Allan Savory Blog - auf Deutsch

Moderator: kraut_ruebe

Manfred

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#31

Beitrag von Manfred » Mi 6. Apr 2016, 08:54

@henmen:
Ich habe inzwischen ein grundlegendes Problem mit dem Bodeneigentum durch Stiftungen. Die gemeinnützigen Stiftungen haben idR natürlich beste Absichten und die meisten gehen sorgsam mit dem ihnen anvertrauten Eigentum um und setzten es mit Bedacht ein. Und Familienstiftungen sind halt Steuersparmodelle. So weit, so gut.

Mein wichtigster Kritikpunkt ist, dass der ortsansässigen Bevölkerung die Macht über den Boden entzogen wird. Das trifft natürlich auch auf Teilnehmer am Bodenmarkt, wie Großinvestoren und Firmen zu. Bei Kleinstiftungen lässt sich das halbwegs lösen, indem die Macht über die Stiftung lokal verankert wird.
Der zweite Kritikpunkt ist der Einfluss auf die Eigentumsökonomik. Hier empfehle ich, die einschlägigen Bücher von Gunnar Heinsohn zu lesen. Er weißt die enorme Bedeutung des Bodeneigentums und seiner Verteilung für die Kreditwürdigkeit und damit Geschäftsfähigkeit der ansässigen Bevölkerung nach. Dieses Problem lässt sich bei einer gemeinnützigen Stiftung gar nicht lösen.
Das könnte man allenfalls dadurch einschränken, dass der Anteil von Grund und Boden, den Stiftungen in einer Region beeigentumen dürfen, beschränkt würde. Dazu gibt es aber keine Rechtsgrundlage.
Und der dritte Kritikpunkt liegt im Ewigkeitscharakter. Wer weiß schon, welchen Herausforderungen die ansässige Bevölkerung in der Zukunft gegenüber steht. Und will oder muss man dann auf das Bodenvermögen der Stiftungen zugreifen, sind zumindest Verfassungsänderungen erforderlich.
Der vierte Kritikpunkt richtet sich gegen die Familienstiftungen, die es ermöglichen, dass Reiche ihre Vermögen der Erbschaftssteuer entziehen können.
Der fünfte Kritikpunkt ist mit den ersten beiden verbunden und liegt an dem beachtlichen und ständig wachsenden Anteil, den Stiftungen inzwischen am Bodeneigentum haben. Zahlen dazu werden ja leider nicht veröffentlicht. Aber ich denke, dass die Umweltschutz-Stiftungen den kirchlichen Stiftungen von der Fläche her inzwischen ebenbürtig sind. Und dieser Anteil am Gesamt-Bodeneigentum wächst sehr schnell weiter an. Im Kleinen wäre das alles kein ernsthaftes Problem. Auf so großer Fläche ist es längst eines und führt zu massiven Verwerfungen am Bodenmarkt und für die ortsansässigen Bodeneigentümer und -Bewirtschafter.

Deshalb bin ich inzwischen dafür, Stiftungen (und auch Firmen) außer für das nötige Bauland das Bodeneigentum zu verbieten.
Ich habe allerdings kein Problem damit, wenn Stiftungen ihr Kapital einsetzen, um Land langfristig zu pachten und ihrem Stiftungszweck zuzuführen. In diesem Fall bliebe die eigentliche Macht über den Boden und die Kreditwürdigkeit beim Bodeneigentümer.
Und wenn auch meine weiteren Vorstellungen berücksichtigt würden (also auch keine Firmen das Land aufkaufen könnten und das max. Bodeneigentum pro natürlicher Person beschränkt würde) dann wäre auch eine gute Verteilung des Bodeneigentums in der Bevölkerung sichergestellt.

