He, nun schütt man nicht gleich das Kind mit der Wanne aus.
Wenn es seit 1850 steht, dann wird es auch noch weiterhin halten. Wenn die Grundmauern dick sind, dann bekommst Du allein durch die Mauerdicke nur kleine Bodenpressungen: die Alten wussten das aus Erfahrung.
Rechne: 1 Kubikmeter Bruchsteinmauer wiegt etwa 2500 kg, das gibt also pro Meter Mauerhöhe eine Bodenpressung von 2500kg/10'000 cm2 = 0.25 kg/m2, das ist etwa das, was Du beim Tippen mit der Fingerspitze auf den Tisch erzeugst. Mit anderen Worten, die Bodenpressung der Mauer durch Dach, Balken, Möbel und so weiter ist in der Grössenordnung von wenigen Kilo pro cm2, also weit im grünen Bereich, wenn die Hütte nicht grad auf Sumpf oder Torf steht. Mauerwerk aus Ziegeln oder Hohlsteinen ist noch wesentlich leichter.
Wenn es keine Setzungsrisse im aufgehenden Mauerwerk in Bodennähe gibt, dann ist das in Ordnung.
Grosse Feldsteine als Fundament wurde meistens eingebaut, weil diese am billigsten waren und den Zweck hinreichend erfüllen. Sobald die Mauer auf Sicht gemauert werden muss, braucht man Steine mit wenigstens einer brauchbaren Seite. In den Fundamentgraben, wenn man ihn etwas breiter macht, kann man irgendwelche Brocken vermauern. Das kommt dann ja unter den Boden und stört keinen. Aber in einer Gegend, wo es wenig Steine gibt, hat man eben keine nur dafür geholt.
Noch in einem Bauherrenleitfaden von 1938 war diskuiert, ob der Bauherr es hinnehmen muss, dass Steine aus dem Aushub einbetoniert werden dürfen, wenn der Kellerbauer diese als geeignet erachtet und die Kellermauern in Stampfbeton auszuführen sind - heute undenkbar. Wenn nun aber alle Häuser eingestürzt sind, wo solches - auch ohne Wissen des Bauherrn - geschah, dann stünde so manche Hütte nicht mehr.
Ich habe beim Mauerdurchbruch bei mir z.B. viele Abfälle gefunden - die Maurer von damals haben Wurstpapier, Hühnerknochen und Bauschutt aller Art einfach eingemauert. In einem anbetonierten Gesims, das ich entfernt habe, war als Bewehrung eine alte Rosenschere, eine Sägefeile und altes Besteck aus Neusilber drin. Eine Grundmauer hat einen grossen Riss, der vermutlich vom Erdbeben von 1946 stammt. Ich schlafe trotzdem gut.
Denke an Wilhelm Busch: Wer durch des Argwohns Brille schaut, findet Raupen selbst im Sauerkraut
Ich hab lieber eine Hütte ohne Statik, die seit 160 Jahren steht, als eine Statik, die nachweist, warum es stehen soll
Wenn Du zum Schluss kommst, dass die Kosten der Instandstellung zu hoch sind, oder wenn Dir die Gegend nicht gefällt, oder Du gerade den Traumjob samt Wohnung in einer völlig anderen Gegend angeboten bekommen hast, dann ist es sinnvoll, das Gebäude abzustossen, aber wegen diesen Gründen ... für mich unverständlich. Zudem wirst Du nur einen schlechten Preis erzielen, wenn Du den Leuten sagst oder nicht sagen kannst, warum Du verkaufst. Arglistiges Verschweigen von bekannten Mängeln wird noch teurer.
Über solche Entscheidungen schläft man mehrere Mal.
Falls Du das Haus behältst, empfehle ich Dir, auch bei der Haustechnik vorzusorgen, wenn Du mental Probleme mit derartigen Unsicherheiten hast. Sonst liest Du irgendwann mal, dass Wasserleitungen von innen durchgefressen werden können, und schläfst schlecht, weil das ja gerade jetzt bei deinem Haus passieren könnte.
Also alle Leitungen aufsteigend verlegen, gut zugänglicher Haupthahn im Keller - dann kann man das Wasser abstellen, wenn man länger weg ist. Ebenso Hauptschalter bei der Elektrik (Brände durch schleichende Kurzschlüsse gibt es nämlich auch).
Das liest sich jetzt böser, als es gemeint ist.
Wer will, findet einen Weg. Wer nicht will, findet eine Ausrede.