Erfahrungen mit Gewerbeküche?

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Landfrau

Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#1

Beitrag von Landfrau » Mi 20. Okt 2010, 16:21

Moin,

hat jemand von euch sich informiert über die Anforderungen an Gewerbeküchen oder bereits eine gebaut und in Benutzung?

Wo sind die Anforderungen formuliert bzw wer stellt sie auf welcher Grundlage?

Wie läuft die Abnahme ab?

Klar frag ich bei der zuständigen behörde selber nach, um schlauere Fragen stellen zu können würd ich mich über euren Erfahrungs-Input sehr freuen.

Da meine Wirtschaftsküche ohnehin umgebaut werden muss, würd ich, falls der Zusatzaufwand nicht zu groß ist, evtl noch über die Hürde "Gewerbeküche" springen - man weiß ja nie, wofür es gut sein kann.

Konkrete Diskussionspunkte könnten sein:

- Tür zum - nicht mehr als solchem genutzten - Stall, eine weitere Tür Richtung Wohnhaus ist bereits vorhanden
- Holzbefeuerter Herd - in manchen Bäckerein gibt es Holzbacköfen, müsste also an sich gehen.
- Bodenablauf (ist vorhanden)
- Höhe der Wandfliesen
- Raumhöhe - hier sicherlich unter ArbeitsstättenVO, aber es arbeitet ja die Inhaberin alleine ......
- Aufstellung der Waschmaschine zulässig
- HAndwaschbecken und Spüle (getrennt) sind vorhanden
- Elektroinstallation ist auf heutigem Stand
- Elt und TW-Leitungen unter Putz verlegt.

Was gibt es noch zu bedenken bzw zu erörtern?

danke, Landfrau

Sabi(e)ne
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Re: Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#2

Beitrag von Sabi(e)ne » Mi 20. Okt 2010, 16:55

Moin, Landfrau,

Tür zum Stall: eher nein, Tür zum Wohnhaus eher ja, Schleuse wäre besser.
Handwaschbecken sollte mit Kniehebel, Flüssigseife und Papiertüchern sein.
Höhe der Wandfliesen - diskutierbar, am liebsten raumhoch, und alle Flächen damit... :roll:
Mobiliar möglichst Edelstahl, halt wie in einer Gastro-Küche - wenn du überzeugend sein kannst, geht auch weniger...alle Oberflächen halt gut desinfizierbar - also kein Holz.
Waschmaschine - entschiedenes Nein.

Was ist mit Fenstern? Fliegensicherung? Kühlgeräten/Kühlraum? Aufzeichnung der Kühlungstemperaturen? Extra-Lagerraum für nicht-kühlpflichtige Produkte getrennt?
Warmwasser ist Pflicht - Holzofen wird nicht reichen.
HACCP-Plan fertig?

Sie werden dir nichts konkret vorschreiben, sondern du machst ihnen Angebote, und sie sagen dir dann, ob annehmbar oder nicht.
(ich war schon da, und mehr als einmal... :bang: )

viellieb

Re: Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#3

Beitrag von viellieb » Mi 20. Okt 2010, 17:16

Kenne es auch so das es reine auslegungs Sache ist..
Ich kenne eine "GewerbeKüche" die hat nicht mal den Hygiene Standart der Küche in meiner Gartenlaube und diese Küche hat nur ein Oberlicht ca.30x100cm. Alles seit jahren ohne beanstandung.

Zwei Häuser weiter muste eine Altenplegerinn Ihre 4j. alte 30,000€ Markenküche für 17,000€ aufrüsten um weiter für Ihre Omis kochen zu dürfen.
Sie musste 2 weiter Kühlschränke anschaffen, Fliesen bis unter die Decke, Abluft/Lüftung, und das Handwaschbecken.
ganz zum Schluss muste sie Noch eine FeuerschutzTür zum Wohnraum einbauen...

:ua:

Landfrau

Re: Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#4

Beitrag von Landfrau » Mi 20. Okt 2010, 19:30

Scheint leider vieles Verhandlungssache oder Nasenfaktor zu sein.

ich kenne Gewerbeküchen ohne Edelstahl und mit Waschmaschine..... . Hmm.

Hier eine umfängliche Sammlung zum Thema Lebensmittelhygiene, Direktvermarktung etc.