Aber das ist mein privater Kampf gegen Windmühlen. Abgesehen von meinem Problemen mit der Form (ich hatte selbst schon das Angebot, einen Hof als Pächter einer eigens dafür zu gründenden Stiftung zu übernehmen) kann ich euch inhaltlich, bezüglich der Ziele, gut verstehen.
Womit wir wieder heim HM sind. Meine Sorge sind die nicht beabsichtigten Folgen. :aeh:

Manfred

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#32

Beitrag von Manfred » Mi 6. Apr 2016, 09:03

Premierminister Tshering Tobgay über den ganzheitlichen Ansatz der Regierung in Buthan:
(TED-Talk auf Englisch)

https://www.youtube.com/watch?v=7Lc_dlVrg5M

Benutzer 72 gelöscht

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#33

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 6. Apr 2016, 09:26

Manfred hat geschrieben:Aber ohne Landwirtschaft (als Überbegriff für die gesamte Produktion von Nahrung und Fasern auf den Landflächen und in den Gewässern der Erde) gibt es gar kein Geldsystem mehr. Deshalb sehe ich auch die dauerhafte Absicherung unserer Wasser- und Nahrungsversorgung als oberste Priorität an. Das sind nun mal unsere essentiellen Lebensgrundlagen
Wobei eine Landwirtschaft, die nicht ohne "Zulieferer" auskommt, die Menschheit niemals alleine am Leben erhalten könnte!!
Ich meine Saatgutfirmen, Düngerfabriken, Pestizidhersteller (samt der dazugehörigen Forschung), Tierärzte, Traktorfabrikanten, Treibstofflieferanten, Werkzeughersteller etc.

Ich finde es ist - hmm... auf einem Auge blind - wenn man meint, die Landwirtschaft hält die Menschen am Leben.
Genauso kann man das nämlich auch über all diese "bösen Städter" sagen, die in der Zulieferindustrie für die Landwirtschaft arbeiten (und ihre Kartoffel deshalb beim Aldi kaufen müssen!!).

Die einzige Form der Landwirtschaft, die die Menscheit unabhängig von anderen (unabhängig von "unserem System") ernähren könnte, ist eine Subsistenzlandwirtschaft, die ohne gekaufte Hilfsmittel auskommt.
Viel Handarbeit, angepasste Regionalsorten, "bio" und regional ....

Mir macht es eher Sorgen, dass diese Form der Landwirtschaft fast überall auf der Welt quasi ausgerottet wird.

Ein Selbstversorger ist kein Mini-Landwirt!!
Manfred hat geschrieben:Deshalb bin ich inzwischen dafür, Stiftungen (und auch Firmen) außer für das nötige Bauland das Bodeneigentum zu verbieten.
:daumen: :daumen:

Das Land gehört denen, die es bearbeiten!

und nur weil es irgendwie herpasst:

Ich kann mich an einen Ausspruch eines alten nordamerikanischen Indianer erinnern, der sich weigerte, den Boden umzupflügen und auch sich weigerte Heu zu machen mit der Bergündung:
"Wie kann ich es wagen, meiner Mutter die Haare zu schneiden? Wie kann ich ihr die Haut aufreißen?"

alles komplizierter als es auf den ersten Blick aussieht.....

henmen
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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#34

Beitrag von henmen » Mi 6. Apr 2016, 10:54

Hallo Manfred,

ich kann Deine Einwände gut nachvollziehen und sogar vieles davon unterschreiben. In unserem Fall, sprechen wir über einen historischen Ort in einer sehr dünn besiedelten Gegend, die nach und nach immer mehr ausblutet und in der beispielsweise aktuell etwa 20% der vorhandenen wenigen, gebliebenen Wohnhäuser zum Verkauf stehen. Zudem gibt es im Ort lediglich zwei Hobbylandwirte und darüber hinaus keine weiteren landwirtschaftliche Betriebe in der Nähe die Flächenbedarf haben könnten. Dieses historische Anwesen war, nach einer jahrhunderte dauernden Geschichte als Belustigungsort für Adelige, lange im Besitz des Staates und wurde, weil ungenutzt und ungewollt, letztendlich im Rahmen eines Versteigerungsprozesses (der sich, so weit ich weiß, Aufgrund der mangelnden Nachfrage über mehrere Jahre hinzog) letztlich an einen ausländischen Investor zum Schnäppchenpreis verramscht. Diese Investor hat dann sehr zügig jede Öffentlichkeit von "seinem Grund" ausgeschlossen (inkl. Mauerbau - und der ist tatsächlich wörtlich zu verstehen) abgekapselt und sich mit so ziemlich jedem angelegt, der vor Ort mit ihm zu tun haben wollte oder auch nicht.

