Willkommen im Gottesstaat Deutschland...

[Thomas/V.]

Erzwungene Bescheidung von Kindern aus religiösen Grunden gleicht dem Ausstechen der Augen auf Befehl eines Blinden.

Also bitte, der Verggleich hinkt aber. Ohne Augen kann man nicht sehen, ohne Vorhaut kann Mann allerdings sowohl weiterhin Pinkeln als auch Sex haben. Und zwar mit Spaß daran, auch wenn sich das unbeschnittene Männer vielleicht nicht gut vorstellen können.

Genau die Gleichsetzung von FGM (was tatsächlich Verstümmelung ist) und männlicher Beschneidung ist gefährlich. Dabei wird das eine verharmlost und das andere dämonisiert, was nicht im Interesse derer sein kann, die sich für Menschenrechte wirklich interessieren.

Im übrigen ist die Auswirkung der Beschneidung auf das Sexualleben wohl abhängig vom kulturellen oder persönlichen Kontext, in der diese stattfindet, und auch vom Lebensalter. Vielleicht auch von der Zeitgeist-Hysterie, denn interessanterweise hab ich vor 25 Jahren noch gehört, dass beschnittene Männer erregbarer seien ...

Es geht hier (für mich) weder um Verharmlosung noch Dämonisierung oder ums Sexleben, sondern schlicht und einfach um
die körperliche Unversehrtheit als Menschenrecht.
Und dabei ist es völlig irrelevant, ob man jemandem ein Ohrloch sticht oder das Bein amputiert.
Es geht ums Prinzip! Wer im Geltungsbereich des GG lebt, hat sich ans GG zu halten und keine Sonderrechte zu fordern, egal aus welchen Gründen, so einfach ist das eigentlich.

[Thomas/V.]

@ Frau Hollerbusch:

[Tanja]

Fühlst Du Dich durch das Verbot, in öffentlichen Gebäuden, in denen auch Kinder und Säuglinge gefährdet werden können, zu rauchen, auch diskriminiert und entmündigt?
Wenn ich ein Buch von 1700 ausgrabe, in dem steht, das man sein Kind einmal wöchentlich züchtigen soll und ich an dieses Buch glaube, dann darf ich also auch mein Kind einmal wöchentlich verprügeln mit der Begründung, das es in dem Buch stehe und ich an das Buch glaube?

Nein, natürlich nicht. Aber Rauchen ist für mich auch kein religiöser Akt. Ich bin nicht mal religiös und gehöre auch keiner Konfession (mehr) an. Allerdings ist es ganz offensichtlich so, dass Menschen an sich Religion brauchen und dass sehr viele fest in religiösen Strukturen verankert sind. Und dagegen kommt man mit Verboten und Gesetzen nicht einfach so an. Genau deswegen gilt bei uns auch die Religionsfreiheit. Die Weltreligionen sind seit Jahrtausenden gewachsen, haben sich entwickelt und prägen nach wie vor Kulturkreise. Und sie werden sich auch weiter entwickeln. Wenn man eine solche Entwicklung durch Verbote abrupt vorantreiben wollte, dann würde das insgesamt einen Rückschritt in der Entwickluung bedeuten. Konservative Kräfte in der religiösen Gemeinschaft würden dadurch gestärkt. Beispiele aus der Vergangenheit gibt es dafür genug.

Kennst Du das TARGET-Projekt? Da geht es um die Beschneidung von Mädchen, die vergleichsweise wirklich abartig grausam ist. Die haben sehr viele Erfolge durch Verhandlungen mit den zuständigen Geistlichen erzielt. Allein über diese Schiene ließe sich etwas bewegen. Wobei das noch ein langer Weg ist.

[Adjua]

Komisch nur, dass sich all diese neu ernannten Menschenrechtler/innen hier und in der öffentlichen Debatte gar nicht an deren Untertönen stoßen - Stichwort Gottesstaat, Stichwort Gleichsetzung mit FGM, Stichwort Bärte, und Schlimmeres in der öffentlichen Debatte.

Und dass das plötzliche Interesse an den Menschenrechten sich genau an einem Eingriff aufhängt, der von (amerikanischen) Ärzten als Vorsorgemassnahme empfohlen wird ...

[Wayan]

Allerdings ist es ganz offensichtlich so, dass Menschen an sich Religion brauchen und dass sehr viele fest in religiösen Strukturen verankert sind. Und dagegen kommt man mit Verboten und Gesetzen nicht einfach so an. Genau deswegen gilt bei uns auch die Religionsfreiheit.

Wenn es jemanden sooo wichtig ist, wird er Wege finden z.B. im Ausland. Dies könnte man ja unter Umständen straffrei lassen.
Es ist aber absurd, mühsam erkämpfte Menschenrechte Stück für Stück aufzugeben, weil ein paar Leutchen nicht auf der Höhe der Zeit sind.
Erst die Burka, dann der Schwimmunterricht, das Essen, Bescheidung, Sonderrechte hier und dort. Und es bleibt nicht dabei! In vielen Religionen ist die Missionierung Ungläubiger heilige Pflicht.

Es muss Grundpfeiler geben, auf die sich die Mehrheit verständigt hat. Das Grundgesetz ist doch allgemein anerkannt und das spricht eindeutig vom Recht auf Unversehrtheit. Wenn jemand das GG nicht anerkennt, ist das schon ein anderer Stiefel und sollte eigentlich Konsequenzen haben.

[Wayan]

Und dass das plötzliche Interesse an den Menschenrechten sich genau an einem Eingriff aufhängt, der von (amerikanischen) Ärzten als Vorsorgemassnahme empfohlen wird ...

