Asse-Desaster

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Rati
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Re: Asse-Desaster

#31

Beitrag von Rati » Do 24. Jan 2013, 16:49

Manfred hat geschrieben:...Ausbringen könnte man es z.B. indem man normale Frachtschiffe mit entsprechenden Verteilern versieht. Jedes Fachtschiff bekommt dann einen kleinen Tank bereits stark vorverdünnten Materials mit auf die Reise, das es unterwegs tröfchenweise in verschiedenen Tiefen absondern könnte. Aber da will ich mich nicht festlegen. Es gibt eine Menge kluger Köpfe auf der Erde, die man auf der Suche nach Lösungen für das Verteilungsproblem einspannen könnte.
Wie haben ja auch noch aktive Bergwerke, die taglich tausende Tonnen Abraum bewegen. Da könnte man auch feinverteilt einmischen. Usw. usw.
o nee, manfred das hieße ja dieses Zeug tagtäglich kreuz und queer durch die Welt zu karren um es dann an Häfen oder Abraumhalden zu verteilen. Über kurz oder lang könntest du an jeder Strasse und an jedem Hafen die Geigerzähler rasseln hören.
Du weist doch wie das ist, mit der Routine kommt die Fahrlässigkeit. Und ist das Zeug erst mal frei gelassen wirst du es nicht mehr so schnell los.

Grüße Rati
Was ist ist! Was nicht ist ist möglich!"
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emil17
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Re: Asse-Desaster

#32

Beitrag von emil17 » Do 24. Jan 2013, 23:43

Manfred hat geschrieben: (...)
Eine Technik, wo man sich Unfälle prinzipiell nicht leisten kann, darf man nicht verwenden. Da gibt es keinen Diskussionsbedarf.
Und nachdem sogar die Behörden, die ja wirklich atom- und wirtschaftsfreudlich sind, mit einigen Kosten zu verhindern suchen, dass der Dreck überall hin in die Umwelt kommt, muss mir keiner vorrechnen wollen, dass das harmlos und unbedenklich und überhaupt eine geniale Lösung sei.

Es könnte ja auch ethische Gründe geben, die gegen eine wahllose Verklappung überallhin sprechen.

Damit man sich nicht allzusehr über die genaue Zusammensetzung und Zerfallsdichte und Definition von "hoch radioaktiv" und dergleichen streiten muss, gibt es übrigens die Konvention, bei jedem Kernunfall oder Atommüllagerleck die freigesetzte Radioaktivität in Becquerel (= Zerfälle pro Sekunde) anzugeben. Da kommen dann immer so unbequem gigantisch grosse Zahlen dabei raus. Wie schon gesagt, beim Tschernobyl-Unfall haben einige Kilogramm Cs137 ausgereicht, um mehrere hunderttausend Quadratkilometer Erdoberfläche zu verseuchen:

Verseuchung Westeuropas nach der Katastrophe_von_Tschernobyl; Unterstreichungen von mir
"Insgesamt wurden etwa 218.000 Quadratkilometer mit mehr als 37.000 Becquerel (37 kBq) 137Cs pro Quadratmeter radioaktiv belastet. Mehr als 70 Prozent dieser Gebiete liegen in Russland, der Ukraine und Weißrussland. Während hier die stärksten Konzentrationen an flüchtigen Nukliden und Brennstoffpartikeln entstanden, wurde mehr als die Hälfte der Gesamtmenge der flüchtigen Bestandteile und heißen Partikel außerhalb dieser Länder abgelagert. Jugoslawien, Finnland, Schweden, Bulgarien, Norwegen, Rumänien, Deutschland, Österreich und Polen erhielten jeweils mehr als ein Petabecquerel (1015 Bq oder eine Billiarde Becquerel) an 137Cs. Zu den weniger betroffenen Staaten Europas gehörten Belgien, Frankreich, Irland, Luxemburg, Niederlande, Großbritannien, Spanien und Portugal.[18] Auch einige Regionen in Großbritannien und Skandinavien sowie im Alpenraum sind teilweise hohen Cäsium-Kontaminationen ausgesetzt; die Belastung nimmt im Laufe der Jahre nur langsam ab, weil die Halbwertszeiten einiger radioaktiver Isotope des "Fallout" mehrere Jahrzehnte betragen. In einigen Ländern gelten weiterhin Einschränkungen bei Produktion, Transport und Verzehr von Lebensmitteln, die immer noch durch den radioaktiven Niederschlag von Tschernobyl belastet sind.[19] Insgesamt wurden in Europa etwa 3.900.000 km², das heißt 40 Prozent der Gesamtfläche, mit mindestens 4 kBq/m² 137Cs kontaminiert.[20] Außerhalb Europas waren vor allem Vorderasien und Nordafrika betroffen.[18]

