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Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 01:01
von Lepaso
Hi ihr Lieben
Ich startete vor 3 Monaten ein Projekt aus überzeugten Protest. Es ist unglaublich wie viele Lebensmittel alleine hier in Berlin täglich weggeworfen werden - 1000e von Tonnen. Anstatt derzeit neu anzulegen und ernten gehe ich in meiner unmittelbaren Umgebung sämtliche Lebensmittelgeschäfte (incl. Bioläden), Gemüsehändler, Restaurants und Kneipen durch - frage nach guten, aber nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln.

Folgende Lebensmittel alleine an diesem Wochenende:
Zuccini, Auberginen, Käse, Biochips, Vollkornbrot, Wassermelonen, Kaki, Äpfel, Birnen (Bio), Lauch, Karotten, Nudeln, Reis, Brot etc. etc.
Das Ganze läuft schon seit langer Zeit und es ist unglaublich, wie sehr die Menschen "geben" - wenn man einfach freundlich danach fragt.
Natürlich ist das keine Perspektive für "immer" bzw. eine lange Zeit - aber diese Lebensmittel wären alle bedingungslos in die Tonne gewandert. Alleine die Restaurant, die an WE einen Brunch anbieten "müssen" diese nach der Brunchzeit wegwerfen - das ist einfach unglaublich!
Einfach als Anregung - aber ich kann´s definitiv empfehlen. :michel:

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 02:00
von citty
Super Idee!

der Leintal Zoo bei Heilbronn (Baden Wuerttemberg) holt taeglich kistenweise Lebensmittel vom Kaufland in Heilbronn ab, die ansonsten in den Muell wandern wuerden! Die bekommen das aber nur weil sie es regelmaessig abholen.

Hier bekommt die Salvation Army (Heilsarmee) und andere Charities tagealtes Brot etc., das wird dann von denen an Beduerftige verteilt. Samstags kommt das uebriggebliebene Brot in einem Staender im Salvation Army Thrift Store, da darf sich jeder nehmen soviel er braucht. Man kann auch in vielen SA Laeden fuer einen Dollar essen (Tip fuer Kanada Urlauber) . Ich dachte in Dtl. gibt es "Die Tafel"? Aber wahrscheinlich koennen die gar nicht alles abholen was weggeschmissen wird...

LG, Citty

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 10:21
von Spottdrossel
Ich wollte mal aussortierte, kesselrabenschwarze Bananen für die Minischweine abgreifen (die Verkäuferin hatte sie grade zum wegwerfen in eine Tüte gepackt).
Seltsamerweise mußte ich dann trotzdem noch einen symbolischen Euro zahlen.
Letztens kam ein kurzer TV-Bericht über so eine Containerdame aus Überzeugung. Was mir an der Sache bedenklich ist: wer ein Einkommen hat und nur aus Überzeugung containert, nimmt der nicht eventuell einem wirklich Bedürftigen seine "Beute" weg?

(und mein nächstes Rätsel: warum sucht die Tafel hier ständig ehrenamtliche Fahrer? Die Hilfsbedürftigen müßten doch eigentlich Schlange stehen, um mitzuhelfen..?)

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 11:37
von Dagmar
Hallo Spottdrossel,

die Tafeln suchen wirklich ständig nach ehrenamtlichen Mitarbeitern. Leider sind aber manche, die die Tafel gerne
(aus)nutzen, nicht bereit auch nur einen Handschlag dafür zu machen. Teilweise ist es leider schon vorgekommen, daß alles einfach mitgenommen wurde und dann einige Meter weiter dann ausgesiebt wurde. Und vieles dann weggeworfen wurde.

Trifft bestimmt nicht auf viele zu, die zur Tafel gehen - und für die große Mehrheit ist das eine tolle Einrichtung. Und auch in Zukunft werden leider immer mehr Menschen dieses Angebot nutzen müssen. Einfach weil die Renten immer weiter sinken werden und nicht mehr reichen um alle Kosten des täglichen Lebens zu decken.

