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Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfahrung

Verfasst: So 21. Okt 2012, 18:49
von Philipp
Hallo liebe Gemeinde :kuuh:

wir sind seit einiger Zeit aktiv in die Suche nach einem bezahlbaren Hof zum Selbstausbau. Logischerweise steht bei geringen Anfangsinvestitionen viel selbstmachen auf dem Programm (wenns mal soweit ist) - ist ja auch gewollt. Wir würden gern erstmal auf einen "niedrigen" Standard sanieren, also zum Beispiel vorhandene Kohleheizung nutzen, erstmal nur wenige Zimmer bewohnen und über die Zeit weiter sanieren, wenn Geld da ist.

Nun zur Frage: Im schönen Deutschland schaut Vater Staat ja gern mit allerlei Verpflichtungen um die Ecke, die dem genügsamen (Fast-) Ruinenbewohner in die quere kommen können. Auf wie niedrigem Niveau darf man denn in seinen eigenen 4 Wänden wohnen?

Es geht um Punkte wie:

- Pflicht zur Dämmung der Obersten Geschossdecke
- neue Grenzwerte für Heizanlagen nach BImschG
- Kleinkläranlage mit einer vollbiologische Klärstufe bis 2015
- lässt sich bestimmt deutlich erweitern....

Greifen all diese Verpflichtungen erst bei einer vollständigen Sanierung oder wird jetzt jeder Opa in Hinterpopelsdorf gezwungen Tausende von Euro in sein haus zu stecken? Habt ihr Praxiserfahrungen wie diese Sachen durchgesetzt werden? Was passiert bei nichteinhaltung? Kontrolliert das überhaupt irgendwer? :oma:

Es geht mir nicht darum möglichst viel Abgase in die Welt pumpen zu dürfen, sondern mein eigenes Tempo einhalten zu dürfen. :pfeif:

Hoffe ich hab mich verständlich ausgedrückt und bin im richtigen Forum unterwegs.

Viele Grüße aus Dresden
Philipp

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: So 21. Okt 2012, 19:13
von Narrenkoenig
Als selbstbewohnender Eigentümer bist du aus den meißten Sachen raus.
Solange keine Gefahr besteht daß Teile deines Gebäudes in den öffentlichen Verkehrsraum fallen will kaum einer was von dir.
Zum Zwang zur energetischen Sanierung kann ich dir wenig sagen, aber mit Kachelofen und Küchenherd und Holzbefeuerung hat von uns noch niemand was gewollt.
Grenzwerte für Heizanlagen sind abhängig von der Leistung der Heizanlage. Mit Einzelöfen dürftest du da drunter bleiben. Ansonsten ist dein Schornsteinfeger ein ergiebiger Ansprechpartner.
Ohne Kanalanschluß ist eine Kleinkläranlage wohl unumgänglich, ist wohl auch besser so.


Grüße

Robert

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: So 21. Okt 2012, 19:42
von Manfred
Den aktuellen Stand der Energieeinsparverordnung kannst du da nachlesen:
http://www.gesetze-im-internet.de/enev_2007/index.html

Sie gilt uneingeschränkt auch für Alteigentümer und Selbstnutzer. Die Übergangsfristen sind inzwischen abgelaufen.

Ausnahmen gibt es lediglich bei wirtschaftlicher Härte (sprich wenn sich die Maßnahme trotz Inanspruchnahme öffentlicher Förderung nicht amortisiert oder wenn du sie dir schlicht und ergreifend nicht leisten kannst) oder wenn andere öffenltiche Interessen (Denkmalschutz) dagegen stehen.

Nachzulesen in §25 der Verordnung:

"§ 25 Befreiungen

(1) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden haben auf Antrag von den Anforderungen dieser Verordnung zu befreien, soweit die Anforderungen im Einzelfall wegen besonderer Umstände durch einen unangemessenen Aufwand oder in sonstiger Weise zu einer unbilligen Härte führen. Eine unbillige Härte liegt insbesondere vor, wenn die erforderlichen Aufwendungen innerhalb der üblichen Nutzungsdauer, bei Anforderungen an bestehende Gebäude innerhalb angemessener Frist durch die eintretenden Einsparungen nicht erwirtschaftet werden können.

(2) Eine unbillige Härte im Sinne des Absatzes 1 kann sich auch daraus ergeben, dass ein Eigentümer zum gleichen Zeitpunkt oder in nahem zeitlichen Zusammenhang mehrere Pflichten nach dieser Verordnung oder zusätzlich nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften aus Gründen der Energieeinsparung zu erfüllen hat und ihm dies nicht zuzumuten ist.

(3) Absatz 1 ist auf die Vorschriften des Abschnitts 5 nicht anzuwenden."

Wie der Nachweis der Härte zu führen ist und wie die Befreiung genau aussieht, ist darin nicht ausgeführt.

Solange du mit Einzelöfen selbstgeworbenes Brennholz verfeuerst, wird dir niemand wirtschaftliche Wärmedämmmaßnahmen vorrechnen können.
Wenn eine Zentralheizung und oder Öl, Kohle und Gas im Spiel sind, kommst du aus der Sache nur sehr schwer raus.

Es zeichen sich in der Sache 2 Tendenzen ab:
- Die Behörden überwachen die Einhaltung der Vorschriften bisher nur bei baugenehmigungspflichten Maßnahmen. Würden Sie die Vorschriften durch Kontrollen überwachen, gäbe es einen gewaltigen Aufstand. Ein Großteil des Immobilien-Altbestandes hält das geltende Recht nicht ein (z.B. Dämmung der obersten Geschoßdecke).
- Trotzdem wird eine weitere Verschärfung der Auflagen beim Neubau wie im Bestand diskutiert, weil der Regierung die Erreichung der Einsparziele davonschwimmt. Man kann wohl davon ausgehen, das über kurz oder lang für Neubau wie Sanierung Passivhausstandard gefordert wird.

