Mehrjaehriger Weizen

DieterB
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Mehrjaehriger Weizen

#1

Beitrag von DieterB » Do 27. Okt 2011, 21:01

In China sowie im Lands Instutite von Wes Jackson in den Staaten wird an mehrjaehrigen Getreidesorten gearbeitet, besonder Weizen und Reis (in China). Das ist alles noch Zukunftsmusik, denn es wird noch viele Jahre dauern bis eine brauchbare Getreidesorte dabei herauskommt – wenn ueberhaupt. Aber dies Bild von einer mehrjaehrigen Weizenpflanze, von einem Lands Institute Mitarbeiter vorgefuehrt, ist doch beindruckend. Im Vergleich zu der Wurzel sieht sogar Jerry Glovers Vollbart sehr bescheiden aus:

http://www.landinstitute.org/vnews/disp ... c4d4518df5

lg. Dieter

DieterB
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Re: Mehrjaehriger Weizen

#2

Beitrag von DieterB » Do 27. Okt 2011, 21:04

Tut mir Leid, dass das gleich zweimal rausgegangen ist. Ich hab aber keine Ahnung, ob und wie man einen von den beiden Postings loeschen kann.

lg. Dieter

DieterB
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Re: Mehrjaehriger Weizen

#3

Beitrag von DieterB » Do 27. Okt 2011, 21:07

Schon erledigt, hat sich selbst geloescht.

lg. Dieter

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emil17
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Re: Mehrjaehriger Weizen

#4

Beitrag von emil17 » Fr 28. Okt 2011, 07:25

Es wird spannend sein zu sehen, ob ausdauernde Sorten bzw. Unterarten auch aus den typischen Getreidegattzungen (Triticum, Weizen) gezüchtet werden können. Diese Arten kommen ja unrsprünglich aus Gebieten mit Steppenklima bzw. einer deutlichen Vegetationsruhezeit im Sommer, wie dem Vorderen Orient. Sie sind genetisch darauf festgelegt, ihr Wachstum im Hochsommer abzuschliessen und alles in den Körnern einzulagern, weil der Rest abstirbt.
Eine ausdauernde Grasart kann nicht soviel Ertrag in Körnern produzieren, weil sie ja Aufwand für die Überdauerung der ungünstigen Jahreszeit hat.

Das Problem der Bodenerosion wird man mit neuen Pflanzenarten nicht lösen können. Die Ursachen sind bekannt, die Abhilfe auch.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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Albert
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Re: Mehrjaehriger Weizen

#5

Beitrag von Albert » Fr 28. Okt 2011, 07:38

Das Problem der Bodenerosion wird man mit neuen Pflanzenarten nicht lösen können. Die Ursachen sind bekannt, die Abhilfe auch.
Das kommt ziemlich arrogant rüber, emil. Mehrjährige Getreidesorten bedeuten doch dass ein Feld nicht jedesmal umgepflügt wird und sich ein dichtes Wurzelwerk bilden kann und soll. Das löst nicht alle Probleme, hilft aber gerade in Gegenden mit aridem Klima Humus und Feuchtigkeit festzuhalten.

Dass das ohne Schutz der natürlichen Resourcen nicht ausreicht sind wir uns einig.
Wenn der Stier das Gatter durchbricht und auf den Abgrund zurennt, so bringt er die Hörner und die Hufe durch,
warum jedoch nicht auch den Schwanz?

Manfred

Re: Mehrjaehriger Weizen

#6

Beitrag von Manfred » Fr 28. Okt 2011, 07:47

Ich finde solche Projekte schon interessant.
Es gibt wohl auch Versuche beim Roggen, wo Körnersorten mit Staudenroggen verkreuzt werden.
Andererseits frage ich mich, ob nicht eine Kornertragszucht bei vorhandenen ausdauernden Gräsern wie der Quecke aussichtsreicher wäre.
Man darf sich aber keine illusionären Hoffnungen machen. Solche mehrjährigen Getreide brächten neue Pflanzenschutzprobleme mit sich. Selbst Wildgräßer haben Probleme mit Pilzen. Züchtet man die auf hohen Ertrag stärkehaltiger Körner, werden sie zwangsläufig anfälliger für Pilze. Wenn im Ergebnis mehrjährige Getriede nur mit starken Fungizidspritzungen als Nahrungsmittel nutzbar sind (Stichwort Mykotoxine), wäre nicht viel gewonnen.
Wichtiger scheint mir das Ziel einer ganzjährigen Pflanzendecke zu sein. Zwischen Ernte und der nächsten Saat entsteht bei den Getreiden eine Vegetationslücke von Wochen bis Monaten in einer gut fürs Pflanzenwachstum geeigneten Phase. So verschenkt man zum einen Ertrag, zum anderen werden viele Nährstoffe ausgewaschen oder verdunstet, die in dieser Zeit mineralisiert werden, für die aber keine nachfragenden Pflanzen vorhanden sind.
Gefragt wären Getreidesorten, die man noch vor der Ernte oder spätestens bei der Ernte der Vorfrucht einbringen kann, die evtl. im Herbst eine Grünfutternutzung erlauben und dann im zweiten Jahr einen sicheren Kornertrag (gutes Tausendkorngewicht und Backqualität) liefern.
Auch dazu gibt es immer wieder Versuche, vorallem auf privater Ebene. Aber die resultierenden Probleme mit der Pflanzengesundheit (Die Pilze befallen die Pflanzen schon im ersten Sommer. Die Folge ist Massenbefall im Erntejahr.) und der Kornqualität (stark schwankende Erträge und Inhaltstoffe, kleine Körner) hat bisher keiner sicher in den Griff bekommen.
Bleibt der Umweg über eine Zwischenfrucht, der aber teuer ist (doppelte Arbeit) und auf leichten Standorten hohe Wasserverluste bewirken kann.

