Und mir ist es nach wie vor völlig rätselhaft warum einige meinen sie wären stolz drauf, dass sie ihre Pferde nach ihrem ableben auch essen.
Ich denke, es geht bei dem Thema ja nicht explizit ums Pferd, sondern darum, ein Tier zu essen, zu dem man eine enge Bindung hat. Darum möchte ich dir erklären, was es mit diesem "Stolz" auf sich hat. Ich war mal ein Mensch, der nur anonymes Fleisch gegessen hat. Ich habe damals nur Kuscheltiere gehalten, die ich nie und nimmer gegessen hätte. Wenn eines dieser Kuscheltiere gestorben ist, musste ich jemand holen, der das Tier aus der Wohnung holt, ich hatte Panik vor toten Tieren und hätte sie nicht anfassen können.
Irgendwann kam dann der Umdenkungsprozess. Und ich habe mich ganz langsam vorgetastet. Ein Tier zu essen, zu dem ich eine Bindung aufgebaut hatte, war schwer für mich, es selbst zu töten unmöglich. Ich hatte aber vor das zu ändern und das war ein langer Weg, der bei Hühnern begann und inzwischen geschätzte 80% unseres Fleischbedarfs deckt (die Zukäufe sind hauptsächlich Geflügel, weil da der Fuchs bisher schneller war). Und ich bin stolz darauf, es so weit geschafft zu haben. Manchmal sprechen mich Leute am Grundstück an, was ich mit den Tieren eigentlich mache. Wenn ich antworte, dass sie zur Lebensmittelgewinnung dienen, kommt oft der Satz: "Ich könnt ja nie ein Tier essen, dem ich in die Augen geschaut habe." Meine Antwort darauf ist, dass ich kein Tier mehr essen möchte, dem ich nicht in die Augen schauen konnte.
Vor allem esse ich natürlich Tiere, zu denen ich wenig Bezug hatte. Wenn ein männliches Lamm auf die Welt kommt, ist das eben ein Braten, fertig. Aber auch wenn ein Tier fast zu Ende gelebt hat, werde ich es essen. Ich habe neulich meine Maranshenne geschlachtet, zu der ich einen besonders intensiven Bezug hatte. Das war hart und ich habe lange gezaudert es zu tun. Aber beim Essen war ich stolz darauf, mein eigenes Huhn zu essen und nicht so ein anonymes. Ich habe insbesondere zu den Ziegen, die ich seit Jahren melke einen tiefen Bezug. Es fällt mir sehr schwer, wenn ich in diesem Jahr meine älteste Ziege zusammen mit ihren Lämmern zum Schlachthof bringe. Else hat mir einige Lämmer geschenkt und viele Liter Milch. Else war eine gute Leitziege und hat die Herde vor Füchsen verteidigt bis hin zum Mord. Damals wurde Else gar von der Staatsanwaltschaft gesucht. Seit letztem Jahr baut sie ab und alle Versuche, ihr was Gutes zu tun schlagen fehl. Ich habe es letztes Jahr nicht übers Herz gebracht, sie zum Schlachter zu bringen, in diesem Jahr werde ich es tun, weil ihr alles andere nur schaden würde. Und dann wird sie mir ihren letzten Dienst erweisen, indem ich ihr Fleisch esse.
Ich kann mir denken, dass das beim Pferd schwieriger ist, weil deren Leben länger ist. Je mehr Jahre, desto mehr Bindung, da weiß ich auch nicht, ob ich das dann nicht sentimentaler empfinden würde.
Aber man kann stolz darauf sein, es zu können. Denn man isst schließlich nicht die Seele. Das eigene Tier essen zu können, bedeutet doch nur, dass man das gedanklich trennen kann. Doch, darauf bin ich stolz.