Aus BW; leider weiß man nicht, was davon LAndesrecht ist.

http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wue ... index.html

LAndfrau

Sabi(e)ne
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Re: Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#5

Beitrag von Sabi(e)ne » Mi 20. Okt 2010, 21:17

Wenn sie einmal genehmigt ist, ist Bestandsschutz drauf - egal, was dann 20 Jahre später Standard ist.
Daher die suboptimalen älteren genehmigten Küchen - eine Handhabe zur Änderungsverpflichtung haben sie dann erst, wenn was ernsthaftes vorgefallen ist, sonst nicht.
Das wichtigste für die Bürokraten ist aktuell das HACCP-Konzept, ohne brauchst du gar nicht mehr anfragen, weil du dich dann outest, daß du keine Ahnung hast, was du tust. :roll: (GsD ist das dank Internet das geringste der Probleme...)
I love life. And it loves me right back.
And resistance is fertile. :-)

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Re: Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#6

Beitrag von zaches » Mi 20. Okt 2010, 21:31

...oh, mein Lieblingsthema!

Also die Geliebte meines Mannes bekam die Küche ihres cafes in einem Museum in der nahen D-Stadt wegen Dreck geschlossen. Da hat sie dann einfach - wie schlau!! wie cool!! - zuhause gekocht und das Essen ins Museum geschaukelt.... fertig! Ach, und ihre Freundin backt jeden Tag 2 Kuchen für ein anderes Cafe zuhause und bekommt dafür 20 euronen schwarz auf die Hand. Das hat bisher und jahrelang keinen interessiert.

Finde ich doch sehr motivierend für den eigenen Küchen-Ausbau für mehrere 1000 Euronen, oder? Wieviel Marmelade, Käse, Honig, Senf und Kuchen soll ich doofes Eheschaf denn verkaufen, bis ich die Fliesen bis zur decke abbezahlt habe? :schaf_1:

Aber nu - Edelstahltische und -regale habe ich schon, Backtisch mit Holzplatte ist okay.
MEine Erfahrung mit der Schulkantinenküche: Spühle und Handspühlbecken müssen getrennt sein! Im Kühlhaus dürfen nur Getränke ODER Speisen stehen, nie beides zusammen (hat in der D-Stadt keine einzige Lokalität, wo ich schon mal hinter die Kulissen geguckt habe). Ja, Temperaturliste muss sein. Fettabscheider ist ein Muss, wenn gekocht wird.

... sicher noch mehr, aber ich bin müde.

lg, zaches


EDIT: http://www.chefkoch.de/forum/2,8,451239 ... bauen.html
"Erdachtes mag zu denken geben, doch nur Erlebtes wird beleben." Paul von Heyse

www.hilshof.de

Knurrhuhn

Re: Erfahrungen mit Gewerbeküche?

#7

Beitrag von Knurrhuhn » Mo 1. Nov 2010, 14:59

Als ich damals meine Küche einrichten wollte, hatte ich einen Vor-Ort-Termin mit dem zuständigen Menschen vom Veterinäramt (die nehmen sowas ab und führen die Kontrollen durch).

Wichtig war/ist:

- getrennte Waschbecken. Eines für die Hände, eines für Lebensmittel, eine Doppelspüle für Bedarfsgegenstände, zzgl. Bodenabfluß oder Schmutzwasserausguß. Die Waschbecken mußten über heißes Wasser verfügen, das am besten über einen Durchlauferhitzer kommt. Von Warmwasserspeichern hielt der Mensch nicht viel. Daß am Lebensmittelwaschbecken nur kaltes war hat er akzeptiert.

- Edelstahl ist nicht unbedingt nötig. Ich habe mir im schwedischen Möbelhaus Küchenunterschränke geholt, normale Arbeitsplatte drauf, alles ok. Dazu noch eine Art Servierwagen aus Edelstahl und einen aus Holz, auch vom Schweden. Die kann ich je nach Bedarf einsetzen und woanders hinstellen. Wurde ebenfalls abgenickt.

- Fliesen sollten hell und leicht zu reinigen sein. Es hätte auch gereicht, wenn im oberen Drittel abwaschbare Wandfarbe gewesen wäre. Ich hab aber komplett gefliest. Rutschfestigkeit sollte eigentlich auch gegeben sein - da lässt sich drüber streiten. Meine sind es nicht, da ich keine Angstellten habe und daher die Berufsgenossenschaft außen vor war. Nachdem ich das dem Prüfer verklickert habe, hat er die normalen Fliesen abgenickt.

