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Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 16:07
von outdoorfreak
Hallo,

ich muss jetzt echt mal meinen Frust über die Wwoof-Organisation hier im Forum ablassen. War vor zwei Jahren wwoofen und in Ökodörfern in Frankreich, weil ich etwas über Bio-Landwirtschaft und Gärtnern/Selbstversorgung lernen wollte.

Aber auf den Höfen/Gemeinschaften wo ich war hab ich überhaupt nichts gelernt. Die Besitzer benutzen die Wwoofer nur als kostenlose Arbeitskräfte. Ein Hof hat sich auf der Liste sogar als Bio-Hof ausgegeben, als ich aber dort angekommen bin, sah ich, dass das ein normaler konventioneller Hof ist. Und der verlangte auch, dass ich 40 Stunden die Woche mitarbeite, und das für Kost und Logis!!!

Das ist Sklaverei pur. Und da sage doch mal einer hier in Europa hätte man die Sklaverei abgeschafft. Das Wort Sklaverei hat man nur ersetzt gegen die Namen Wwoof!


Also sorry, ich find, das sind katastrophale Zustände. Jetzt hab ich vor kurzem mit einer jungen Frau gesprochen, die in Deutschland gewooft hat, und die hat mir das selbe erzählt.


Normalerweise sollte es so sein: Man arbeitet bei jedem Hof ungefähr 4-5 Stunden am Tag mit und bekommt Kost und Logis. Ausserdem sollte es auch so sein, dass man was lernt und nicht die arbeiten kriegt, die die anderen nicht machen wollten wie z.B den ganzen Tag im Garten Unkräuter hacken usw...


Aber vielleicht kann man die Wwoof Organisation auch nicht für den katastrophalen Zustand der Welt verantwortlich machen.


Ach so, das hätte ich fast vergessen:

Auf fast allen Höfen wo ich war, hab ich irgendwann rausbekommen, dass die Besitzer ihren eigenen Hof gar nicht selbst erwirtschaftet haben, sondern von Mama und Pappa oder durch Erbschaft finanziert bekamen. Einer gestand sogar durch Gaunerei.

Und gelebt haben sie alle von Sozialhilfe. Kein einziger Hof wo ich war hat Selbstversorgung hinbekommen. Die sind noch nicht mal in der Lage sich von eigenen Anbau zu ernähren und machen statt dessen den ganzen Tag irgend einen unnötigen Blödsinn, der aber nichts zu ihrem Lebensunterhalt beiträgt.

Wieso denn auch? Gibt doch Hartz4 und Sozialhilfe.

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 16:47
von Manfred
Habe keine Erfahrung mit Wwoof.
Aber du bist doch ein erwachsener Mensch und hast die Bedingungen vorher durchgelesen:
http://www.wwoof.de/index.php?article_id=25&clang=0

Wenn sich der Hof nicht an die getroffenen Absprachen, dann ist es an dir, einen Strich zu ziehen und eine entsprechende Meldung abzusetzen.
Und hältst du dich nicht dran, zieht der Hof Konsequenzen oder auch nicht.

Wenn man Unerwünschtes über sich ergehen lässt und hintenrum ablästert, wird sich kaum was ändern?

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 16:56
von Tanja
Hi Outdoorfreak,

auf wievielen Höfen hast Du denn gewwooft? Hast Du Deine Erfahrungen der Organisation mitgeteilt? Wie war das Feedback von deren Seite?

Ich selbst habe noch nicht über eine Organisation gewwooft, wohl aber auf einem Hof gelebt und gearbeitet, auf dem ich vergleichbar interessante Eindrücke sammeln konnte wie Du anscheinend. Allerdings glaube ich nicht, dass die dortigen Gegebenheiten auf alle anderen Höfe übertragbar sind. Und die vermittelnde Organisation ist sicher nicht Schuld daran, wenn das System vereinzelt ausgenutzt wird. Andere habe ich jedenfalls schon begeistert vom Wwoofen berichten hören.

Außerdem ist die Arbeit in der Landwirtschaft eben echte Arbeit und kein romantisches Stilleben, wie man sich das manchmal vorab vielleicht gern vorstellt. Es muß halt alles getan werden, was aktuell ansteht. Als Aushilfe angenehme bzw. interessante Arbeiten zu erwarten, passt allein vom erforderlichen Know-How meist nicht wirklich.

