim oder Mühleberg.

Ja, wohin um Gottes Willen sollen sie denn damit? Wir reden da von Dutzenden von Tonnen höchstradioaktivem Müll in undefinierten Zustand. Wie teuflisch das ist, mag das Beispiel des Goiania-Unfalls zeigen - dort ging es aber "nur" um knapp 100 Gramm, nicht um einige Tonnen.

Zweitens ist das Ganze dort ein absolutes Gebastel und ein Improviseren übers andere. Dort funktioniert nach der Katastrophe überhaupt nichts mehr. Die Mahner vor der Katastrophe wurden genau deswegen als professionelle und ideologisch motivierte Schwarzmaler verunglimpft. Jetzt, nachdem es so schlimm gekommen ist, beruft man sich auf die Katastrophe. "Die Katastrophe ist schuld daran, dass ... "

Ich darf daran erinnern, 1896 gab es genau dort schon mal ein ähnlich starkes Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami. Die Kraftwerksbetreiber haben beschlossen, aus Kostengründen ihre Anlage nicht für eine Wiederholung eines derartigen Ereignisses auszulegen.
Das war eben ein Super-GAU (GAU = grösster anzunehmender Unfall). Auslegung auf allzu schlimme Katastrophen würde ja die Rentabilität im Normalbetrieb gefährden. Deshalb heisst es eben nicht GDU (grösster denkbarer Unfall).
Die Betreibergesellschaft bastelt sich ein Unfallszenario zusammen, das kommunizierbar ist, und das Verantwortungsbewusstsein der Firma gegenüber der ihr anvertrauten Bevölkerung zeigt. Aber bitte nicht so schlimm, dass die Leute nicht mehr wollen oder dass es gar unrentabel wird.

Die gleiche Mentalität tritt immer dort auf, wo theoretisch funktionierende, aber in der Praxis unbeherrschbare Technik für kommerzielle Nutzung "optimiert" wird. In Europa wären die Katastrophe von Vajont oder der Unfall von Seveso ein Beispiel dafür. Sowie ausnahmslos jedes AKW, falls eines platzt (was Gott verhüten möge, die Menschen können es offenbar nicht).
Diese Mentalität ist die eigentliche Ursache des Problems. Der Tsunami war nicht die Ursache, er war nur der Anlass.

Das Prinzip ist immer das Gleiche:
Vor der Katastrophe gilt die Sache als sicher, da ja nichts passiert ist.
Für die Sicherheit zuständig ist ein Amt mit Sachverständigen, die mit der Industrie verbandelt sind und eng mit diesen zusammenarbeiten, oder der Bequemlichkeit halber die Betreibergesellschaft gleich selber, weil dort ja die geballte Sachkompetenz sitzt.
Was kriegst du für einen Prozess, wenn der gegnerische Anwalt auch noch wichtigster Experte in Sachfragen ist und es keine Berufungsinstanz gibt? Sowas gibt es im Rechtsstaat nicht? Warum dann in der Atomindustrie?

Nach der Katastrophe ist die Ursache immer eine unglückliche Verkettung von Umständen, die so nicht voraussehbar war.
Die Betreibergesellschaft wird liquidiert;
der Steuerzahler muss einspringen;
unmittelbar Betroffene erhalten eine symbolische Entschädigung, wenn sie die Sache überlebt haben, ferner Zelte oder Baracken, Milchpulver und Wolldecken;
die anderen ein Denkmal;
ein paar Direktoren werden bei vollem Gehalt in den Ruhestand versetzt,
aus dem Gelände wird je nachdem ein Sperr- oder Naturschutzgebiet,
andere ebenso hoch riskanten Technologien werden, da überhaupt nicht vergleichbar, aber rentabel, weiter betrieben;
nach einigen Wochen oder Monaten verschwindet das Thema aus der Presse: "Wir müssen jetzt vorwärts blicken, alles andere bringt nichts";
und die Erde dreht sich weiter.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Dagmar
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Re: Fukushima reloaded