Aber überall wo man etwas leicht geschenkt bekommt, gibt es Schmarotzer. Das kann ein Banker sein - der seine Kunden betrügt und belügt, aber eben auch ein Hartz IV Empfänger - der die Tafel ausnutzt. Sind beide eben auch nur Menschen.


Dagmar

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 12:17
von kraut_ruebe
ich überleg schon ne weile ob ich dazu was schreiben soll :hmm:

klar gibt es ausnahmen. ich hab in der zeit in der ich für die caritas gearbeitet habe aber auch viele nicht-ausnahmen gesehen, von denen mir fast alle sehr nahe gegangen sind. so unendlich vieles steht hinter all diesen einzelschicksalen....

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 13:05
von Rati
Dagmar hat geschrieben:Aber überall wo man etwas leicht geschenkt bekommt, gibt es Schmarotzer. Das kann ein Banker sein - der seine Kunden betrügt und belügt,
oder ein Steuerhinterzieher (Schwarzarbeiter)der den Staat bescheißt :pfeif:
Dagmar hat geschrieben:Aber überall wo man etwas leicht geschenkt bekommt, gibt es Schmarotzer.....aber eben auch ein Hartz IV Empfänger - der die Tafel ausnutzt. Sind beide eben auch nur Menschen
so weit ich weis benötigt mensch für den Einkauf bei der Tafel einen amtlichen Berechtigungsschein. Da wird es aber schwer rein zu kommen ohne ein Recht darauf zu haben.
Spottdrossel hat geschrieben:Letztens kam ein kurzer TV-Bericht über so eine Containerdame aus Überzeugung. Was mir an der Sache bedenklich ist: wer ein Einkommen hat und nur aus Überzeugung containert, nimmt der nicht eventuell einem wirklich Bedürftigen seine "Beute" weg?
keine Sorge, die verteidigen ihr Revier schon anständig. :grr:

Ich hab das bei den Pünken erlebt (ich selber war kein Punk).
Ich erinnere mich auch an Abende wo bergeweise geräucherter Lachs aus dem Aldicontainer auf dem Tisch lag.
Das war ein Festmahl. :mrgreen:

spottdrossel hat geschrieben:(und mein nächstes Rätsel: warum sucht die Tafel hier ständig ehrenamtliche Fahrer? Die Hilfsbedürftigen müßten doch eigentlich Schlange stehen, um mitzuhelfen..?)
weil sie keinen Führerschein besitzen? Oder zu alt sind? Oder krank?

Grüße Rati

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 18:18
von Lepaso
also es ist eigentlich kein Reizthema wenn man das authentisch darlegt. Ich arbeite als Ergotherapeut in einer Praxis - ich werde jetzt nicht erzählen wie unglaublich wenig netto das ist - für die Arbeit die man schließlich tagtäglich über viele Jahre erbringt. Es geht mir super gut, beschwere mich nicht, da ich den Beruf über alles gerne mache. Aber wenn doch bekannt ist, dass das Essen definitiv weggeschmissen wird (alleine mit dieser Aussage krieg ich das würgen) geh´ich doch aufrecht in die Läden, Restaurants etc. und formuliere mein Anliegen, meine Frage. Und wenn dann noch absolut problemlos das "Essen" zur Verfügung gestellt wird - nehm´ich das einfach dankend an - Punkt.... ach so . :opa:

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 19:08
von Sabi(e)ne
citty hat geschrieben: Man kann auch in vielen SA Laeden fuer einen Dollar essen (Tip fuer Kanada Urlauber) .
Ähm, wenn ich mir nen Urlaub in Kanada leisten kann, kann ich auch mein Essen selbst bezahlen, und muß NICHT auf Kosten der Gemeinschaft es den Leuten wegessen, die wirklich nichts haben....