Davon ab: einen halben Tag Arbeit gegen Kost und Logis ist doch nicht schlecht - früher hat man zum ganzen Arbeitstag zusätzlich teilweise noch Lehrgeld zahlen müssen. Und die Familien, die einen bei sich aufnehmen, verzichten ein Stück weit auf ihre Privatsphäre und haben auch einen gewissen Mehraufwand an Zeit und Arbeit, um wwoofende Gäste beherbergen zu können. So gesehen...

LG

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 17:17
von Landfrau
Eine hübsche Anekdote:

EIn Demeterhof ließ eine ganze Truppe "Praktikanten", vermutlich wurden die intern anders genannt, für sich arbeiten.
Im Hofladen wurden exquisite Produkte an Damen, die mit exquisiten Wagen vorfuhren, zu exquisiten Preisen verkauft.

Die Praktis auf dem Hof mussten Aldi essen.

.............

Also, jemandem der hier gegen Kost und Logis arbeitet, könnt ich derzeit auch gebrauchen.
Übers Essen hat sich bei uns noch keiner beschwert. ;-) Allerdings würde ich keine Veganer nehmen.

..........................

Früher hatte man ja auch Knechte und Mägde auf dem Hof.

Aber da gab es klare Machtstrukturen, nicht so ein unterschwelliges moralisierendes gedankenpolizeiliches "also, das find ich jetzt nicht gut von dir, du, echt nicht, da müssen wir mal drüber reden"

Nur hatten die, die sich als Knechte und Mägde verdingten, keine Wahl.
Wer sich zum Öko - Arbeitseinsatz entschließt könnte (meistens) auch etwas anderes machen, sucht aber eine Kuschelecke statt rattenrennen. Was verständlich ist, aber realiter dann doch nicht jedermanns Sache.

LAndfrau

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 18:04
von Aika
Meine Tochter ist im Moment in Irland beim Wwoofen, ich werde sie mal fragen ob sie als Sklave gehalten wird.
Sie ist letztes Wochenende auf die zweite Farm gewechselt.
Auf der ersten Farm musste sie meist Unkraut jäten , Erde schippen , misten, Gemüse pflanzen.
Aber was sollte denn ein WWoofer auch sonst arbeiten? Wenn ich einen hier hätte müsste er wohl dasselbe tun.
Das Landleben besteht halt nicht nur aus schönen Tätigkeiten.
Ich sehe das Leben in einer fremden Familie schon als interessante Erfahrung. Und wenn die Erfahrung nur darin besteht, dass man das heimatliche Essen wieder zu schätzen weiß.
Unsere Tochter ist jetzt auf einer Farm mit Ziegen, dort gefällt es ihr bis jetzt sehr gut, aber es regnet fast ständig, so dass man draußen nicht so gut arbeiten kann.

Gruß Bärbel

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 18:36
von outdoorfreak
Hallo,


ich hab mich mit der Wwoof Organisation in Verbindung gesetzt, und die meinten, ich solle das mit den Höfen klären. Und ich war auf einigen Höfen in ganz Frankreich und Korsika.

@Tanja

4 Stunden mitarbeiten gegen Kost und Logis ist in ordnung. Nur manche Höfe/Ökodörfer verlangen, dass man den ganzen Tag mitarbeitet, 6 Tage die Woche. Und das für Kost und wohnen im Zelt. Das ist mies.

Tanja hat geschrieben
Außerdem ist die Arbeit in der Landwirtschaft eben echte Arbeit und kein romantisches Stilleben, wie man sich das manchmal vorab vielleicht gern vorstellt. Es muß halt alles getan werden, was aktuell ansteht. Als Aushilfe angenehme bzw. interessante Arbeiten zu erwarten, passt allein vom erforderlichen Know-How meist nicht wirklich.
Ähem, ich bin mittlerweile selbst Selbstversorger und auch ich mache immer das, was aktuell ansteht. Aber ich mache immer das, was mir spass macht. Und solche Sachen, die jetzt nicht soviel Spass machen, wie z.B Unkraut jähten, da hab ich Methoden, wie ich es so weit wie möglich verhindern kann. Z.B durch Muchen. Klar, muss ich dann manchmal auch noch Unkraut jäten, aber ich mach das nie den ganzen Tag. Vielleicht mal 1-2 Stunden in der Woche. Dann is aber auch gut.