Österreich gehörte zu den am stärksten betroffenen Ländern. Es kam zu einer durchschnittlichen 137Cs-Kontamination von 18,7 kBq/m². Die Maximalwerte erreichten in einigen Gegenden fast 200 kBq/m². Höhere Werte wurden nur in Weißrussland, Russland und der Ukraine sowie einigen Gebieten Skandinaviens gemessen"

Was da rausflog und grossflächig verdünnt (!) runterkam, war nur ein Teil des radioaktiven Inventars eines einzigen Reaktors eines einzigen Kernkraftwerks. Davon gibt es aber hunderte! Angesichts dieser Tatsachen davon zu sprechen, dass grossflächige Einbringung in die Umwelt von wesentlich grösseren Mengen Radioaktivität eine praktikable Lösung sei, ist für mich schlicht unverständlich. :dreh:
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Asse-Desaster

#33

Beitrag von Manfred » Do 24. Jan 2013, 23:48

Emil, ich kann dich nicht daran hindern, dich auf Basis von Emotionen nüchternen Fakten zu verschließen.
Damit ist aber keine sachliche Diskussion mehr möglich.
Und Atom-Religion ist nicht mein Fachgebiet. Da fühlen sich genug andere berufen.

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Re: Asse-Desaster

#34

Beitrag von Narrenkoenig » Fr 25. Jan 2013, 01:36

Nu,
hier geht auch noch jede Wildsau am Geigerzähler vorbei. Gut in der Rheinebene nicht direkt aber so 25km Luftlinie in der Vorgebirgszone vom Schwarzwald ist das Standard bevor Wild freigegeben wird.

Grüße

Robert
Ich bin zur Vernunft gekommen,
leider war sie grad nicht da.

Manfred

Re: Asse-Desaster

#35

Beitrag von Manfred » Fr 25. Jan 2013, 09:23

Wie schon 2 x geschrieben: 137 Cs lässt sich abtrennen.
Ber Tschernobyl wurden gerade mal 28 kg frei.
Und die haben sich auf ein relativ kleines Volumen verteilt. Wie hoch war denn die durchschnittliche Aktivität zu Beginn auf dieser gesamten Fläche? (Nicht die paar Hotspots). Und auf welche Bodentiefe hat sich das Verteilt? 10 mm? Das ist ja gerade das Problem beim Wild und bei den Pilzen, dass das Cs kaum in tiefere Bodenschichten gewaschen wird, sondern gerade in Waldböden im Kreislauf der obersten Bodenlage bleibe und damit konzentriert vom Wild und von den Pilzen aufgenommen wird. Aber Tschernobyl ist inzwischen 25 Jahre her und wir nähern uns bereits der 1. Halbwertszeit. Sprich es sind schon fast 50% der Ursprünglichen Menge zerfallen.
Von den kurzlebigen radioaktiven Elementen, die den Hauptteil der Belastung in den ersten Tagen und Wochen ausmachten (133 Xe, 132 Te, 131 und 133 Iod) sind eh nur noch minimale Spuren vorhanden, dank der Halbwertszeiten von Tagen oder gar nur Stunden.
Für die Endlagerproblematik sind diese Stoffe kaum relevant. Das Problem machen die langlebigen Elemente. Wenn wir die mit Gewalt irgendwo in hoher Konzentration hinpacken wollen, sie aber nicht für 100.000e Jahre sicher verschließen können.

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Re: Asse-Desaster

#36

Beitrag von roland » Fr 25. Jan 2013, 10:37

Hi,
ich bin auch der Meinung, das die Gefahr der Radioaktiven Stoffe vor allem in ihrer Konzentration liegt. Und - und das spricht gegen Deine Vorschläge mit dem verteilen, Manfred - in der zerkleinerung und Lösung der Stoffe.

