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Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Mi 6. Jan 2016, 23:28
von DieterB
Wie ist unsere Beziehung zu Tieren? Wie rechtfertigen wir Massentierhaltung, Tierexperimente, oder Tiere im Zoo zu halten. Dies und anderes wird in diesem Artikel diskutiert.
Wie ein Landwirt, ein Zoodirektor und ein Hirnforscher ihre Arbeit rechtfertigen. Und ob sie mit den Tieren empfinden.
Das Thema ist zu komplex, um es in wenigen Worten zusammenzufassen. Deshalb hier nur einige Zitate aus dem Gespraech:
... Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt und blendet aus, dass es auch Nutztiere gibt, Tiere, die wir brauchen, um Fleisch, Milch und Eier zu erzeugen.
[...]
Das Problem ist ganz zentral, dieses immer geringer werdende Wissen um die Natur. Die Menschen haben keine eigenen Erfahrungen damit, wie ein Tier ist, was ein Tier aushält. Menschen schreien laut auf, wenn sie sehen, wie der Bauer sein großes Rind mit der Gerte antreibt. Dabei ist den wenigsten klar, dass die Wucht des Schweifes größer ist als die des Schlages von Menschenhand. Und das ist nur eines von vielen Beispielen dafür, dass viele Menschen heute keine Ahnung von Tieren haben.
[...]
Und die Leute plötzlich kein Fleisch mehr essen? Das glaube ich nicht. Auch weil sich die Kritik meist weniger gegen das Töten richtet als gegen die sogenannte Massentierhaltung. Um da etwas weiter zu verbessern, muss Geld ausgegeben werden. In der Landwirtschaft muss investiert werden, aber auch der Handel und der Verbraucher müssen ihre Ansprüche finanzieren. Die wirtschaftliche Lage in der Milcherzeugung oder Fleischproduktion ist so eng, dass wir für mehr Tierwohl zusätzliches Geld brauchten, das der Markt uns nicht gibt. Manche politische Entscheidung für mehr Tierwohl in den letzten Jahren hatte zur Folge, dass gerade kleine und mittlere Betriebe aufgeben mussten.
[...]
Für einen effektiven Tierschutz ist eine Regelung des Umgangs mit Tieren sinnvoll. Hingegen erfordern Selbstbestimmungsrechte die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen und die Rechte anderer zu bedenken. Diese Rechte für Tiere zu fordern zeigt, dass unsere Vorstellungen vom Tier immer weniger mit realen Tieren zu tun haben. Das Tier ist heute Projektionsfläche für unerfüllte Bedürfnisse in einer eben nicht idealen Gesellschaft.
[...]
Wenn wir die Haltung verbessern sollen, müssen auch die Preise steigen. Hier sind wir als Gesellschaft insgesamt in der Verantwortung.
[...]
Um den Kriterienkatalog der "Initiative Tierwohl" umzusetzen, brauchten wir 25 bis 35 Cent zusätzlich pro Kilogramm Fleisch. Und deutlich mehr, wenn wir uns nach den Leitlinien des Wissenschaftlichen Beirats beim Agrarministerium richten würden.
[...]
Aber höhere Preise sind beim Verbraucher offenbar nicht durchzusetzen.
[...]
Das Problem sind nicht allein die unzutreffenden Behauptungen von Tierversuchsgegnern, es sind eher die Prozesse, die sie anstoßen: Die Boulevardmedien greifen das Thema gern skandalisierend auf, weil das populär und verkaufsfördernd ist. Die Bilder in Zeitungen oder, schlimmer noch, im Fernsehen erzeugen Emotionen, gegen die man mit rationalen Argumenten nicht mehr ankommt.
[...]
Aber ich will der Öffentlichkeit nicht verheimlichen, wie meine Schweine leben, was Nutztierhaltung bedeutet. Darum habe ich in meinem Stall eine Webcam installiert. Jeder, der will, kann sich die Kastenstände mit den Sauen und Ferkeln beinahe in Echtzeit anschauen.
[...]
Der Rest der Diskussion ist auch lesenswert.