Ich denke, das Problem, das ich hier anspreche ist ein anderes. Es geht hier um Macht. Und zwar von den Besitzern über die Besitzlosen. Und ja, das war im Mittelalter schon genauso mit den Mägden und Tagelöhnern. Sehr primitiv.

Vielleicht nehm ich in den kommenden Jahren auch mal wwoofer auf, allerdings würd ich die niemals rumkommandieren. Die könnten sich dann aussuchen, was sie machen wollen.

Und Leute, die nicht selbsstständig arbeiten können und Anweisungen brauchen, die wären bei mir dann falsch, solche Leute kann ich nicht gebrauchen. Unsere Gesellschaft ist übrigens voll mit solchen Leuten.

Klar, mit denen geht´s dann auch nicht anders. die würden, wenn sie keine Anweisungen bekommen würden, gar nichts tun.


Aika hat geschrieben
Auf der ersten Farm musste sie meist Unkraut jäten , Erde schippen , misten, Gemüse pflanzen.
Das sind auch meine Tätigkeiten. Allerdings das allein würde mir nicht reichen. Ich muss mich auch kreativ austoben können z.B in der Schmiedewerkstatt oder beim Hausbau.
Aber was sollte denn ein WWoofer auch sonst arbeiten? Wenn ich einen hier hätte müsste er wohl dasselbe tun.
Es gibt viele schöne Arbeiten. Wichtig ist immer das man lernt. Aber beim ganzen Tag Unkraut jähten lernt man gar nichts. Auch beim woofen an sich hab ich nicht viel gelernt. Das meiste hab ich mir selbst und durch Bücher beigebracht.
Das Landleben besteht halt nicht nur aus schönen Tätigkeiten.
Aha, also bei mir ist das anders. Mir macht generell alles spass. Auch unkrautjäten muss mal sein. Allerdings nicht den ganzen Tag lang und das wochenlang. Da hört der Spass aber auf.

Was ich als unangehem empfinden würde ist auch Schlachten. Aber da ich Veganer bin und auch keine Tiere halte fällt das sowieso weg

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 19:27
von Nilora
Hallo outdoorfreak,

ich habe selbst letztes Jahr 2 Monate in Irland gewwooft und habe größtenteils richtig gute Erfahrungen gemacht. War insgesamt auf 4 smallholdings (kleine Farmen zur Selbstversorgung), von denen zwei so klasse waren, dass ich mit den hosts immer noch in regem Kontakt stehe. Dort lief es so ab, dass ich voran gesagt bekam, was zu tun war und dann durfte ich mir aussuchen, in welcher Reihenfolge ich arbeite. Wär auch kein Problem gewesen, mit einer noch nicht abgeschlossenen Arbeit aufzuhören und bei einer anderen weiterzumachen, um dann später die erste Arbeit zu beenden. Ich hab auf den Höfen ziemlich große Freiheiten genossen und habe sogar einmal über Ostern Haus und Hof gehütet (und musste während dieser Tage, abgesehen vom Füttern der Tiere und Eiersammeln, nicht arbeiten), weil die Familie auf Verwandtenbesuch war. Auf der dritten Farm wars auch ok, allerdings war das eher ein Streichelzoo und hatte mit Selbstversorgung überhaupt nix zu tun, weshalb ich nach einer Woche weitergezogen bin.
Die letzte Farm war der Horror, ich musste direkt am ersten Tag 6 Stunden in der prallen Sonne den halben Garten mit dem Spaten umgraben, hab mir dazu noch Geschichten von Drogenexperimenten mit anschließenden "spiriuellen Reisen" im südamerikanischen Urwald anhören dürfen und musste nachts im ungeheizten Wohnwagen schlafen. Also hab ich am nächsten Tag meine Sachen gepackt und meinen Gastgeber gebeten, mich zur nächsten Bushaltestelle zu fahren :im:
Wwoofen ist nunmal eine riskante Sache, man weiß im Voraus nicht, ob die Farm und die dazugehörigen Menschen zu einem passen, bzw. ob sie einen als Gast oder als billige Arbeitskraft sehen. Andererseits hat man die Möglichkeit, jederzeit weiterzuziehen, wenn man es gar nicht aushält.

