ina maka hat geschrieben:Was tust du, wenn du dir eine (gute) Privatschule vom Geld her nicht leisten kannst?
Privatschulen gibt es ja in D auch heute mit der Schulpflicht und es entstanden und entstehen auch immer wieder neue Schulen aus privater Initiative heraus. Die Abschaffung der Schulpflicht bzw. die Erlaubnis zum Heimunterricht würde an der Anzahl von Privatschulen und an den Kosten für deren Besuch nichts ändern. Lediglich die Anzahl außerschulisch unterrichteter Kinder bzw. von Kindern, die nicht zu einer Schule gehen, würde steigen.
An den Waldorfschulen ist es beispielsweise so, dass die Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten Schulgeld bezahlen. Auch Kinder, die aus Familien kommen, die sich ein Schulgeld gar nicht leisten könnten, können daher aufgenommen werden. An manchen anderen Privatschulen ist das auch so oder es besteht die Möglichkeit von Stipendien oder sie können kostelos besucht werden, so wie staatliche auch.
ina maka hat geschrieben:und sowieso, wenn es im Elternhaus sooo schlimm ist, hilft die Schule auch nicht mehr wirklich viel!!!
Dann bräuchten diese Eltern und diese Kinder beide dringend Hilfe....
Joe ist ja nun Lehrer an einer Schule, an der leider etliche Schüler aus Elternhäusern stammen, die ihre Kinder sowohl kaum selbst unterrichten könnten oder es wollen würden, die sie aber trotzdem nicht zur Schule schicken würden, wenn sie es nicht müssten. Er sammelt also tagtäglich aus erster Hand Erfahrungen in dieser Hinsicht. Du hast natürlich insofern Recht, dass hier sowohl die Kinder als auch die Eltern Hilfe benötigen. Aber die bekommen sie ja heute gerade, weil es die Schulpflicht gibt. Würden die betroffenen Kinder nicht zur Schule gehen und Lehrer wie Joe würden sich nicht um sie kümmern, dann würden sie in verschiedener Hinsicht und von vorn herein ganz auf der Strecke bleiben. Kinder aus Familien mit einem sozial benachteiligten und bildungsfernem Hintergund wären also noch mehr im Nachteil als sie es heute eh schon sind. Für solche Kinder ist die Schulpflicht ein Segen, beziehungsweise die einzige Chance auf Bildung überhaupt. Und sie sind gegenüber Kindern, deren Eltern Heimunterricht aus Engagement und Überzeugung heraus anstreben, leider in der Überzahl.
Sicher gibt es Leute, die ihre Kinder selbst unterrichten wollen und können würden. Und vielleicht könnte man ein Konzept entwickeln, damit solch engagierte Eltern das auch dürfen. Aber, es dürfte ziemlich kompliziert sein, festzulegen, wer denn nun seine Kinder Zuhause unterrichten darf darf und wer nicht. Wie wollte man ohne eine solche Regelung die oben beschriebenden Nachteile für Kinder ausschließen, die nicht so ein Glück mit ihren Eltern haben? Mal abgesehen vom Engagement... Wissen zu vermitteln, gelingt beim besten Willen nicht jedem gleich gut. Und bedeutet das nicht, dass Kinder von weniger gebildeten oder lehrbegabten Eltern grundsätzlich auch von vorn herein eine umso schlechtere Chance auf eine fundierte Schulbildung hätten? Von daher bin ich eindeutig für den Erhalt der Schulpflicht, würde aber u. U. dafür plädieren, dass die Möglichkeit zum Heimunterricht gewährt werden sollte, sofern der Nachweis erbracht werden kann, dass Eltern auch willens, fähig bzw. in der Lage dazu sind, ihre Kinder tatsächlich und nicht nur pro forma zu unterrichten. Und da beißt sich die Katze schon wieder in den Schwanz... wie sollte man das prüfen?
Wie ist das denn in der Praxis in Österreich, Ina? In Ö ist ja der häusliche Unterricht auf den staatlichen Lehrplan ausgerichtet und die so unterrichteten Kinder müssen sich an Schulen Prüfungen unterziehen. Was passiert, wenn Kinder bei Prüfungen durchfallen? Es geschieht ja auch an Schulen aus verschiedensten Gründen, dass Kinder sitzen bleiben. Aber da gibt es den Klassendurchschnitt der erbrachten Leistungen als Indiz dafür, ob der Unterricht Ursache für das Nicht-Erreichen des Lernziels gewesen ist. Und die Lehrer an einer Schule haben studieren und Prüfungen ablegen müssen. So kann man zumindest davon ausgehen, dass die grundlegenden Erfordernisse zum Lehren und Lernen gegeben waren. Wie aber wird nach dem häuslichen Unterricht festgestellt, ob ein Kind eine Prüfung vielleicht nur schlecht oder gar nicht bestanden hat, weil der Heimunterricht nicht gut genug gewesen ist oder tatsächlich gar keiner stattgefunden hat? Was würde beispielsweise passieren, wenn ein Kind aufgrund eines unzureichenden Heimunterrichts kaum das Lesen gelernt hat und deswegen nicht einmal die Aufgabenstellung verstehen kann? Wird da dann nachgeforscht und, falls der Heimunterricht dafür ursächlich sein sollte, greift notfalls dann doch noch eine Schulpflicht? Oder haben solche Kinder einfach Pech?