Ferkelverluste bei Robusthaltung?

Manfred

Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#1

Beitrag von Manfred » Do 17. Jul 2014, 15:00

Eine Frage an die Schweinehalter hier im Forum:
Welche Erfahrungen habt ihr mit Ferkelverlusten in verschiedenen Formen der "Robusthaltung" gemacht?
Zählt ihr die Ferkel direkt nach der Geburt, oder lasst ihr die Sauen im Nest in Ruhe und bekommt so evtl. gar nicht mit, wenn Ferkel tot geboren werden oder ganz jung sterben und die Mutter sie frisst?
Kommen bei euch erdrückte Ferkel vor? Bei den kleineren Würfen und leichteren Sauen sollte das ja ein geringes Problem sein?


Ich bin derzeit auch auf der Suche zu Daten über Frischlingsverlusten bei Wildscheinen.
Leider konnte ich bisher keine wirklich fundierten Angaben finden.
Im Sonderheft "Sauen im Jahresverlauf" der Zeitschriften Pirsch und Jäger steht, dass die Verluste in den ersten 3 Monaten bis zu 20% betragen können (ohne Jagd).

In der Arbeit "Untersuchungen zur Reproduktionsdynamik beim mitteleuropäischen Wildschwein" von Jens Neef, die man hier herunterladen kann:
http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte ... -04-01.pdf
Wird eine Verlustspanne von 5% bis 25% angegeben.
Inkl. der Abschüsse durch Jäger geht er von 60% im ersten Jahr aus.
(Er bezieht sich dabei aber auf die Beobachtungen von Heinz Meynhardt, die nur bedingt aussagekräftig sind, weil der die Sauen häufig gefüttert und dabei kränkelnde Tiere unterstützt hat.
So berichtet Meynhardt selbst z.B. von einer Sau die elf Jahre alt wurde obwohl sie schon 2 Jahre zahnlos war, weil er sie mit Weichfutter versorgt hat.
Laut obigem Sonderheft geben Zoologische Gärten und Gehegehalter das Höchsthalter beim Schwarzwild mit 18 bis 21 Jahren an.
Freilanduntersuchungen mit markierten wilden Tieren in Polen haben ein Höchstalter von 9 Jahren für Keiler und 8 Jahren für Bachen ergeben.
Untersuchungen des Sonderheft-Autors Prof. Dr. Christoph Stubbe selbst mit 5000 markierten Tieren in verschiedenen Wildforschungsgebieten ergaben ein Höchstalter von 6 Jahren für Keiler und 9 Jahren für Bachen.)

Adjua
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Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#2

Beitrag von Adjua » Sa 19. Jul 2014, 12:37

Florian!!!

chris
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Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#3

Beitrag von chris » Sa 19. Jul 2014, 14:43

Robusthaltung:

Ungarische Landrasse / "sertes magyar lapaly"
Gehege 1 ca 400m² Auslauf mit 2 Offenställe mit freiem Zugang zur Weide, eingezäunt mit 2 Stromlizen ca 1000m².
2 Muttersauen 1x 3 Jahre alt, 1x 2 Jahre alt + 4x 7 Monate alt. + 1 Wurf a 12 Ferkel jetzt 3 Wochen alt, 1 Wurf 8 Stck 1 Woche alt.

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Wir hatten bis jetzt erst 2 Ferkel die mit den Hinterbeinen zuerst gekommen sind, da die Sauen sehr zutraulich sind haben sie es zugelassen das meine Frau Geburtshilfe leisten konnte und wir seit wir die "Weiße Rasse" züchten keine Verluste haben. Die Ställe sind ganzjährig offen und nicht beheizt. Wir achten darauf das auch keine Ferkel in den Wintermonaten zur Welt kommen. Der Eber gehört nicht uns und kommt nur zum Decken.
Die Sauen sind sehr sozial und stören die Sauen die geworfen haben in keinster Weise, spätestens am 3. Tag kommen die kleinen Ferkel mit der Mutter ins Gehege und alle anderen passen auf die Kleinen auf......
Wärmelampe = FEHLANZEIGE dafür ca 30-40cm Stroh in den Ställen.
Keine Ausfälle durch zerdrücken durch die Muttersau oder der anderen die auch die gleichen Ställe nutzen.