Die Organisation an sich kann da überhaupt nichts für, dazu müsste sie jeden einzelnen Hof überprüfen und selbst dann ist keine Sicherheit garantiert. Wie Manfred schon sagte, der einzige Weg, solche Höfe "abzustrafen", ist, sie der Wwoof-Organisation zu melden.

Lieben Gruß,
Caro (die durch Wwoofen erst auf das Thema Selbstversorgung aufmerksam geworden ist)

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 21:15
von Theo
Landfrau hat geschrieben:"also, das find ich jetzt nicht gut von dir, du, echt nicht, da müssen wir mal drüber reden"
Haareausdemgesichtstreich :lol:
outdoorfreak hat geschrieben:Aber beim ganzen Tag Unkraut jähten lernt man gar nichts.
Doch: Dass Arbeit Arbeit macht :engel:

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 21:40
von AnamPrema
Also ich war ca. 5 Monate in Australien wwoofern und das war absolute Spitze.

Das Meiste, was ich mal arbeiten musste waren 3,5 Std. pro Tag.,
mein Durchschnitt lag bei 2 Std.
-Ich habe Schafe gehütet,
-nen Biogarten angelegt,
-war auf einem Olivenanbauhof in Tasmanien, wo die Bäume erst 30cm groß waren :michel: und es nichts zu tun gab, das war mir sehr suspekt und ich verschwand nach 3 Tagen
-landete bei einem reichen Australier, der eigentlich ne nette Frau suchte - mit dem ging ich Essen und spielte Tischtennis, bis ich dann die Flucht ergriff :lol:
-ich putze die Küche in einer Jugendherberge und bekam Eiscreme- und Schwimmpausen im Fluß und wurde gelobt!
-Palmen hab ich auch geschnitten
-ich machte mit ner reichen Dame QiGongUnterricht und hatte in der Nobelgegend Sydneys ein Zimmer mit Bad en Suite
und Familienanschluss
-in einem Wassershiatsu-Gäste-center in Crystal Waters machte ich Frühstück und die Betten und ein Highlight meiner Reise war das Woodfordfestival am Jahresende, mein Host stellte mir Zelt und Schlafsack zur Verfügung und bezahlte mir noch 150 A$ Taschengeld, da ich das Haus und die Gäste 3 Tage allein betreute, da sie mal Urlaub machen wollte WOW YEAH

Mehr fällt mir grad nicht ein, aber Australien war für mich mit die Beste Zeit meines Lebens und das mit immerhin schon "43" :hhe:

Die ersten Wochen war ich in einem Koalahospital, so um mich einzuleben und mein Englisch zu reaktivieren und dann gings los. ALLEN, die übrigens unter 28 Jahren sind, kann ich Australien nur empfehlen, denn die dürfen da sogar offiziell arbeiten und das bis zu 1 Jahr.

AnamPrema

Letztendlich muss JEDER für sich eine Entscheidung treffen.
Warum geh ich wwoofern, zu welchen Bedingungen,
DAS sollte ALLES VORHER - am Besten per mail schriftlich! - geklärt sein,
dann hat men es späer auch schwarz auf weiss
bin ich wirklich frei - dann kann ich jederzeit gehen!

Wer sich als Bittsteller sieht oder Sklave, naja, der wird dann wohl auch so behandelt.
Steht für EUCH ein, Ihr bringt Euch ein in Eurer Einzigartigkeit, vielleicht nicht unbedingt
mit Fachwissen, aber mit neuer Energie, mit Fröhlichkeit, Frei SEIN, ... und bringt so
Dinge, die die Hosts vielleicht nicht haben?!!!!!!!!!!!!!!!! Welch ein Geschenk!

Re: Wwoof und Ökodörfer- Ausnutzerorganisation?

Verfasst: Di 7. Jun 2011, 22:35
von Sabi(e)ne
aber Australien war für mich mit die Beste Zeit meines Lebens und das mit immerhin schon "43"
:mrgreen: Ich stelle seit mittlerweile 8 Jahren fest, die beste Zeit meines Lebens ist JETZT!.....(und das mit immerhin Ü50... :mrgreen: )
Da ist es wieder - leben kann man nur in der Gegenwart - nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft.
"Hic Rhodos, hic salta!" :engel: