Im Grunde ein schöner Thread - ich hoffe nur, es wird nicht wieder 'ne Systemkritische Grundsatzklopperei draus ...
Mir fällt dazu spontan ein:
- Firmen und Arbeitgeber:
die meisten Firmen waren früher Inhabergeführt und gehörten keinen riesigen Konzernen. Die Chefs hatten häufig selber von der Pike auf gelernt und sich dann nach Schule, normaler Lehr- und Gesellenzeit zum Meister schulen lassen, oder haben sich halt hochgearbeitet.
Die Betriebe wurden zwar mit Geschäftssinn, aber dennoch auch mit "gesundem Menschenverstand" geführt. Loyalität der Mitarbeiter wurde groß geschrieben, und für einen "Opelaner" oder andere Firmenangehörige größerer Unternehmen war es quasi eine Ehre, für den Betrieb zu arbeiten.
Es war ein gegenseitiges Geben und Nehmen, die Betriebe waren glücklich über treue, langjährige, erfahrene Mitarbeiter, und diese wiederum waren froh, solch einen guten Job zu haben.
Die Leute waren fleißig, auch ohne daß permanent das Damoklesschwert der betriebsbedingten Kündigung über ihren Köpfen schwebte.
Bitte fitzelt das jetzt nicht auseinander - ich weiß, es ist mal wieder die Frage, welchen Zeitraum man als "früher" bezeichnen soll! Und es gab auch immer schon Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, Hungerlöhne usw....
Ich schreibe das aber aus eigener bzw. aus Erfahrungen aus meiner Familie heraus und denke da z.B. besonders an eine Firma, in der ich mal gearbeitet habe und wo auch einige aus meiner Family arbeiteten im Laufe der Jahrzehnte. Gerade dort, auch durch viele Gespräche mit Leuten die schon -zig Jahre dort arbeiteten, konnte ich die Entwicklung beobachten oder zumindest teilweise nachvollziehen.
Das Unternehmen besteht seit weit mehr als 100 Jahren, ist aber schon seit längerer Zeit im Besitz einer amerikanischen Firmengruppe. Trotzdem ist der ursprüngliche Name des Betriebs ein Begriff in der Region, den neuen Namen kannte kaum jemand.
Es ist im Vergleich zu anderen Betrieben immer noch kein schlechtes Los, dort zu arbeiten. Aber dennoch kann man da die neuen Strukturen und Abläufe gut verfolgen.
Wie gesagt - damals Inhabergeführt, ein "anständiger" Firmenchef bzw. eine nette Familie, wo gerne gearbeitet wurde. Damals hieß es quasi "einmal Firma X, immer Firma X!".
Tja, die Zeiten sind längst vorbei .... Einverleibt in eine größere Firmengruppe, Aktiengesellschaft geworden .... da zählt halt nur noch Profit, und nicht mehr die soziale Verantwortung.
"Den Chef" gibt es nicht mehr, sondern mehrere Geshcäftsführer die von außen "eingekauft" werden. Studierte, Akademiker, die selber nie mal in so einem Betrieb gearbeitet haben.
Trotzdem werden immer wieder neue Unternehmensberater einberufen, die den Laden optimieren sollen. Was der erste angeordnet hat, wird vom nächsten wieder verworfen .... toll, gelle?
Alles wird nicht mehr nach dem zitierten "gesunden Menschenverstand" gemacht, sondern nach theoretischen Verfahren mit tollen Namen und Hierarchischen Strukturen (was teils ein wenig an eine sektenähnliche Organisation erinnert, deren Namen sicher jedem bekannt sein dürfte ....)
Ich denke, früher war noch der Gedanke selbstverständlich: wer seine Kuh melken will, der muß sie füttern!
Heute wird aber gerne nur noch gemolken, aber nicht mehr gefüttert. Gerade was Aktiengesellschaften betrifft, die ja nur noch für die Bilanz und Gewinnoptimiert agieren .... Doch nicht nur da, denn der betriebswirtschaftliche Virus hat sich ja längst bis in die kleinsten Betriebe fortgepflanzt.
Volkswirtschaftlich denkt ja kaum noch jemand.
Auch das beobachte ich bei meinen bisherigen Firmen wo ich arbeitete, oder auch bei Freunden und der Familie, die teils auch schon lange in ihren Betrieben angestellt sind. Die alten Chefs waren meistens noch ganz okay und großzügig - doch rücken die Kinder nach, die meistens BWL studiert haben, weht plötzlich ein anderer, eisiger Wind durch den Laden.
Nun könnte man sagen: na und? Das erfordert halt dieses System, so ist es in der freien Wirtschaft halt, wer einen Betrieb führt MUSS so denken.
Aber hat uns dieses Denken nicht genau dahin geführt, wo wir jetzt sind? War die Betriebsführung im allgemeinen früher nicht besser, wo natürlich auch Gewinn eingefahren wurde und das das Ziel der Arbeitgeber war - aber dennoch die Menschlichkeit nicht zu kurz kam? Und die Betriebe haben damals doch auch Gewinne gemacht und alle konnten gut leben. Auch ohne theoretische Konzepte, die am grünen Tisch ausgetüftelt wurden von nicht-Praktikern, und die in der Praxis oft eben
nicht funktionieren, auch wenn diese Herren denken, sie
müssten es aber.
Dazu kommt dann natürlich noch die Veränderung des gesellschaftlichen Denkens und der Ansprüch, die Geiz ist geil-Mentalität, die Billigkonkurrenz großer Firmen (Discounter) und des Auslands .... der allgemeine Preisdruck also und die unendliche Gier, alles haben zu wollen mit dem geringsten Aufwand - auf Seiten der Verbraucher ebenso wie auf Seiten der Arbeitgeber.
Die immense Werbe-Entwicklung und Medienbeballerung hat sicher auch einigen "Schaden" angerichtet in gewisser Weise, vor 30-40 Jahren gab es das ja sooo massiv noch nicht.
Ohwei, ich könnte jetzt noch'n Roman hier tippen, so viel fällt mir ein zum Thema. Aber das soll's jetzt erst mal gewesen sein.