In der Natur sind die großen Mengen an Strahlern in Felsen eingelagert und werden nur in gerignen Dosen über Flüsse ausgewaschen.
Aber wenn wir das zeug rausholen, wird es schnell und großflächig verteilbar (Staub/Flüssigkeiten/...) Und dann noch alles auf einem Ort!

Ich denke, eine reale Möglichkeit wäre, die Abfälle in Felsähnlichen Zustand (Verglast oder in Schlacke eingegossen) wieder in die Bergwerke zu lagern. Eben so, das Wasser nur wie im normalen Gestein etwas abspülen kann.
Dabei darf die Natürliche Menge an radioaktivem Material aber nicht überschritten werden! Ich will mir nicht ausmalen, was mit einer nur 0,???% Steigerung der Radioaktivität in der Wiege allen Lebens (Ozean) passiert!

Also: riesen Mengen Fels schmelzen, das Material einlagern, transportieren, vergraben - wäre mal interessant, wie dann die Energiebilanz von Atomstrom aussähe :hmm:
Realismus an: wird nie gemacht werden, bezahlt keiner. Solange es nach dem Geld geht, gibt es keine Lösung für das Problem.

Ach ja, irgendwer schrieb was von, es hört ja bald auf mit den AKW´s - Sorry, aber das ist falsch, Weltweit werden es mehr und mehr. :bang:

Roland

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Re: Asse-Desaster

#37

Beitrag von emil17 » Fr 25. Jan 2013, 10:53

Manfred hat geschrieben:Emil, ich kann dich nicht daran hindern, dich auf Basis von Emotionen nüchternen Fakten zu verschließen.
Damit ist aber keine sachliche Diskussion mehr möglich.
Mir geht es ebenso - aber Deine Fakten stehen in irgendwelchen Lehrbüchern, meine sind leider Tatsachen aus dem Alltag, denn diese Katastrophen haben sich ereignet. Solange praktische Erfahrungen mit Atommüll (an unfreiwilligen Versuchspersonen!!!) der Theorie von der problemlosen Entsorgung widersprechen, ist das bestenfalls eine ähnliche Geschichte wie die vom schnellen Brüter Kalkar, der auf dem Papier wunderbar funktioniert hat, in der Praxis wurden damit Milliarden (wessen Geld?) versenkt und keine einzige Kilowattstunde Strom netto erzeugt. Und auch dort wurde sehr genau und mit nüchternen Fakten erklärt und berechnet, warum das problemlos funktioniert und wie viel besser eine Welt mit unerschöpflicher und billiger Energieversorgung doch ist.

Da man aus praktischen Gründen nicht die ganze Erdoberfläche metertief umgraben und nach Beimischung von Atommüll homogenisieren kann, ist die Diskussion darüber ziemlich unsinnig. Sorry. Aber du könntest Dich ja mal mit Deinen Äckern darum bewerben. (Ah nein, so war es doch nicht gemeint? Darum doch lieber das Zeug ins Meer kippen - das ist weiter weg und ich merke nichts davon, wenn ich nicht will?)
Manfred hat geschrieben:Aber Tschernobyl ist inzwischen 25 Jahre her und wir nähern uns bereits der 1. Halbwertszeit. Sprich es sind schon fast 50% der Ursprünglichen Menge zerfallen.
Wenn Deine Schlussfolgerung aus dieser unbestrittenen Tatsache die ist, dass es ja eigentlich nicht wirklich ein Problem ist, bzw. dass das Problem gerade dabei ist, sich selbst zu lösen, dann kann diese Aussage hier nur zynisch oder menschenverachtend sein. Wenn es aus einem anderen Grund hier steht, dann bitte nenne diesen Grund, damit ich es begreife.
Fakt ist, dass der Landstrich dort auf Jahrhunderte hinaus unbewohnbar sein wird, und dass Hunderte oder Tausende von gewöhnlichen Leuten, die nie gefragt wurden, an Leukämie und anderen Scheusslichkeiten erkrankt sind, dass viele missgebildete oder tote Kinder geboren wurden, und und und.
Manfred hat geschrieben:Das ist ja gerade das Problem beim Wild und bei den Pilzen, dass das Cs kaum in tiefere Bodenschichten gewaschen wird, sondern gerade in Waldböden im Kreislauf der obersten Bodenlage bleibt und damit konzentriert vom Wild und von den Pilzen aufgenommen wird.
Ich finde, weder Wild noch Pilze noch Böden sind das Problem, sondern die technischen Anlagen, welche das Zeug in die Umwelt entlassen.
Nach dieser Logik wäre, wenn beim Bergsteigen der Vorgänger einen Steinschlag auslöst, der Dich tötet, das Gewicht oder die Härte der fallenden Steine das Problem und nicht die Tatsache, dass da einer nicht aufgepasst hat.