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Do 7. Jan 2016, 01:22
von Benutzer 4754 gelöscht
Die Boulevardmedien greifen das Thema gern skandalisierend auf, weil das populär und verkaufsfördernd ist.
Das ist doch mit allem aus "Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion" so.
Scheiß egal ob das jetzt Gülledünung, ein Hähnchenmäster mit 30.000 Tieren, angebliche Glyphosatrückstände in Obst/Gemüse (wo das zeug schon rein logisch garnich hinkommen kann, außer in mini Spuren durch aufgewirbelten Boden und pflanzenbaulich völlig sinnfrei ist), Geschmacksverstärkern, (künstliche) Aromen, Analogkäse, Spritzmittelrückstände kurz über der Nachweisgrenze (unter weit unter dem Grenzwert) oder auch Spaltenbodenhaltung!
Bei allem wird von irgetwem aus der Fliege ein Elefant gemacht, und dann der Elefant zu Kapital verwurstet.
Oder man macht durch Angst schüren die Leute so wuschig das sie den Spendensammlern freiwillig was ins Käschen schmeißen.
Wie ist unsere Beziehung zu Tieren? Wie rechtfertigen wir Massentierhaltung
billig, billig, billig, billig, billig
und nochmal, Hauptsache
billig
Wobei es früher (zur Zeiten des Wirtschaftswunders bis Ende des 20Jh.) den Tieren schlechter ging.
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Do 7. Jan 2016, 23:19
von ohne_Furcht_und_Adel
Die einen lehnen Nutztierhaltung voll ab, den anderen ist es nicht wert, über die Umstände nachzudenken. Wieder andere haben kein Geld für ein konsequentes Verhalten übrig. Kaum einer hat Lust, seinen Lebensstandard einzuschränken! Wenn Soja teurer wäre, würde sich schon einiges verschieben. Wenn es nur noch Öko- Fleisch gäbe, gäbe es wohl auch wieder mehr Stallhasen in fragwürdiger Privathaltung. Man will ja keinem was böses, aber genug Wurst und Braten will man schon. Dabei leben fast alle in der Stadt, wo's kaum Nutztiere gibt...
Es wäre hilfreich, wenn z.B. Schulklassen Ausflüge machen würden, um die gängige Nahrungsmittelerzeugung mit eigenen Augen zu erleben. Die Grundschüler könnten sich mal ansehen, was eine Kuh oder ein Huhn eigentlich ist, und das die Möhre aus der Erde kommt. In der 8., 9. Klasse könnten sie dann mal gucken, wie viel Schweine in ein Gebäude passen, und woher eigentlich die Steaks kommen.
Leider ist das Bildungssystem chronisch unterfinanziert, die Möglichkeiten haben sich für die Schüler auch in NRW mit rot/grün bisher nicht groß verbessert. Normalerweise müßte hier mal richtig Geld reingepumpt werden... jetzt mit den Flüchtlingen sowieso, aber auch sonst ist die Förderung des Allgemeinwissens und der Problemlösefähigkeit unserer Kinder doch wohl ein Hauptinteresse des Landes?
"Tierpfleger im Zoo" scheint auch weniger romantisch zu sein als es sich anhört... meine Schwester machte mal ein Praktikum und erzählte von fauligem Futtergemüse und Meerschweinchen-vor-die-Wand-klatschen, weil sie ja nicht lebend verfüttert werden dürfen.
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 10:05
von Akopalüze
Sorry für offtopic, hat mit Tieren nichts zu tun.
Ölkanne hat geschrieben:angebliche Glyphosatrückstände in Obst/Gemüse (wo das zeug schon rein logisch garnich hinkommen kann, außer in mini Spuren durch aufgewirbelten Boden und pflanzenbaulich völlig sinnfrei ist)
Also meines Wissens ist es gängige Praxis in der konventionellen Landwirtschaft, dass Kartoffeln kurz vor der Ernte mit Glyphosat behandelt werden, damit die oberirdischen Pflanzenteile absterben, was die Ernte erleichtern soll.