Dem Investor verging allerdings nach ein paar Jahren die Lust an dieser Art von Landleben mit Inselcharakter und versucht inzwischen seit 2012 den Weiterverkauf. Ich habe dann vor etwa Zweieinhalb Jahren eher durch Zufall vom geplanten Verkauf erfahren und mich gleich beim ersten Besuch unsterblich verliebt und schnell die besonderen Möglichkeiten und den Charme dieses Orts erkannt. Dazu kam, dass ich bei allen mit denen ich in Folge sprach, auf offene Ohren und Herzen traf. Angefangen vom Bürgermeister, die Tourismusexperten, die Amtstierärtztin (wegen der Auflagen zur geplanten Freilandschweinehaltung), Nachbarn, Vereine ... Jeder wünschte sich eine Veränderung und gleichzeitig eine Bewahrung, eine Aufwertung und Wieder-Öffnung dieses besonderen Orts.

In der Folge haben wir dann alle Möglichkeiten und Ressourcen untersucht, wie wir die Übernahme (eine Verpachtung steht und stand hier nie zur Debatte) stemmen können und die einzige Möglichkeit war und ist für uns bis Heute die Realisierung über die oben erwähnte Stiftung um dauerhaft und ohne (immer zeitlich begrenzte) Subventionen klar zu kommen.

Aber falls jemand bessere oder andere Ideen hat, wie das alternativ zu schaffen ist, gerne her damit.
... auch so kann Landwirtschaft sein: http://www.polyfaces.com/trailer-deutsch/

Manfred

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#35

Beitrag von Manfred » Mi 6. Apr 2016, 11:42

Wie schon gesagt, habe ich inhaltlich, bezüglich der Projektzeile nichts auszusetzen.
Hier am Ort haben wir es auch mit mehreren Stiftungen zu tun. Ich habe selbst Land von der örtlichen Kirchenstiftung gepachtet. Das Stiftungsvermögen wird von einer Zentralstelle der Kirche verwaltet, die Pfarrer hat aber Mitspracherecht, dass er in der Regel an den Kirchenrat delegiert. Die Flächen werden zu moderaten Preisen an Bauern aus der Gegend verpachtet und die einnahmen fließen in den Erhalt der örtlichen Kirchengebäude.
Und die Spitalstiftung Kronach hat hier Wald, der aus meiner Sicht vorbildlich bewirtschaftet wird. Wenn ich es je schaffe, meine Wälder so in Schuss zu bringen, bin ich zufrieden.

Ich für meinen Teil würde versuchen, den Rahmen der Stiftung so zu formulieren, dass Grund und Boden später bei Bedarf (aufgrund welcher inneren oder äußeren Umstand auch immer) veräußert werden können. Der Verkaufserlös könnte ja an den Stiftungszweck gebunden bleiben oder an eine andere Verwendungsklausel (z.B. dass er für dieses oder jenen Zweck oder diese oder jene Organisation zu spenden wäre) gebunden werden. So bleibt wenigstens eine gewisse Flexibilität erhalten.

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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#36

Beitrag von Rohana » Mi 6. Apr 2016, 20:52

ina maka hat geschrieben: Die einzige Form der Landwirtschaft, die die Menscheit unabhängig von anderen (unabhängig von "unserem System") ernähren könnte, ist eine Subsistenzlandwirtschaft, die ohne gekaufte Hilfsmittel auskommt.
Viel Handarbeit, angepasste Regionalsorten, "bio" und regional ....
Joa. Dann wars das aber auch mit denen schönen vielen Bürojobs, dann muss wirklich jeder was für sein essen tun, und zwar direkt und nicht indirekt. Wenn überhaupt noch soviel urbares Land vorhanden ist, dass das funktionieren könnte. Verzichten auf moderne Züchtung, Pflanzenschutz, Maschinen... wird spätestens beim Getreide lustig :michel:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Benutzer 72 gelöscht

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#37

Beitrag von Benutzer 72 gelöscht » Mi 6. Apr 2016, 21:27

Rohana hat geschrieben:Verzichten auf moderne Züchtung, Pflanzenschutz, Maschinen... wird spätestens beim Getreide lustig
komisch, dass wir da sogar einer Meinung sind...