Aber vermutlich hast Du Recht: es ist sinnlos, darüber zu diskutieren, wenn Faktenresistenz oder Religion, was so ziemlich dassselbe ist, herrscht. Also behalte Deinen Atomstrom für Dich und kipp das Zeug ins Meer, aber bitte in Dein privates Meer und nicht in dasjenige, das allen gehört. Ich kann ja auch nicht meinen Müll in Deinen Garten kippen und beschliessen oder ausrechnen, dass Dich das gar nicht betreffen kann und deshalb auch nicht zu stören hat.
Falls doch, dann beweise mir, dass deine toten oder dahinsiechenden Angehörigen genau wegen dem Atommüll vom AKW X und nicht aus sonstigen Gründen krank geworden oder gestorben sind. Gelingt Dir das, dann kriegst Du ungefähr zwei Monatseinkommen Entschädigung (so bei Fukushima, bei Tschernobyl, beim Unfall mit einer medizinischen Kobaltbombe in Thailand) und gibst gefällig Ruhe.
(Das elende an diesen Nuklearunfällen ist, dass es so viele davon gibt, dass man sogar Statistik damit betreiben kann)

Eine Lösung des Atommüllproblems erschöpft sich nicht in der theoretischen Berechnung von Restaktivitäten in Abhängigkeit von Verdünnung und Halbwertszeit, sondern sie muss mit real existierenden Menschen und real existierender Technik in real existierenden Gesellschaften praktikabel sein, ohne dass man dafür Menschen in ihren Grundrechten (in dem Fall Unversehrtheit an Leib und Leben) einschränken muss.
Ich finde immer nur Beweise, dass das nicht funktioniert. Solange Verglasung und Versenken in Tiefstollen teurer ist als Verklappen irgendwo, wird es immer Menschen geben, die verklappen - einfach weil Menschen halt so funktionieren. Weshalb soll das beim Verteilen in die Umwelt anders sein? Deshalb ist "Weiter so bis zum Unfall, dann Suche des Schuldigen und bessere Vorschriften" keine Lösung, sondern Ignoranz des Grundproblems. Weil man es sich bei Atommüll schlicht nicht leisten kann, dass das vorkommt, sollte man entweder die Menschen ändern (ohne mich bitte) oder die Art der Energieerzeugung.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Manfred

Re: Asse-Desaster

#38

Beitrag von Manfred » Fr 25. Jan 2013, 11:22

@Roland: Da rennst du bei mir offene Türen ein. Das Zeug zu verglasen, um die Löslichkeit zu verringern, wäre sicher sinnvoll. Mann könnte dann das Glasgranulat in den Bergbauabraum einmischen und in allte Bergwerke rückverfüllen.

Und das Atommüllerzeugungsproblem wird in D noch lange nicht gelöst sein. Da hast du recht. Selbst wenn in ein paar Jahren unsere eigenen Reaktoren den Betrieb eingestellt haben. Der Müll wird nicht weniger, nur weil der durchschnittle Grünwähler von seinem SUV auf der deutschen Autobahn aus die Atomkraftwerke in Frankreich und Tschechien nicht sehen kann, die den Strom für uns produzieren und weiter produzieren werden. Da können wir netto noch so viel Ökoenergie exportieren. Solange wir weiter Atomstrom importieren, aus Kostengründen und als Lückenfüller, und in Form diverser energieintensiver Produkte aus China und sonstwoher (z.B. Solarmodule), solange produzeiren wir weiter Atommüll. Nur das Entsorgungsproblem haben wir verlagert. Mal wieder das alte Spiel. Aus den Augen, aus dem Sinn.