Manfred

Re: Mehrjaehriger Weizen

#7

Beitrag von Manfred » Fr 28. Okt 2011, 07:55

@Albert: Nein. Die ganzjähre Pflanzendecke würde in Ariden Regionen den Wasserhaushalt noch problematischer machen, weil die Pflanzen dann das ganze Jahr Wasser verdunsten und nicht nur in der bisherigen Anbauphase. Dem entgegen steht die Erosionsproblematik, bei der ganzjähriger Bewuchs wirklich helfen würde. Aber was hilft das Stoppen der Erosion, wenn dann den Pflanzen das Wasser zur Körnerbildung fehlt. Heute wird in solchen Gebieten idR die oberste Bodenschicht gelockert, um durch Brechung der Kapillarwirkung die Verdunstung zu reduzieren. So bleibt mehr Wasser für den Anbau im Boden. Das Stroh lässt man als Mulch oben drauf liegen, statt es wie früher abzufahren oder zu verbrennen. Es dient als Erosionsschutz und zur Steigerung des Humusgehaltes. Die Bauern messen dort den Wasservorrat im Boden und bauen dann teilweise nur in 2 von 3 Jahren oder jedes zweite Jahr an und lassen dann die Wasserreserven sich erholen bis wieder genug für einen Anbau vorhanden ist.
Dort wären mehrjährige Getreide für den Ackerbau also keine Lösung.
Sinnvoll wären sie auf gut mit Wasser versorgen Standorten, wenn die Pflanzenschutzprobleme in den Griff zu bekommen sind.

Benutzer 72 gelöscht

Re: Mehrjaehriger Weizen

#8

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Fr 28. Okt 2011, 09:44

hallo!

Das mit den Pilzen kann natürlich zum Problem werden... hmmm.
Ich hab nur gelesen (und im Gemüsegarten funktionierts auch gut), dass früher auf den Getreidefeldern "Feldsalat" wuchs - zuerst unter dem Getreide und dann, nach der Ernte, hat der Rapunzel aufgeholt und so den Boden bedeckt und für frisches Grün in einer sonst vegetationsarmen Zeit gesorgt.
Klingt praktikabel für mich - oder ist da irgendwo ein Hacken dran?
(Ich geh davon aus, dass das vor allem an gut mit Wasser versorgten Standorten gemacht wurde)
Manfred hat geschrieben:@Albert: Nein. Die ganzjähre Pflanzendecke würde in Ariden Regionen den Wasserhaushalt noch problematischer machen, weil die Pflanzen dann das ganze Jahr Wasser verdunsten
Auch wenn die Pflanzen oberirdisch absterben und nur die Wurzeln überwintern?

liebe Grüße!

Manfred

Re: Mehrjaehriger Weizen

#9

Beitrag von Manfred » Fr 28. Okt 2011, 09:56

ina maka hat geschrieben:Auch wenn die Pflanzen oberirdisch absterben und nur die Wurzeln überwintern?
Wenn sie nach der Ernte einziehen und erst zur nächsten Wachstumsperiode wieder austreiben würden, ginge es wohl.
Ich kenne aber hier kein Gras, das sich so verhält? Mit den Gräsern der Trockengebiete kenne ich mich nicht genug aus, um deren Potential als Zuchtbasis für ein mehrjähriges Getreide einschätzen zu können. Die sehen in Dokus ja immer so aus, als ob sie völlig verdorrt wären und erst bei Regen wieder austreiben. Das käme hin. Wenn man diese Flächen wieder als Weidegebiete mit den ursprünglichen Gras- und Staudenfluren nutzen würde, bestünde das Problem nicht. Aber die Welt ruft nach Getreide.