"Die Bauern" sind nicht die einzigen Menschen, die uns ernähren :im:

(vor allem dann, wenn "die Bauern" nicht ohne obiges Zeugs auskommen können und/oder wollen).

Ich war ein paar Jahre in der Landwirtschaft tätig, mangels "Frau findet Bauern" konnte ich nicht bleiben und ich muss ehrlich gestehen, dass mich das Gejammer und die gewisse Überheblichkeit mancher Landmenschen triggert.

***
HEY!! Ihr habt den allerschönsten job der Welt!!! :verknallt:

***

Was Stadtmenschen teilweise leisten und wie wenig sie dafür bekommen - ??
Gäbe es keine "Stadtmenschen", müssten einige auf einiges verzichten - siehe oben :pfeif:

ist das so schwer zu verstehen??

Wir sind die Menschheit und wir sind alle voneinander abhängig.

Was gäbe ich dafür, könnte ich auf meinem eigenem Hof leben und arbeiten - und bestimmen (im gesetzlichen Rahmen), was ich wie machen will...
will nicht meckern, ich bin eigentlich eh mit meinem Leben zufrieden - bzw. ich richte es mir soweit es geht. Und das verstehe ich dann unter "Selbstversorgung"

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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#38

Beitrag von Rohana » Mi 6. Apr 2016, 21:47

Ich finds nicht komisch dass wir da (nicht nur da, könnt ich mir vorstellen) einer Meinung sind :aeh:

... aber wir schweifen vom Thema ab :flag:
Ein jeder spinnt auf seine Weise, der eine laut, der andere leise... (Ringelnatz)

Manfred

Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#39

Beitrag von Manfred » Do 7. Apr 2016, 00:48

Ina, es geht doch nicht darum, wer was leistet, sondern darum, dass wir ohne was zu Futtern alle aufgeschmissen sind.
Ob jemand seinen Beitrag dazu in der Fabrik oder auf dem Acker leistet, ist völlig egal. Wir müssen das Land und die Gewässer bewirtschaften, um existieren zu können. Und es geht darum, diese Lebensgrundlagen langfristig zu sichern.

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Re: Allan Savory Blog - auf Deutsch

#40

Beitrag von kraut_ruebe » Do 7. Apr 2016, 07:37

Manfred hat geschrieben: Ich frage mich die ganze Zeit, wieso dieses Thema so schlecht angenommen wird.
rein augenscheinlich: es wird nicht verstanden. ich hätte selber auch probleme damit, in so unendlich vielen worten den kern zu finden, um den es geht - mir ginge der verloren, wenn ich mich durch so lange texte beissen müsste.

die menschen sind unterschiedlich. natürlich wird es auch welche geben, die wie savory ticken und den faden nicht verlieren, wenn sie unverhofft eingeladen werden, vom grossen ganzen zu den ursprüngen zurück bzw. PK-mäßig 'from pattern to details' zu denken. nachdem die meisten, wie von savory eh auch bemerkt, gewohnt sind andersrum zu denken, könnte man die leser auch dort abholen, wo sie stehen - ich fände das zumindest einfacher.

aber, wie geschrieben, die menschen sind unterschiedlich. es wäre hervorragend, wenn der HM-gedanke durch savorys anstoß weiter verbreitet würde.

ich werfe das stichwort 'evolutionsmanagement'` in den raum. ich finde, das ist nix andres als HM, nur eben andersrum, nach gewohnter denkweise, beschrieben und auf den eigenen wirkungskreis und nicht auf den gesamten erdball bezogen. kurz zusammengefasst: arbeit (nicht landwirtschaft, sondern alles andre) nach dem vorbild der natur. lesebeispiel: http://www.amazon.de/Evolutionsmanageme ... 3446404376

der gedankenschritt von evoulutionsmanagement auf erhalt des lebensraumes/der menschheit nach savory ist nicht mehr weit und für menschen, die so denken wie ich, viel leichter nachzuvollziehen.

just my 2 cent. mehr savorys täten der welt jedenfalls gut :)
There's a crack in everything. That's how the light gets in.

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