@Emil: Wie schon geschrieben. Mit rein emotionalen Argumenten kommen wir nicht weiter. Das Problem bleibt und muss irgendwie technisch gelöst werden. Dass Terschernobyl eine Menge Leute aus ihrer Heimat vertrieben, getötet und verletzt hat, und noch heute eine Menge Leid verursacht, ist unbestritten. Und du willst den ganzen Atommüll auf keinem Raum einlagern, um eine neue Quelle für so eine Katastrophe zu schaffen? Das ist doch Widersinnig. Oder wie willst du sicherstellen, dass das Ding über hunderttausende Jahre dicht bleibt und nicht mit Absicht oder aus Versehen wieder geöffnet wird?

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emil17
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Re: Asse-Desaster

#39

Beitrag von emil17 » Fr 25. Jan 2013, 12:04

Manfred hat geschrieben:@Roland: Da rennst du bei mir offene Türen ein. Das Zeug zu verglasen, um die Löslichkeit zu verringern, wäre sicher sinnvoll. Mann könnte dann das Glasgranulat in den Bergbauabraum einmischen und in allte Bergwerke rückverfüllen.

Und das Atommüllerzeugungsproblem wird in D noch lange nicht gelöst sein. Da hast du recht. Selbst wenn in ein paar Jahren unsere eigenen Reaktoren den Betrieb eingestellt haben. Der Müll wird nicht weniger, nur weil der durchschnittle Grünwähler von seinem SUV auf der deutschen Autobahn aus die Atomkraftwerke in Frankreich und Tschechien nicht sehen kann, die den Strom für uns produzieren und weiter produzieren werden. Da können wir netto noch so viel Ökoenergie exportieren. Solange wir weiter Atomstrom importieren, aus Kostengründen und als Lückenfüller, und in Form diverser energieintensiver Produkte aus China und sonstwoher (z.B. Solarmodule), solange produzeiren wir weiter Atommüll. Nur das Entsorgungsproblem haben wir verlagert. Mal wieder das alte Spiel. Aus den Augen, aus dem Sinn.

@Emil: Wie schon geschrieben. Mit rein emotionalen Argumenten kommen wir nicht weiter. Das Problem bleibt und muss irgendwie technisch gelöst werden. Dass Tschernobyl eine Menge Leute aus ihrer Heimat vertrieben, getötet und verletzt hat, und noch heute eine Menge Leid verursacht, ist unbestritten. Und du willst den ganzen Atommüll auf keinem Raum einlagern, um eine neue Quelle für so eine Katastrophe zu schaffen? Das ist doch Widersinnig. Oder wie willst du sicherstellen, dass das Ding über hunderttausende Jahre dicht bleibt und nicht mit Absicht oder aus Versehen wieder geöffnet wird?
Wenn ich eine Lösung für das Problem hätte, würde ich dafür eintreten.
Deshalb will ich:
- dass ab sofort *alle* Atommeiler vom Netz gehen, egal wo sie stehen. Das ist leider unrealistisch, da ich dies leider nur für die Schweiz und auch dort nur marginal beeinflussen kann. Bevor das Problem nicht wirklich gelöst ist, ist doch das mindeste, dass man aufhört, noch mehr Atommüll zu erzeugen!

- dass juristisch die Betreiber und die Aktionäre rückwirkend mit ihrem Vermögen für alle Schäden haften, und zwar mit Beweislastumkehr, d.h. die Justiz vermutet bis zum erbrachten Beweis des Gegenteils, dass alles, was mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Folge des Beriebs einer solchen Anlage ist, durch den Betreiber zu entschädigen ist. Wenn unter solchen Bedingungen der Betrieb nicht wirttschaftlich sein kann, weil die Risikoprämie zu hoch ist, dann ist die Kernenergie eben zu teuer.

-dass für die Beurteilung von Betriebssicherheit usw. internationale Fachgremien bestellt werden, die jederzeit und unangemeldet zu allen Bereichen und allen Daten freien Zugang haben müssen, von den Behörden irgend eines Landes in keiner Weise beeinflussbar sind und ihre finanzielle Unabhängigkeit von der Wirtschaft jederzeit beweisen können.