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Re: Mehrjaehriger Weizen

#10

Beitrag von emil17 » Fr 28. Okt 2011, 10:24

Albert hat geschrieben: Das kommt ziemlich arrogant rüber, emil. Mehrjährige Getreidesorten bedeuten doch dass ein Feld nicht jedesmal umgepflügt wird und sich ein dichtes Wurzelwerk bilden kann und soll. Das löst nicht alle Probleme, hilft aber gerade in Gegenden mit aridem Klima Humus und Feuchtigkeit festzuhalten.

Dass das ohne Schutz der natürlichen Resourcen nicht ausreicht sind wir uns einig.
Ich wollte nicht arrogant sein, aber ich meine, es soll nicht hinauslaufen auf die Ausrede der Saatgutkonzerne "Wir brauchen bessere Sorten, um das Ernährungsproblem lösen zu können"
Mehrjährige Gräser, die an semiaride Bedingungen angepasst sind, können oberirdisch ganz vertrocknen, sie treiben aber wieder aus, sobald es regnet, und dann ist eine Vegetationsdecke ein guter Schutz gegen die in den Subtropen sehr heftigen Regen. Deshalb sind solche Regionen sehr empfindlich gegen Überweidung; diese zerstört die Pflanzendecke und dann kommt es rasch zu Erosion. Abgestorbene Vegetation ist auch ein Schutz gegen Verdunstung und Wind; der Nachteil ist, dass ein Teil des Niederschlags verbraucht wird, um die Streu zu durchnässen, bevor der Boden etwas bekommt. Weil der Streuabbau gehemmt ist, kommt es regelmässig zur Ansammlung grosser Mengen und zu Bränden, was den angepassten Arten aber nicht schadet.
Die Strategie der Pflanzen in semiariden bis ariden Gebieten lässt sich in zwei Gruppen teilen:
a) Kurzlebigkeit: Überdauern der Trockenzeit als Samen, wenns Wasser hat auf Teufel komm raus wachsen, dann alles in neue Samen investieren und absterben. Die Wildformen der Getreide sind typische Beispiele.
b) Überleben als mehrjährige Pflanze: Dazu sind tiefe Wurzeln, Speicherorgane und Schutz gegen Gefressenwerden nötig. Dafür hat eine solche Pflanze beliebig viel Zeit, wächst also eher langsam - wenns regnet werden erst einmal die Speicherorgane gefüllt. reproduziert wired erst, wenn genug Vorräte erzeugt werden konnten. Der Wasserverbrauch wird sorgfältig optimiert, um das gespeicherte Wasser nicht zu verschwenden.
Tiefwurzeln lohnt sich nur in Klimagebieten, wo es wenigstens einmal im Jahr zu einer tiefen Durchnässung des Bodens kommt. Das sind z.B. die typischen Mittelmeergebiete mit Winterregen, oder die kontinentalen asiatischen Steppen, wo der Hauptniederschlag als Schnee fällt und das Schmelzwasser dann vom Boden gespeichert und anschliessend von der Vegetation verbraucht wird.
In Regionen mit ephemeren Niederschlägen sind alle Flachwurzler, um das Niederschlagswasser rasch aufnehmen zu können. In der Tiefe ist wenig zu holen, weil das Wasser kaum je so tief vordringt.
Wenn man die Wasserverbrauchseffizienz als Kriterium verwendet (Menge verbrauchtes Wasser pro Menge nutzbaren Ertrages), dann sind in Gebieten mit Wasserverfügbarkeit als begrenzendem Faktor einjährige Pflanzen deutlich besser als alles andere. Ihr Stoffwechsel ist auf Höchstleistung getrimmt - Verteidigungsmassnahmen, die wertvolle Ressourcen kosten, sind minimiert. Alles muss ja rasch gehen - ist der Boden vertrocknet, bevor die Samen reif sind, war alles vergebens.

Was die Anfälligkeit gegen Pilzkrankheiten angeht, so ist mir keine theoretische Erklärung dafür bekannt, dass sich Pflanzen überhaupt gegen Schädlinge behaupten können, denn die extrem kurze Generationsdauer der Schädlinge gegenüber denen der befallenen Pflanzen würde bedeuten, dass sich jeder Parasit viel rascher an eine neue Abwehr der Pflanze anpassen kann, als die Pflanze neue Abwehrmechanismen erfinden könnte. Die Tatsache, dass es aber so viele gesunde Pflanzen auch in natürlichen Monokulturen gibt (als Beispiel für Europa seien die Dauerwiesen und die Buchenwälder genannt), bedeutet, dass es noch viel am Verständnis fehlt.

Die zentrale Frage wäre also, ob es Getreideanbaumethoden gibt, welche weniger erosionsanfällig sind. Das geht vermutlich, wenn man sich von grossen maschinengängigen Feldern verabschiedet. Nur, das ist alles andere als neu.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.

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