Die (amerikanischen) Ärzte wollen nur unser Bestes!! (nein Geld nehmen die dafür nicht)

und die Frösche empfehlen die Flutung aller Trockengebiete

[Tanja]

Es ist aber absurd, mühsam erkämpfte Menschenrechte Stück für Stück aufzugeben, weil ein paar Leutchen nicht auf der Höhe der Zeit sind.

Religionsfreiheit ist auch ein Menschenrecht.

Die Religionsfreiheit ist in Deutschland ein durch das Grundgesetz garantiertes Grundrecht. Kraft europäischen Rechts ist die Religionsfreiheit in Deutschland durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistet. Völkerrechtlich ist die Bundesrepublik u. a. aufgrund der Europäische Menschenrechtskonvention zum Schutz der Religionsfreiheit verpflichtet. Ihr Schutz umfasst sowohl Religionen als auch Weltanschauungen. Unterteilt wird sie in die positive und negative Religionsfreiheit. Als positive Religionsfreiheit wird die Freiheit des Grundrechtsberechtigten bezeichnet, eine religiöse oder weltanschauliche Handlung vorzunehmen. Die negative Religionsfreiheit verbietet dem Staat, den Bürger zu einer religiösen oder weltanschaulichen Handlung zu verpflichten.

Quelle: Wiki

So einfach ist das eben alles nicht.

[Knurrhuhn]

Komisch nur, dass sich all diese neu ernannten Menschenrechtler/innen hier und in der öffentlichen Debatte gar nicht an deren Untertönen stoßen - Stichwort Gottesstaat, Stichwort Gleichsetzung mit FGM, Stichwort Bärte, und Schlimmeres in der öffentlichen Debatte.
Und dass das plötzliche Interesse an den Menschenrechten sich genau an einem Eingriff aufhängt, der von (amerikanischen) Ärzten als Vorsorgemassnahme empfohlen wird ...

Hä? Schließlich ist das Thema hier ja "Beschneidung von Kindern", woran soll man sich sonst aufhängen in diesem Thread?
Und großartige Untertöne die Du andeutest und "allen" hier unterstellst die sich kritisch zur Beschneidung äußern kann ich nicht erkennen - da waren einzelne Äußerungen dazu, aber ich lese hier hauptsächlich Meinungen über Beschneidungen im allgemeinen, die sich nicht an einzelnen Religionen aufhängen!
Aber das willst Du anscheinend gern da reininterpretieren wenn Du von "all diese neu ernannten Menschenrechtler/innen" schreibst! Ich lasse mich jedenfalls nicht von Dir in diese Ecke stellen!

Und nur weil amerikanische Ärzte das angeblich als Vorsorgemaßnahme empfehlen, ist es folglich automatisch richtig, seinen Sohn beschnibbeln zu lassen?!
Ich kenne nicht einen einzigen unbeschnittenen Mann, der deshalb irgendwelche Probleme, geschweige denn (den äußerst seltenen) Peniskrebs bekommen hätte!
Hingegen kenne ich einige Frauen mit Brustkrebs - sollte ich nun meiner Tochter prophylaktisch die Brüste amputieren lassen, weil sie auch ohne gut leben kann und es auch für die Ernährung ihres eigenen Kindes andere Möglichkeiten gibt???
Ebenso kann man ohne Klitoris leben - wozu also die Aufregung über FGM?? Wenn es doch deren uralte Tradition und Glaube ist ..... *Sarkasmusmodus off*

Die Berichte über die Nachteile von männlichen Beschneidungen, mögliche Komplikationen usw. willst Du gar nicht sehen, gelle.

[Wayan]

Religionsfreiheit ist auch ein Menschenrecht.

Religionsfreiheit ist vom Grundgesetz gedeckt.
Rechte und Pflichten innerhalb der Religionen dürfen aber nicht über nationalen Gesetzen stehen, sonst kann man jede Schweinerei mit einer Religion legitimieren.

[Thomas/V.]

@ Tanja: natürlich wäre es mir lieber, mit diesen Leuten zu "verhandeln" anstatt ihnen das zu verbieten.
Allerdings stelle ich mir die Verhandlung mit Leuten, die sich nach ihren "heilgen" Büchern richten, aus denen die Intoleranz und Menschenverachtung nur so herausquellen, sehr mühsam, um nicht zu sagen sinnlos, vor.
Dabei meine ich nicht mal so sehr die "einfachen Gläubigen", sondern deren Anführer.
Wenn die mit gutem Beispiel vorangehen würden und sich dagegen aussprechen würden, würden es die "Laien" sicherlich auch nicht mehr machen.

Und wenn dann diese intoleranten und Menschenwürde verachtenden Leute anfangen, unsere mühsam erkämpften humanistischen Werte anzugreifen und zu verunglimpfen, dann geht mir erst recht die Hutschnur hoch.
Sowas darf einfach nicht geduldet werden.

Komisch nur, dass sich all diese neu ernannten Menschenrechtler/innen hier und in der öffentlichen Debatte gar nicht an deren Untertönen stoßen - Stichwort Gottesstaat, Stichwort Gleichsetzung mit FGM, Stichwort Bärte, und Schlimmeres in der öffentlichen Debatte.

Und dass das plötzliche Interesse an den Menschenrechten sich genau an einem Eingriff aufhängt, der von (amerikanischen) Ärzten als Vorsorgemassnahme empfohlen wird ...

Das man als Einstieg in ein Thema etwas drastische Worte benutzt, um die Leute aufmerksam zu machen, ist doch wohl verständlich.

Das diese Ärzte das empfehlen, weil sie so indoktriniert wurden, kommt Dir wohl nicht in den Sinn?