- Die Strategie "das Zeug ist nunmal da und man muss eine Lösung finden" greift zu kurz, wenn obige Punkte nicht vorgängig gelöst sind. Aus meinem biologischen Wissen heraus ist Radioaktivität mit der Biosphäre unverträglich, hat dort also nichts zu suchen. Zwar gibt es einige Bakterien und Würmer, die unter hoher Radioaktivität leben können, aber Leben, das mehr ist als organisierter Stoffwechsel, gedeiht unter solchen Bedingungen nicht. Also muss es ausserhalb der Biosphäre gelagert werden, und zwar so, dass man jederzeit eingreifen kann, wenn sich herausstellt, dass irgend eine Annahme eben nicht funktioniert. D.h. das Lager muss aufhebbar sein und darf auch nicht Ziel terroristischer Attacken werden.

Wie man das alles lösen kann, hätte man sich besser vorher überlegt. Ob dann Verglasung und Einbetonieren in Tiefengesteinen tektonisch inaktiver paläozoischer Kontinentalrümpfe oder irgend etwas anderes am Besten ist, möge man nach Erfüllung obiger Forderungen untersuchen. Es gab mal so absurde Ideen wie diese, die Behälter mit hochaktivem Abfall einfach aufs antarktische Inlandeis abzuwerfen - die Dinger würden sich dann durch ihre Eigenwärme bis auf den Grund des Eises hinabschmelzen und wären dort sicher. Vom Prinzipen des Affen mit der Bananenschale (wegwerfen und vergessen) unterscheidet sich das alles prinzipiell nicht.

Dieses Fait accompli (es ist nun mal da, also kümmert Euch!) ist so, wie wenn ich einen Schrottwagen in den Wald fahre, und dann dem Förster sage: "Raisonniere nicht, die Kiste steht nun mal da und du bist der Förster, also kümmere dich gefälligst".

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass eine nicht unerhebliche Arroganz in der Annahme liegt, man könne Material irgendwelcher Art auf die Dauer von Hunderttausenden von Jahren "sicher" lagern. Da es zehn Halbwertszeiten braucht, um die Aktivität auf ein Promille des Ausgangswerte abklingen zu lassen, sind solche Zeiträume erforderlich (. In Hunderttausend Jahren wird aus einer tektonischen Verscheibung von 1 Millimeter pro Jahr ein Versatz von hundert Metern. Vor hunderttausend Jahren war Mitteleuropa aus klimatischen Gründen unbewohnbar und zum grössten Teil vergletschert. Die Gebilde, die die Bewirtschaftung und Sicherung eines Endlagers sicherstellen müssen, die politischen Staaten, haben eine typische Lebensdauer von Jahrhunderten.
Und wie kann man sich das Recht anmassen, zukünftige Generationen müssten sich aktiv um Müll der Vergangenheit kümmern, ohne ausser der Gefahr und des Aufwandes etwas davon zu haben? Das geht nur mit dem Prinzip "es ist nun mal da".
Leider kann man auch nicht wie bei Staatsschulden einfach mit einem Federstrich wieder bei Null anfangen, denn das Zeug ist eben da.

Zur Menge und Zusammensetzung von radioaktiven Abfällen siehe hier.
Danach stammt von den jährlich 12'000 Tonnen hochaktiven Mülls der ganz überwiegende Teil aus Kernkraftwerken, nicht aus der Medizin.
(Wie bei den Antibiotika wird die medizinische Verwendung benutzt, um eine Technik zu rechtfertigen, die ganz überwiegend in anderen Bereichen, nämlich hier in der Energieproduktion, dort in der industriellen Tierhaltung, eingesetzt wird und Probleme macht - wer ist schon gegen Medizin?).
Dieses Zeug hat eine thermische Leistung von einigen kW pro Kubikmeter, was auch wieder Probleme macht, weil diese Wärme in abgeschlossenen Behältern oder Verglasungen abgeführt werden muss.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

Benutzer 146 gelöscht

Re: Asse-Desaster

#40

Beitrag von Benutzer 146 gelöscht » Fr 25. Jan 2013, 12:20

@emil: kleine Korrektur: die Kontinentaldrift beträgt zwischen 1-10 ZENTIMETER pro Jahr, in 100000 Jahren also 1-10 KILOMETER, - das hat wahrscheinlich diese Tiefseegraben-Entsorgungsidee inspiriert.
Ansonsten wie schon zuvor: uneingeschränkte Zustimmung!

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