- Vor das Fenster ein Fliegengitter anbringen. Hab ich mit normalem Klettband gemacht und ein Gewebe, das man austauschen kann genommen.

- Wichtig ist: unter den Schränken entweder alles so abdichten, daß kein Schmutz/Viehzeug dahinter oder darunter krabbeln kann, oder offen lassen damit man drunter sauberwischen kann.

- Regale müssen abwaschbar sein

- Deckenleuchte mit Splitterschutz - gibt's günstig im Baumarkt zu kaufen

- Seifenspender und Einweg-Papierhandtücher am Waschbecken installieren. Evtl. noch ein Händedesinfektionsmittel.

Ich habe alles so umgesetzt wie vorab besprochen, und beim Abnahmetermin hatte ich anwaltlichen Beistand dabei. Der stammt aus meinem Freundeskreis, aber machte anscheinend 'nen guten Eindruck. Ich hab auch nicht direkt gesagt: daß ist mein Anwalt, sondern ihn als Freund der Familie vorgestellt. Er hat aber dann durchblicken lassen, aus welchem Metier er kommt .... ich glaub das war ganz gut. ;)
Er hatte nachher nur einige Kritikpunkte zu beanstanden, die ich halt nachgebessert habe, aber die offizielle Abnahme hab ich trotzdem bekommen. Wichtig ist vor allem, Ritzen mit Silikon o.ä. abzudichten, keine Fugen zu haben wo sich Ungeziefer einnisten kann.

Dazu kommt dann noch, daß man einen Schein beim Amt erwerben muß, daß man die Belehrungen über den Umgang mit Lebensmitteln erhalten und verstanden hat. Und wenn es ans Verkaufen geht muß man die Kennzeichnungsvorschriften kennen, z.B. die Konfitürenverordnung usw..... alberner, aber leider notwendiger Kram. Bloß nicht schreiben "Erdbeermarmelade", denn die gibt's offiziell gar nicht. Und auch Konfitüre oder Gelee darf sich noch lange nicht alles nennen :roll:

Eine gute Übersicht gibt es hier. Zwar für einen gewisses Kreisgebiet, aber sicher allgemein so oder ähnlich gehandhabt:

http://www.kreis-ahrweiler.de/pdf/Hygie ... rungen.pdf

Ich habe meine Küche in einem benachbarten Kreisgebiet, und einige dieser Dinge (siehe Rutschfestigkeitsklasse der Fliesen) konnte ich in Absprache halt etwas lockerer regeln. Ich denke, es ist halt immer ein gewisser Ermessensspielraum vorhanden bei den zuständigen Leuten, jedenfalls bis zu einer gewissen Grenze.

Auch noch bißchen was zu Lebensmitteln:

http://www.gesetze-im-internet.de/lfgb/

Die werden auch Fragen, was Du überhaupt herstellen/verkaufen möchtest. Weiß jetzt nicht, ob da ggf. noch solche Dinge wie Fettabscheider gefordert werden .... dazu gibt es dann auch wieder irgendwelche

Also, um Problemen vorzubeugen am besten mal beim Veterinäramt deines Kreises/Stadt anfragen und eine unverbindliche Beratung einholen. Es kann erhebliche Strafen nach sich ziehen, wenn man "einfach so" produziert und in-Verkehr-bringt. Dazu gehört ja leider heute schon, daß man eigentlich nicht mal mehr für irgendwelche Veranstaltungen Kuchen spenden darf oder dergleichen .... :dreh:
Selbst ein Verschenken ist ein in-den-Verkehr-bringen, theoretisch.
Nun muß sich bestimmt niemand direkt 'ne Gewerbeküche einrichten, aber wenn man daran denkt zu produzieren und zu verkaufen sollte man sich wirklich 1000% sicher sein. Ein befreundeter Metzger hat ein Bußgeld aufgebrummt bekommen, weil er anfangs nicht wußte, daß er den prozentualen Anteil einer bestimmten bezeichneten Wurstsorte angegeben muß.

Auch wenn man ausschließlich Bio-Zutaten verarbeitet darf man seine fertigen Produkte nicht als "Bio" bezeichnen. Dafür braucht der eigene Betrieb ein eigenes Bio-Zertifikat. Das betrifft sogar en-gros gekaufte und abgepackte Bio-Ware. :roll:

Also immer schön die Äugelchen offen halten, gerade im Lebensmittelbereich sind die Stolperfallen unzählig und die möglichen Folgen können einem Betrieb das Genick brechen.

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