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EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 10:50
von Manfred
Im Rahmen der neuen EU-Agrarreform plant EU-Agrarkomissar Ciolos die Einführung der Definition "aktiver Landwirt".
Wenn die Dirketzahlungen an eine Person oder juristische Person weniger als 5% Ihres Außerlandwirtschafltichen Einkommens ausmachen, sollen die Direktzahlungen gestrichen werden.
Gleichzeitig wird die Basisprämie pro Hektar auf 70% gekürzt. Den vollen Prämiensatz erhält nur noch, wer sogenannte Greeningauflagen erfüllt. Dazu gehört z.B. 7% der Ackerfläche für Naturschutzzwecke still zu legen.
Geht man von einem mittleren Wert der ZA 2013 von 300 Euro pro ha aus, abzüglich 30% Greening, bleiben 210 Euro pro ha.
Die Freigrenze liegt bei 5000 Euro, also 23,8 ha.
Unterhalb der Freigrenze bleiben die Betriebsprämien erhalten.
Hat also z.B. ein Mediziner, Selbständiger, Antestellter in leitender Position etc. ein Erwerbseinkommen ab ca. 100.000 Euro und einen kleinen Nebenerwerbsbetrieb, droht ihm ständig die Streichung der Ausgleichszahlungen.
Er muss den Betrieb entweder schrumpfen auf unter 5000 Euro Direktzahlungen oder massiv vergrößern um die Ausgleichszahlungen zu erhöhen, oder er muss in seinem Hauptberuf reduzieren.
Klassischer Fall:
Niedergelassener Arzt. 150.000 Euro Gewinn aus der Praxis. 5% sind dann 7500 Euro.
20 ha Mutterkuhbetrieb mit 300 Euro Prämie pro ha -> 6000 Euro Betriebsprämie.
Die Prämie würde also gestrichen.
Hört sich für die Masse der Landwirte klasse an. Sind sie die Zecken endlich los.
In der nächsten Agrarrunde wird dann der Satz auf 10% erhöht. Dann können sämtliche Facharbeiter Ihre Nebenerwerbshöfe dicht machen.
Verkaufen will man uns das damit, dass die bösen großen Flughäfen und Golfplätze keine Betriebsprämien mehr erhalten sollen. Die gründen aber einfach eine Landwirtschafts-GmbH, die nur Betriebsprämien als Einnahme hat und dafür die Flächen mäht und kassieren weiter.
Der Privatpersion hilft so ein Konstrukt nichts. Die würden die Zahlen aus der GmbH wohl der Person zugerechnet.
Also lieber Bauernverbände: Lasst euch nicht über den Tisch ziehen. Es geht schlicht und einfach um die Existenz der Nebenerwerbslandwirtschaft.
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 11:45
von luitpold
lass dir was einfallen wie man zahnärzte oder milliardäre von nebenerwerbslandwirten abgrenzen kann. bei uns(Ö) hat der fürst zu liechtenstein die größte agrarprämie, der redbullbesitzer und die porsches sacken auch ein.
die könnten ja auch an echte bauern verpachten .
lg
luitpold
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 20:02
von stevo12
hallo
ich finde wer ein jahreseinkommen von 100.000 euro hat, braucht auch keine prämien.
wenn jemand mehrere dutzend ha land besitzt, warum sollte man ihn dann auch noch für seinen besitz bezahlen?
das führt dazu, daß keiner land verkauft, auch wenn er es garnicht braucht, zB zum kartoffelanbau.
vg
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 20:22
von Florian
Oh, bin ich froh das ich keinerlei Förderungen beziehe.
Hab nämlich noch anderes zu tun als mich mit Zahlen und Zettelwerk herumzuschlagen.
Außerdem bin ich keinem gerne Rechenschaft schuldig, schon garnicht irgendwelchen Verbrechern in Brüssel ?
Da feiern die doch Party nicht ?
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 21:00
von Manfred
@stevo:
Da ist zunächst mal der Unterschied zwischen Besitz und Eigentum.
Die Landwirte besitzen das Land, in den meisten Fällen ist der Großteil aber kein Eigentum, sondern gepachtet.
Dann gilt es drauf zu achten, wohin die Ausgleichszahlungen fließen und wofür sie mal gedacht waren.
In den deutschen Regionen mit guten Böden und hoher Veredelungsdicht oder neuerdings vielen Biogasanlagen sind die Pachtpreise längst bei über 300 Euro pro ha angekommen.
Das ist ca. der durchschnittliche Betrag an EU-Ausgleichszahlungen, den man pro ha erhält.
D.h. die Ausgleichszahlungen landen nicht beim Landwirt, sondern werden 1 zu 1 in Form höherer Pachpreise an die Bodeneigentümer weitergeleitet.
In solchen Gegenden sind Ausgleichszahlungen faktisch nur eines: Eine Subvention für Bodeneigentum.
Einfluss auf das Einkommen des Landwirtes hat nur der Teil, den er für seine Eigentumsflächen bekommt.
Wo das Pachtniveau niedriger ist, hat das gute Gründe. Entweder ist der Ertrag zu niedrig, dann sind die Ausgleichszahlungen eine Hilfe, den Boden in Bewirtschaftung zu halten, wie hier bei uns in den Mittelgebirgen. Oder der Pachtmarkt versagt, weil Großbetriebe ganze Regionen mit langfristigen Verträgen und voller Flächendeckung in der Hand haben, wie regionenweise in Ostdeutschland.