Auch bei Getreide wird Glyphosat eingesetzt, um das Abreifen der Körner zu beschleunigen. Stichwort Sikkation.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sikkation
"Bei der Anwendung einiger Glyphosat-Produkte wurde in Bayern die Auflage erteilt, dass das Stroh nicht zur Verfütterung eingesetzt werden darf. Ursache seien laut der LfL Bedenken hinsichtlich der Toxizität von Beistoffen in der Formulierung verschiedener Glyphosat‐Herbizide, zu denen bisher noch keine konkreten Studien für die Sicherheit in der Verwertung als Futtermittel vorliegen.[5][6]
Nach Angaben des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen besteht ein Verwendungsverbot für Glyphosat-behandeltes Getreide für Saatgut und Braugetreide."
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 10:24
von marceb
Es ist nicht einfach den goldenen Mittelweg zu finden.
Ein Tierarzt hatte mal gesagt: "Die meiste Tierquälerei findet in der Heimtierhaltung statt".
Dem kann ich nur zustimmen, denn wenn ich sehe, was manche Leute ihren Hunden und Katzen antun.
Nicht nur körperlich. Der Hund wird vermenschlicht, dient als Partner oder Kindersatz, usw.
Aber gerade diese Leute schimpfen auf die Nutztierhaltung und essen auch meist kein Fleisch, wegen der armen Tiere.
Dass ihre eigenen Tiere auch leiden sehen sie nicht.
Ich sage den Leuten immer, der Hund ist auch nur ein "Nutztier" er hatte immer eine Aufgabe, für die er oft ausgebildet wurde.
Diese konnte er auch erfüllen, aber er kann kein Kind oder Partnerersatz sein, damit ist er überfordert und auch das ist Tierquälerei.
Gruß
Martina
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 10:55
von Benutzer 4754 gelöscht
Akopalüze hat geschrieben:Sorry für offtopic, hat mit Tieren nichts zu tun.
Ölkanne hat geschrieben:angebliche Glyphosatrückstände in Obst/Gemüse (wo das zeug schon rein logisch garnich hinkommen kann, außer in mini Spuren durch aufgewirbelten Boden und pflanzenbaulich völlig sinnfrei ist)
Also meines Wissens ist es gängige Praxis in der konventionellen Landwirtschaft, dass Kartoffeln kurz vor der Ernte mit Glyphosat behandelt werden, damit die oberirdischen Pflanzenteile absterben, was die Ernte erleichtern soll.
Auch bei Getreide wird Glyphosat eingesetzt, um das Abreifen der Körner zu beschleunigen. Stichwort Sikkation.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sikkation
"Bei der Anwendung einiger Glyphosat-Produkte wurde in Bayern die Auflage erteilt, dass das Stroh nicht zur Verfütterung eingesetzt werden darf. Ursache seien laut der LfL Bedenken hinsichtlich der Toxizität von Beistoffen in der Formulierung verschiedener Glyphosat‐Herbizide, zu denen bisher noch keine konkreten Studien für die Sicherheit in der Verwertung als Futtermittel vorliegen.[5][6]
Nach Angaben des Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen besteht ein Verwendungsverbot für Glyphosat-behandeltes Getreide für Saatgut und Braugetreide."
Getreide ist kein Gemüse oder Obst.
oder?
Kartoffeln dürfen nicht mit Glyphosat sikkiert werden.
Da sind nur Reglone, Shark und Quikdown zugelassen, alle drei schnell wirkende, nichtssystemische Kontaktherbizide.
OT ende
Die meiste Tierquälerei findet in der Heimtierhaltung statt
Das halten von 2 Hasen in einem Baumarktstall mit 40*100cm sollte auch verboten werden.
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 11:07
von Akopalüze
Ölkanne hat geschrieben:
Getreide ist kein Gemüse oder Obst.
oder?

Nein, Getreide ist kein Obst oder Gemüse sondern ein Grundnahrungsmittel.Ich schrieb aber auch zuerst von Kartoffeln.
