Sabi(e)ne hat geschrieben:Moin,
Unterschied Kardieren zum Kämmen:
gekämmt wird langfasrige Wolle, um möglichst alle Fasern parallel zu haben, und dann ein sehr glattes Kammgarn zu spinnen (worsted).
Kardiert wird kurzfasrige Wolle, um ein möglichst gleichmäßiges dünnes Vlies zu erzeugen, in dem die Fasern möglichst in alle Richtungen gehen, um ein flauschiges, fluffiges Streichgarn zu spinnen (woolen).
Kammgarn als Kettgarn zum Weben, bei sehr teuren Stoffen auch als Schußgarn, Streichgarn im allgemeinen nur als Kettgarn, und zum Stricken.
Der Unterschied liegt in der Energie, die es kostet, die Fasern zu sortieren, und die Menge des Dralls auf dem Faden - Streichgarn ist viel schneller und billiger herzustellen, aber lange nicht so strapazierfähig wie Kammgarn.
Nachtrag: Verarbeitung geht beim Kardieren so:
Wolle waschen, auflockern (mit einer Flickkarde), und dem Kurbelmaschinchen zuführen.
Wenn die Trommel voll ist, Vlies abnehmen, vertikal teilen und nochmal durchkurbeln, und falls nötig, auch ein drittes Mal.
Und dann halt spinnen im langen Auszug.
Hallo.
Also ich kenne mich zwar weniger mit der Handverarbeitung aus, dafür umso besser mit der industriellen.
Vom Kardieren spricht man in Spinnereien nur im Zusammenhang mit der sogenannten Kurzstapelspinnerei -
also Baumwolle und auf Baumwollstapellänge geschnittene bzw. gerissene Kunstfaser bis max. 45mm.
Dabei geht es beim Kardieren um das Reinigen und Parallelisieren der Fasern.
In diesem Zusammenhang spricht man beim Kämmen vom entfernen besonders kurzer Fasern.
"gekämmte Baumwolle" die zuvor kardiert wurde.
Bei Wolle spricht man in der Industrie nicht vom Kardieren sondern vom Krempeln.
Der Unterscheid liegt in den bei Wolle viel längeren Fasern die eine Baumwollkarde sofort blokieren würden.
Gearbeitet wird deshalb nicht mit Wanderdeckeln und Kardiersegmenten sondern Arbeiter/Wender Paaren.
Deshalb spricht man von Walzenkrempeln, im Unterschied zu Deckelkarden.
Dieser Vorgang ist zunächst für Kamm - und Streichgarn gleich.
Kammgarn ist deshalb teurer und hochwertiger weil die Wollfasern deutlich länger sind.
Ausserdem sind für die Verarbeitung deutlich mehr Arbeitsschritte notwendig.
Dazu eignen sich nur bestimmte Schafrassen z.B. Merino mit einer Faserlänge von 80-100 mm.
Diese Wolle ist knapper und teuerer, kürzere Wollfasern 10-80 mm müssen im Streichgarnverfahren
gesponnen werden da sie bei guter Parallelisierung nicht genug Haftung entwickeln.
Bei Baumwolle funktioniert das auch nur deshalb, weil Baumwollfasern deutlich feiner sind.
Streichgarne bestehen aus Fasern, die nicht stark parallelisiert sind sondern auch Wirrlagen aufweisen.
Aus diesem Grund können Kammgarne deutlich feiner ausgesponnen werden da längere Fasern auch bei
geringer Anzahl Fasern im Garnquerschnitt noch ausreichend Haftung entwickeln um Zugfestigkeit zu erreichen.
Längere Fasern müssen auch weniger stark verdreht werden, um die Haftkraft der Fasern aneinander zu nutzen.
Es gibt wie bei der Baumwolle die Möglichkeit kurze Fasern auszukämmen, dies führt zu besseren Festigkeiten
und Gleichmässigkeiten und ermöglicht feinere Garne auszuspinnen, erhöht jedoch Aufwand und Kosten durch
Matrialverlust und mehr Arbeitsschritte.
Gruß vom Hotzenwalder