Daraus schließe ich für mich:
Wenn größere Dämmmaßnahmen umgesteht werden sollen, dann gleich richtig, sprich mit passivhausstandardtauglichen Dämmstärken und mit genauer Beachtung von Wärmebrücken und Anschlusslösungen. Sonst droht einige Jahre später die Pflicht zur Verbesserung der neu angebrachten Dämmung.

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: So 21. Okt 2012, 20:41
von Sabi(e)ne
Wenn ich ein Bauernhaus mit Riesendachboden kaufe, der eindeutig für Heu- und Strohlagerung gedacht war, wo ist da der Sinn, die Geschoßdecke zu dämmen?
Wenn da einen Meter dick Heu und Stroh übern Winter liegen?

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: So 21. Okt 2012, 21:29
von Manfred
Seit wann interessieren sich unsere Gesetzgeber für Sinn?
Wäre dem so, wäre nicht nur mein Leben deutlich leichter.

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: Mo 22. Okt 2012, 09:02
von Dagmar
Hallo Sabine,
Sabi(e)ne hat geschrieben:Wenn ich ein Bauernhaus mit Riesendachboden kaufe, der eindeutig für Heu- und Strohlagerung gedacht war, wo ist da der Sinn, die Geschoßdecke zu dämmen?
Wenn da einen Meter dick Heu und Stroh übern Winter liegen?
da gebe ich dir auch Recht.

Wobei ich da dann aber doch mit meinem Versicherungsmenschen sprechen würde, weil nach meiner Info dann die Kosten für eine Feuerversicherung sehr hoch werden können, wenn man wirklich Heu und Stroh in großen Mengen in einem bewohnten Wohnhaus lagern würde.
Narrenkoenig hat geschrieben:Ohne Kanalanschluß ist eine Kleinkläranlage wohl unumgänglich, ist wohl auch besser so.
In meiner neuen Nachbarschaft haben alle Nachbarn die noch immer nur eine alte Einkammer Sammelgrube hatten, die Auflage erhalten eine moderne Kleinkläranlage einzurichten. Für meine direkten Nachbarn (ein Rentnerehepaar) wird das wohl richtig heftig werden, da die dafür kein Geld haben.


Dagmar

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: Mo 22. Okt 2012, 11:26
von Theo
Manfred hat geschrieben:Den aktuellen Stand der Energieeinsparverordnung kannst du da nachlesen:
http://www.gesetze-im-internet.de/enev_2007/index.html

Sie gilt uneingeschränkt auch für Alteigentümer und Selbstnutzer. Die Übergangsfristen sind inzwischen abgelaufen.
Nach meiner Erfahrung interessiert sich in etwas abgelegenen Gegenden kein Mensch dafür. Nur der Schornsteinfeger kommt natürlich, weil er auch dran verdient.

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: Mo 22. Okt 2012, 18:04
von Distelbauer
Wobei ich da dann aber doch mit meinem Versicherungsmenschen sprechen würde, weil nach meiner Info dann die Kosten für eine Feuerversicherung sehr hoch werden können, wenn man wirklich Heu und Stroh in großen Mengen in einem bewohnten Wohnhaus lagern würde.
Hallo,

Versicherungsmensch brauch ich nicht mehr fragen, Feuerversicherung ist ja nicht mehr Pflicht. Und brennt die Hütte ab, hab ich noch nen Wohnwagen und ne Gartenhütte . Aber wer mir bei der Heu und Strohlagererei gar nicht entgegen kommt ist der Schornsteinfeger.Vielleicht hat er Angst, daß beim Kaminkehren Funken ins Heu fliegen. Oder Kamin aussen wär noch ne Idee aber auch teuer.

VG Georg

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: Di 23. Okt 2012, 10:38
von Rati
Distelbauer hat geschrieben:...Versicherungsmensch brauch ich nicht mehr fragen, Feuerversicherung ist ja nicht mehr Pflicht. Und brennt die Hütte ab, hab ich noch nen Wohnwagen und ne Gartenhütte ...
Hast du keine Gegenstände im Haus die du zumindest finanziell nach einem Brand ersetzt haben möchtest?
Wer zahlt eigentlich den Feuerwehreinsatz?
Ist der in jedem Fall kostenlos? (fahrlässigkeit und so?)
Was ist mit Entsorgungskosten für die Brandruine?

Grüße Rati

Re: Energetische Sanierung - Pflichten, Strafen, Praxiserfah

Verfasst: Di 23. Okt 2012, 12:02
von Manfred
Auf eine Brandversicherung würde ich als Hauseigentümer keinesfalls verzichten.
Selbst wenn dir das Gebäude egal ist, können dich die Folgekosten (Entsorgung der Reste, Haftungsschäden etc.) auffressen.
In der Brandversicherung ist in der Regel nur fest eingebautes Inventar enthalten. Für alles andere bräuchte man eine extra Klausel in der Brandversicherung oder eine separate Hausratversicherung. Einen Haushalt komplett neu einzurichten, mit Möbeln, Küchenausrüstung Kleinteilen, Wäsche, Klamotten, Elektronik, Büchern, Werkzeugen usw. usw. kann ganz schön teuer werden, in vielen Fällen teurer als das Gebäude selber. Muss halt jeder selber überlegen, was sein Hausrat wert ist und ob das Risiko durch eine Versicherung gemildert werden soll.