Hier noch Gehege 2 mit Vietnamesischen Hängebauchschweine (Mini).
Gehege ca 800m² Offenstall ca 6m².
1 Eber Vienam./Wildschweinmix (1/4 Wildschwein), Grund für den Mix ist das seine Nachkommen Mehr Fleischanteil haben wie die Sauen die keine Mix sind.
3 Sauen Vietnamesischen Hängebauchschweine
1 Wurf 3 Wochen alt.....6 Ferkel
1 Wurf 4 Wochen alt.....6 Ferkel
1 Wurf 1 Woche alt.......7 Ferkel

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Der Eber mit einem Ferkel auf dem Rücken......ein fürsorglicher Rottenführer :fypig:

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Dadurch das die "Weißen" mit ihren Aussengehege an das Vietnamigehege angrenzen,dient unser Eber als Rauscheanzeiger.....die Damen stehen ab der Vorrausche den Ganzen Tag am Zaun und wollen zum Eber....dadurch wissen wir genau wann wir den Deckeber bestellen müssen.
Alles wird gut!

Manfred

Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#4

Beitrag von Manfred » Sa 19. Jul 2014, 15:18

Hallo Chris,

vielen Dank für die Infos und die schönen Bilder!
Hattet ihr von den Ungarischen schon mehr als die 2 Würfe? Oder sind das die ersten gewesen bei euch?
Wie schwer sind diese Sauen ca.?

Und bei den Vietnamesen auch keine Verluste?

Ich könnte mir vorstellen, dass die Tiefstreu auch hilft, Verluste durch Erdrücken zu vermeiden. Selbst wenn eine Sau direkt auf einem Ferkel zu liegen kommt, sollte sich das Gewicht viel besser verteilen und so der Druck auf das Ferkel reduziert sein und es kommt Luft durch das Stroh?
Daran hatte ich vorher nicht gedacht. :hmm:

chris
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Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#5

Beitrag von chris » Sa 19. Jul 2014, 16:37

Hallo Manfred,

die "Ungarischen" haben wir jetzt seit 5 Jahren im Bestand.........allem in allem hatten wir bis jetzt 9 Würfe bei den Ungarischen, da wir darauf bedacht sind keine Ferkel über die Wintermonate zu haben. Grundsätzlich verkaufen wir diese ab der 8 Woche.
Der Bestand an Zuchtsauen ist Langsam gewachsen...die älteste (3 Jahre) ist bei uns mit ihrer Schwester als 4 Wochen alte Ferkel eingezogen.....unsere Sauen sind 1xOma + 1 Tochter von ihr und jetzt 4 Enkelinnen.
Erdrückt wurde bis jetzt kein einiges Ferkel obwohl die 4 Halbwüchsigen auch immer wieder im gleichen Stall schlafen.
Es ist erstaunlich wie vorsichtig alle miteinander umgehen. Ich denke auch wegen der großzügigen Platzverhältnisse passieren weniger Unfälle.
Das Stroh wird regelmäßig (nach Bedarf) erneuert und aufgefüllt so das es immer sehr locker bleibt.

Das Gewicht der 3 Jährigen liegt geschätzt ca um die 250 kg.....an Futter bekommen sie unseren Milchüberschuss (momentan ~40Liter) mit Weizenkleie 1x am Tag aufgefüllt mit Wasser auf 80Liter gesamt. Ansonsten nur Grünzeugs aus dem Garten und natürlich Heu u. Stroh.

Bei den Vietnamesischen hatten wir bis jetzt auch keine Verluste, dadurch das wir jetzt erst den 3. Wurf haben hoffe ich das dies auch so bleibt.
Da diese aber meist kleinere Würfe haben (zwischen 5u.8) wird schon daher die Gefahr geringer sein wie bei den Größeren.
Die Ferkel sind nach der Geburt nicht viel größer wie Ratten....was natürlich wieder Nachteilig sein könnte.
Gewicht Eber ~ 65kg
Gewicht Sauen ~ 50kg
Alles wird gut!