(Ich verstehe bis heute nicht, wieso sich dort nicht die Verpächter zu Gemeinschaften zusammenschließen und ihr Land zur nächsten Neuverpachtung gemeinsam in großen Blöcken anbieten, statt einzeln Verträge mit den Monopolisten zumachen.)
In dem System steckt der Zahnarzt genau wie der übriggebliebne Kleinbauer wie der moderne Großbetrieb.
Und wieso soll ein Zahnarzt kein guter Bauer sein? Ich hatte schon mit einigen Medizinern zu tun, die in der Freizeit ihr ganzes Herzblut in vorbildlich geführte Betriebe stecken. Gute Zuchtfortschritte erzielen, Rassen erhalten, zum großten Teil biologisch wirtschaften.
Was bitte ist schlecht daran, wenn die die gleichen Zahlungen pro Fläche erhalten, wie der 10.000 Plätze Schweinemastbetrieb nebendran?
Wollte man auf die Einkommenswirksamkeit der Ausgleichszahlungen achten (die aber nicht so gedacht waren, sondern einen Ausgleich für die Mehrkosten durch EU-Auflagen im Vergleich zum Weltmarktstandard darstellen), müsste man ganz anders vorgehen.
Dann müsste man zuallerst dort kürzen, wo über 300 Euro pro ha Pacht bezahlt werden, weil dort die Flächenprämien dem Landwirt gar nichts bringen aus Buchungskosten fürs Durchreichen zum Verpächter.
Dann müsste man die Ausgleichszahlungen für juristische Personen (=Firmen) abschaffen, weil die jedwede Regelung durch entsprechende Umgehungskonstrukte unterlaufen können.
Und dann im letzten Schritt müsste man auf das Familieneinkommen der verbleibenden, aus natürlichen Personen bestehenden Betriebsleiterfamilie schauen.
Nicht dass der Zahnarzt den Betrieb auf seine Frau oder gar sein behindertes Kind laufen lässt...
Diese Neiddepatte ist von interessierten Kreisen gewollt. Weil sie die Bauern in Lager zerschlägt und auch den Neid aller außenstehend schürt.
Wenn die Bauern zerstritten sind, dann kann man sie ganz zu Objekten machen und trefflich die ursprünglich für die Landwirtschaft gedachten Mittel in allerlei Kanäle umlenken. Aktuell heißen diese Kanäle Naturschutzverbände und Großgrundeigentümer. Dazu kommen dank ihres großen Wählerpotentials zunehmen verarmte Kleinbauern in Osteuropa. Die werden aber mit Peanuts abgespeißt, solange sie brav ein kleines Lager im Bauernstreit bilden.
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 21:22
von Dagmar
Hallo Manfred,
Manfred hat geschrieben:(Ich verstehe bis heute nicht, wieso sich dort nicht die Verpächter zu Gemeinschaften zusammenschließen und ihr Land zur nächsten Neuverpachtung gemeinsam in großen Blöcken anbieten, statt einzeln Verträge mit den Monopolisten zumachen
das frage ich mich an meinem zukünftigem Wohnsitz auch schon lange. Aber da die Grundstücke ja schon seit 50 Jahren erst bei der LPG waren, dann sind die einfach, als aus der LPG eine Agrargenossenschaft wurde, einfach weiterverpachtet worden. Der Pächter will immer möglichst lange Pachtvertrage (10 Jahre und mehr) und derzeit liegt die Pacht in dieser Gegend um die 100 Euro pro Jahr.
Und ich bin ja dort die "Neue" und dazu noch "Wessi" und halte mich deshalb zurück. Aber meine kleinen zwei Hektar, da habe ich durch Verhandlungen es doch geschafft, daß ich jetzt nur noch einen Pachtvertrag mit jährlicher Kündigungsmöglichkeit habe. So habe ich im Moment keine Arbeit damit und wenn ich dann irgendwann dort wohne, kann ich recht kurzfristig kündigen.
Dagmar
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 22:22
von stevo12
hallo
ich denke nicht , daß die prämien an pachtpreise gekoppelt sind, ich kenne fälle da wird nur ca. 5,- eu pro ha an pacht gezahlt. und wenn jemand "bio" macht, bekommt er bestimmt das doppelte an prämien.
außerdem gibt es eine menge leute, die zugleich eigentümer sind, keine pacht zahlen und trotzdem prämien bekommen.
ein zahnarzt kann vielleicht ein guter bauer sein, er muß es aber nicht, weil er sich's leisten kann.
er muß bestimmt keine kartoffeln anbauen und verkaufen.
vg
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 22:37
von Manfred
stevo12 hat geschrieben:ich denke nicht , daß die prämien an pachtpreise gekoppelt sind
Sag ich ja. Aber mann müsste diese Kopplung schaffen, wollte man die Ausgleichszahlungen nach deren Einkommenswirksamkeit für die Bauern staffeln.
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 22:51
von stevo12
hallo
ja genau, das würde dann auch dem wort "ausgleichszahlungen" entsprechen.
vg
Re: EU beginnt mit der Ausrottung der Nebenerwebslandwirte
Verfasst: Mo 17. Okt 2011, 23:26
von exi123
EU kann machen was sie will, ich mach mein ding. egal wie und wo.
ich habs auch seit jeher wie florian gemacht. keine prämie, keine förderung beantragt. kein cent vom staat oder verein oder kammer oder wem auch immer. dann bist du raus aus den zettelwirtschaft und den abhängigkeiten. aufgrund dem was ich zu wissen glaube und gehört hab, denke ich dass dies in AT einfacher ist als in CH oder DE...