Albert hat geschrieben:
Das kommt ziemlich arrogant rüber, emil. Mehrjährige Getreidesorten bedeuten doch dass ein Feld nicht jedesmal umgepflügt wird und sich ein dichtes Wurzelwerk bilden kann und soll. Das löst nicht alle Probleme, hilft aber gerade in Gegenden mit aridem Klima Humus und Feuchtigkeit festzuhalten.
Dass das ohne Schutz der natürlichen Resourcen nicht ausreicht sind wir uns einig.
Ich wollte nicht arrogant sein, aber ich meine, es soll nicht hinauslaufen auf die Ausrede der Saatgutkonzerne "Wir brauchen bessere Sorten, um das Ernährungsproblem lösen zu können"
Mehrjährige Gräser, die an semiaride Bedingungen angepasst sind, können oberirdisch ganz vertrocknen, sie treiben aber wieder aus, sobald es regnet, und dann ist eine Vegetationsdecke ein guter Schutz gegen die in den Subtropen sehr heftigen Regen. Deshalb sind solche Regionen sehr empfindlich gegen Überweidung; diese zerstört die Pflanzendecke und dann kommt es rasch zu Erosion. Abgestorbene Vegetation ist auch ein Schutz gegen Verdunstung und Wind; der Nachteil ist, dass ein Teil des Niederschlags verbraucht wird, um die Streu zu durchnässen, bevor der Boden etwas bekommt. Weil der Streuabbau gehemmt ist, kommt es regelmässig zur Ansammlung grosser Mengen und zu Bränden, was den angepassten Arten aber nicht schadet.
Die Strategie der Pflanzen in semiariden bis ariden Gebieten lässt sich in zwei Gruppen teilen:
a) Kurzlebigkeit: Überdauern der Trockenzeit als Samen, wenns Wasser hat auf Teufel komm raus wachsen, dann alles in neue Samen investieren und absterben. Die Wildformen der Getreide sind typische Beispiele.
b) Überleben als mehrjährige Pflanze: Dazu sind tiefe Wurzeln, Speicherorgane und Schutz gegen Gefressenwerden nötig. Dafür hat eine solche Pflanze beliebig viel Zeit, wächst also eher langsam - wenns regnet werden erst einmal die Speicherorgane gefüllt. reproduziert wired erst, wenn genug Vorräte erzeugt werden konnten. Der Wasserverbrauch wird sorgfältig optimiert, um das gespeicherte Wasser nicht zu verschwenden.
Tiefwurzeln lohnt sich nur in Klimagebieten, wo es wenigstens einmal im Jahr zu einer tiefen Durchnässung des Bodens kommt. Das sind z.B. die typischen Mittelmeergebiete mit Winterregen, oder die kontinentalen asiatischen Steppen, wo der Hauptniederschlag als Schnee fällt und das Schmelzwasser dann vom Boden gespeichert und anschliessend von der Vegetation verbraucht wird.
In Regionen mit ephemeren Niederschlägen sind alle Flachwurzler, um das Niederschlagswasser rasch aufnehmen zu können. In der Tiefe ist wenig zu holen, weil das Wasser kaum je so tief vordringt.
Wenn man die Wasserverbrauchseffizienz als Kriterium verwendet (Menge verbrauchtes Wasser pro Menge nutzbaren Ertrages), dann sind in Gebieten mit Wasserverfügbarkeit als begrenzendem Faktor einjährige Pflanzen deutlich besser als alles andere. Ihr Stoffwechsel ist auf Höchstleistung getrimmt - Verteidigungsmassnahmen, die wertvolle Ressourcen kosten, sind minimiert. Alles muss ja rasch gehen - ist der Boden vertrocknet, bevor die Samen reif sind, war alles vergebens.
Was die Anfälligkeit gegen Pilzkrankheiten angeht, so ist mir keine theoretische Erklärung dafür bekannt, dass sich Pflanzen überhaupt gegen Schädlinge behaupten können, denn die extrem kurze Generationsdauer der Schädlinge gegenüber denen der befallenen Pflanzen würde bedeuten, dass sich jeder Parasit viel rascher an eine neue Abwehr der Pflanze anpassen kann, als die Pflanze neue Abwehrmechanismen erfinden könnte. Die Tatsache, dass es aber so viele gesunde Pflanzen auch in natürlichen Monokulturen gibt (als Beispiel für Europa seien die Dauerwiesen und die Buchenwälder genannt), bedeutet, dass es noch viel am Verständnis fehlt.
Die zentrale Frage wäre also, ob es Getreideanbaumethoden gibt, welche weniger erosionsanfällig sind. Das geht vermutlich, wenn man sich von grossen maschinengängigen Feldern verabschiedet. Nur, das ist alles andere als neu.