Die Tafel in D hat Ansprüche - du kannst nicht einfach dein selbstgepflücktes Obst dahin geben, du mußt eine Firma sein (wegen der Produkt&Verkäufer-Haftung).
Letztens erzählte mir jemand, der als 1€-Jobber da arbeitet, daß sie da kistenweise Bananen wegwerfen mußten, weil keiner Bananen mit auch nur winzigen braunen Stellen haben wollte :bang:
Er sagte, man könnte merken, daß kaum noch jemand kochen könnte, nach dem, was die Leute wollen, kochen die alle Tütchen-Essen "mit wenigen frischen Zutaten", und Nudeln. Sie hätten schon mal angefangen, Rezepte dazuzulegen, wie man z.B. Frikadellen ohne Tüte macht, und dazu frischgekochten Blumenkohl, :pfeif: Kartoffeln, und trotzdem Soße hat, aber der häufigste Kommentar wäre gewesen "das ist doch alles viel zu umständlich!"

Und ja, in D muß man für die Tafel seinen Hartz4-Bescheid (oder den von der Grundsicherung oder Wohngeld/KIZ) plus Ausweis vorzeigen, sonst kann man da nicht hin.
Alleine die Restaurant, die an WE einen Brunch anbieten "müssen" diese nach der Brunchzeit wegwerfen - das ist einfach unglaublich!
Ja, und noch unglaublicher ist, daß nichts davon wenigstens für die Schweinefütterung genutzt werden darf, sondern alles in die Biogasanlagen oder Verbrennung muß.
Daß Schweine kein Schweinefleisch kriegen dürfen, versteht sich von selbst, aber mit dem, was da thermisch entsorgt wird, könnte man ne Menge Schweine ziemlich gesund ernähren und groß kriegen.... :bang:

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 19:36
von Knurrhuhn
Das mit dem nicht-kochen können (oder auch wollen...?!) sieht man auch oft in Reportagen wenn es um sozial schwächer gestellte Leute und deren Essensbeschaffung geht. Ich weiß immer nicht, ob die da nicht ein Klischee bedienen und Ausnahmefälle zeigen, aber ich fürchte, das ist wirklich wohl zum großen Teil wirklich so?

Ich hab keine Ahnung, was so ein Tütchen irgendeines Gerichts kosten mag. Aber heute habe ich einen Lauch-Kartoffel-Eintopf gemacht, für zwei Personen satt und genug, und ich möchte mal behaupten, daß der um einiges billiger war als ein Fertiggericht für zwei Leute. Und vor allem nahrhafter und ohne Chemieplörre! Der war sowas von schnell und einfach gekocht, das kriegt jeder hin der auch Kaffee kochen oder ein Rührei machen kann.

Ich kann einfach nicht verstehen, daß die Leute so wenig Interesse haben, günstig und gut kochen zu lernen. Wenn ich das nicht könnte wäre das eines der ersten Dinge die ich mir aneignen würde. :aeh:

Re: Lebensmittel ohne etwas zu bezahlen...

Verfasst: Mi 19. Okt 2011, 20:10
von citty
Hallo,

man glaubt gar nicht wie viele gestrandete Urlauber es gibt, ich haette z.B. auch work and travel visa Inhaber schreiben koennen, die oft keinen job haben und dann bie der Salvation Army unterkommen. Man bekommt nur eine Mahlzeit, kann also kaum etwas verschwenden. Viele Leute gehen da Essen, die machen sogar Werbung dafuer, dass man mal kommen und dort essen soll! Die Obdachlosen etc, fuehlen sich dann nicht so ausgegrenzt. Es ist gespendetes Essen von Voulounteers zubereitet, kostet die SA also kaum etwas. Es ist etwas anderes als die Tafel, man braucht keinen Bezugschein und jeder ist trotzdem willkommen. Leute mit Bezugschein bekommen ihr Essen umsonst und werden auch aus dem Lager mit Lebensmitteln, Kleidern etc. versorgt.

LG, Citty

PS: sooo teuer sind die Fluege auch gar nicht, es gibt immer Schnaepchen (man kann auch billig ueber die USA einreisen) besonders waehrend der Nebensaison und solange man unabhaengig ist und Zeit hat. Es gibt immer noch viele Rucksacktouristen die mit wenig Geld durch Kanada reisen.