#17

Beitrag von Dagmar » Mo 14. Okt 2013, 14:30

Hallo emil,
emil17 hat geschrieben:Nach der Katastrophe ist die Ursache immer eine unglückliche Verkettung von Umständen, die so nicht voraussehbar war.
Die Betreibergesellschaft wird liquidiert;
der Steuerzahler muss einspringen;
unmittelbar Betroffene erhalten eine symbolische Entschädigung, wenn sie die Sache überlebt haben, ferner Zelte oder Baracken, Milchpulver und Wolldecken;
die anderen ein Denkmal;
ein paar Direktoren werden bei vollem Gehalt in den Ruhestand versetzt,
aus dem Gelände wird je nachdem ein Sperr- oder Naturschutzgebiet,
andere ebenso hoch riskanten Technologien werden, da überhaupt nicht vergleichbar, aber rentabel, weiter betrieben;
nach einigen Wochen oder Monaten verschwindet das Thema aus der Presse: "Wir müssen jetzt vorwärts blicken, alles andere bringt nichts";
und die Erde dreht sich weiter.
da gebe ich dir vollkommen Recht. Und deshalb glaube ich, daß wir auf globaler Ebene uns mit unserem System mit voller Geschwindigkeit gegen die Wand fahren werden (Raubbau Bodenschätze, Klimaveränderung, Überbevölkerung, etc.).

Und hinterher ist das Jammern groß. Ich glaube der liebe Gott hat bei der Konstruktion des Menschen einfach einige wichtige Dinge vergessen "zu erledigen". :lol:

Sarkasmus an:
Na ja ausbaden muss ich das ja nicht, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit erst die nächsten Generationen.
Sarkasmus aus.


Dagmar
"Ich weiß, daß ich nichts weiß"

Manfred

Re: Fukushima reloaded

#18

Beitrag von Manfred » Mo 14. Okt 2013, 14:39

@Emil: Wir sind da schon auf einer Linie.
Und im Normalbetrieb ist es ja auch sehr sinnvoll, das Abklingbecken direkt neben dem Reaktor zu haben, um in der ersten Phase der Abkühlung, wenn die Brennstäbe noch sehr viel Hitze erzeugen und durch die kurzlebigen Zerfallsprodukte sehr stark strahlen, diese nicht transportieren zu müssen.
Aber in einer Ausnahmesituation wie in Fukushima, wo bei Auftreten eines weiteren GAU das ganze Gelände evtl. lange Zeit nicht mehr für Menschen erreichbar ist, fände ich es eben doch sinnvoll, die bereits geborgenen Brennstäbe auch innerhalb der sonst üblichen Abklingzeit mit den dann natürlich sehr aufwändigen und teuren Sicherheitsmaßnahmen da weg zu schaffen an einen Ort, wo sie auch nach einem weiteren Fukushima-Gau weiter kontrolliert abgekühlt werden können, statt unkontrolliert zusätzliche Mengen Radioaktivität freizusetzen.
Um bei deiner Analogie zu bleiben: Wenn man schon an diesem Ort mit einer gewaltigen Bombe experimentieren muss, dann sollte man wenigstens die die außenherum lagernde Munition aus dem Weg schaffen.
Ist zumindest meine laienhafte Meinung. Fachwissenschaftler können das Risiko natürlich deutlich besser einschätzen als ich.

Benutzer 146 gelöscht

Re: Fukushima reloaded

#19

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » Mo 14. Okt 2013, 16:07

Hallo Manfred,

die Antwort steht in dem Teil von emils Post, den Du nicht zitiert hast (und sinngemäß auch in meinem Vorigen): der Mechanismus der Anpassung der Risikobetrachtung an das wirtschaftlich und politisch Wünschenswerte, ist mit der Katastrophe nicht ausser Kraft gesetzt, sondern bestimmt weiterhin das Handeln der Verantwortlichen!
Mal davon abgesehen, dass so ein alternatives Abklingbecken nicht mal eben von der Feuerwehr mit Stahlrohrgestell und Plane zu bauen ist und ich nicht überrascht wäre zu erfahren, dass es noch überhaupt keine geeigneten Transportbehälter und -fahrzeuge für solche Brennelemente in Japan gibt, - oder haben die schon ein Endlager für hochaktive Abfälle oder eine Wiederaufbereitungsanlage, was Transporte erfordern würde? :hmm:

Benutzer 146 gelöscht

Re: Fukushima reloaded

#20

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » Mo 14. Okt 2013, 16:10

Dagmar hat geschrieben: Na ja ausbaden muss ich das ja nicht, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit erst die nächsten Generationen.
Sarkasmus aus.

da mögest Du Recht behalten... :pfeif:

Nachtrag:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/tech ... 27753.html

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