So harmlos, wie Du es gerne darstellen möchtest, scheint Glyphosat dann aber wohl nicht zu sein, wenn es für Kartoffeln zu diesem Zweck nicht zugelassen ist
Giftstoffe in Grundnahrungsmitteln wie Getreide finde ich übrigens noch schlimmer.
P.S.: Hast Du eine Quelle dafür, dass Glyphosat zur Sikkation bei Kartoffeln nicht zugelassen ist? 2013 hat man das wohl noch gerne benutzt.
http://www.agrarheute.com/news/umfrage- ... -sikkation
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 11:41
von Benutzer 4754 gelöscht
agrarheute.com hat geschrieben:Die Sikkation ist oft das letzte Mittel, um die Ernte zu retten. Bei Kartoffeln kann sie zu einer verbesserten Abreife und damit Schalenfestigkeit führen.
Steht da das Kartoffeln mit Glyphos behandelt wurden?
Nein.
Auf Agrarheute steht nur das Glxphos das häufigste Mittel zur Sikkation ist und das die Sikkation die Kartoffelqualität erhöhen
kann.
http://www.lfl.bayern.de/ips/unkraut/033935/
Unter "Aktuelle Herbizidempfehlungen-Kartoffelbau" die PDF-Datei "Sikkation" mit der Größe von 180kB.
Müssen wir das in einem Tierthema weiter diskutieren?
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 12:12
von Akopalüze
kann ein mod das vielleicht verschieben?
Re: Der Bürger erlebt das Tier als Kuschelobjekt ...
Verfasst: Fr 8. Jan 2016, 13:01
von emil17
Ölkanne hat geschrieben:
Kartoffeln dürfen nicht mit Glyphosat sikkiert werden.
Da sind nur Reglone, Shark und Quikdown zugelassen, alle drei schnell wirkende, nichtssystemische Kontaktherbizide.
Reglone: Hauptwirkstoff Diquatdibromid
Die Anwendung der Verbindung ist jedoch in Deutschland auf wenige Fälle eingeschränkt (Kartoffeln, Hopfen). Eine Anwendung in Naturschutzgebieten und Nationalparks ist verboten (der Stoff wird als besonders gefährlich für Bienen und Wasserorganismen angesehen) (Wiki)
(Anmerkung: ich dachte, jede Anwendung von solchen Produkten sei in NSGs prinzipiell verboten, ist mindestens in der Schweiz so)
Shark: Hauptwirkstoff Carfentrazone (ein Triazolinon), problematisch wenn es in Gewässer gelangt, sonst vergleichsweise harmlos. Über Bienengefährdung konnte ich auf die Schnelle keine Angaben finden.
Quickdown: Hauptwirkstoff Pyraflufen, hoch gewässertoxisch, sonst eher wenig problematisch. Über Bienengefährdung konnte ich auf die Schnelle keine Angaben finden.
Offenbar ist die Zulassung immer eine Abwägung zwischen Marktdruck und Umweltschädigung. Billige Kartoffeln gibts nicht umsonst, zahlts nicht der Konsument, zahlts die Umwelt. Und billig müssen sie sein. Im Zweifelsfall drauf damit, die Konsumenten wollen es ja, und neue Produkte generieren Wirtschaftswachstum.
Ölkanne hat geschrieben:Getreide ist kein Gemüse oder Obst.
oder?

Kartoffeln dürfen nicht mit Glyphosat sikkiert werden.
Das ist meiner Meinung nach ein typischer Fall von juristisch wasserdichter Wortklauberei - ein Interesse, den Konsumenten wirklich zu informieren, ist nicht erkennbar.
Bei diesen Anwendungen besteht zudem das grundsätzliche Problem, dass grosse Substanzmengen auf sehr grossen Flächen ins Freiland ausgebracht werden (in D etwa 250'000 ha Kartoffelanbau), daher sind die Risiken anders zu bewerten als bei Chemikalien, die rein industriell verwendet werden.
Bei Nebenwirkungen (--> Bienesterben) kann regelmässig keine gerichtsfeste Kausalkette vom Schaden zurück zum Schädiger nachgewiesen werden, was ganz im Sinn der Agrochemiekonzerne sein dürfte.