Manfred

Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#6

Beitrag von Manfred » Sa 19. Jul 2014, 16:46

Sehr interessant. Kann gut sein, dass die Rassewahl und Selektion auf gute Muttereigenschaften eine wichtige Rolle spielen.

Florian
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Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#7

Beitrag von Florian » So 20. Jul 2014, 15:59

Hy Chris, Manfred ...

Dachte immer die weißen mit Hängeohren sind belgische Lapaly :hmm:

Bei uns gibt es schon mal Verluste bei den Wollschweinen, wenn auch selten.
Erfahrungen zeigen, das ältere Muttertiere behutsamer umgehen als jüngere.

Die erste Geburt würde ich als die riskanteste in der Hinsicht ansehen, es gibt aber auch Sauen die es einfach nicht auf die reihe bekommen, selbst nach der 3ten Geburt. Das sind dann die die man "züchterisch" verwursten sollte :pfeif:

Platzangebot ist finde ich wichtiger als z.b welche Einstreu, und auf keinen Fall vor der Geburt in ein neues Gehege/Stallung verbringen.

Die Sau sucht sich den Platz für die Geburt schon Wochen vorher aus würde ich behaupten.
Späte Verlegung führt zu stressigen/hektischen "Nestbau" gruben graben, was nicht das gelbe von Ei ist.

Was das fressen von toten Ferkeln angeht, eine macht es die andere nicht, woran es liegt kann ich nicht genau sagen. Manche sagen es sei Eiweißmangel.
Was mir persönlich aufgefallen ist, das Mütter mit guten Eigenschaften tote Ferkel wie auch die Nachgeburt zuverlässlich auffressen.

Manfred

Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#8

Beitrag von Manfred » So 20. Jul 2014, 16:34

Ich sehe das Auffressen toter Ferkel eher positiv. Beim Wildschwein bleiben die Ferkel ja einige Zeit im Nest. Und wenn da ein totes Ferkel herumläge, wäre es ein ernstes Hygieneproblem und außerdem ein Magnet für Prädatoren. Wenn, dann müsste die Sau das tote Ferkel schon weit vom Nest weg bringen.
Dass es der Sau in der Zeit, in der sie eh wenig Zeit zur Nahrungssuche hat zusätzliche Nährstoffe bringt, ist auch nicht zu verachten. Und evtl. wäre es sogar möglich, dass sie Abwehrstoffe gegen im toten Ferkel enthaltene Erreger oder Parasiten bilden und über die Milch an die anderen Ferkel weitergeben könnte? Weiß nicht, ob es dazu Untersuchungen gibt.

Auf der anderen Seite gibt es Sauen, die auch lebende Ferkel fressen/totbeißen. Vermutlich besteht ein gewisses Risiko für diese Auffälligkeit, weil es nur ein kleiner Verhaltungssprung vom Fressen toter Ferkel ist?

Florian
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Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#9

Beitrag von Florian » So 20. Jul 2014, 21:31

Ja, ich sehe das auffressen auch eher positiv, auch wenn es bei Haushaltung nicht wirklich notwendig ist.
Das lebende Ferkel gefressen werden, gibt es bei uns nicht Manfred, glaube auch bei Wildschweinen gibt es so etwas eher nicht.

Alba
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Re: Ferkelverluste bei Robusthaltung?

#10

Beitrag von Alba » Mo 21. Jul 2014, 10:41

Hallo Manfred,

erst am Wochenende habe ich eine Doku über Wildschweine gesehen und mich auch über die hohe Zahl gewundert.

20% sterben im ersten Jahr. Dies sei hauptsächlich witterungsbedingt. Zu kalt oder was viel schlimmer ist: zu nass.

Das Auffressen von (lebendigen) Ferkeln ist doch eine Verhaltensstörung oder? Ich meine das mal so gelesen zu haben.
Wie das Abfressen der Schwänze usw.

LG
Bettina

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